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Die Lehre von den Konkurrenzen im deutschen Strafrecht befasst sich mit dem Verhaltnis in dem mehrere Gesetzesverletzungen eines Taters durch seine Tathandlung en zueinander stehen Grundlegend wird dabei zwischen Tateinheit Idealkonkurrenz gemass 52 StGB und Tatmehrheit Realkonkurrenz gemass 53 StGB unterschieden Bei der Tateinheit verwirklicht dieselbe Handlung oder Handlungseinheit mehrere Straftatbestande oder einen Straftatbestand mehrmals bei der Tatmehrheit werden mehrere Straftatbestande oder der gleiche Straftatbestand mehrmals durch mehrere selbstandige Handlungen oder Handlungseinheiten verletzt Inhaltsverzeichnis 1 Tateinheit und Tatmehrheit 2 Handlungseinheit und Handlungsmehrheit 2 1 Handlung im naturlichen Sinne 2 2 Naturliche Handlungseinheit 2 3 Juristische rechtliche Handlungseinheit 3 Gesetzeskonkurrenzen 3 1 Gesetzeskonkurrenzen bei Handlungseinheit 3 1 1 Spezialitat 3 1 2 Subsidiaritat 3 1 3 Konsumtion 3 2 Gesetzeskonkurrenzen bei Handlungsmehrheit 4 Literatur 5 EinzelnachweiseTateinheit und Tatmehrheit BearbeitenZweck der Konkurrenzenregelungen die sich in den 52 bis 55 StGB finden ist es beim Zusammentreffen mehrerer Gesetzesverletzungen eine der jeweiligen Schuld angemessene Strafe zu bilden und nicht lediglich die Strafen der einzelnen Tatbestande zu addieren Das Strafgesetzbuch gibt mit Tateinheit gemass 52 StGB und Tatmehrheit gemass 53 StGB zwei Verfahren vor um aus den Strafdrohungen der einzelnen Straftatbestande eine angemessene Strafe zu entwickeln Differenzierungsprinzip Jeder Tateinheit liegt eine Handlungseinheit und jeder Tatmehrheit eine Handlungsmehrheit zugrunde Der Umkehrschluss ist nicht zulassig weil die Verwirklichung mehrerer Straftatbestande bereits auf der Ebene der Gesetzeskonkurrenz ausscheiden kann Bei der Tateinheit bei der durch eine Handlung mehrere Gesetze verletzt werden die nicht durch Spezialitat Subsidiaritat oder Konsumtion verdrangt werden wird auf eine Strafe erkannt die sich nach dem schwersten der begangenen Delikte richtet Einschluss oder Absorptionsprinzip Bei Tatmehrheit bei der mehrere Handlungen mehrere Gesetze verletzen die nicht im Wege der mitbestraften Nachtat oder Vortat verdrangt werden wird aus den im Gesetz vorgesehenen Einzelstrafen eine Gesamtstrafe gebildet Dabei wird die schwerste Strafdrohung Einsatzstrafe erhoht wobei die Gesamtstrafe unter der Summe der moglichen Einzelstrafen liegen muss Strafrabatt Der Unterscheidung zwischen Tateinheit und Tatmehrheit liegt die Uberlegung zugrunde dass dem Tater bei Tatmehrheit eine hohere Schuld anzulasten ist Verscharfungs oder Asperationsprinzip Eine nachtragliche Bildung einer Gesamtstrafe zwischen zwei Straftaten ist selbst dann noch moglich wenn der Tater die spatere Straftat noch vor der Verurteilung der fruheren Straftat begangen hat Grund fur die nachtragliche Gesamtstrafenbildung ist dass in Ansehung der spateren Straftat dem Tater die Verurteilung noch nicht zur Warnung gereichte Daher ist die Gewahrung eines Strafrabatts durch eine Gesamtstrafenbildung gerechtfertigt Die nachtragliche Bildung einer Gesamtstrafe ist nur moglich wenn die Strafe aus dem Urteil fur die fruhere Straftat noch nicht vollstreckt wurde Im Jugendstrafrecht wird dagegen immer eine Einheitsstrafe gebildet 31 Abs 1 JGG Auch das osterreichische 28 oStGB und das schweizerische Art 49 sStGB StGB folgen dem Einheitsstrafenprinzip Handlungseinheit und Handlungsmehrheit BearbeitenVon einer Handlungseinheit wird gesprochen wenn entweder eine Handlung im naturlichen Sinne eine naturliche Handlungseinheit oder eine juristische Handlungseinheit vorliegen Im Ubrigen liegt Handlungsmehrheit vor Handlung im naturlichen Sinne Bearbeiten Dieselbe Handlung des Taters die mehrere Straftatbestande oder einen Straftatbestand mehrmals verletzt wird als Handlung im naturlichen Sinne beschrieben wenn der Tater einen naturlichen Tatentschluss fasst und den zugrundeliegenden Willen betatigt Es muss eine einzige Willensbetatigung vorliegen 1 2 Dies ist der Fall wenn er beispielsweise auf einen Menschen schiesst weil er ihn toten mochte und neben dessen Tod als Durchgangsstadium eine Korperverletzung und ausserdem eine Sachbeschadigung an dessen Kleidung verwirklicht Naturliche Handlungseinheit Bearbeiten Eine naturliche Handlungseinheit kann durch die Verbindung mehrerer sich nicht uberschneidender Tathandlungen gegen Rechtsguter verschiedener Personen gebildet werden wenn die Verhaltensweisen von einem einheitlichen Willen getragen werden und zwischen ihnen ein enger raumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht so dass sie als ein einheitliches Geschehen erscheinen und keine hochstpersonlichen Rechtsguter Leib Leben Freiheit betreffen Abgestellt wird dabei auf die Einheitlichkeit und Zusammengehorigkeit des Gesamtgeschehens aus der objektiven Perspektive eines Dritten Ein solcher Fall liegt regelmassig vor wenn ein Tater kurz hintereinander mehrere Luxusfahrzeuge aufbricht um aus dem jeweiligen Innenraum die Navigationsgerate zu entwenden 3 Diese an sich selbstandigen Diebstahle erfolgen aber aufgrund eines einheitlichen Taterwillens und zur gleichen Zeit und am selben Ort so dass zwischen ihnen eine naturliche Handlungseinheit besteht Der Unwertgehalt der Tatbestandsverwirklichung wird letztlich nur quantitativ gesteigert Juristische rechtliche Handlungseinheit Bearbeiten Bei einer rechtlichen Handlungseinheit werden mehrere naturliche Handlungen durch den Tatbestand des Gesetzes zu einer Bewertungseinheit verknupft 4 Eine juristische rechtliche Handlungseinheit im engeren Sinne wird bei mehraktigen Delikten Dauerdelikten und verklammerten Delikten konstruiert Mehraktige Delikte zeichnen sich dadurch aus dass Ausfuhrungshandlungen tatbestandlich teilidentisch sind im Verhaltnis zweier oder mehrerer Straftaten untereinander Will jemand einen anderen berauben so ist die dabei ausgeubte Gewalt relevant fur den Raubtatbestand einerseits andererseits zeitgleich aber auch fur die ausgeubte Korperverletzung Teilidentitat Im nachsten Handlungsakt wird dann die begehrte Sache weggenommen Diebstahlskomponente innerhalb des Raubtatbestandes Dauerdelikte verklammern zur rechtlichen Handlungseinheit insoweit als sie den Unrechtsrahmen fur eine andere Straftat stellen Klassische Delikte sind die Freiheitsberaubung 239 StGB und der Hausfriedensbruch 123 StGB Tateinheitlich sind diese Delikte mit unterschiedlichem Wechselbezug auf eine andere Straftat Bsp So geht A bei B unerlaubt in dessen Haus Hausfriedensbruch um ihn zu uberfallen und zu verletzen wenn er nach Hause kommt Korperverletzung Genauso konnte A den B vor dessen Haustur uberfallen und verletzen um danach unbefugt in sein Haus einzudringen 1994 vollzog der BGH einen Bruch mit der zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der rechtlichen Handlungseinheit diskutierten Variante des sogenannten Fortsetzungszusammenhangs Am 3 Mai 1994 beschloss der Grosse Senat fur Strafsachen des Bundesgerichtshofs die Abschaffung dieser Rechtsfigur Der Fortsetzungszusammenhang war bis dahin so konstruiert worden dass mehrere gleichartige Handlungen von denen jede alle Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfullte und gegen das gleiche Rechtsgut gerichtet waren rechtlich zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst wurden wenn die konkreten Taten in den wesentlichen Grundzugen nach Zeit Ort und Art der Begehung von einem Gesamtvorsatz getragen waren Bei hochstpersonlichen Rechtsgutern wurde zudem gefordert dass sich die Tat gegen denselben Rechtsgutstrager richtete Teile der Lehre wie der Rechtsprechung forderten dass spatestens beim Abschluss des ersten Teilaktes der Gesamtvorsatz gebildet gewesen sein musste was zu erheblichen Nachweisproblemen fuhrte Enorme Uneinigkeit bestand bezuglich der Frage zur Rechtsfolge was zu judikativen Ungereimtheiten fuhrte Probleme mit dieser dogmatisch unzureichend fassbaren Rechtsfigur stellten dabei insbesondere folgende Konstellationen dar Serientater Banden der Grundsatz ne bis in idem Mengen im Sinne des Betaubungsmittelgesetzes BtMG Verjahrungsbeginn Wechselverhaltnis von Inlandstatteilen zu Auslandstatteilen Der Grosse Senat fur Strafsachen des BGH stellte seinerzeit folgenden Leitsatz auf Die Verbindung mehrerer Verhaltensweisen die jede fur sich einen Straftatbestand erfullen zu einer fortgesetzten Handlung setzt voraus dass dies was am Straftatbestand zu messen ist zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten Unrechts und der Schuld unumganglich ist 5 Liegen mehrere selbstandige Handlungen vor spricht man von Handlungsmehrheit Gesetzeskonkurrenzen BearbeitenFalle der Gesetzeskonkurrenz auch sogenannte unechte Konkurrenz sind Gesetzeskonkurrenzen bei Handlungseinheit Bearbeiten Spezialitat Bearbeiten Das speziellere Gesetz geht dem allgemeineren vor Spezialitat heisst Ein Tatbestand enthalt samtliche Merkmale eines anderen und daruber hinaus mindestens ein weiteres Merkmal das den Sachverhalt unter einem genaueren Gesichtspunkt erfasst 6 so besonders im Falle von Qualifikation Privilegierung und Sonderdelikt Diese sind gegenuber dem Grunddelikt zusammengesetzte Delikte gegenuber den Tatbestanden aus denen sie zusammengesetzt sind spezieller z B 244 Abs 1 Nr 3 StGB Einbruchdiebstahl ist spezieller als 242 StGB einfacher Diebstahl 249 StGB Raub ist spezieller als 240 StGB Notigung und 242 StGB Diebstahl Subsidiaritat Bearbeiten Subsidiar ist ein Tatbestand der nur hilfsweise angewandt wird wenn nicht ein anderer Tatbestand greift Greift der vorrangig anzuwendende Tatbestand ein tritt der subsidiare Tatbestand dahinter zuruck Man unterscheidet formelle Subsidiaritat z B 246 Abs 1 248b Abs 1 StGB hier ist die hilfsweise Anwendung im Gesetz vorgeschrieben und materielle Subsidiaritat bei der sich der Vorrang aus der Systematik der Tatbegehung ergibt Versuch tritt hinter Vollendung zuruck Teilnahme hinter Taterschaft 7 Beihilfe hinter Anstiftung 7 das Gefahrdungsdelikt hinter das Verletzungsdelikt 8 das abstrakte hinter das konkrete Gefahrdungsdelikt 8 Konsumtion Bearbeiten Ein Tatbestand wird typischerweise bei der Begehung eines anderen mitverwirklicht und wird durch die Bestrafung aus dem vorrangigen Delikt mitabgegolten Beispielsweise konsumiert der unbefugte Gebrauch eines Fahrzeuges 248b StGB den Diebstahl beziehungsweise die Unterschlagung 242 246 StGB am verbrauchten Benzin und Ol 9 Der Wohnungseinbruchsdiebstahl 244 Abs 1 Nr 3 StGB konsumiert den Hausfriedensbruch nach 123 StGB 10 Gesetzeskonkurrenzen bei Handlungsmehrheit Bearbeiten Bei Handlungsmehrheit konnen bei der Gesamtstrafenbildung einzelne Delikte als mitbestrafte Vor oder Nachtat zurucktreten mitbestrafte VortatDie Strafbarkeit einer fruheren Tat entfallt wenn deren Unrechtsgehalt von der spateren Tat mitumfasst ist z B Schlusseldiebstahl als mitbestrafte Vortat bei Kfz Diebstahl mitumfasst 30 Abs 2 StGB bei versuchtem oder vollendetem Verbrechen mitbestrafte NachtatDie Strafbarkeit einer Nachtat entfallt wenn sie im Verhaltnis zur fruheren Tat keinen selbstandigen Unrechtsgehalt aufweist Voraussetzungen dafur sind dass die Nachtat der Sicherung dem Ausnutzen oder Verwerten des durch die fruhere Tat erlangten Vorteils dient die Nachtat gegen denselben Rechtsguttrager und dasselbe Rechtsgut gerichtet ist und kein neuer Vermogensschaden entstanden ist Literatur BearbeitenClaus Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band II Besondere Erscheinungsformen der Straftat Beck Munchen 2003 ISBN 3 406 43868 7 S 795 882 Johannes Wessels Werner Beulke Strafrecht Allgemeiner Teil Die Straftat und ihr Aufbau 37 Auflage Muller Heidelberg 2007 ISBN 978 3 8114 9221 9 Einzelnachweise Bearbeiten Bundesgerichtshof Urteil vom 3 August 1962 Aktenzeichen 4 StR 155 62 BGHSt 18 26 Detlev Sternberg Lieben Nikolaus Bosch in Schonke Schroder Strafgesetzbuch 30 Auflage 2019 Rn 11 vor 52 ff Ahnlich BGH Beschluss vom 5 November 2014 Aktenzeichen 5 StR 502 14 BeckRS 2014 22350 beck online Detlev Sternberg Lieben Nicolaus Bosch in Schonke Schroder Strafgesetzbuch 30 Auflage 2019 Rn 12 vor 52 ff BGH Beschluss v 3 Mai 1994 Az BGH GSSt 2 93 GSSt 3 93 NJW 1994 1663 ff BGHSt 40 138 Detlev Sternberg Lieben Nikolaus Bosch in Schonke Schroder Strafgesetzbuch 30 Auflage 2019 Rn 105 vor 52 ff a b Detlev Sternberg Lieben Nikolaus Bosch in Schonke Schroder Strafgesetzbuch 30 Auflage 2019 Rn 120 vor 52 ff a b Detlev Sternberg Lieben Nikolaus Bosch in Schonke Schroder Strafgesetzbuch 30 Auflage 2019 Rn 116 vor 52 ff Bundesgerichtshof Urteil vom 8 Dezember 1959 Aktenzeichen 1 StR 543 59 Jurgen Schafer in Munchener Kommentar zum StGB 3 Auflage 2017 123 Rn 69 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konkurrenz Strafrecht Deutschlands amp oldid 239278730