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Der judische Friedhof Obergrombach entstand 1632 als Verbandsfriedhof mehrerer judischer Gemeinden auf der Gemarkung von Obergrombach heute ein Stadtteil von Bruchsal In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Friedhof verwustet und ein Grossteil der Grabsteine entwendet Der Friedhof ist ein geschutztes Kulturdenkmal Judischer Friedhof in ObergrombachVerschlungene Hande als Motiv fur Eheleute auf einem GrabsteinAuszug aus den Statuten des Begrabnis Vereins von 1845Grabsteine des Friedhofs Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Graber 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer judische Friedhof Obergrombach wurde 1632 1 wahrend des Dreissigjahrigen Krieges als Verbandsfriedhof der Juden in den rechtsrheinischen Gebieten des Hochstifts Speyer angelegt zuvor hatte man auf dem judischen Friedhof in Worms bestattet Die durch den Krieg unsicheren Wege nach Worms die dabei zu entrichtenden Gebuhren sowie die Tradition die Toten moglichst noch am Sterbetag zu bestatten durften Grunde fur die Neuanlage des Friedhofs gewesen sein Zunachst wurde ein Grundstuck von 30 ar auf der Gemarkung Obergrombach am Waldrand des Eichelbergs etwa zwei Kilometer ostlich des Michaelsberges erworben Der Kaufpreis betrug 735 Gulden in dem aussergewohnlich hohen Betrag waren vermutlich die Gebuhren fur die Genehmigung der Bestattungen enthalten Zusatzlich war ein jahrlicher Bodenzins von acht Gulden an die bischofliche Kellerei in Obergrombach zu zahlen Zur Erweiterung wurde 1755 ein Grundstuck auf der angrenzenden Bruchsaler Gemarkung erworben Ein weiterer Grunderwerb 1799 ermoglichte die Verbindung der bis dahin getrennten Teile des Friedhofs Noch in der Gegenwart gibt es auf dem Friedhofsgelande Grenzsteine der Gemarkungsgrenze zwischen Bruchsal und Obergrombach von 1792 Die Nutzung des Friedhofs fuhrte 1756 zu Konflikten um Wegerechte Die Stadt Obergrombach forderte eine Vergutung fur die Nutzung des Weges zum Friedhof als die Juden sich weigerten wurde der Weg uberpflugt 1766 wurde ein Gewohnheitsrecht der Juden anerkannt 1797 wurde der Weg verlegt nachdem er ein zweites Mal unbrauchbar gemacht worden war 1756 wurden Bestattungen an Sonn und Feiertagen untersagt da dies die Feierstimmung der Christen beeintrachtigen wurde Als Verbandsfriedhof wurde der Obergrombacher Friedhof von zeitweise 20 judischen Gemeinden unterhalten Die Gemeinden waren nicht allein im Gebiet des Hochstifts Speyer sondern auch in der benachbarten Kurpfalz sowie der Markgrafschaft Baden ansassig Belegt sind Beerdigungen unter anderem von Juden aus Bruchsal Ober und Untergrombach heute zu Bruchsal Johlingen Mingolsheim Ostringen Bretten Diedelsheim heute zu Bretten Heidelsheim heute zu Bruchsal Weingarten Durlach Graben Grotzingen und Pforzheim Trager des Friedhofs war eine Genossenschaft deren Mitglied man bei der Aufnahme in eine Gemeinde oder bei Grundung einer Familie wurde Die Genossenschaftsmitglieder hatten Anspruch auf eine Grabstatte fur sich und die engeren Familienmitglieder Verwaltet wurde der Friedhof von einer Wohltatigkeitsgesellschaft Gemiluth Chessed Im 18 und 19 Jahrhundert legten mehrere judische Gemeinden eigene Friedhofe an beispielsweise Mingolsheim 1878 und Bruchsal 1893 Der Obergrombacher Friedhof diente zuletzt nur noch den Juden in Ober und Untergrombach als Begrabnisstatte Mitte des 19 Jahrhunderts erreichte der judische Bevolkerungsanteil in den Landgemeinden seinen Hochststand danach sank er bedingt durch die Auswanderung insbesondere in die USA und die Abwanderung von Juden in die Stadte wo sich bessere Berufsmoglichkeiten boten Die judische Gemeinde von Obergrombach wurde 1888 aufgelost die dort lebenden Juden schlossen sich der Gemeinde von Untergrombach an die Obergrombacher Synagoge wurde in eine evangelische Kapelle umgewandelt nbsp Grabsteine im Jahr 1910 Fotograf Wilhelm Kratt Fur Siegfried Grzymisch Bruchsaler Bezirksrabbiner und letzter Vorsitzender der Friedhofskommission fuhrte der uber mehrere Jahrhunderte bestehende Friedhof 1931 dem Nichtjuden uberzeugend vor Augen dass der Jude hier als Einheimischer zu gelten habe und nicht als Fremder welchem ein geringeres Recht zukommt 2 Fur Grzymisch war d ie Lage dieses ewigen Hauses der Toten eine wundervolle Es liegt auf der Hohe des Eichelberges ausgestreckt aber auf einer Ebene und zwar am Rand des Waldes in seine Bucht wie in einen Schoss eingebettet Die geheimnisvollen Schatten des Waldes fallen in den guten Ort hinein aber auf der anderen Seite flutet das Licht der freien Flur daruber hinweg Wie weltabgeschieden und doch wie reich an Leben 3 1933 im Jahr der Machtubertragung an die Nationalsozialisten lebten in Untergrombach 32 und in Obergrombach zwei Personen judischen Glaubens Juden aus beiden Orten wurden im Oktober 1940 in der Wagner Burckel Aktion zunachst nach Sudfrankreich deportiert die Mehrheit von ihnen wurde spater in den Vernichtungslagern im Osten ermordet Der Obergrombacher Friedhof wurde bis 1937 fur Bestattungen genutzt Vermutlich wahrend der Pogrome im November 1938 wurde er verwustet 1800 der insgesamt 2300 Grabsteine wurden umgeworfen und spater wahrscheinlich im Fruhjahr 1939 vom Friedhof entfernt Zudem wurde das Leichenhaus Taharahaus 1833 anstelle eines Vorgangerbaus errichtet zerstort 1941 befand sich der Friedhof im Besitz der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland Das Bruchsaler Landratsamt verfugte im September 1941 die Schliessung des Friedhofes und bezeichnete die Kommunen als mogliche Erwerber des Gelandes Der Verkauf des Friedhofes unterblieb bis Kriegsende Nach der Befreiung ordnete der Landrat von Bruchsal im Juli 1945 die Wiederherstellung des Friedhofs an Der judische Friedhof Obergrombach ist nun sofort in seinen fruheren Zustand zu versetzen insbesondere sind die Grabsteine beizuschaffen und ordnungsgemass auf das entsprechende Grab zu stellen Hierzu sind die Einwohner von Obergrombach heranzuziehen In erster Linie wird man mit den Arbeiten aktive Nationalsozialisten beauftragen die jedoch unter zuverlassiger Aufsicht stehen mussen damit keine Verwechslungen bezugl der Grabsteine vorkommen Diese Arbeit ist trotz evtl Erntearbeit sofort in Angriff zu nehmen und muss in kurzester Zeit und sauber durchgefuhrt werden 4 1946 wurden in der nahegelegenen Obergrombacher Hohl einem Hohlweg etwa 70 Grabsteine geborgen die dort als Wasserrinnen eingebaut waren Nach Ansicht des zustandigen Beamten bei der Bruchsaler Stadtverwaltung waren noch mehr Grabsteine zu bergen gewesen wenn die Uberwucherung beseitigt worden ware 5 Anfang der 1950er Jahre pflegte ein Landwirt aus Obergrombach im Auftrag und gegen Rechnung der in New York ansassigen Jewish Restitution Successor Organization JRSO den Friedhof 6 Spater ubernahm die Stadt Obergrombach ab 1961 die Stadt Bruchsal die Betreuung Im November 1982 wurde ein Gedenkstein an die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten mit der Inschrift Nacht und Tag weine ich nie endend Jeremia enthullt 7 Gelegentlich wurde der Friedhof weiterhin fur Beerdigungen genutzt so 1964 und 1972 sowie zuletzt im Winter 2002 03 8 nbsp Stelenfeld mit den nach 1998 geborgenen GrabsteinenAnfang 1989 wurde die Bruchsaler Stadtverwaltung erneut auf Grabsteine in der Obergrombacher Hohl hingewiesen 9 Ab 1992 wurden insgesamt 850 Grabsteine in der Hohl geborgen und auf den Friedhof zuruckgebracht 123 Grabsteine wurden restauriert und in ein im Mai 1995 eingeweihtes Mahnmal integriert 10 1998 wurden am Unterowisheimer Weg nordostlich von Bruchsal weitere 788 als Wasserablauf verwandte Grabsteine entdeckt 11 Bis 2004 wurden auch diese Steine geborgen 87 von ihnen wurden restauriert und an Stelen befestigt die auf einer Erweiterung des Friedhofs nach Westen aufgestellt wurden Kleinere Fragmente von Grabsteinen wurden im Friedhofsgelande vergraben grossere Fragmente auf dem Friedhofsgelande ausgelegt Lageplane zur Zuordnung der Grabsteinfragmente zu den Grabern waren nicht vorhanden Die gewahlte Losung entsprach nicht den Vorstellungen des Oberrates der Israeliten Badens Der Oberrat war dafur eingetreten anstelle des Zauns eine Einfriedungsmauer um den Friedhof zu errichten an der alle geborgenen Grabsteine befestigt werden sollten 12 Obwohl judische Friedhofe meist wenig gartnerisch gepflegt werden scheint der Obergrombacher Friedhof uber Jahrhunderte regelmassig gemaht worden zu sein so dass er sich im 19 Jahrhundert zu einem der artenreichsten Trockenrasen der Gegend entwickelt hatte Erste Fundberichte von Naturkundlern die den Friedhof regelmassig besuchten stammen aus den 1840er Jahren Spatestens seit den 1930er Jahren blieb die Pflege des Friedhofs aus so dass in den folgenden 50 Jahren ein Buchenwald anstelle des Trockenrasens entstand Dokumentiert sind die einzigen Vorkommen des Brand Knabenkrauts und der Spinnen Ragwurz in der Region noch in den 1950er Jahren wurden funf Orchideenarten gezahlt 13 In der Gegenwart umfasst der Friedhof mit einer Lange von etwa 270 Metern und einer Breite von bis zu 70 Metern eine Flache von etwa 140 Ar 14 Die Graber sind nach Osten ausgerichtet Im Suden grenzen landwirtschaftlich genutzte Flachen an im Norden erstreckt sich ein Waldgebiet Im Osten befindet sich der Standortubungsplatz der Bundeswehr in Bruchsal mit einem Schiessstand Der Friedhof steht unter Denkmalschutz Trager des Friedhofs sind das Landesdenkmalamt und die Stadt Bruchsal Der Oberrabbiner der judischen Gemeinde Karlsruhe ist fur religiose Angelegenheiten zustandig Graber BearbeitenAuf dem Friedhof bestattet sind Der Viehhandler Joseph Zwi Carlebach 1802 1881 der uber seinen Sohn Salomon Carlebach zum Stammvater einer grossen deutschen und spater weltweit bekannten Rabbinerfamilie wurdeLiteratur BearbeitenJosef Lindenfelser Judenfriedhof Obergrombach Beitrage zur Heimatgeschichte Band 1 Heimatverein Untergrombach Bruchsal 1998 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Judischer Friedhof Obergrombach Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Judischer Friedhof Obergrombach bei Alemannia Judaica Informationsblatt des Heimatvereins Untergrombach bei Alemannia Judaica Judischer Friedhof Obergrombach beim Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in DeutschlandEinzelnachweise Bearbeiten Zur Geschichte siehe Lindenfelser Judenfriedhof S 2ff Jurgen Stude Geschichte der Juden in Bruchsal Veroffentlichungen zur Geschichte der Stadt Bruchsal Band 23 Verlag Regionalkultur Heidelberg 2007 ISBN 978 3 89735 441 8 S 37 46 Joachim Hahn Erinnerungen und Zeugnisse judischer Geschichte in Baden Wurttemberg Theiss Verlag Stuttgart 1998 ISBN 3 8062 0566 3 Hiervon abweichend das Entstehungsjahr 1637 bei www alemannia judaica de Siegfried Grzymisch Der israelitische Verbandsfriedhof bei Obergrombach In Central Verein deutscher Staatsburger judischen Glaubens Landesverband Baden Hrsg CV Kalender S 5 zitiert bei Stude Geschichte S 37 Grzymisch Verbandsfriedhof S 6f zitiert bei Stude Geschichte S 46 Anordnung des Landrats von Bruchsal vom 31 Juli 1945 zitiert bei Jurgen Stude Geschichte S 374 Stude Geschichte S 374 Udo Theobald Judische Friedhofe im Landkreis Ruhestatte fur die Juden im Furstbistum In Badische Neueste Nachrichten 79 1985 3 April 1985 S 24 Siehe Jer 14 17 EU Datum der Einweihung des Denkmals bei Lindenfelser Judenfriedhof S 1 und Judischer Friedhof Obergrombach bei www alemannia judaica de Hiervon abweichend das Jahr 1972 genannt im Informationsblatt mit Lageplan bei www alemannia judaica de Beerdigung im Winter 2002 03 siehe Graber fur die Ewigkeit In Willi das Stadtmagazin fur den Kraichgau 11 2004 Wurden Steine geborgen Zweckentfremdung ist Grabschandung In Bruchsaler Rundschau vom 3 Februar 1989 Ubersicht uber alle Projekte zur Dokumentation judischer Grabinschriften auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bei der Universitat Heidelberg Martina Strehlen Erfassung judischer Friedhofe in Baden Wurttemberg Zweiter Projektbericht PDF 605 kB In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege ISSN 0342 0027 Heft 1 2002 31 S 33 39 Riki Strassler Bericht uber die Wiederherstellung des judischen Friedhofs in Bruchsal Obergrombach In Mitteilungsblatt des Oberrats der Israeliten Badens Nr 29 September 2005 S 5 Michael Hassler Ein Gang durch die Vielfalt des Michaelsbergs und seiner Umgebung In Michael Hassler Hrsg Der Michaelsberg Naturkunde und Geschichte des Untergrombacher Hausbergs Verlag Regionalkultur Ubstadt Weiher 1998 ISBN 3 929366 78 9 S 31 54 hier S 54 Informationsblatt des Heimatvereins Untergrombach Bei www alemannia judaica de abweichend die Flachenangabe von knapp 130 ar 49 0909 8 586341 Koordinaten 49 5 27 2 N 8 35 10 8 O Judische Friedhofe im Stadt und Landkreis Karlsruhe Bad Mingolsheim Bretten Bruchsal Flehingen Grotzingen Johlingen Karlsruhe Neuenburg Obergrombach Oberowisheim Philippsburg Weingarten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judischer Friedhof Obergrombach amp oldid 219906722