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Die Kathedrale St Pierre in Angouleme im westfranzosischen Departement Charente Region Nouvelle Aquitaine ist ein in den Jahren 1105 bis 1128 im Stil der Spatromanik errichteter Sakralbau Diese in sehr kurzer Zeit errichtete Kathedrale ist ein typisches Beispiel der aquitanischen Kuppelkirche Kathedrale St Pierre im Stadtbild 2023Sie ist Sitz des romisch katholischen Bistums Angouleme Das Kulturdenkmal wurde im Jahr 1840 als Monument historique klassifiziert Inhaltsverzeichnis 1 Architektur 1 1 Aussenbau 1 2 Innenraum 2 Orgel 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseArchitektur BearbeitenAussenbau Bearbeiten nbsp Zustand von 1851 vor der Restaurierung nbsp Westfassade heutiger Zustand mit den Erganzungen des 19 JahrhundertsDer Bau der Kathedrale begann im Gegensatz zu der ublichen Kirchenbauweise mit der Errichtung der Fassade Sie zeigt unter den romanischen Werken ihrer Art in Frankreich den grossten Umfang und reichsten Dekor Allerdings hat sie durch eine 1866 1875 von Paul Abadie durchgefuhrte Restaurierung gelitten Dazu schrieb Marcel Durliat einer der renommiertesten Kenner der romanischen Kunst in Frankreich Paul Abadie hat die Westfassade genauso pietatlos behandelt wie den Innenraum Mit prachtiger Ungeniertheit hat Abadie hier nachgeschnitten dort vervollstandigt ein Mittelportal rekonstruiert das ihm unbekannt war und besonders das ganze durch eine vollkommen unpassende Bekronung kopflastig gemacht 1 Die Fassade ist eine mehrgeschossige durch funffache Bogenstellung in mehreren Reihen aufgeteilte Schauwand mit einem selbst fur westfranzosische Gewohnheiten aussergewohnlich reichen figurlichen und ornamentalen Skulpturenschmuck Sie ist fest datierbar auf 1115 1136 2 allerdings fallt in diesen Zeitraum ein Wechsel in der Fassadenkonzeption Brauer In der Ikonographie ihrer 75 Figuren verbinden sich Elemente der Himmelfahrt Christi 3 mit Standardmotiven der Maiestas Domini 4 und des Weltgerichts 5 Das apokalyptische Jungste Gericht war an den Westfassaden mittelalterlicher Kirchen also dort wo auch tatsachlich Gericht gehalten wurde haufig dargestellt Zentrales Motiv des ganzen Bildprogramms ist in der obersten Zone uber dem Mittelfenster Christus in der Mandorla umgeben von den Evangelistensymbolen Adler Johannes geflugelter Mensch Matthaus Lowe Markus geflugelter Stier Lukas Darunter erscheinen sechs Engel vier kleinere in der Mitte die ihre Blicke nach oben wenden auf Christus und die Apostel sowie zwei grossere an den Seiten die nach unten schauen Vier Bogenfelder daneben umrahmen jeweils zwei nicht ganz sicher deutbare Figurenpaare die in erregter Bewegung zum Weltenrichter hinaufblicken ursprunglich Apostel aus einer Himmelfahrtsdarstellung Rupprecht oder Selige aus dem Weltgericht Droste In 12 inneren Arkaden der zwei Reihen seitlich des Fensters sind die Muttergottes mit 11 Aposteln zusammen gruppiert wahrend neben ihnen in den vier ausseren Bogen zwei Teufel und zwei gepeinigte Sunder fur die Verdammten des Jungsten Gerichts stehen Weiter unten folgen zwei Hochreliefs die Heiligen Georg und Martin zu Pferde sie wurden ebenso wie das Portaltympanon und oben die Fassadenbekronung mit Giebel und Turmchen von Abadie willkurlich erganzt Die Bogenfelder uber den seitlichen Scheinportalen dagegen gehoren zum romanischen Originalbestand sie stellen noch einmal die Versammlung der Apostel dar Der reich ornamental geschmuckte Fries in der Kapitellzone darunter enthalt eine wiederholt kontrovers diskutierte Reiterkampfszene die entweder auf das Chanson de Roland zuruckgeht sich auf die Kreuzzuge bezieht oder allgemeiner den Kampf zwischen dem Guten und Bosen symbolisiert nbsp Blick von Osten auf das Chorhaupt nbsp Kathedrale im Stadtbild nbsp Reiterkampf aus dem Rolandslied nbsp Tympanon der Arkade rechts neben dem Portal Hl Petrus mit zwei weiteren Aposteln Um 1110 1120 Innenraum Bearbeiten nbsp Blick auf den Chorraum nbsp Blick in die Kuppel nbsp Blick auf die KanzelDas Langhaus setzt sich aus drei aufeinanderfolgenden mit Kuppeln uberwolbten Jochen zusammen eine fur diese Region typische Bauform die nach dem bedeutendsten Bau dieser Gruppe in Perigueux die Perigord Schule genannt wird Diese Kuppelkirchen haben keine Seitenschiffe und keinen Chorumgang dafur aber haufig auch Kuppeln uber den Querhausern Man nimmt zum Teil an dass hier im Perigord das sonst ubliche Tonnengewolbe deshalb aufgegeben oder erst gar nicht angewandt worden ist weil die Baumeister nicht wussten wie man es abstutzen konnte Moglicherweise sind dieser Haltung negative Erfahrungen mit eingesturzten Gewolben wie in Cluny III vorausgegangen dieser Erklarungsversuch scheint jedoch recht unwahrscheinlich da die hier eingesetzten Kuppeln ein hoheres Mass an architektonischen Fahigkeiten voraussetzen Eine andere Theorie vermutet dagegen da diese Bauten der Perigord Schule kurz nach dem ersten Kreuzzug entstanden sind dass sie ihnen ostliche Vorbilder zugrunde liegen allerdings nicht islamische sondern byzantinische Das Planschema dieses Baus geht auf die ehemalige Apostelkirche in Konstantinopel zuruck welche Justinian I als kaiserliches Mausoleum hatte erbauen lassen Diese Apostelkirche war auch das Vorbild des 1063 begonnenen Neubaus der Markuskirche in Venedig Ob Angouleme und das benachbarte Perigueux unmittelbar von Byzanz oder erst durch Venedig angeregt wurde lasst sich heute nicht mehr entscheiden Und das byzantinische Vorbild wenn es denn ein solches gewesen ist wurde auch nicht einfach kopiert sondern in mehrerer Hinsicht entscheidend abgewandelt Der Grundriss hat die Form des griechischen Kreuzes was deutlich auf byzantinischen Einfluss schliessen lasst Nicht byzantinisch ist dagegen die Langsreihung zu einer einschiffigen Anlage Im byzantinischen Raum sind bei solchen Kuppelkirchen auch die Seitenschiffe gewolbt um die Kuppeln des Mittelschiffes zu stutzen Hier in Frankreich ubernehmen massive Mauern und Pfeiler diese Aufgabe Die Innenraume wirken dadurch weniger lichtvoll als im Osten Die Organisation des Langhauses als Aufeinanderfolge von Kuppelraumen bedingt dass die drei einzelnen Raumteile eine viel hohere Selbststandigkeit besitzen als in einem Langhaus mit durchlaufender Tonne als Gewolbe Die Abstutzung des grossen Kuppelgewolbes sieht im Prinzip ahnlich aus wie die eines Vierungsturmes was bedeutet dass an den vier Ecken kraftige Pfeiler den Gewolbedruck aufnehmen mussen Die Wand dazwischen wirkt wie eingespannt der Raum wird durch diese Kuppeleinheiten bestimmt und es entwickelt sich nicht jene betonte Langsausdehnung die wir aus vielen anderen Kirchen kennen Der saubere fast schon klinische Eindruck dieser Kirche ist ein Ergebnis der Restaurierung des 19 Jhs die ebenfalls Paul Abadie durchfuhrte Zu dieser Erneuerung gehort auch der komplette Komplex von Chor und Vierung mit deren zu gross geratener Kuppel nbsp Grundriss der Kathedrale nbsp Aufriss der Kathedrale nbsp Grabstatte von Bischof Girard II dem Bauherrn des Doms nbsp Blick auf den ChorraumOrgel Bearbeiten nbsp OrgelDie erste Orgel wurde in den Jahren 1781 1783 von dem Orgelbauer Simon Pierre Miocque Paris errichtet Dieses Instrument wurde mehrfach umgebaut und erweitert Das Instrument hat heute 55 Register auf drei Manualen und Pedal mit elektropneumatischen Registertrakturen 6 I Grand Orgue C g30 1 Bourdon 16 0 2 Montre 16 0 3 Montre 0 8 0 4 Principal 0 8 0 5 Bourdon 0 8 0 6 Flute harmonique 0 0 8 0 7 Prestant 0 4 0 8 Flute 0 4 0 9 Nazard 0 2 2 3 10 Doublette 0 2 11 Quarte de nazard 0 2 12 Tierce 0 1 3 5 13 Grand Cornet V14 Fourniture IV15 Cymbale IV16 Bombarde 16 17 Trompette 0 8 18 Clairon 0 4 II Positif C g319 Montre 8 20 Bourdon 8 21 Prestant 4 22 Flute 4 23 Nazard 2 2 3 24 Doublette 2 25 Tierce 1 3 5 26 Larigot 1 1 3 27 Fourniture IV 028 Cymbale III29 Cromorne 8 30 Trompette 8 31 Clairon 4 III Recit expressif C g332 Bourdon 16 33 Principal italien 0 8 34 Cor de nuit 0 8 35 Gambe 0 8 36 Voix celeste 0 8 37 Prestant 0 4 38 Flute douce 0 4 39 Flageolet 0 2 40 Cornet V41 Plein jeu IV42 Hautbois 0 8 43 Voix humaine 0 8 44 Trompette 0 8 45 Clairon 0 4 Tremblant Pedale C g146 Soubasse 32 47 Flute 16 48 Bourdon 16 49 Bourdon 0 8 50 Flute 0 8 51 Flute 0 4 52 Bombarde 0 32 53 Bombarde 16 54 Trompette 0 8 55 Clairon 0 4 Koppeln II I auch als Suboktavkoppel III I auch als Suboktavkoppel III II I P II P III P auch als Sub und Superoktavkoppel Literatur BearbeitenMarcel Durliat Romanische Kunst Freiburg Basel Wien 1983 Viviane Minne Seve Romanische Kathedralen und Kunstschatze in Frankreich Eltville 1991 S 74 Gunther Binding Architektonische Formenlehre Darmstadt 1980 S 171 Nikolaus Pevsner Europaische Architektur von den Anfangen bis zur Gegenwart Munchen 1973 S 116 Raymond Oursel Henri Stierlin Hrsg Romanik Architektur der Welt Band 15 S 17 und S 60 Ernst Adam Vorromanik und Romanik Frankfurt 1968 S 132 Thorsten Droste Das Poitou Koln 1984 S 287 290 Tilmann Breuer Die Fassade der Kathedrale von Angouleme Diss Munchen 1956 Rupprecht Romanische Skulptur in Frankreich Munchen 1975 S 88 89 Abb 68 73 Neuere franzosische Literatur ist im entsprechenden Artikel der franzosischen Wikipedia zitiert konnte hier aber noch nicht berucksichtigt werden Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kathedrale von Angouleme Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Marcel Durliat S 485 Rupprecht S 88 Christus ist nicht thronend sondern schwebend dargestellt die Apostelzahl betragt 11 nicht wie beim Weltgericht 12 Evangelistensymbole Auferstehende und Verdammter Zum theologischen Hintergrund dieser Zusammenschau von ascensio und descensio vgl Apostelgeschichte 1 11 Dieser Jesus der von Euch aufgenommen gen Himmel wird so wiederkommen wie ihr ihn gen Himmel habt fahren sehen Nahere Informationen zur Orgel45 649027777778 0 15157777777778 Koordinaten 45 38 56 5 N 0 9 5 7 O Normdaten Geografikum GND 4600112 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kathedrale von Angouleme amp oldid 238397892