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Die Kilianskirche in Bissingen an der Enz ist eine gotische Westturmkirche Sie ist mit einer in Umfang und Erhaltungszustand seltenen Biblia pauperum aus dem 17 Jahrhundert ausgemalt Kilianskirche in Bissingen an der Enz Sudostansicht Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 2 Architektur 3 Innenausstattung 3 1 Ausmalung 3 1 1 Wandgemalde datiert 1677 3 1 2 Wandgemalde datiert 1691 3 1 3 Bilder auf der Emporenbrustung 3 2 Weitere Elemente 3 3 Orgel 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksBaugeschichte BearbeitenAm altesten sind die Grundgeschosse des Turms aus dem 13 Jahrhundert der als massiver Wehrturm angelegt war Schmale fruhgotische Fenster im ersten Turmgeschoss deuten auf die Bauzeit hin Dass der Turm anders als bei den meisten Dorfkirchen der Region nach Westen ausgerichtet war durfte daran liegen dass er das Dorf Richtung Westen zum offenen Enztal hin gegen mogliche Feinde absichern sollte An den Turm schloss sich vermutlich Richtung Osten ein kleines Kirchenschiff von gleicher Breite an nbsp Wappen des Gruninger Heilig Geist Spitals mit Jahr 1518 und Initialen CSBis zur Reformation gehorte die Bissinger Pfarrei zum Landkapitel Gruningen im Archidiakonat Trinitatis des Bistums Speyer Nachdem sie erst in wurttembergische Hand gekommen war ging die Kilianskirche 1404 in den Besitz des Gruninger Heilig Geist Spitals uber Insbesondere unter dem Spitalmeister Johannes Betz packte der Spitalorden im 16 Jahrhundert zahlreiche Baumassnahmen an Von dessen Bauwut profitierten neben dem Spital in Markgroningen auch die Bietigheimer Peterskirche und die Bissinger Kilianskirche 1 Deren Schiff wurde in der Breite nach Norden und Suden gleichmassig erweitert Im Osten wurde ein gewolbter Chor und sudlich im Anschluss daran eine Sakristei angefugt Der Turm der nun eine offene Vorhalle bildete bekam an beiden Seiten je einen spatgotischen Spitzbogeneingang Jeweils ein weiteres Portal wurde in die Nord und in die Sudwand eingezogen Die Jahreszahl 1520 im Schlussstein des Chorbogens deutet darauf hin dass der Bau der Halle um diese Zeit abgeschlossen wurde Uber dem mittleren Chorfenster befindet sich eine weitere Jahreszahl 1535 vermutlich das Jahr in dem der Chor fertiggestellt wurde Der Turm besass damals vermutlich ein Glockengeschoss aus Fachwerk uber den beiden Steingeschossen Anfang des 17 Jahrhunderts wurde der Turm um zwei Geschosse aufgestockt wie aus der Jahreszahl 1614 in einem Eckquader des vierten Turmgeschosses hervorgeht In ihm befand sich nun die Glockenstube daruber vermutlich ein Pyramidendach Aus dem Dreissigjahrigen Krieg sind keine nachhaltigen Schaden bekannt obwohl die Dorfbevolkerung schwer litt Erst gegen Ende des 17 Jahrhunderts hatte sie sich von den Seuchen und Hungersnoten infolge der Plunderungen und Zerstorungen durch durchziehende Kriegshorden erholt Das Fragment der fruhen Kanzel von 1518 heute als Kanzelfuss vor der nordlichen Chorwand stehend befand sich bis 1938 39 an der Mitte der Nordwand beim Fenster 2 Die Abschragung an der linken unteren Ecke des folgenden Wandgemaldes markiert noch den fruheren Kanzelaufgang Es ist davon auszugehen dass das Parterregestuhl wie der sudliche Emporenschenkel in der Art einer Querkirche auf die Nordkanzel ausgerichtet war 3 In der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts entstand auch die Biblia pauperum die Ausmalung mit biblischen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament 1677 entstanden die Bilder die der Besucher beim Eintritt von Westen her Richtung Chor sieht Auf 1691 datiert sind die Bilder in umgekehrter Blickrichtung sowie das grosse Jonasbild im Chor und die Bilder auf der Westempore In der Barockzeit wurden in der Kirche Emporen gebaut ein kurzerer Schenkel auf der nordlichen Langseite ein langerer sudlich sowie eine grosse Chorempore und die Wandbilder ubermalt Ein weiteres Geschoss wurde in Fachwerkbauweise als neues Glockengeschoss auf den Turm aufgesetzt daruber in kunstvoller Zimmermannsarbeit die spitze Turmhaube aufgesetzt mit ihrem Ubergang vom Viereck zu Achteck Bei einer grossen Renovierung kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden die Emporen mit Ausnahme der Westempore wieder beseitigt 1960 1961 fand schliesslich die letzte grundlegende Renovierung statt Dabei wurde der gesamte nachreformatorische Bilderzyklus wieder freigelegt mit Ausnahme weniger Bilder im westlichen Teil bei denen dies infolge von Umbaumassnahmen im Barock nicht mehr moglich war Die baufallige Gipsdecke die den Anlass zu der Renovierung gegeben hatte wurde entfernt Beim Aufbrechen der Gipsdecke entdeckte man dass die Bretter auf die sie fixiert war mit Engelskopfen und Sternen bemalt waren sie waren selbst die Bestandteile einer alteren barocken Holzdecke Man ersetzte sie dennoch durch eine einfache holzerne Bretterdecke weil sie stilistisch in der restaurierten Kirche nicht mehr in Frage kam Bei der neuen Decke wurden die Tragbalken als optisch strukturierende Elemente einbezogen Ein Teil der barocken Holzdecke wurde restauriert und im zweiten Turmgeschoss oberhalb des Emporenaufgangs als Decke angebracht nbsp WestansichtArchitektur BearbeitenDie wuchtigen Spitzbogeneingange des Turms waren ursprunglich offen Der sudliche dient nach wie vor als Kircheneingang wahrend der nordliche durch eine Aussentoilette verdeckt ist Im Geschoss daruber sieht man die schmalen fruhgotischen Lanzettfenster in den beiden daruber befindlichen Renaissancegeschossen rechteckige Fenster Die Fensteroffnungen im vierten Geschoss der ehemaligen Glockenstube sind mit Rillenfuhrungen fur Schallladen versehen Das Fachwerkgeschoss daruber ist nicht als solches erkennbar da es verputzt ist Das Seitenportal auf der Sudseite ist durch einen Windfang verdeckt Am zugemauerten Gegenstuck auf der Nordseite liegt die handwerklich hochwertige Steinmetzarbeit offen zutage Die Fenster an Nord und Sudseite umlauft ein maanderndes Gesims das auch an der Markgroninger Spitalkirche vorhanden ist eine Spezialitat des Markgroninger Baumeisters Nordlich am Chor befindet sich ein enger Wendeltreppenaufgang zum Dach Ein alter vermauerter Ausgang fuhrt aus dem Aufgang zum Schiff hinaus moglicherweise der Zugang zu einem ehemaligen Lettner Ein weiterer vermauerter Ausgang fuhrte zu der in den 1930er Jahren wieder abgebauten Chorempore Die hoch gelegene Sakristei an der Sudseite besitzt ein Renaissanceportal Die Ornamente an den Fenstern sind fein ausgearbeitete Beispiele spatgotischen Masswerks Bis auf die Sakristeifenster sind sie aus der Grundform der Fischblase im Flamboyant Stil ausgefuhrt Innenausstattung Bearbeiten nbsp Innenansicht Hauptschiff und ChorAusmalung Bearbeiten Die Kilianskirche weist eine im weiten Umkreis einzigartige historische Ausmalung auf die bei Restaurierungen 1938 39 und 1960 61 fast vollstandig freigelegt werden konnte Der grossere Teil der Bilder weist die Datierung 1677 auf ein geringer Teil die Datierung 1691 4 Wandgemalde datiert 1677 Bearbeiten Der Zyklus beginnt am Chorbogen Die Abbildungen dort zeigen Maria Verkundigung die Anbetung des Jesusknaben durch Hirten und Konige die Flucht nach Agypten Christus mit den Jungern am Olberg Daran schliessen sich sieben Bilder an der Sudwand an Verkauf Josephs durch seine Bruder die eherne Schlange in der Wuste mit Mose und Aaron in einem Feld Christus in der Kelter und Der geistliche Weingarten des Herrn Jesu beide Bilder mit Bezug zum ortlichen Weinbau die Kundschafter mit der Kalebstraube Christi Auferstehung Christi Himmelfahrt der Fischzug Petri Die Bilder an der Nordwand zeigen das Pfingstwunder den Kampf Jakobs mit dem Engel den Traum Jakobs von der Himmelsleiter die Verklarung Jesu mit Mose Elias Petrus Johannes und Jakobus das Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus das Jungste Gericht Im Chor befinden sich folgende Bilder Sundenfall und Vertreibung aus dem Paradies die Versuchung Josefs durch Potifars Frau die Speisung der Funftausend eine Szene vom Zorn Gottes aus der Offenbarung des Johannes Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen von der Orgel verdeckt von der Darstellung der Berufung des Propheten Elischa ist nur der Text erhalten Taufe Christi im Jordan Opferung Isaaks durch Abraham das Abendmahl durch die Chorempore zerstort im unteren Teil durch den Restaurator angedeutet eine Illustration zum Vers Brich dem Hungrigen dein Brot von Jesaja Wandgemalde datiert 1691 Bearbeiten nbsp Darstellung der Passion Christi rechts an der Westwand oberhalb der Empore nbsp Heiligenbilder auf der Emporenbrustung mit Judas ohne HeiligenscheinDie Bilder im Bereich der Empore aus der zweiten Ausmalung zeigen das Gleichnis von den klugen und torichten Jungfrauen vier Darstellungen aus der Passion Christi kaum noch erkennbar das himmlische Jerusalem Mose bringt die Gesetzestafeln vom Berg Sinai wahrend das Volk um das Goldene Kalb tanzt Das grosse reichhaltige Bild uber dem Chorbogen ist wohl das bedeutendste von allen Es stammt ebenfalls aus der zweiten Ausmalung und stellt die Geschichte von Jona und dem Walfisch in mehreren Episoden dar Bilder auf der Emporenbrustung Bearbeiten Die Bilder auf der Emporenbrustung stammen aus dem 18 Jahrhundert und zeigen die vier Evangelisten und zwolf Apostel in ungewohnlicher Reihenfolge Merkwurdigerweise fehlt Petrus ebenso ungewohnlich ist die Tatsache dass eines der Bilder Judas gewidmet ist Dies ist vermutlich darauf zuruckzufuhren dass der Maler die genauen Namen der Apostel nicht kannte und den ersten Vornamen von Judas Thaddaus versehentlich dem so genannten Verrater Judas zuordnete Dass das erste dieser Bilder mit Thaddaeus statt mit Judas Thaddaeus beschriftet ist deutet darauf hin Weitere Elemente Bearbeiten In der Sudwand im Schiff befindet sich eine Nische in der das Bildnis des Heiligen Wolfgang dargestellt ist Vermutlich bewahrte die Gemeinde es weil sie der Meinung war es handle sich nicht um Wolfgang sondern um Kilian den Namenspatron der Kirche Das schmucklose aber fein gearbeitete Taufbecken ist eine handwerklich sehr gute Steinmetzarbeit angeblich aus dem 14 Jahrhundert Der Fussstein allerdings moglicherweise ein ehemaliger Muhlstein gehorte ursprunglich mit Sicherheit nicht dazu Orgel Bearbeiten Eine Orgel stand auf der im 18 Jahrhundert eingebauten und weit ausladenden Chorempore wurde mit Abbau der Chorempore 1938 39 auf den Chorboden und 1961 auf die bei der Renovierung erneuerte Westempore gesetzt Die neue Chororgel wurde 1988 vom Orgelbauer Peter Vier Friesenheim erbaut Das Instrument hat 23 Register und 4 Vorabzuge auf zwei Manualen und Pedal Drei Register des Hauptwerkes stehen auf Wechselschleifen und sind im Positiv spielbar Das erste Manual ist als Koppelmanual angelegt Die Spiel und Registertrakturen sind mechanisch 5 II Hauptwerk C g31 Bourdon 16 2 Prinzipal 8 3 Spitzflote 8 4 Oktave 4 5 Rohrflote 4 6 Superoktave 2 7 Quinte aus Nr 8 1 1 3 8 Mixtur IV 1 1 3 9 Cornett V 8 10 Trompete 8 III Positiv C g311 Bourdon Nr 1 16 12 Spitzflote Nr 3 8 13 Gedackt 8 14 Prinzipal 4 15 Rohrflote Nr 5 4 16 Nazard aus Nr 17 2 2 3 17 Sesquialter II 2 2 3 18 Flageolet 2 19 Sifflet aus Nr 20 1 20 Scharf IV 1 21 Cromorne 8 Tremulant Pedalwerk C f122 Subbass 16 23 Oktavbass 8 24 Gemshorn 8 25 Choralbass aus Nr 26 4 26 Rauschwerk V 4 27 Posaune 8 Koppeln II P III PLiteratur BearbeitenMarkus Otto Hans Joachim Potzl Evang Kilianskirche Bissingen a d Enz Schnell Kunstfuhrer Nr 1602 Verlag Schnell amp Steiner Munchen 1986 Martin Luscher Hrsg Kirchen im Evangelischen Kirchenbezirk Besigheim Besigheim 2007 S 18Einzelnachweise Bearbeiten Siehe auch Daten zur Spitalgeschichte Karl Halbauer Predigstul Die spatgotischen Kanzeln im wurttembergischen Neckargebiet bis zur Einfuhrung der Reformation in der Reihe Veroffentlichungen der Kommission fur geschicht liche Landeskunde in Baden Wurttemberg Reihe B Forschungen Band 132 Stuttgart 1997 S 100 102 Ulrich Zimmermann Die Predigtkirche und die Querkirche Protestantischer Kirchenbau in Wurttemberg Eine Studie zur Geschichte und Theologie des Kirchenraums und zur Entstehung zweier Kirchenbautypen Neulingen 2023 S 239 273 ISBN 978 3 949763 29 8 Markus Otto Nachreformatorische Gemalde in den Kirchen des Kreises Ludwigsburg In Ludwigsburger Geschichtsblatter XVI 1964 S 30 56 hier S 48 55 Bissingen Kilianskirche Werkstatte fur Orgelbau Martin Vier abgerufen am 31 Januar 2016 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kilianskirche Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Internetauftritt der evangelischen Kirchengemeinde Bissingen an der Enz48 94753 9 09598 Koordinaten 48 56 51 1 N 9 5 45 5 O Normdaten Geografikum GND 4679523 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kilianskirche Bissingen amp oldid 233443864