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Josef Kallbrunner 23 November 1881 in Langenlois 29 Marz 1951 in Wien war ein osterreichischer Historiker und Archivar Noch vor dem sogenannten Anschluss Osterreichs an das Deutsche Reich 1938 unterhielt er in seiner Funktion als Direktor des Hofkammerarchivs Beziehungen zu nationalsozialistischen Forschungsinstitutionen die er in den folgenden Jahren ausbaute Indem er dabei das Hofkammerarchiv in den Dienst von Forschungen zu volkstumspolitischen Fragen und zur sogenannten Judenfrage stellte unterstutzte er die nationalsozialistische Politik und sicherte seinem Archiv eine vergleichsweise gute materielle Ausstattung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Studium und Archivdienst 1 2 Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung Judenfrage 1 3 Archivkommission und volkstumspolitische Vernetzung 1 4 Bis zum Ende des Krieges 1 5 Nach Kriegsende 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenStudium und Archivdienst Bearbeiten Kallbrunner entstammte einer alten Apothekerfamilie und absolvierte das Gymnasium in Krems an der Donau Er studierte Geschichte und ihre Hilfswissenschaften an der Universitat Wien und absolvierte von 1903 bis 1906 das Institut fur Osterreichische Geschichtsforschung wo er 1906 promovierte Er trat anschliessend in den staatlichen Archivdienst in den Ministerien des Innern und der Justiz 1926 wurde er im Austausch gegen Gustav Bodenstein Oberarchivar im Hofkammerarchiv und 1932 Nachfolger von Franz Wilhelm als Direktor des Hofkammerarchivs In seinen Forschungsarbeiten spezialisierte sich Kallbrunner auf die sogenannte Ansiedlungsforschung sowie die Kultur und Wirtschaftsgeschichte Wiens 1923 ubernahm er die Schriftleitung der Mitteilungen des Vereins fur Geschichte der Stadt Wien 1934 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie in Munchen und dadurch zur wichtigsten Vermittlungsinstanz zwischen Forschungsinstitutionen des nationalsozialistischen Deutschlands und dem Hofkammerarchiv 1 Kallbrunner engagierte sich zunehmend fur das Deutsche Ausland Institut in Stuttgart DAI den Verein fur das Deutschtum im Ausland VDA die Volksdeutsche Mittelstelle und Forschungsprojekte im Umkreis der SS Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung Judenfrage Bearbeiten Ab 1937 arbeitete das Hofkammerarchiv unter Kallbrunners Leitung mit dem Reichsinstitut fur Geschichte des neuen Deutschland Abteilung Judenfrage zusammen Die Zusammenarbeit entstand im November 1936 nachdem das Reichsinstitut in der Frankfurter Zeitung einen Preis fur eine Geschichte der osterreichischen Hofjuden ausgelobt hatte Kallbrunner erkundigte sich nach den Teilnahmebedingungen Daraufhin stellte die Forschungsabteilung Judenfrage des Reichsinstituts eine Rechercheanfrage nach Unterlagen zu judischen Personlichkeiten und im Januar 1937 kam deren Leiter Wilhelm Grau personlich nach Wien um bei Kallbrunner Unterstutzung mit Materialien zum Zeitraum 1750 bis 1815 zu erbitten Da die Zusammenarbeit eines osterreichischen staatlichen Archivs mit einer nationalsozialistischen Forschungsstelle auch nach dem Juliabkommen von 1936 brisant war wurde die Zusammenarbeit verschleiert obwohl ab Februar 1937 erste Gelder flossen Graus wichtigster Ansprechpartner im Hofarchiv wurde Franz Stanglica der als Mitarbeiter fur die Forschungen zwei illegale Nationalsozialisten Walter Messing und Kurt Zeillinger beschaftigte 2 Ab April 1938 bis Marz 1941 erstellten Mitarbeiter des Hofkammerarchivs sogenannte Judenregesten etwa zur Strassburger Bankozettel Falschungsaktion 1799 1814 die in Kopie auch an das DAI geschickt wurden Weitere Projekte wurden wegen der angespannten Personalsituation auf die Zeit nach dem Krieg verschoben Archivkommission und volkstumspolitische Vernetzung Bearbeiten Kallbrunner betrieb 1938 ein neues Archivabkommen mit der Tschechoslowakei um die aufgrund der Abkommen vom 18 Mai 1920 und 31 Mai 1922 aus Wien abgegebenen Archivalien zuruckzubekommen Nach der deutschen Besetzung der tschechischen Gebiete und der Errichtung des Protektorats Bohmen und Mahren organisierte er ab 1939 die Arbeit der Deutschen Archivkommission in Prag in Fragen der Bereitstellung Aushebung und Ausscheidung der geforderten Bestande Mittels vielfacher Vernetzungen kummerte sich Kallbrunner vor allem um volkstumspolitische Arbeit Ausgangspunkt waren Karteien zur Erschliessung von Quellen zur Siedlungsgeschichte in Sudosteuropa im Hofkammerarchiv die bereits 1936 in einer Schriftenreihe der Deutschen Akademie veroffentlicht worden waren und bei den NS Forschungsinstituten auf Interesse stiessen Kallbrunner unterhielt enge personliche Beziehungen zu Historikern des volksdeutschen Milieus wie Franz F Beranek vom Institut fur Heimatforschung in Kasmark in der Slowakei und Emil Maenner einem Gymnasialprofessor in Weinheim Er pflegte Kontakte zu deutschen Volksgruppen in Sudosteuropa und besuchte regelmassig Tagungen des DAI das Verfilmungen und Kopien von Akten aus dem Hofkammerarchiv finanzierte So wurden im Auftrag der Hauptstelle fur die Sippenkunde des Deutschtums im Ausland und finanziert durch das DAI Ansiedlerkarteien vervielfaltigt von denen Exemplare auch an die Forschungsstelle Wien und das DAI gingen Kallbrunner selbst leitete die Wiener Zweigstelle des DAI 3 gehorte dem Arbeitsausschuss der Sudostdeutschen Forschungsgemeinschaft an und sass im Beirat der Forschungsstelle Deutschosterreicher in aller Welt unter der Leitung von Wilfried Krallert die vom Verein Sudmark zusammen mit dem VDA und dem DAI gegrundet worden war Hier sollten zunachst alle seit 1920 aus Osterreich Ausgewanderten erfasst werden und anschliessend auf der Grundlage des Materials des Hofkammerarchivs die davor Ausgewanderten In den dabei entstehenden Karteien die durch die Verzettelung der Akten erstellt wurden waren Zehntausende Namen verzeichnet Weitere Kontakte bestanden zur Mittelstelle Saarpfalz Noch 1944 trat Kallbrunner der NSDAP bei Mitgliedsnummer 9 023 891 Zunehmendes Gewicht in Kallbrunners Tatigkeit gewann die Unterstutzung der im Generalgouvernement wie Kallbrunner es nannte in Gang gebrachten Unternehmungen zur Festigung abgeglittenen Volkstums und zur Bereinigung der Judenfrage 3 Anfragen an das Hofkammerarchiv kamen vom Institut fur Deutsche Ostarbeit in Krakau Referat Judenforschung 1944 referierte Kallbrunner auf Einladung Lothar von Seltmanns von der Volksdeutschen Mittelstelle in Krakau auf der Tagung Deutsche Forschung im Vorkarpathen und Weichselraum als Grundlage fur die praktische Volkstumsarbeit die im Zusammenhang mit sogenannten Umvolkungsproblemen stand uber Quellen zur Siedlungsgeschichte Galiziens Die Teilnahme Kallbrunners an dieser Tagung zeige so Herbert Hutterer wie tiefe Einblick in verbrecherische Politik der SS Kallbrunner gehabt habe 4 Zugleich gelang es Kallbrunner seine Tatigkeiten als kriegswichtig darzustellen Indem er die Projekte des Hofkammerarchivs auf die deutsche Ansiedlung im Sudosten und Nordosten der K u k Monarchie konzentrierte und Untersuchungen zum Anteil der judischen Bevolkerung am Finanz und Wirtschaftsleben forderte die wichtig fur die nationalsozialistische Politik waren machte Kallbrunner aus dem eigentlich schlecht ausgestatteten Hofkammerarchiv eine mit Hilfe der NS Forschungsinstitutionen vergleichsweise gut finanzierte Institution Die Wiener Archive wurden ausgewertet um Datenmaterial fur die staatliche Propaganda zu gewinnen und konkrete Argumentationslinien fur die nationalsozialistische Eroberungs Vertreibungs und Vernichtungspolitik zu entwickeln 5 Bis zum Ende des Krieges Bearbeiten Ab Ende 1943 organisierte Kallbrunner die Auslagerung der Archivbestande zum Schutz vor Bombenangriffen Er betrieb in den letzten Kriegsjahren eine rege Vortragstatigkeit Thema seiner Vortrage die er unter anderem vor SA Fuhrern in Magdeburg am Kulturtag der Stadt Passau und in der SS Junkerschule Bad Tolz hielt war dabei vor allem Prinz Eugen Er unterstutzte auch Max Zehenthofer der 1944 im Auftrag des Propagandaministeriums einen Kulturfilm uber Prinz Eugen drehen sollte Nach Kriegsende Bearbeiten Ab dem 27 April 1945 wurde Kallbrunner vorlaufig weiter im Hofkammerarchiv eingesetzt und auch mit der Leitung betraut Mit Wirkung vom 6 Februar 1946 wurde er seines Amtes enthoben und mit einer um 10 gekurzten Pension in den Ruhestand versetzt Zum Vorwurf wurde ihm vor allem der Begleittext zu einer Kartenpublikation gemacht in der er 1938 Osterreich als kerndeutsches Land mit schwabischem Herrschergeschlecht dargestellt hatte 6 und sich fur den Anschluss ausgesprochen hatte Zu seinen Gunsten wurde die Auszeichnung mit dem Offizierskreuz des osterreichischen Verdienstordens gewertet die er 1937 erhalten hatte Am 31 August 1947 wurde er als minderbelastet entnazifiziert und endgultig in den Ruhestand versetzt 7 Schriften Bearbeitenund Oskar Oberwalder Durnstein a d Donau F Oesterreicher Krems a d Donau 1910 Hrsg Maria Theresia als Herrscherin Aus den deutschen Denkschriften Briefen und Resolutionen 1740 1756 Insel Verlag Leipzig 1917 Osterreichische Bibliothek 25 Hrsg Wohnungssorgen im alten Wien Dokumente zur Wiener Wohnungsfrage im 17 und 18 Jahrhundert Hartleben Wien 1926 Osterreichische Bucherei 15 2A Zur Neuordnung Osterreichs unter Maria Theresia F W Graf Haugwitz und die Reform von 1749 L W Seidel amp Sohn Wien 1916 Die Zeit des Derectoriums in publicis et cameralibus Aktenstucke Josef Kallbrunner Holzhausen Wien 1925 und Melitta Winkler Die Osterreichische Zentralverwaltung Holzhausen Wien 1925 Die deutsche Auswanderung nach dem Sudosten in der Neuzeit s n S l 1930 Lazarus Henckel von Donnersmarck W Kohlhammer Stuttgart 1931 Hans Steinberger Ein Beitrag zur Geschichte der Montanwirtschaft im Zeitalter Kaiser Rudolfs II Kohlhammer Berlin u a 1934 und Franz Wilhelm Quellen zur deutschen Siedlungsgeschichte in Sudosteuropa Reinhardt Munchen 1932 Quellen zur deutschen Siedlungsgeschichte in Sudosteuropa Mit einer statistischen Tabelle und einer Karte Reinhardt Munchen 1936 Das Archiv der osterreichischen Wirtschaft Gistel amp Cie Wien 1936 Zur Geschichte der osterreichischen Verwaltung unter Maria Theresia W Kohlhammer Stuttgart 1936 Zur Geschichte der Wirtschaft im Temescher Banat bis zum Ausgang des Siebenjahrigen Krieges In Sudostdeutsche Forschungen 1 1936 1936 S 46 60 und C T Muller sowie Walter Kuhne Polnische Bekenntnisse zu deutschen Menschen und zum deutschen Geist S l 1936 Deutsche Erschliessung des Sudostens Seit 1683 1 Auflage Diederichs Jena 1938 Osterreichs Weg durch die deutsche Geschichte 799 1938 E Holzel Wien 1938 Philipp Melanchthon im deutschen Sudosten In Gesamtdeutsche Vergangenheit Festgabe fur Heinrich Ritter von Srbik zum 60 Geburtstag am 10 November 1938 1938 S 75 82 Josef Kallbrunner Mercy und Maria Theresia Die Planung der deutschen Siedlung im Banat unter Mercy und Maria Theresia In Deutsches Archiv fur Landes und Volksforschung 7 1943 1943 S 453 458 und Irma Steinsch Neue Forschung uber die Ansiedlung der privaten Grundherrschaften der Schwabischen Turkei in Ungarn im 18 Jahrhundert von Irma Steinsch In Deutsches Archiv fur Landes und Volksforschung 7 1943 1943 S 153 155 Quellen zur Geschichte deutscher Siedlung und deutscher Geltung in Galizien seit 1772 in den Wiener Archiven Vortrag In Die Burg Vierteljahresschr d Instituts fur Deutsche Ostarbeit in Krakau 4 1943 1943 S 197 204 Das kaiserliche Banat Verl des Sudostdt Kulturwerks Munchen 1958 und Clemens Biener Kaiserin Maria Theresias Politisches Testament Oldenbourg Munchen 1952 Literatur BearbeitenHerbert Hutterer Der Dienst an der schonen Sache Das Hofkammerarchiv und die NS Ansiedlungsforschung 1936 1945 In Mitteilungen des Osterreichischen Staatsarchivs 54 2010 S 181 219 PDFWeblinks BearbeitenGrabstatte auf dem Evangelischen Friedhof SimmeringEinzelnachweise Bearbeiten Hutterer Dienst S 182f Hutterer Dienst S 203f a b Hutterer Dienst S 194 Hutterer Dienst S 212 Hutterer Dienst S 200 Sylvia Schraut Kartierte Nationalgeschichte Geschichtsatlanten im internationalen Vergleich 1860 1960 1 Auflage Campus Frankfurt am Main 2011 ISBN 3 593 39427 8 S 243 245 zit 245 Hutterer Dienst S 218 Normdaten Person GND 1059830477 lobid OGND AKS LCCN nr93006900 VIAF 44688644 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kallbrunner JosefKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Historiker und ArchivarGEBURTSDATUM 23 November 1881GEBURTSORT LangenloisSTERBEDATUM 29 Marz 1951STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Kallbrunner amp oldid 224121459