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Die integrative Klimaklassifikation ist die Gliederung der Erde in Regionen mit vergleichbaren Klimaverhaltnissen indem sowohl ursachliche atmospharische Klimaelemente und faktoren wie bei einer genetischen Klassifikation wie die Sonneneinstrahlung oder Windsysteme als auch Klimawirkungen wie Lufttemperaturen Niederschlage oder die aktuelle Bodenbedeckung wie bei einem effektiven Modell verwendet werden Sie ist der jungste Ansatz der raumlichen Klimamodellierung und versucht die Nachteile der beiden klassischen Methoden aufzuheben 1 Faktisch sind diese Modelle jedoch kein Ersatz fur die effektiven Ansatze da sie sich auf wenige quantifizierbare Parameter beschranken und die realen geobotanische schwer quantifizierbare Verbreitung der Vegetationstypen nicht berucksichtigen Besondere Bedeutung hat diese Klimaklassifikation fur die Klimamodellierung und die globale Erwarmung insofern kunftige Anderungen des Systems Klima Erdoberflache Vegetation durch Grenzverschiebungen prognostiziert werden konnen Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangsproblem bestehender Klassifikationen 2 Okophysiologische Klimaklassifikation 2 1 Grundlagen und Ziel 2 2 Methodische Grundzuge 2 3 Klimatypisierung 2 3 1 Einordnung 3 Klimatypen im Baukastensystem 3 1 Methodik und Ausformung 3 2 Abweichungen gegenuber anderen Modellen 3 2 1 Kalte Subtropen 3 2 2 Warme Subarktis 4 Literatur und Karten 5 QuellenAusgangsproblem bestehender Klassifikationen BearbeitenDas Problem aller vorhandenen effektiven Klassifikationen ist dass diese in Bezug auf die Vegetation keine oder nur teilweise quantitativen Parameter heranziehen auch die auf der Mittelwertklimatologie basierenden Klassifikationen genugen nicht den heutigen Anspruchen Lauer 2002 Genetische Klassifikationen sind aufgrund der grossen Dynamik der planetarischen Zirkulation im Jahreslauf und daruber hinaus nicht geeignet um daraus klare Begrenzungen abzuleiten Okophysiologische Klimaklassifikation Bearbeiten nbsp Klimaschlussel nach Lauer Frankenberg amp RafiqpoorDieses Modell das Wilhelm Lauer Peter Frankenberg und M Daud Rafiqpoor nach Vorarbeiten von Lauer amp Frankenberg 1996 veroffentlichten ist die erste integrative Klimaklassifikation Die Quantifizierung der funf Linienelemente Klimazonen Isothermomenenn thermische Vegetationsdauer Isohygromenen hygrische Vegetationsdauer Isochiomenen Schneebedeckungsdauer Kontinentalitatsstufen unterscheidet diese von allen bisherigen Klassifikationen Im Unterschied zu der effektiven Koppen Geiger Klassifikation mit 30 Klimatypen ist die Lauer Klassifikation mit 72 Klimatypen in vier bzw funf Klimazonen wesentlich differenzierter Die Besonderheit ist die Quantifizierung der Grenzlinien Grundlagen und Ziel Bearbeiten Die okophysiologische Klimaklassifikation baut auf Grundlage empirischer Daten Klimastationsdaten und der Warme und Wasserbedurfnisse der realen Vegetation als Bezugsgrundlagen auf Ziel dieser von Wilhelm Lauer Peter Frankenberg und M Daud Rafiqpoor entwickelten integrierten Klimaklassifikation ist es die durch anthropogene Einflusse oder naturliche Prozesse Rodung Wiederaufforstung Schadstoffemission Treibhauseffekt Waldsterben etc bedingten Wechselwirkungen des Systems Klima Pflanze Boden als Reaktion der Pflanzendecke auf das Klima mit empirischen Daten zu quantifizieren Die konsequente Beschrankung auf funf eindeutig fassbare Parameter hat den Vorteil dass Veranderungen schnell und sicher erkennbar gemacht werden Ein Bezug zu den realen Zustanden die auf wesentlich mehr Klimaparametern und deren Wechselwirkungen beruhen und damit ein Vergleich mit effektiven Klimaklassifikationen ist nicht zielfuhrend siehe Einordnung Methodische Grundzuge Bearbeiten Die Bestrahlungszonen der Erde bilden das ubergeordnete Gliederungsprinzip der Klimazonierung Weitere Elemente sind ermittelte und berechnete Grossen des Warme und Wasserhaushaltes Der Warmehaushalt wurde als monatliche Dauer der thermischen Vegetationszeit durch die okophysiologischen Anspruche der realen Vegetation und Kulturpflanzen berucksichtigt Der Wasserhaushalt fand seinen Ausdruck durch die monatliche Dauer der hygrischen Vegetationszeit berechnet auf der Basis der potentiellen Landschaftsverdunstung als physikalisch begrundete Wasserbilanz Durch die gegenseitige Beeinflussung der Parameter des Warme und Wasserhaushaltes ergibt sich ein Gerust von qualitativ bestimmten Klimatypen Zur naheren Kennzeichnung der Klimatypen der Aussertropen wurden Maritimitat Kontinentalitat der Klimate und die Dauer der Monate mit potentieller Schneebedeckung als weitere Kriterien herangezogen Die Klimate der Hochgebirge wurden im Gegensatz zu den bisherigen Klassifikationen in ihrer dreidimensionalen Anordnung in das rechnerisch konzipierte Klassifikationssystem eingebunden Lauer 2002 Klimatypisierung Bearbeiten Die vier klassischen Klimazonen sind in Tropen Subtropen Mittelbreiten sowie Polarregion differenziert Als Grundlage der Abgrenzung wird die maximale jahrliche Tageslangenschwankung Langster Tag des Jahres minus kurzester Tag in Stunden in Verbindung mit der erwarteten und tatsachlichen Strahlungsbilanz zugrunde gelegt Die zusatzliche Trennlinie zwischen kalten und kuhlen Mittelbreiten wird fur die Klimazonen des Modells mit der Isothermomene von 4 5 Monaten thermischer Vegetationszeit gebildet 2 Die Klimatypen sind nach der Dauer der thermischen Vegetationszeit in die thermischen Klassen oligotherm sehr kurz mikrotherm kurz mesotherm mittel makrotherm lang und megatherm sehr lang eingeteilt Die Dauer der hygrischen Vegetationszeit wird anhand der Klassen prearid arid semiarid subhumid humid perhumid und semihumid unterteilt Insgesamt gibt es 72 Klimatypen Einordnung Bearbeiten nbsp Beispielhafter Vergleich der okophysiologischen Klassifikation mit den elementaren Klimatypen nach Schultz Die Klassifikation ordnet sich zwischen den genetischen und effektiven Klassifikationen ein Lauer Rafiqpoor und Frankenberg 2 Auf den ersten Blick erzeugt der okophysiologische Ansatz ein wesentlich detailliertes Kartenbild als genetische Ansatze Vergleicht man jedoch die Grenzziehungen mit effektiven Ansatzen oder Karten der Vegetationszonen so fallt auf dass es erhebliche Abweichungen gibt Tatsachlich bildet diese Klassifikation die erfassten thermischen und hygrischen Verhaltnisse auf der Erde ab ohne eine Ubereinstimmung mit den geobotanischen Realitaten zu suchen So liegt etwa Berlin als Ort inmitten der effektiven Laubmischwaldklimate okophysiologisch im gleichen Klimatyp Cmsh kuhlgemassigt jeweils 5 6 Monate thermische mittellange und hygrische subhumide Vegetationszeit wie die kasachische Hauptstadt Astana die andererseits klar den Steppenklimaten zuzurechnen ist Ursache ist die fehlende Berucksichtigung der tatsachlichen Vegetationsdauer die sich aus der Schnittmenge beider Parameter ergibt So fallen beide Vegetationszeiten in Berlin langer zusammen als in Astana womit die unterschiedliche Waldfahigkeit erklart wird Klimatypen im Baukastensystem Bearbeiten nbsp Klimaschlussel nach Siegmund amp Frankenberg Reale Kombinationen Die Farben in der Tabelle entsprechen nur ungefahr den Farben der Klimakarte aus dem Diercke Weltatlas Ein weiterer bekannter integrativer Ansatz sind die Klimatypen im Baukastensystem den Alexander Siegmund zusammen mit Peter Frankenberg 1999 entwickelt und 2006 uberarbeitet und erganzt hat Er ist sehr klar strukturiert und hat als einziger didaktische Aspekte in sprachlicher und terminologischer Hinsicht berucksichtigt Die Klassifikation beruht nur auf den drei Klimaelementen Temperatur Niederschlag und potenzielle Landschaftsverdunstung und verzichtet auf einen Abgleich mit der Vegetation sodass die sonst zwangslaufigen Anlehnungen effektiver Entwurfe an Modelle der Biogeographie entfallen und ausschliesslich das Klima wie bei genetischen Entwurfen betrachtet wird Schlussendlich wurde das Problem der starken Abweichungen durch extrazonale Hohenklimate unkonventionell umgangen indem die realen Temperaturen uber Landflachen mit Hilfe eines gemittelten Temperaturgradienten auf Meereshohe umgerechnet wurden als ob die Gebirge nicht existieren wurden Die Autoren sprechen zwar von einer effektiven Gliederung die vorgenannten Besonderheiten lassen den Ansatz jedoch eher integrativ erscheinen 1 Methodik und Ausformung Bearbeiten Das Baukastensystem hat vier Gliederungsebenen die aufeinander aufbauen In der ersten Ebene werden funf thermisch definierte weltumspannende Klimazonen nach der Jahresdurchschnittstemperatur festgelegt Abfolge Polare Zone bis 10 C Subpolare Zone bis 0 C Mittelbreiten bis 12 C Subtropen bis 24 C Tropen uber 24 C Hinzu kommt im zweiten Schritt eine sechste Zone B mit mittlerem Jahresniederschlag unter 250 mm Zur Bezeichnung werden Grossbuchstaben wie bei Koppen amp Geiger sowie Lauer amp Frankenberg verwendet Die Zonennamen andern sich von der ersten zur zweiten Ebene wie folgt Heisse Zone Tropen A Trockenklimate B Warme Zone Subtropen C Kuhle Zone Mittelbreiten D Kalte Zone Subpolare Zone E Eiszone Polare Zone F Die dritte Ebene bezieht die Anzahl humider Monate mit vier hygrischen Klimatypen ein arid a mit 0 2 humiden Monaten semiarid sa mit 3 5 humiden Monaten semihumid sh mit 6 9 humiden Monaten und humid h mit 10 12 humiden Monaten In Kombination mit den beiden ersten Ebenen entstehen so 18 thermisch hygrische Klimatypen zuzuglich der Lage grossflachiger Hohenklimate die jedoch nicht differenziert werden Im vierten und letzten Schritt wird der thermische Kontinentalitatsgrad berucksichtigt der sich aus der Differenz zwischen hochster und niedrigster Durchschnittstemperatur im Jahr Jahresamplitude ergibt hochmaritim 1 unter 10 K maritim 2 10 20 K kontinental 3 20 30 K und hochkontinental 4 uber 40 K Schlussendlich ergeben sich insgesamt 68 bis 96 mogliche Klimatypen die sich aus den Kombinationen der drei Klimaelemente ergeben Abweichungen gegenuber anderen Modellen Bearbeiten nbsp Great Plains in Montana Gemassigt trocken kontinentales Klima der kollinen Hohenstufe 1300 m in der subtropischen Klimazone nbsp Der klimabeeinflussende Warmetransport durch den Golfstrom aus der Karibik in den hohen Norden wird besonders deutlich bei Betrachtung der umstrittenen Atlantischen Multidekaden OszillationAuch der Ansatz von Siegmund amp Frankenberg fuhrt erwartungsgemass zu auffallend grossen Abweichungen gegenuber den effektiven Klimaklassifikationen Dies hat vor allem zwei wesentliche Ursachen die im Folgenden beispielhaft erlautert werden Kalte Subtropen Bearbeiten Insbesondere in Hochasien und den nordamerikanischen Great Plains verlauft die Grenze der nordlichen Subtropen uber 1000 Kilometer weiter nordlich als in anderen Modellen Beide Regionen sind zum grossten Teil von sehr grossraumigen Hochebenen gepragt die von den Kusten fast unmerklich in immer grossere Hohen fuhren sodass bereits weit entfernt von markanten Gebirgszugen Hohenstufenklimate mit wesentlich tieferen Mitteltemperaturen vorherrschen Bei anderen Klimaklassifikationen werden zwar echte Gebirge zumeist durch schwarze Flachen als Storung der Linienverlaufe gekennzeichnet nicht jedoch die sogenannten Piedmont Plateaus Die konsequente Umrechnung der Temperaturen auf das Niveau der Meereshohe bei Siegmund amp Frankenberg kann als Vor oder Nachteil aufgefasst werden Wahrend die theoretische Ausdehnung der weltumspannenden Subtropenzone sowie aller Klimazonen korrekter dargestellt wird als auf anderen Karten fuhrt die Ableitung tatsachlich vorhandener Klimaverhaltnisse uber Piedmont Plateaus zu falschen Schlussfolgerungen wenn der Betrachter keine Kenntnis der Topographie und damit verbundener Hohenklimate hat Warme Subarktis Bearbeiten Der Bezug auf das Pflanzenwachstum vieler effektiver Klassifikationen im Vergleich zu den rein abstrakt definierten Klimagrenzen nach Siegmund amp Frankenberg wird vor allem bei der Betrachtung der Mittelbreiten uber Europa deutlich Nach Koppen amp Geiger befindet sich etwa die uber dem Polarkreis liegende norwegische Kustenstadt Hammerfest im subarktischen Nadelwaldklima Dfc die Vegetationsperiode uberschreitet selten drei Monate im Jahr und die Mitteltemperatur des kaltesten Monats liegt zwischen 0 und 38 C Nach Siegmund amp Frankenberg wird sie jedoch dem Klima der ozeanisch feuchten Mittelbreiten Dh2 zugeordnet Jahresmittel 0 12 C 10 12 humide Monate und Jahresschwankung der monatlichen Mitteltemperaturen von 10 20 C Zu dieser Kategorie gehoren jedoch genauso Orte im ozeanischen Mitteleuropa wie etwa Amsterdam die nach Koppen amp Geiger dem kuhlgemassigten Buchenklima Cfb mit 4 Monaten uber 10 C und keinem Monatsmittel unter 0 C entsprechen Der Bezug auf die Jahresmitteltemperatur stellt keinen Bezug zur Vegetation her sondern betont den Einfluss des Golfstroms der sehr viel Warme von den Tropen in den Nordatlantik transportiert Literatur und Karten BearbeitenW Lauer P Frankenberg Klimaklassifikation der Erde In Geographische Rundschau 40 Westermann Verlag Braunschweig 1988 W Lauer Klimatologie Braunschweig 1995 W Lauer D Rafiqpoor u P Frankenberg Die Klimate der Erde Eine Klassifikation auf okophysiologischer Grundlage der realen Vegetation in Erdkunde Band 50 Heft 4 Online PDF mit 10 Kartenseiten Kleve 1996 W Lauer Karte Die Klimate der Erde auf okophysiologischer Grundlage Bonn 2000 W Lauer Die Klimate der Erde eine Klassifikation auf der Grundlage der okophysiologischen Merkmale der realen Vegetation Mit 16 Texttabellen 3 Beilagen Tabellenanhang von Wilhelm Lauer und M Daud Rafiqpoor Stuttgart 2002 A Siegmund P Frankenberg Die Klimatypen der Erde ein didaktisch begrundeter Klassifikationsversuch In Geographische Rundschau 51 Jg H 9 1999 S 494 499 A Siegmund P Frankenberg Karte Klimate der Erde nach Siegmund Frankenberg Diercke Atlas ISBN 978 3 14 100700 8 S 226 Abb 1 im Massstab 1 90 000 000 Sascha Leufke Klimazonen im Geographieunterricht Fachliche Vorstellungen und Schulervorstellungen im Vergleich in Munsteraner Arbeiten zur Geographiedidaktik Band 02 2011 PDF Hier Das Baukastensystem von SIEGMUND 1999 Quellen Bearbeiten a b Sascha Leufke Autor Michael Hemmer Gabriele Schrufer Jan Christoph Schubert Hrsg Klimazonen im Geographieunterricht Fachliche Vorstellungen und Schulervorstellungen im Vergleich in Munsteraner Arbeiten zur Geographiedidaktik Band 02 2011 PDF S 27 33 a b Wilhelm Lauer Daud Rafiqpoor u Peter Frankenberg Die Klimate der Erde Eine Klassifikation auf okophysiologischer Grundlage der realen Vegetation in Erdkunde Band 50 Heft 4 Boss Kleve 1996 PDF abgerufen am 22 Dezember 2021 S 276 277 297 sowie Beilage V 10 Kartenseiten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Integrative Klimaklassifikation amp oldid 234944272 Okophysiologische Klimaklassifikation