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Jenseits des Lustprinzips ist eine Abhandlung von Sigmund Freud die in den Jahren 1919 und 1920 entstand und 1920 veroffentlicht wurde Ausgehend von einer Analyse des Wiederholungszwangs entwirft Freud eine Konzeption der Verdrangung und des Triebes Die Abhandlung gilt als Wende in Freuds theoretischer Entwicklung Jenseits des Lustprizips Ausgabe 1921Die Arbeit enthalt drei theoretische Neuerungen Die Beziehung zwischen dem psychischen System das die Verdrangung ausubt und dem Verdrangten wird neu gefasst Als verdrangende Instanz gilt Freud jetzt nicht mehr wie in seinen fruheren Arbeiten das Bewusstsein sondern ein Ich das in seinem Kern unbewusst ist Die Triebe werden keineswegs nur vom Lustprinzip beherrscht also dem Streben Lust zu gewinnen und Unlust zu vermeiden wie er fruher annahm Primar ist vielmehr fur einen Trieb der Drang einen fruheren Zustand wiederherzustellen Dieser Drang ist unabhangig vom Lustprinzip wirksam nimmt also Unlust in Kauf etwa in Form von Angst und kann das Lustprinzip ausser Kraft setzen Es gibt zwei Triebgruppen die Lebenstriebe und die Todestriebe Die Lebenstriebe erschienen unter anderem Namen bereits in fruheren Schriften Freuds ihre Energie ist die Libido die in zwei Formen auftritt als Narzissmus und als objektbezogene Liebe Das Konzept der Todestriebe wird in dieser Schrift eingefuhrt Freud bezeichnet damit die Tendenz zur Selbstzerstorung und die davon abgeleitete Neigung zur Aggression und zur Destruktion Die Lebenstriebe zielen auf die Herstellung immer grosserer Einheiten die Todestriebe auf Ruckfuhrung des Organismus in einen anorganischen Zustand Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Ubersicht 1 2 Trieb Terminologie 1 3 Metapsychologie 2 Einordnung 3 Ausgaben 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenUbersicht Bearbeiten In fruheren Schriften hatte Freud die Ansicht vertreten die seelischen Vorgange wurden durch das Lustprinzip und das Realitatsprinzip reguliert Das Lustprinzip besteht im Streben nach Lust und im Vermeiden von Unlust wobei die Lustempfindung Freud zufolge in einer Verringerung der Spannung besteht beruhend auf der Abfuhr von Energie Die Unlust hat ihren Grund in einer Steigerung der Spannung in der Zunahme von Energie Unter dem Einfluss der Selbsterhaltungstriebe des Ichs wird das Lustprinzip durch das Realitatsprinzip abgelost Dieses zielt wie das Lustprinzip auf Lustbefriedigung sorgt jedoch dafur dass hierbei unlustvolle Umwege in Kauf genommen werden das Realitatsprinzip ist eine Modifikation des Lustprinzips Teil I Nun gibt es aber den Wiederholungszwang bestimmte Unlusterfahrungen werden hartnackig wiederholt Dazu gehoren die Unfalltraume von Menschen die an traumatischer Neurose erkrankt sind sowie Kinderspiele in denen Trennungserfahrungen re inszeniert werden Widersprechen sie dem Lustprinzip Zumindest die Wiederholungsspiele der Kinder lassen sich durchaus im Rahmen des Lustprinzips deuten als Befriedigung des Bemachtigungstriebs durch nachtragliche aktive Bewaltigung eines passiv erfahrenen Erlebnisses oder als Befriedigung eines Racheimpulses Das meiste was der Wiederholungszwang in diesem Fall wiederbelebt bringt zwar dem Ich Unlust aber eine Unlust die dem Lustprinzip nicht widerspricht Unlust fur das Ich und Lust fur das Unbewusste Teil II In der psychoanalytischen Therapie jedoch kommt es zu Formen des Wiederholungszwangs die keineswegs dem Lustprinzip unterstehen Wesentliche schmerzhafte Kindheitserinnerungen etwa die Erfahrung des Zuruckgewiesenwerdens durch die Eltern werden nicht erinnert sondern wiederholt und zwar in der Beziehung zum Arzt in der Ubertragung Ein ahnliches Phanomen findet man bei nicht neurotischen Personen die unter einem Schicksalszwang stehen d h die gezwungen sind immer wieder Beziehungen herzustellen die auf gleiche Weise schmerzlich enden etwa im Verratenwerden durch einen Freund In der Therapie zielt die Wiederholung des Patienten darauf ab die Behandlung abzubrechen Damit steht sie im Dienste des Widerstands des Ichs gegen die Aufdeckung des Verdrangten Die Motive dieses Widerstands sind unbewusst Also ist das Ich in seinem Kern unbewusst Teil III Der Wiederholungszwang der nicht dem Lustprinzip untersteht hat zwei Quellen Er beruht auf Erregungen die von aussen kommen und auf solchen die von innen stammen vor allem von den Trieben Um den Wiederholungszwang der durch Einwirkung ausserer Reize entsteht aufzuklaren bedient sich Freud eines Modells des psychischen Apparats dessen Arbeitsweise er zunachst darlegt Die im Apparat vorhandenen Erregungen entstehen durch Energien die in zwei Formen existieren als freie und als gebundene Energien Im Unbewussten herrscht der Primarvorgang das heisst die hier vorhandenen Erregungen resultieren aus freier Energie aus einer Energieform die nach sofortiger Abfuhr drangt was als Streben nach Spannungsverminderung empfunden wird Im Vorbewussten denjenigen Vorstellungen die zwar aktuell nicht bewusst sind die aber jederzeit bewusst gemacht werden konnen und im Bewusstsein herrscht der Sekundarvorgang die Erregungsablaufe beruhen hier auf einem anderen Typ von Energie namlich auf gebundener oder ruhender Energie Diese drangt nicht danach sofort abzufliessen sie kann vielmehr gespeichert werden und ihre Abfuhr die vor allem durch die Motorik erfolgt kann auf kontrollierte Weise stattfinden Zum Schutz gegen allzu grosse von aussen kommende Erregungsmengen dient dem Apparat der Reizschutz vor allem in Form der Angstbereitschaft Eine traumatische Uberflutung des Apparats durch eine ubergrosse Reizmenge kommt dann zustande wenn das Individuum unvorbereitet ist und einen Schreck erleidet d h wenn der Reizschutz ausfallt und keine Angstbereitschaft entwickelt wird Der psychische Apparat steht dann vor der Aufgabe die eingedrungene Erregungsmenge zu bewaltigen sie zu binden in gebundene Energie zu uberfuhren Zu diesem Zweck wird das Lustprinzip vorubergehend ausser Kraft gesetzt Unlust etwa in Form von Angst wird akzeptiert Damit lasst sich die Wiederholung von Unfalltraumen erklaren In diesen Traumen wird versucht die durch den Unfall eingedrungene Reizmenge zu bewaltigen und zwar dadurch dass die Wiederholung nachtraglich mit der damals fehlenden Angstbereitschaft verbunden wird Teil IV Der Wiederholungszwang beruht aber auch auf solchen Erregungen die aus dem Inneren des psychischen Apparats stammen von den Trieben Um den intern verursachten Wiederholungszwang zu erklaren entwirft Freud eine neue Version seiner Triebtheorie Die beiden Hauptthesen lauten Alle Triebe streben nach Wiederholung Und Es gibt genau zwei grosse Triebgruppen Lebenstriebe und Todestriebe Wiederholungscharakter der Triebe Ein Trieb ist ein dem belebten Organismus innewohnender Drang einen fruheren Zustand wiederherzustellen ein ursprungliches Befriedigungserlebnis zu wiederholen Dieses Ziel kann aufgrund der Verdrangung niemals erreicht werden es kann aber auch nicht aufgegeben werden Triebe sind also konservativ regressiv Es gibt keinen Trieb zur Hoherentwicklung alle Hoherentwicklung beruht auf ausserer Einwirkung Der verdrangte Trieb gibt es nie auf nach seiner vollen Befriedigung zu streben die in der Wiederholung eines primaren Befriedigungserlebnisses bestunde alle Ersatz Reaktionsbildungen und Sublimierungen sind ungenugend um seine anhaltende Spannung aufzuheben und aus der Differenz zwischen der gefundenen und der geforderten Befriedigungslust ergibt sich das treibende Moment welches bei keiner der hergestellten Situationen zu verharren gestattet sondern nach des Dichters Worten ungebandigt immer vorwarts dringt Mephisto im Faust I Studierzimmer Teil V S 251 1 Zwei Triebgruppen Freud unterscheidet zwei Arten von Trieben Lebenstriebe oder Eros griechisch fur Liebe und Todestriebe Er nimmt an dass diese beiden Triebarten in jedem lebendigen Organismus am Werk sind beginnend beim Einzeller Die Todestriebe streben danach das Lebewesen in den anorganischen Zustand zuruckzufuhren Das Ziel alles Lebens ist der Tod S 248 Zu dieser Triebgruppe gehoren das Streben nach Selbstzerstorung und die daraus abgeleitete Neigung zur Aggression und zur Destruktion Die Lebenstriebe zielen darauf ab das Leben fur langere Zeit zu erhalten und es zu immer grosseren Einheiten zusammenzufassen Zu ihnen gehoren der Narzissmus und die hieraus hervorgehenden objektbezogenen Sexualtriebe Zwischen Lebenstrieben und Todestrieben gibt es einen Gegensatz der neben den von aussen kommenden Storkraften die Entwicklung der Lebewesen bestimmt Teil V Freud sieht keine Moglichkeit seine Annahmen uber die beiden Triebgruppen wissenschaftlich zu untermauern Eine Bestatigung scheinen sie zu finden in August Weismanns Unterscheidung zwischen dem sterblichen Teil des Korpers dem Soma und den Keimzellen die bei Verschmelzung unsterblich sind Jedoch halt Weismann den Tod fur eine spate Erfindung der Evolution er sieht darin nicht wie Freud eine von Anfang an in allem Lebendigen wirksame Kraft Kann Ewald Herings Theorie als Bestatigung dienen wonach die Vorgange in der lebendigen Substanz in zwei Richtungen gehen eine aufbauende Richtung assimilatorisch und eine abbauende Richtung dissimilatorisch Freud lasst die Frage offen Eine Stutze fur seine Spekulation findet er allein bei den Philosophen fur die Todestriebe bei Schopenhauer und fur die Lebenstriebe den Eros bei Platon Die Behauptung vom regressiven Charakter der Triebe beruht allerdings so erklart er auch auf beobachtbarem Material namlich auf den Tatsachen des Wiederholungszwangs Teil VI Freud schliesst die Abhandlung mit Anmerkungen zur Beziehung zwischen den Trieben dem Lustprinzip und dem Verhaltnis von freier und gebundener Energie Das Lustprinzip steht sowohl im Dienste der Todestriebe als auch der Lebenstriebe Es zielt darauf ab das Erregungsniveau konstant zu halten Konstanzprinzip oder vielleicht sogar auf Null zu bringen Nirwanaprinzip damit unterstutzt es die Todestriebe die Zuruckfuhrung zu einem anorganischen Zustand Es wirkt jedoch zugleich in die entgegengesetzte Richtung es wacht uber Triebreize die die Lebensaufgabe erschweren und damit dient es den Lebenstrieben Die im Unbewussten ablaufenden Vorgange hervorgerufen durch die freien Erregungsvorgange des Primarprozesses rufen weit intensivere Lust Unlust Empfindungen hervor als die im Ich ablaufenden Denk und Wahrnehmungsprozesse die auf den gebundenen Erregungsvorgangen des Sekundarprozesses basieren Am Anfang des Seelenlebens des Individuums gab es einzig den Primarprozess In ihm herrschte das Lustprinzip dies jedoch keineswegs uneingeschrankt es muss sich haufige Durchbruche gefallen lassen S 271 Unterbrechungen durch den Wiederholungscharakter der Triebe In spateren Zeiten mit der Entwicklung des Ichs ist die Herrschaft des Lustprinzips sehr viel starker gesichert Freud entlasst den Leser mit der Erklarung man musse bereit bleiben einen Weg wieder zu verlassen wenn man den Eindruck gewonnen hat dass er zu nichts Gutem fuhre Teil VII Trieb Terminologie Bearbeiten Die in Jenseits des Lustprinzips vorgestellte dualistische Triebkonzeption wird von Freud bis ans Lebensende beibehalten Die Terminologie jedoch ist schwankend In Jenseits des Lustprinzips von 1920 heissen die beiden Triebgruppen Lebenstriebe oder Eros und Todestriebe In Das Ich und das Es von 1923 spricht Freud von Sexualtrieben oder Eros im Gegensatz zu den Todestrieben der Ausdruck Lebenstrieb wird in dieser Arbeit nicht verwandt Der Terminus Destruktionstrieb dient hier dazu den unter dem Einfluss der Sexualtriebe gegen die Aussenwelt gerichteten Todestrieb zu bezeichnen In Das Unbehagen in der Kultur von 1930 werden die beiden Triebgruppen als Eros oder Lebenstrieb und als Todestrieb bezeichnet Destruktionstrieb wird hier als Synonym fur den Todestrieb verwendet Aggressionstrieb ist hier die Bezeichnung fur einen Abkommling des Todestriebs namlich den nach aussen gerichteten Todestrieb In der Neuen Folge der Vorlesungen zur Einfuhrung in die Psychoanalyse von 1933 stellt er die Sexualtriebe oder den Eros oder die erotischen Triebe den Aggressionstrieben oder dem Todestrieb gegenuber auch hier wird der Ausdruck Lebenstrieb nicht verwendet Im Abriss der Psychoanalyse von 1939 1940 spricht er vom Eros oder Liebestrieb im Gegensatz zum Destruktionstrieb Immer verwendet er den Singular und den Plural nebeneinanderher beispielsweise spricht er nicht nur von den Todestrieben sondern auch vom Todestrieb Auch mit dem Singular Ausdruck ist immer eine Triebgruppe oder Triebart gemeint Metapsychologie Bearbeiten An verschiedenen Stellen der Abhandlung entwickelt Freud ein Modell der Funktionsweise des Psychischen des psychischen Apparats wie er sagt Freud nennt dieses Modell seine Metapsychologie Sie verbindet drei Gesichtspunkte Der psychische Apparat wird als ein Gebilde begriffen das aus mehreren Systemen oder Instanzen besteht dem Bewusstsein System Bw dem Vorbewussten System Vbw und dem Unbewussten System Ubw Die Beziehungen zwischen diesen Systemen werden durch ein raumliches Modell dargestellt Freud nennt dies den topischen also raumlichen Gesichtspunkt Im System gibt es Krafte die Triebe zwischen denen konflikthafte Beziehungen bestehen Dies ist der dynamische Gesichtspunkt also die Beschreibung die sich auf die Krafte bezieht Die Erregungsvorgange im Apparat beruhen auf einer Energie die sich quantifizieren lasst und die vermehrt und vermindert werden kann Dieser Gesichtspunkt wird von Freud als okonomisch bezeichnet Bei der Darstellung des Modells knupft er an seinen Entwurf einer Psychologie von 1895 an sowie an das Kapitel Zur Psychologie der Traumvorgange aus seiner Traumdeutung von 1900 Das Modell wird von Freud ausdrucklich als Spekulation bezeichnet Freud stellt sich vor dass der psychische Apparat durch die in ihm stattfindenden Erregungsablaufe bestimmt wird Insgesamt hat der Apparat die Tendenz die in ihm enthaltene Erregungsmenge moglichst gering zu halten oder wenigstens konstant zu halten und in ebendieser Tendenz besteht das Lustprinzip Die Tendenz in Richtung auf eine gleichbleibende Erregungsmenge wird von Freud als Konstanzprinzip bezeichnet Die Strebung die Erregungsmenge auf Null zuruckzufuhren bezeichnet er mit einem Ausdruck der englischen Psychoanalytikerin Barbara Low als Nirwanaprinzip Fur das Konstanzprinzip beruft sich Freud auf Fechners Prinzip der Tendenz zur Stabilitat Das Nirwanaprinzip entspricht der Tendenz des Todestriebs einen anorganischen Zustand wiederherzustellen Die Erregungen existieren im Apparat in zwei unterschiedlichen Energieformen als freie und als gebundene Energie Der Unterschied bezieht sich auf die Art der Energieabfuhr Die freie Energie hat stromenden Charakter sie drangt nach sofortigem Abfluss Die ruhende bzw gebundene Energie hingegen kann gespeichert werden das Streben nach Abfuhr ist hier gering Veranderungen der freien Energie werden vom Ich als Lust oder Unlust wahrgenommen Wenn die freie Energie sich verringert wenn sie also so abfliessen kann wie es dem Konstanz oder Nirwanaprinzip entspricht wird dies vom Ich als Lust empfunden Wenn die Quantitat der freien Energie zunimmt wenn ihre naturliche Abflusstendenz also gehemmt ist wird dies als funktionswidrig erlebt und hierdurch entsteht im Ich das Unlustgefuhl Nur ein geringer Teil der Unlust beruht auf dem Realitatsprinzip also auf dem Akzeptieren von Unlust als Umweg zur Lust Eine intensivere Quelle der Unlust ist die Spaltung des psychischen Apparats in das verdrangende Ich einerseits und die verdrangten Triebe andererseits Gelingt es den verdrangten Trieben auf gewissen Umwegen doch noch zu einer Befriedigung zu kommen so wird dies vom Ich als Unlust empfunden Das Lustprinzip ist in diesem Fall durchbrochen worden allerdings durch das Lustprinzip namlich dadurch dass es verdrangten Trieben gelungen ist Lust zu gewinnen S icherlich ist alle neurotische Unlust von solcher Art ist Lust die nicht als solche empfunden werden kann S 220 Diese Art der Unlust kann also im Rahmen des Lustprinzips gedeutet werden Insgesamt stellt Freud sich den psychischen Apparat wie ein Blaschen vor das aus verschiedenen Systemen zusammengesetzt ist An der Aussenseite liegen Bewusstsein und Wahrnehmung das System Bw darunter liegt das Vorbewusste System Vbw bewusstseinsfahige aber nicht aktuell bewusste Vorstellungen und noch tiefer liegt das Unbewusste System Ubw Das Bewusstsein unterscheidet sich von den anderen beiden Systemen des Apparats dem Vorbewussten und dem Unbewussten dadurch dass Erregungen in ihm keine dauerhaften Veranderungen hinterlassen keine Erinnerungsspuren Die Frage wie sich das von Freud schon fruher eingefuhrte System Bw zum neu eingefuhrten Ich verhalt das wesentlich unbewusst ist wird in dieser Arbeit nicht geklart Freud verwendet beide Beschreibungen nebeneinander Das Bewusstseinssystem wird durch Reize in Erregung versetzt die ihm aus zwei Quellen zustromen aus der Aussenwelt und aus dem Inneren des Apparats Die ausserste Oberflache des Blaschens noch uber dem System Bw besteht aus dem Reizschutz Der psychische Apparat kann nur mit kleinen Erregungsmengen arbeiten und der Reizschutz hat die Aufgabe die Quantitat der von aussen kommenden Erregungen zu reduzieren Eine der Formen des Reizschutzes ist die Angstbereitschaft Sie sorgt im Falle einer Gefahr dafur dass die den Reiz aufnehmenden Systeme mit gebundener Energie uberbesetzt werden dieses Mehr an gebundener Energie ist in der Lage die von aussen kommenden Energien in ruhende Energie umzuwandeln zu binden Von aussen kommende Erregungen die stark genug sind den Reizschutz zu durchbrechen werden von Freud als traumatisch bezeichnet Durch sie wird der gesamte seelische Apparat mit einer ubergrossen Erregungsmenge uberschwemmt Um sie zu bewaltigen wird das Lustprinzip vorubergehend ausser Kraft gesetzt und der Apparat konzentriert sich auf eine Aufgabe die grundlegender ist als Lustgewinnung und Unlustvermeidung auf die Bindung der eingebrochenen Reizmengen Die traumatische Neurose beruht auf einem Durchbrechen des Reizschutzes Ursache war das Fehlen von Angstbereitschaft Die Unfalltraume versuchen die Reizbewaltigung nachzuholen und zwar dadurch dass die Wiederholung jetzt mit Angstentwicklung verbunden wird deren Fehlen ja zur traumatischen Neurose gefuhrt hatte Traume dieser Art dienen also nicht der Wunscherfullung wie alle ubrigen Traume nach der Hypothese der Traumdeutung sie gehorchen vielmehr dem Wiederholungszwang der ursprunglicher ist als das Lustprinzip Hauptquelle fur die von innen stammenden Erregungen sind die Triebe Die von ihnen ausgehenden Erregungen gehoren zum Typ der frei beweglichen nach sofortiger Abfuhr drangenden Energie Diese Erregungen werden vom Bewusstsein als Lust und Unlust empfunden In Richtung auf die von innen kommenden Trieberregungen verfugt der Apparat uber keinerlei Reizschutz Dieser Mangel fuhrt zu Storungen die denen der extern verursachten traumatischen Neurosen gleichzustellen sind Der Apparat behilft sich indem er von innen kommende starke Erregungen so behandelt als ob sie von aussen kamen dies macht es moglich den Reizschutz gegen sie einzusetzen Diese Art der Abwehr ist die Projektion ein Mechanismus der bei der Entstehung pathologischer Prozesse eine betrachtliche Rolle spielt Einordnung BearbeitenDie in Jenseits des Lustprinzips entwickelte Konzeption wird von Freud in Das Ich und das Es von 1923 weiterentwickelt Er entwirft hier ein neues topisches also raumliches Modell uber die Funktionsweise des psychischen Apparats Das Modell kombiniert die Auffassung vom Ich als einer teilweise unbewussten verdrangenden Instanz aus Jenseits des Lustprinzips mit der alteren Auffassung vom psychischen Apparat als Verbindung der drei Systeme Wahrnehmung Bewusstsein Vorbewusstes und Unbewusstes Das System Wahrnehmung Bewusstsein ist demnach der Kern des Ichs in Jenseits des Lustprinzips hingegen hiess es der Kern des Ichs sei unbewusst Das Vorbewusste wird in Das Ich und das Es als Teil des Ichs dargestellt mit einer unscharfen Grenze zum Es Aus dem Ich differenziert sich eine weitgehend unbewusste Instanz aus das Uber Ich In einer spateren Arbeit Der Humor von 1927 wird das Uber Ich als Kern des Ichs bezeichnet Auch die in Jenseits des Lustprinzips vorgestellte Hypothese uber den Gegensatz von Lebens und Todestrieben wird in Das Ich und das Es weiter ausgearbeitet spater bildet sie eine Grundlage von Freuds Abhandlung Das Unbehagen in der Kultur 1930 Laut Fritz Wittels dem ersten Biographen Freuds sei die Schrift durch den Tod seiner Tochter Sophie Halberstadt mitveranlasst worden die 1920 starb und nur 27 Jahre alt wurde eine Aussage mit der Freud selbst nicht einverstanden war 2 sowie auch vor dem Hintergrund der grausamen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs zu sehen Die Urfassung der Schrift stammt aber nach neueren Erkenntnissen bereits aus dem Fruhjahr 1919 so dass der Tod der Tochter keine Rolle gespielt haben kann 3 Mit Blick auf die biologische Spekulation in Jenseits des Lustprinzips ist ferner auf die Rolle einer von Freud und Sandor Ferenczi anvisierten aber nie vollendeten Bioanalyse verwiesen worden der zufolge psychoanalytische Begriffe und Methoden konsequent auf die Naturwissenschaften zu ubertragen seien 4 Ausgaben BearbeitenSigmund Freud Jenseits des Lustprinzips Internationaler Psychoanalytischer Verlag Leipzig Wien und Zurich 1920 Erstdruck 2 uberarbeitete Auflage 1921 3 uberarb Auflage 1923 In Ders Gesammelte Werke Chronologisch geordnet Bd 13 Hg v Marie Bonaparte unter Mitarbeit von Anna Freud Imago London 1940 S 1 69 In Ders Studienausgabe Bd 3 Psychologie des Unbewussten Hg v Alexander Mitscherlich Angela Richards James Strachey Fischer Frankfurt a M 2000 ISBN 3108227033 S 213 272 mit editorischer Vorbemerkung Anmerkungen zur Entwicklung von Freuds Begrifflichkeit und Nachweis der Veranderungen in den verschiedenen Auflagen Weblinks BearbeitenVolltext im Projekt Gutenberg Volltext in textlog de Michele Porte Beyond the Pleasure Principle In International Dictionary of Psychoanalysis Thomson Gale Detroit 2005 Elfriede Lochel IPU Berlin Klassiker der Psychoanalyse Jenseits des Lustprinzips Teil 1 Wissenschaftspodcast der Internationalen Psychoanalytischen Universitat Berlin 2 Juli 2020 Elfriede Lochel IPU Berlin Klassiker der Psychoanalyse Jenseits des Lustprinzips Teil 2 Wissenschaftspodcast der Internationalen Psychoanalytischen Universitat Berlin 9 Juli 2020 Elfriede Lochel IPU Berlin Klassiker der Psychoanalyse Jenseits des Lustprinzips Teil 3 Wissenschaftspodcast der Internationalen Psychoanalytischen Universitat Berlin IPU 23 Juli 2020Einzelnachweise Bearbeiten Sigmund Freud Jenseits des Lustprinzips In Ders Studienausgabe Bd 3 Psychologie des Unbewussten Fischer Frankfurt a M 2000 S 251 nach dieser Ausgabe wird im folgenden zitiert Vgl dazu Elisabeth Roudinesco und Michel Plon Dictionnaire de la Psychanalyse 1997 Aus dem Franzosischen ubersetzt von Christoph Eissing Christophersen u a Worterbuch der Psychoanalyse Springer Wien 2004 S 495 f ISBN 3 211 83748 5 Ulrike May Der dritte Schritt in der Trieblehre Zur Entstehungsgeschichte von Jenseits des Lustprinzips In Luzifer Amor Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse Heft 51 26 Jg 2013 S 92 ff Jenny Willner Neurotische Evolution Bioanalyse als Kulturkritik in Jenseits des Lustprinzips In PSYCHE Band 74 Nr 11 November 2020 ISSN 0033 2623 S 895 921 doi 10 21706 ps 74 11 895 klett cotta de abgerufen am 23 Oktober 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jenseits des Lustprinzips amp oldid 226490823