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Triebtheorie ist ein Oberbegriff fur eine Reihe von Theorien aus Ethologie Psychologie und Psychoanalyse Ihnen allen ist die Auffassung gemeinsam der Mensch werde wesentlich von einer Anzahl endogener d h angeborener Triebe und Grundbedurfnisse gesteuert Die bekannteste und einflussreichste Triebtheorie entwickelte Sigmund Freud Heute wird das Triebkonzept in der wissenschaftlichen Literatur nur noch vereinzelt verwendet entscheidende Elemente davon leben aber in den moderneren Fachbegriffen der Motivation und des Motivationssystems fort Mit der Begrundung die Triebtheorie orientiere sich zu einseitig am Kind wahrend der Einfluss der Eltern auf die kindliche Entwicklung unberucksichtigt bliebe wird ihr mittlerweile keine entscheidende Bedeutung mehr fur die Entwicklungspsychologie zugemessen 1 Nach Freud entstammt der Trieb einem korperlichen Spannungszustand Triebe dienen allgemein der Art und Selbsterhaltung Von diesen Urtrieben unterscheidet Freud zunachst zwei Gruppen und zwar die der Ich oder Selbsterhaltungstriebe und die der Sexualtriebe 2 Triebe werden durch die Qualitaten Quelle Objekt Ziel und Drang beschrieben Der Triebdrang welcher vom korperlichen ausgehend seelische Wirkungen entfaltet die sog Triebreprasentanzen erfolgt stetig neu auch nach erfolgter Befriedigung wieder und vom Willen des Ich Bewusstseins unabhangig dieses vermag jedoch die Verwirklichung der Wunsche umweltangemessen zu lenken und sogar zuruckzudrangen Die Triebenergie selbst hat Freud als Libido bezeichnet das Streben nach sofortiger Triebbefriedigung als Lustprinzip Spater erganzte er diese Konzeption durch die zusatzliche Annahme eines Todestriebs der jedoch stark umstritten blieb Inhaltsverzeichnis 1 Triebarten nach Freud 2 Phasen der psychosexuellen Entwicklung 3 Mehrfache Revidierung der Triebtheorie 4 Begriff des Triebes 5 Kritik 5 1 Psychoanalytische Kritik an Freuds Triebtheorie 5 2 Kritik aus Sicht der Traumaforschung 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseTriebarten nach Freud BearbeitenFreud unterscheidet zwischen Instinkt und Trieb Freud definiert Instinkt als ein tierisches durch Hereditat fixiertes und fur die Art charakteristisches Verhalten das in seinem Ablauf praformiert und an sein Objekt adaptiert ist Bei dem Begriff Trieb liegt der Akzent dagegen weniger auf der prazisen Finalitat als auf einer allgemeinen Ausrichtung Freud betont beim Trieb den ununterdruckbaren Charakter des Dranges Ziel und Objekt des Triebs sind austauschbar 3 In der englischen Standard Edition der Freud Werke wurden durchgangig Trieb mit instinct ubersetzt was fur viel Verwirrung und Kritik gesorgt hat 4 Triebe werden zum einen nach ihrer Entstehung Primar und Sekundartriebe und zum anderen nach ihren Funktionen Lebens und Todestriebe unterschieden Nach der Entstehung Primartriebe sind von Geburt an vorhanden und sichern die Erhaltung der Art und des einzelnen Individuums Zu ihnen zahlen das Bedurfnis nach Nahrung Wasser Sauerstoff Ruhe Sexualitat und Entspannung Die Sekundartriebe z B das Bedurfnis nach Anerkennung und Sicherheit entwickeln sich zwischen dem ersten halben und dem zweiten Lebensjahr Ohne Sekundartriebe wurden wir auf dem Niveau eines Kleinstkindes bleiben Nach der Funktion Hierbei unterscheidet Freud zwischen dem Lebenstrieb Eros zu dem alle lebenserhaltenden und die Erhaltung der Art unterstutzenden Triebe zahlen und dem Todestrieb Thanatos der den Drang beschreibt zum Anorganischen und Unbelebten zuruckzukehren Beide Triebe wirken in Polaritat aber auch vielfach zusammen und miteinander vermischt Phasen der psychosexuellen Entwicklung BearbeitenNach Freud entwickele sich die menschliche Sexualitat bereits ab fruhester Kindheit wobei die psychosexuelle Entwicklung entlang jeweils vorherrschender erogener Zonen Mundschleimhaut Darm und Urogenitalschleimhaut Genitalien eine orale anale urogenitale und phallisch odipale Phase durchlaufe diese Entwicklung werde durch eine Latenzphase unterbrochen um in der Pubertat wiederaufgenommen und vollendet zu werden Siehe auch Infantile SexualitatMehrfache Revidierung der Triebtheorie BearbeitenDer Triebbegriff taucht bei Freud erst 1905 in den Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie auf Auch die von Freud stets beachtete Unterscheidung zwischen Quelle Objekt und Ziel eines Triebes wurde in diesem Werk erstmals eingefuhrt In der ersten Phase seines Werks hatte er die Symptome seiner Patienten auf Traumatisierungen zuruckgefuhrt Am 21 September 1897 schrieb er aber an seinen Freund Wilhelm Fliess er sei zur Einsicht gekommen dass es im Unbewussten ein Realitatszeichen nicht gibt sodass man die Wahrheit und die mit Affekt besetzte Fiktion nicht unterscheiden kann So entwickelte er das Konzept der unbewussten Phantasien und Wunsche die ab 1905 durch eine Theorie der Triebe die als Urgrund der Phantasien zu sehen seien fundiert wird In erster Linie sah er nun die Triebkonflikte in der individuellen psychosexuellen Reifung als krankheitsverursachend In Freuds Behandlung des Themas der Triebe lassen sich drei Werkphasen abgrenzen Erste Phase laut Robl 1905 1914 Dualistisches Modell Von besonderer Bedeutung fur unseren Erklarungsversuch ist der unleugbare Gegensatz zwischen Trieben welche der Sexualitat der Gewinnung sexueller Lust dienen und den anderen welche die Selbsterhaltung des Individuums zum Ziele haben den Ich Trieben Freud 1910 1982 209 Ich Triebe oder Selbsterhaltungstriebe Triebtypus dessen Energie das Ich im Abwehrkonflikt verwendet Die Ich Triebe funktionieren nach dem Realitatsprinzip Sexualtriebe Libido Die Energie der Sexualtriebe ist die Libido Die Libido kann gemass ihrem Besetzungsobjekt in Ich Libido und Objektlibido unterteilt werden Zweite Phase 1914 1915 Kein dualistisches Triebmodell stattdessen nimmt Freud in dieser Phase einen libidinosen Trieb an der in zwei Auspragungen erscheine einer aggressiven und einer im weitesten Sinne sexuelle Form Dritte Phase ab 1920 Erneut dualistisches Triebmodell Lebenstrieb und Todestrieb In dieser umstrittenen letzten Triebtheorie Freuds werden die beiden Haupttriebarten weniger als konkrete Motivationen der Tatigkeit des Organismus dargestellt sondern als Grundprinzip das letztlich dessen Aktivitaten reguliert Die Krafte die wir hinter den Bedurftnisspannungen es Es annehmen heissen wir Triebe 5 Der topische Konflikt zwischen der abwehrenden und der verdrangenden Instanz im ersten Triebmodell schrankt in diesem letzten Triebmodell den Triebkonflikt nicht mehr ein da das Es als Reservoir fur die beiden Triebarten angesehen wird Die vom Ich verwandte Energie wird vor allem in Form von desexualisierter und sublimierter Energie diesem gemeinsamen Fond entnommen 1932 formuliert Freud den beruhmten Satz Die Trieblehre ist sozusagen unsere Mythologie Die Triebe sind mythische Wesen grossartig in ihrer Unbestimmtheit 6 Begriff des Triebes BearbeitenDer Freudsche Begriff des Triebes entwickelt sich an der Beschreibung der menschlichen Sexualitat Freud weist in seinen Arbeiten darauf hin wie vielfaltig und eng an verschiedene somatischen Quellen erogenen Zonen die Triebziele verbunden sind Erst am Ende einer komplexen Entwicklung werden die Partialtriebe der Genitalzone untergeordnet und in einen erfullten Sexualakt einbezogen Freuds Verwendung des Triebbegriffs ist nicht immer einheitlich gewesen So schrieb er 1905 Unter einem Trieb konnen wir zunachst nichts anderes verstehen als die psychische Reprasentanz einer kontinuierlich fliessenden innersomatischen Reizquelle zum Unterschiede vom Reiz der durch vereinzelte und von aussen kommende Erregungen hergestellt wird Trieb ist so einer der Begriffe der Abgrenzung des Seelischen vom Korperlichen 7 Freud beschreibt hier den Trieb als psychische Grosse jedoch ist sein Triebkonzept ausserst schwankend uneinheitlich und von standigen Umformulierungen gekennzeichnet So steht auch das folgende Zitat von 1926 im Widerspruch zu diesem indem es den Trieb auf der somatischen Ebene ansiedelt Die okonomische Betrachtung nimmt an dass die psychischen Vertretungen der Triebe mit bestimmten Quantitaten Energie besetzt sind 8 Wilhelm Reich hat diese zweite Auffassung folgendermassen umschrieben Es ist vollkommen logisch dass der Trieb selbst nicht bewusst sein kann denn er ist dasjenige was uns regiert und beherrscht Wir sind sein Objekt Denken wir an die Elektrizitat Wir wissen nicht was und wie sie ist Wir erkennen sie nur an ihren Ausserungen am Licht und am elektrischen Schlag Die elektrische Welle kann man wohl messen doch auch sie ist nur eine Eigenschaft dessen was wir Elektrizitat nennen und eigentlich nicht kennen So wie die Elektrizitat messbar wird durch ihre Energieausserungen so sind die Triebe nur durch Affektausserungen erkennbar 9 Aber auch schon die Frage ob sich das Konstrukt Trieb uberhaupt einer dieser Ebenen zuschreiben lasst wird von Freud widerspruchlich behandelt Wir konnen dem Trieb nicht ausweichen als einem Grenzbegriff zwischen psychologischer und biologischer Auffassung 10 Diese Ausserung widerspricht dem Vorangegangenen indem hier ausgesagt wird dass der Trieb eben nicht der somatischen oder der psychischen Ebene zugesprochen werden konne sondern ein Grenzbegriff sei Freud beschreibt die zentralen Qualitaten des Triebes wie folgt Die Quelle des Triebes ist ein erregender Vorgang in einem Organ und das nachste Ziel des Triebes liegt in der Aufhebung des Organreizes 11 Auf dem Wege von der Quelle zum Ziel wird der Trieb psychisch wirksam Wir stellen ihn vor als einen gewissen Energiebetrag der nach einer bestimmten Richtung drangt Das Ziel kann am eigenen Korper erreicht werden in der Regel ist ein ausseres Objekt eingeschoben an dem der Trieb sein ausseres Ziel erreicht sein inneres bleibt jedes Mal die als Befriedigung empfundene Korperveranderung 12 Ausloser ist also ein interner Reiz der eine gewisse als unangenehm empfundene Triebspannung weckt Diese Spannung weckt den Wunsch nach ihrer Verminderung durch Befriedigung am Triebziel meist dem Objekt Fur diese Aufgabe stellt der Trieb einen gewissen Energiebetrag bereit Hierbei ist wichtig dass der Mensch dem Triebreiz als einem inneren Reiz nicht wie einem ausseren Reiz ausweichen kann Er kann deshalb der Triebspannung nicht entgehen ohne den Trieb zu befriedigen wenngleich er die Triebbefriedigung eine Zeit lang aufschieben kann Je langer der Aufschub desto grosser wird die aversive Spannung und der Wunsch nach Triebbefriedigung Die Qualitat des Triebes wird durch sein Triebziel bestimmt In die Haupttriebe dieser Modelle lassen sich alle anderen Triebe als Unter Triebe integrieren Welche Triebe darf man aufstellen und wie viele Dabei ist offenbar der Willkur ein weiter Spielraum gelassen Man kann nichts dagegen einwenden wenn jemand den Begriff eines Spieltriebes Destruktionstriebes Geselligkeitstriebes in Anwendung bringt wo der Gegenstand es erfordert und die Beschrankung der psychologischen Analyse es zulasst Man sollte aber die Frage nicht ausser Acht lassen ob diese einerseits so sehr spezialisierten Triebmotive nicht eine weitere Zerlegung in der Richtung nach den Triebquellen gestatten so dass nur die weiter nicht zerlegbaren Urtriebe eine Bedeutung beanspruchen konnen 13 Ein Trieb verlangt die ihm eigene Befriedigung und meist auch ein ihm eigenes Objekt trotzdem kann eine gewisse Menge der ursprunglichen Triebenergie auf ein anderes Ziel verschoben werden und dadurch befriedigt werden Diesen Vorgang nennt Freud Sublimierung Das Triebziel ist die Erleichterung der Erregungsspannung Kritik BearbeitenDieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Psychoanalytische Kritik an Freuds Triebtheorie Bearbeiten Der Begrunder der Ich Psychologie Heinz Hartmann versuchte Ende der 1930er Jahre von Freuds Konzept der Lebens und Todestriebe Abstand zu nehmen Er schlug vor den Begriff Trieb durch die Einfuhrung von libidinosen und aggressiven Motivationen zu ersetzen Die freudsche Triebtheorie wurde unter anderem von einer Gruppe von Psychoanalytikern kritisiert und revidiert die spater als Neo Psychoanalytiker bezeichnet wurden Zu ihnen gehoren u a Harald Schultz Hencke Karen Horney Erich Fromm Harry Stack Sullivan Frieda Fromm Reichmann und Clara Thompson Die Hauptrichtung der Kritik verdachtigte die Triebtheorie ein mechanistisch biologistisches Uberbleibsel aus dem 19 Jahrhundert zu sein Auch wurde das Menschenbild Freuds mit dessen Annahme des Todes und Destruktionstriebes als kulturpessimistisch kritisiert Die Neopsychoanalytiker wollten die Psychoanalyse als eine Theorie der menschlichen Beziehungen neu begrunden vgl auch Objektbeziehungstheorie Strittig ist ob sie damit wesentliche ausschlaggebende ein Alleinstellungsmerkmal bildende Gehalte der freudschen Psychoanalyse preisgegeben haben In dem sog Kulturismus Streit wird dieser Frage von den Kontrahenten Erich Fromm und Herbert Marcuse nachgegangen Weitere Vertreter der Psychoanalyse wie Otto F Kernberg sehen die Triebe als aus den Affekten entstandene also als sekundare Erscheinung an 14 Freud sah den Trieb noch als innersomatische Reizquelle an der Grenze von Somatischem und Psychischem er sei durch Affektausserung zu erkennen Damit nahert sich Kernberg dem Modell des motivationalen Systems an das grundlegende Bedurfnisse als Motivation innerhalb des psychischen Systems zusammenfasst Andere Autoren wie Joseph D Lichtenberg und Martin Dornes sehen die Triebtheorie an sich und damit auch die Verwendung des Begriffes Trieb im freudschen Sinne als widerlegt an Lichtenberg geht gestutzt auf Heinz Hartmann und die Entwicklung der amerikanischen Selbstpsychologie nach Kohut stattdessen von motivationalen Systemen aus zu denen auch die menschliche Sexualitat zu rechnen ist Dornes sieht die Triebtheorie als biologisch begrundete Triebfeder der Psyche als widerlegt an Allen Autoren ist gemeinsam dass sie den Affekt als zentralen motivierenden Aspekt der Psyche betrachten Kritik aus Sicht der Traumaforschung Bearbeiten Fundamentale Kritik an der psychoanalytischen Triebtheorie stammt von Autoren die sich inzwischen von der Psychoanalyse gelost haben z B Alice Miller Thomas Mertens Jeffrey Masson Final Analysis 1992 Dorte von Drigalski Blumen auf Granit 1980 Hilarion Petzold Ihr Vorwurf lautet dass die Triebtheorie der Psychoanalyse einerseits den Opfern sexuellen Missbrauchs in keiner Weise gerecht werde Denn auf Basis der Triebtheorie kann aus dem der Missbrauchten als Opfer der die Missbrauchte als Tater gemacht werden Gut zu erkennen ist dieser Zusammenhang in der Kriminologie Erst das Ablegen der Triebtheorie ermoglichte es bei Vergewaltigungen die sogenannte Provokationsthese aufzugeben 15 Andererseits hat sich erst mit Aufgeben der Triebtheorie umgekehrt die Verurteilung der Tater als Gewalttater durchgesetzt ohne dass fur diese ein z B besonders starker Sexualtrieb als Rechtfertigung akzeptiert wird 15 Bedeutenden Einfluss auf die neuere Kritik an der Trieblehre hatte der Schuler Wegbegleiter und enge Vertraute Freuds Sandor Ferenczi der in seinen letzten Schaffensjahren zunehmend auf die Grenzen psychoanalytischer Dogmatik aufmerksam machte Ferenczi betonte zuletzt den Einfluss exogener also traumatisierender Faktoren auf die Entwicklung der Psyche und fragte insbesondere nach dem Einfluss der Erwachsenenleidenschaftlichkeit auf die unfertige Kinderseele Damit aber stellte er nicht nur das klassische analytische Modell auf den Kopf welches das Kind als Triebsubjekt gegenuber einer Welt inzestuos begehrter oder im Dienste der infantilen Sexualitat zu beseitigender Objekte vorsieht sondern zugleich auch den Kern der Freudschen Lehre in Frage den sogenannten Odipuskomplex als moglichen Effekt der Triebhaftigkeit der Eltern gegenuber dem Kind als Objekt Exemplarisch fur diese vor allem in seinem Tagebuch von 1932 entwickelten dissidenten Gedankengange ist sein kurz vor seinem Tod auf dem Wiesbadener Kongress der IPV gehaltener Vortrag Sprachverwirrung zwischen den Erwachsenen und dem Kind Die Sprache der Zartlichkeit und der Leidenschaft Hier entwickelt er das Konzept der Introjektion des Aggressors als Effekt traumatisierender Ubergriffe auf das Kind Schon Sigmund Freud selbst hatte zum sexuellen Missbrauch von Kindern durch Erwachsene publiziert z B in Die Atiologie der Hysterie Als er dazu im Mai 1896 vor der Psychiatrischen und Neurologischen Gesellschaft referierte stiess er so Freud in einem Brief an Wilhelm Fliess auf eisige Aufnahme und Krafft Ebing der den Vorsitz fuhrte habe lapidar kommentiert Es klingt wie ein wissenschaftliches Marchen 16 In Die Atiologie der Hysterie hiess es dazu von ihm Von Personen die kein Bedenken tragen ihre sexuellen Bedurfnisse an Kindern zu befriedigen kann man nicht erwarten dass sie an Nuancen in der Weise dieser Befriedigung Anstoss nehmen und die dem Kindesalter anhaftende sexuelle Impotenz drangt unausbleiblich zu denselben Surrogathandlungen zu denen sich der Erwachsene im Falle erworbener Impotenz erniedrigt 17 Ebenso wurde in diesem Zusammenhang von Freud das ungleiche Verhaltnis bei Kindesmissbrauch thematisiert in dem das Kind der Willkur des Erwachsenen ausgesetzt ist Alle die seltsamen Bedingungen unter denen das ungleiche Paar sein Liebesverhaltnis fortfuhrt der Erwachsene der sich seinem Anteil an der gegenseitigen Abhangigkeit nicht entziehen kann wie sie aus einer sexuellen Beziehung notwendig hervorgeht der dabei doch mit aller Autoritat und dem Rechte der Zuchtigung ausgerustet ist und zur ungehemmten Befriedigung seiner Launen die eine Rolle mit der anderen vertauscht das Kind dieser Willkur in seiner Hilflosigkeit preisgegeben vorzeitig zu allen Empfindlichkeiten erweckt und allen Enttauschungen ausgesetzt haufig in der Ausubung der ihm zugewiesenen sexuellen Leistungen durch seine unvollkommene Beherrschung der naturlichen Bedurfnisse unterbrochen alle diese grotesken und doch tragischen Missverhaltnisse pragen sich in der ferneren Entwicklung des Individuums und seiner Neurose in einer Unzahl von Dauereffekten aus die der eingehendsten Verfolgung wurdig waren 18 Allerdings verbirgt sich in der Formulierung im obigen Zitat der Erwachsene der sich seinem Anteil an der gegenseitigen Abhangigkeit nicht entziehen kann wie sie aus einer sexuellen Beziehung notwendig hervorgeht 18 wieder das Verstandnis der Triebe hier des Erwachsenen der sich diesen nicht entziehen konne Zudem widerrief Freud seine Theorie der Hysterie schon ein Jahr spater wieder Ich glaube an meine Neurotica nicht mehr hiess es in einem Brief vom 21 September 1897 Er Freud habe die Schilderungen der Patienten fur bare Munze genommen und darob ubersehen wie Dichtung und Wahrheit sich immer wieder vermengten 19 Nichtsdestoweniger gehorte Freud zu denen die zu diesem Zeitpunkt das Thema Missbrauch von Kindern thematisierten aber mit seiner Triebtheorie zugleich die Ursache mitlieferte welche den Tater als das Opfer entschuldigte Eine kritische Sicht auf die Triebtheorie als Kernstuck der Psychoanalyse ist haufig bei ehemaligen Psychoanalytikern zu erkennen So wurde z B Kindsmissbrauch und Kindesmisshandlung insbesondere von Alice Miller thematisiert welche die Triebtheorie ebenso ablehnte wie auch die Psychoanalyse insgesamt da innerhalb dieser Traumen der Kindheit immer nur als kindliche Erzeugungen aufgefasst werden konnen wodurch die Realitat von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung geleugnet wurde Die Ursache dafur sieht Miller in der inneren Logik der Psychoanalyse begrundet die exogene Ursachen zu Gunsten von inneren Triebkonflikten marginalisiere und deren Bedeutung systematisch verkenne 1988 trat sie daher sowohl aus der Schweizerischen Gesellschaft fur Psychoanalyse als auch der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung aus 20 Einen ahnlichen Schritt vollzog auch der Trauma Forscher Ulrich Sachsse als dieser seinen Abschied von der psychoanalytischen Identitat bekannt gab Von ihm hiess es ebenso ahnlich und explizit Wahrend diese Unsicherheit des Auseinanderhaltens der Kategorien verdrangte Erinnerung und ubiquitare unbewusste Phantasie bis zur Gleichsetzung von Erinnerung und Phantasie der innerseelischen Realitat erstaunlich nahe kommt ist es fatal wenn das Opfer auf der Ebene der ausseren Realitat der Alltagsebene dadurch zum Mittater gemacht wird Die Psychoanalyse relativierte den Tater als Opfer seiner unbewussten Prozesse und relativierte das Opfer als unbewussten Mittater aufgrund seiner unbewussten Prozesse 21 Siehe auch BearbeitenInstinkttheorie Karl Abraham Die Weiterentwicklung des Phasenmodells Lerntheorie Selbstbestimmungstheorie SDT Abgrenzung zu Triebtheorien Strukturmodell der Psyche nach FreudWeblinks BearbeitenSamuel Pfeifer Orthodoxes Judentum und Psychotherapie Teil 1 Evangelische Hochschule Tabor auf seminare ps net 1 hier slices 15 16Einzelnachweise Bearbeiten Hans Joachim Maaz Der Lilith Komplex Dtv Verlagsgesellschaft Munchen 2003 ISBN 978 3 423 34201 8 S 9 10 Sigmund Freud Triebe und Triebschicksale 1915 Psychologie des Unbewussten Studienausgabe Band III Fischer Frankfurt am Main Sonderausgabe 2000 ISBN 3 596 50360 4 S 87 J Laplanche J B Pontalis Das Vokabular der Psychoanalyse Suhrkamp Frankfurt am Main 1973 ISBN 3 518 27607 7 S 526 Rene A Spitz Vom Saugling zum Kleinkind Naturgeschichte der Mutter Kind Beziehungen im ersten Lebensjahr Klett Verlag Stuttgart 1974 ISBN 3 12 907120 2 S 26 Sigmund Freud Abriss der Psychoanalyse In Gesammelte Werke Band XVII 1938 S 70 Sigmund Freud Neue Folge der Vorlesungen zur Einfuhrung in die Psychoanalyse In Gesammelte Werke Band XV 1932 S 101 Freud 1905 1982 Band 5 S 76 Freud 1926 1960 Band 14 S 302 Reich 1972 S 33 Freud 1913 1960 Band 8 S 410 Freud 1905 1982 Band 5 S 77 Freud 1933 1982 Band 1 S 530 Freud 1915 1982 Band 3 S 87 O F Kernberg Borderline Personlichkeitsorganisation und Klassifikation der Personlichkeitsstorungen In Kernberg Dulz Sachsse Hrsg Handbuch der Borderline Storungen Schattauer Stuttgart 2000 Befriedigende belohnende und lustvolle Affekte werden hierbei zu Libido als einem ubergeordneten Trieb wahrend schmerzhafte unlustvolle und negative Affekte zur Aggression als ubergeordnetem Trieb integriert werden Die affektiv besetzte Entwicklung von Objektbeziehungen mit anderen Worten reale und phantasierte zwischenmenschliche Interaktionen die zu einer komplexen Welt von Selbst und Objektreprasentanzen im Kontext mit affektiven Interaktionen internalisiert werden stellt nach meinem Verstandnis das Grundmuster fur die Entwicklung des unbewussten Geisteslebens und die Struktur der Psyche dar a b Sandra Maurer Die Frau als besonderes Schutzobjekt strafrechtlicher Normen Verlag Logos Wurzburg 2009 S 61 S Freud Briefe an Wilhelm Fliess 1887 1904 Fischer Verlag Frankfurt am Main S 193 S Freud Zur Atiologie der Hysterie Studienausgabe Band VI Fischer Frankfurt am Main 1896 2000 S 74 a b S Freud Zur Atiologie der Hysterie Studienausgabe Band VI Fischer Frankfurt am Main 1896 2000 S 75 Reinhard Gasser Nietsche und Freud de Gruyter Berlin 1997 S 421 Alice Miller Du sollst nicht merken Frankfurt am Main Suhrkamp Verlag 1983 hier insbes Kap 8 Achtzig Jahre Triebtheorie S 248 281 sowie Alice Miller Standort 1990 Frankfurt am Main Suhrkamp Verlag 1990 S V Ulrich Sachsse Abschied von meiner psychoanalytischen Identitat In Otto F Kernberg Birger Dulz Jochen Eckert Hrsg WIR Psychotherapeuten uber sich und ihren unmoglichen Beruf Stuttgart 2006 S 444 459 hier S 450 Google Books Auszuge Normdaten Sachbegriff GND 4186097 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Triebtheorie amp oldid 232663852