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Johann Baptist Sellinger 30 August 1714 in Merdingen im Breisgau 14 Dezember 1779 in Inzlingen bei Lorrach war ein sudwestdeutscher Bildhauer des Barock Sein Leben und Werk hat vor allem der Merdinger Lehrer und Kunsthistoriker Hermann Brommer erforscht und in drei Aufsatzen behandelt Gasthaus Sonne in MerdingenUnterschrift Sellingers unter einem Vertrag von 1754Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 2 1 Datierte Werke 2 2 Undatierte Werke 3 Wurdigung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDie Familie Sellinger ist bald nach dem Dreissigjahrigen Krieg in dem an der Westflanke des Tunibergs gelegenen Dorf Merdingen nachweisbar Johann Baptist war das sechste von elf Kindern des Mathias Sellinger 28 August 1722 und der Anna Sellinger geb Wurthin 11 Marz 1748 Geburtshaus war das heutige Gasthaus Sonne in Merdingen Bei wem Johann Baptist die Bildhauerei erlernte ist unbekannt Seine Gesellenwanderung fuhrte ihn 1733 in die Werkstatt des Strassburger Meisters Francois Ludwig Foisset 1687 1745 die ein Jahr zuvor schon Johann Christian Wentzinger besucht hatte und dann anscheinend nach Paris Amsterdam und Antwerpen Die nachste Lebensspur befindet sich auf seinen zwei einzigen signierten Werken Das eine ist ein heute in der Pfarrkirche St Georg in Sankt Georgen einem Stadtteil von Freiburg im Breisgau ursprunglich aber vor der Kirche an der Basler Landstrasse aufgestellter Kruzifix Der Stamm tragt die Inschrift Sellinger fecit a Morting 1752 1 Akten der Pfarrgemeinde verraten dass Sellinger nur das Corpus des Kruzifixes schuf und zwar aus Buntsandstein von Pfaffenweiler Das andere Werk ist der Portalschmuck des Kanzleigebaudes des Malteserschlosses in Heitersheim namlich eine prachtige Wappenkartusche sowie die Statuen der Fides und der Justitia Der Sockel der Justitia tragt die Inschrift Seelinger fecit de Mordingen 1752 2 Ab 1753 betrieb Sellinger seine Einburgerung in die Stadt Freiburg Er konkurrierte dabei mit Fidelis Sporer und Johann Christian Wentzinger Im Dezember 1754 wurde die Einburgerung nach Zahlung eines Einkaufsgeldes von 200 fl mit der Aufnahme in die Bauzunft zum Mond vollzogen Im Herbst 1953 heiratete Sellinger Maria Margaritha geb Staudin oder Stauderin Er hatte drei Kinder mit ihr 1756 eine Tochter Maria Franziska 1757 eine Tochter Maria Agatha die 1777 einen Inzlinger Amtmann der Freiherren Reich von Reichenstein heiratete und 1759 einen Sohn Dominikus Johannes Baptista der zunachst Theologie studierte spater aber unter die Soldaten ging 3 Im November 1754 kaufte Sellinger das Haus Zum hintern Streitstein in der Freiburger Schiffgasse 4 4 Seine Arbeit erbrachte der Familie nur ein knappes Auskommen 1775 heisst es er habe seine Kunst notorisch wegen hohen Alter aufgegeben 5 Als er 1779 in Altkirch im Elsass arbeitete erkrankte er und wurde zu seiner Tochter nach Inzlingen transportiert wo er nach vierzig Stunden im Inzlinger Wasserschloss starb Seine Frau die verwittibte bildhauerin 6 starb am 7 Dezember 1784 in Freiburg Werke BearbeitenDie Aufzahlung nennt vollstandig die datierten Werke gemass Brommers drittem Aufsatz von 1979 in dem er einige Angaben der ersten Aufsatze korrigiert Undatierte Werke viele in Privatbesitz folgen in Auswahl Datierte Werke Bearbeiten 1752 Aus dem St Georgener Kruzifix gewann Brommer 1962 die Stilmerkmale zur Zuschreibung weiterer Werke Der Korper des Gekreuzigten sei athletisch vorgewolbt der Brustkorb muskulos der Leib darunter eingezogen Der Bart zeige in typischer Manier zwei an der Kinnspitze ausgedrehte Locken Besonders beachtenswert sei die Drapierung des Lendentuchs Mit Stricken um die Hufte gebunden auf der rechten Seite leicht herabhangend schlinge es sich in kraftigen Falten und Windungen vor die Scham um auf der linken Seite mit stark verbuchteten Falten als Stoffkaskade bis unter das Knie zu fallen 7 nbsp Malteserschloss Heitersheim1752 Wappenkartusche und Portalfiguren am Kanzleigebaude des Heitersheimer Malteserschlosses 8 1753 Steinernes Kruzifix im Garten der St Georgener Wendlinger Strasse 32 Der Stifter Johann Georg Schitterer gehorte zum Verwandtenkreis Sellingers 9 nbsp St Remigius Merdingen1753 Holzstatue des heiligen Remigius von Reims in der Merdinger Pfarrkirche St Remigius Der Stil sei an der 107 cm hohen Statue deutlich ausgepragt An der dunnen vorstehenden Oberlippe entspringt ein Schnurrbart der in zwei dicke Korkenzieherlocken des Vollbartes einmundet 10 1753 und 1754 Statuen des heiligen Johannes Nepomuk und der Immaculata auf der Brucke uber den Neumagen in Bad Krozingen die erstere 205 die letztere 240 cm hoch Den Nepomuk stiftete der Krozinger Vogt Joseph Moser der fur einen Vetter Sellingers Trauzeuge gewesen war Am 20 April 1945 holten zwei Krozinger die Statuen von der Brucke und retteten sie so denn tags darauf wurde die Brucke von deutschen Soldaten gesprengt 11 1754 Wappenschmuck am Merdinger Pfarrhaus 12 nbsp Wendelin auf dem Merdinger Laufbrunnen1756 Statue des heiligen Wendelin auf dem Laufbrunnen am Sudende der Merdinger Stockbrunnengasse In der faltenreichen Ausarbeitung des knielangen Rockes lasst sich J B Sellinger ebenso erkennen wie an der typischen Art des bartigen Wendelinus Gesichtes 13 1756 Gehausedekoration der Orgel des 1786 aufgehobenen Klosters St Katharina von Siena oder St Catharina von Senis auf dem Graben in Freiburg jetzt in der evangelischen Kirche in Feuerbach Kandern 14 1758 Steinkruzifix in Staufen im Breisgau unter den Platanen am Bonneville Platz 15 1759 Steinkruzifix neben dem Eingang der Pfarrkirche St Leodegar in Biengen heute Ortsteil von Bad Krozingen 16 1759 Die Heiligen Sebastian und Blasius von Sebaste Engelskinder und andere Schnitzereien am linken Seitenaltar der Pfarrkirche St Peter und Paul in Kappel Freiburg im Breisgau 17 Mittelpunkt des Retabels ist eine Mondsichelmadonna des Hans Wydyz 1760 Steinkruzifix vor der Pfarrkirche St Agnes in Eschbach bei Heitersheim Ursprunglich stand das Kreuz auf dem Friedhof Das Haupt mit typischer Behandlung von Augenpartie Bart und Kopfhaar sowie ubertrieben muskulosem Brustkorb uber eingefallenem Leib kennzeichnen den Eschbacher Gekreuzigten nach Brommer einwandfrei als von Sellingers Hand 18 1761 Steinstatue des heiligen Ulrich von Augsburg uber dem Hauptportal der Pfarrkirche St Ulrich in Rheinhausen Oberhausen Ware nur diese Udalricus Skulptur bekannt hatte Sellinger es allein damit verdient als Bildhauer nicht vergesen zu werden lt gt Unter dem vom rechten Unterarm zuruckwallenden Rauchmantel schmiegt sch ein sitzender dicker Putto mit einem Fisch dem Attribut des Heiligen in den Armen an den Fuss der Figur 19 1763 Dekoration der Kanzel in der Pfarrkirche St Vincentius in Neuershausen einem Ortsteil von March Breisgau Sellinger schuf Johannes den Taufer auf dem Schalldeckel eine Heiliggeist Taube und Putten 20 1763 Statuen der Heiligen Maurus und Apollinaris von Ravenna am Hochaltar der Pfarrkirche St Sebastian in Schlatt einem Ortsteil von Bad Krozingen Sie zeigen den gleichen Stil wie der Oberhausener Ulrich sind aber viel derber gearbeitet Sie offenbaren zwar das Temperament des Bildhauers konnen aber ihren derben Charakter nicht verbergen Naher betrachtet wirkt die dekorative Aufmachung der Gewander aufdringlich fast ubertrieben wohl bewusst dazu benutzt die schwache Wirkung der grob gearbeiteten Gesichter und Hande zu uberspielen 21 1763 Die auffallend gut gearbeiteten Prozessions Skulpturen der Heiligen Kolumba und Servatius in der Pfarrkirche St Kolumba in Pfaffenweiler gelten ebenfalls als Werke Sellingers 22 1764 Herz Mariae in der Kirche von Schlatt Strahlenbundel Wolken und Laubwerk lt gt fassen das Herz ein dem sich rechts und links ein Laubwerkbogen lt gt anschliesst 23 1765 Statue des heiligen Nepomuk vor der Schlossmuhle in Altsimonswald einem Ortsteil von Simonswald Er wirke wie eine Wiederholung des Bad Krozinger Bruckenheiligen dabei jedoch deutlich gealtert Spielte J B Sellinger auf sich selber an 24 1769 Brunnenstock des Stadtbrunnens der Vogesen Gemeinde Masevaux Niederbruck stark verwittert 25 nbsp Immaculata in Kirchhofen nbsp Heiliger Joseph aus der Staufener Johanneskapelle1770 Das Steinkruzifix an der Kreuzung Staufener Strasse B 3 in Bad Krozingen beim Haus Sonneck zeigt eine Darstellung des Gekreuzigten von uberdurchschnittlicher Qualitat 26 27 Undatierte Werke Bearbeiten Steinernes Wirtshaus Schild des Gasthauses Sonne in Merdingen im Giebel eines Hauschens nordwestlich davon eine Bacchus Maske vom ehemaligen Hoftorbogen 28 Wandkreuz in St Ulrich in Rheinhausen Oberhausen wo sich wie oben erwahnt auch eine Ulrich Statue befindet 29 Heiliger Nepomuk auf der Brucke uber den Johannisbach in Buchheim wie Neuershausen Ortsteil von March Breisgau 30 Maria Immaculata uber dem westlichen stabwerkumrahmten gotischen Hauptportal der Kirche St Maria Himmelfahrt in Kirchhofen einem Ortsteil der Gemeinde Ehrenkirchen am sudlichen Hang des Batzenbergs Zwischen die Figur und den Spitzbogen des Portals hat man ein 1772 von dem Ehrenstetter Bildhauer Joseph Donner 1731 1773 fur seine Eltern geschaffenes Grabdenkmal gesetzt und das ganze neobarock umrahmt 31 Heiliger Joseph vom Seitenaltar der Johanneskapelle auf dem Durenbuck oberhalb von Staufen im Breisgau 32 Wurdigung BearbeitenBrommer zitiert die Meinung des Senats der Freiburger Universitat zu Sellingers Bemuhungen um das Burgerrecht dass namlich Christian Wentzinger dem letzteren in seiner Kunst weit uberlegen sei Eine Uberlegenheit Wentzingers anerkennt Brommer Mit diesem Werturteil allein aber werde man der heimatgeschichtlichen Bedeutung Sellingers nicht gerecht Ihm der zu einem eigenen unverwechselbaren Stile fand blieb hoher Kunstlerruhm versagt obwohl seine Arbeiten zum liebenswerten Kulturgut zahlreicher Gemeinden des Breisgaues gehoren 33 Ahnlich wurde zum dreihundertsten Geburtstag geschrieben Verstecken musste sich Sellinger lt gt mit seinem Konnen nicht Er gehort zu den Meistern die gleich souveran beide Materien Stein wie Holz bearbeiten konnten Die heute beim nahen Hinschauen uberbetont wirkenden Mienen und Korperformen seiner Skulpturen die Bewegtheit der Gewander waren gewollt Ihr Ausdruck habe den Betrachter beim Vorbeigehen wie beim Knien in der Kirchenbank beeindrucken sollen Und das gelingt seinen Werken bis heute 34 Literatur BearbeitenHermann Brommer Johann Baptist Sellinger Ein Breisgauer Barockbildhauer 1714 1779 Lebensgeschichte und verwandtschaftliche Beziehungen In Schau ins Land 80 1962 S 51 69 Digitalisat Hermann Brommer Johann Baptist Sellinger Ein Breisgauer Barockbildhauer 1714 1779 Werke und kunstgeschichtliche Bedeutung In Schau ins Land 81 1963 S 66 98 Digitalisat Hermann Brommer Johann Baptist Sellinger 1714 1779 Neues zu Leben und Werk des Breisgauer Barockbildhausers In Schau ins Land 98 1979 S 59 80 Digitalisat Manfred Frietsch Meister des Ausdrucks 300 Jahre Johann Baptist Sellinger In Badische Zeitung vom 22 November 2014 S 39 Einzelnachweise Bearbeiten Brommer 1962 S 55 Brommer 1979 S 71 Brommer 1979 S 62 Hermann Flamm Geschichtliche Ortsbeschreibung der Stadt Freiburg i Br Band 2 Hauserstand 1400 1806 Fr Wagnersche Universitats Buchhandlung Freiburg 1903 S 241 Brommer 1979 S 62 Brommer 1961 S 13 Brommer 1963 S 66 68 Photographie S 67 Brommer 1979 S 70 71 Photographien S 69 und 71 und Frietsch 2014 Brommer 1963 S 68 69 Brommer 1963 S 74 75 Photographie S 85 Frietsch 2014 Brommer 1963 S 75 78 und 84 86 Photographien S 77 und 87 und Frietsch 2014 Dagmar Zimdars Bearb Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Baden Wurttemberg II Die Regierungsbezirke Freiburg und Tubingen Deutscher Kunstverlag Berlin 1997 ISBN 3 422 03030 1 S 30 Brommer 1963 S 90 91 Dagmar Zimdars Bearb Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Baden Wurttemberg II Die Regierungsbezirke Freiburg und Tubingen Deutscher Kunstverlag Berlin 1997 ISBN 3 422 03030 1 S 457 Brommer 1963 S 82 83 Photographie Frietsch 2014 Brommer 1979 S 74 Photographie S 75 Brommer 1963 S 69 Brommer 1963 S 69 70 Brommer 1979 S 68 Brommer 1979 S 63 64 Brommer 1963 S 72 73 und Photographie Brommer 1962 S 69 Brommer 1963 S 79 80 Photographien S 81 und 91 Dagmar Zimdars Bearb Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Baden Wurttemberg II Die Regierungsbezirke Freiburg und Tubingen Deutscher Kunstverlag Berlin 1997 ISBN 3 422 03030 1 S 479 Brommer 1963 S 73 74 Photographie S 73 Dagmar Zimdars Bearb Handbuch der Deutschen Kunstdenkmaler Baden Wurttemberg II Die Regierungsbezirke Freiburg und Tubingen Deutscher Kunstverlag Berlin 1997 ISBN 3 422 03030 1 S 649 Sellinger war Pfaffenweiler familiar verbunden und bemalte 1777 auch vier von ihm angefertigte Lichtstocke Edmund Weeger Pfaffenweiler eine Ortsgeschichte Pfaffenweiler 1997 S 115 f Zuschreibung durch Hermann Brommer Pfarrkirche St Columba Pfaffenweiler Munchen 1983 S 5 Brommer 1963 S 90 Brommer 1979 S 68 und Photographie S 66 Charles Sauter Jean Baptiste Sellinger sculpteur baroque du Brisgau a Masevaux In Annuaire de la Societe d Histoire des Regions de Thann Guebwiller 10 1973 74 S 71 72 Brommer 1979 S 74 75 Brommer 1963 S 70 71 J Staubesand Wegkreuze in Bad Krozingen 2007 S 7 Brommer 1963 S 81 82 und 91 Brommer 1979 S 65 67 Brommer 1963 S 79 Brommer 1979 S 70 Photographie Frietsch 2014 Brommer 1963 S 89 90 Brommer 1961 S 51 Frietsch 2014 Normdaten Person GND 1012305899 lobid OGND AKS VIAF 170837573 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sellinger Johann BaptistKURZBESCHREIBUNG deutscher Bildhauer und HolzschnitzerGEBURTSDATUM 30 August 1714GEBURTSORT MerdingenSTERBEDATUM 14 Dezember 1779STERBEORT Inzlingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Baptist Sellinger amp oldid 229998616