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Die Judische Gemeinde von Drensteinfurt bestand zwischen 1811 und 1939 Die Synagoge gehort zu den wenigen erhaltenen judischen Gotteshausern im Munsterland Die ehemalige Synagoge von Drensteinfurt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der judischen Gemeinde 1 1 Entwicklung der Anzahl der Juden in Drensteinfurt 2 Synagoge Drensteinfurt 2 1 Bau der Synagoge 2 2 Untergang 2 3 Wiederaufbau 3 Stolpersteine 4 Judischer Friedhof Drensteinfurt 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte der judischen Gemeinde BearbeitenDie erste Nennung von Juden in Drensteinfurt stammt aus dem Jahr 1544 als ein in Munster ansassiger Benedikt wegen hoher Schulden und veruntreuter sakraler Gegenstande in Drensteinfurt festgenommen worden war Judische Einwohner Drensteinfurts sind fur das Jahr 1581 erstmals aktenmassig belegt 1 Zwischen 1581 und 1811 wohnten keine Juden dauerhaft im Ort Erst unter franzosischer Herrschaft als Drensteinfurt zum Grossherzogtum Berg gehorte anderte sich die Situation 1811 lebten wieder vier judische Familien in der Stadt 1816 waren es 14 Personen 2 Die judische Bevolkerung Drensteinfurts sowie der zum Synagogenbezirk gehorenden Ortschaften Walstedde und Bockum wuchs bis 1885 kontinuierlich an Mit insgesamt 68 Gemeindemitgliedern erreichte sie in diesem Jahr ihren historischen Hochststand Seit 1890 ging die Zahl allerdings wieder zuruck weite Teile der judischen Landbevolkerung zogen in die Stadte vor allem nach Munster Entwicklung der Anzahl der Juden in Drensteinfurt Bearbeiten Jahr Anzahl1811 4 Familien1816 14 Personen in 2 Familien 1847 26 oder 34 Personen1862 27 Personenum 1870 32 Personen in 7 Familien 1885 54 Personen ca 3 Prozent der Bevolkerung 1895 45 Personen1901 30 Personen1928 21 Personen1932 25 Personen1938 27 Personen1940 9 Personen1941 keine 3 4 Synagoge Drensteinfurt BearbeitenBau der Synagoge Bearbeiten nbsp Die Synagoge von Drensteinfurt Uber dem Eingang ist die hebraische Inschrift zu erkennen Seit dem 6 Juli 1872 verfugte die Gemeinde uber eine eigene Synagoge zuvor hatte man stets Privatraume als Betsaal benutzt Das vormalige Gartengrundstuck auf dem die Synagoge errichtet wurde hatte Amalia Malchen Reinhaus geborene Merle Lowenstein Witwe des ehemaligen Vorstehers der judischen Gemeinde in Drensteinfurt Leser Reinhaus am 4 Juli 1870 vom Schuster Everhard Klaverkamp fur 210 Thaler gekauft 5 6 7 8 Die Baukosten fur die Synagoge betrugen 1698 Thaler und neun Silbergroschen die durch eine Haussammlung bei sieben Familien mit 38 Mitgliedern zusammenkamen 6 8 1909 wurde die Drensteinfurter Gemeinde eine selbstandige Filiale der Synagogengemeinde Ahlen zu der die Verbindung aber sehr locker blieb Die Synagoge war von 1870 bis 1872 am Verbindungsweg zwischen Munsterstrasse und Muhlenstrasse an der heutigen Synagogengasse in der NS Zeit Kirchengasse zuvor Judengasse genannt im munsterlandischen Backsteinstil errichtet worden Seit 1890 war die Gemeinde als Eigentumerin des zuvor in judischem Privatbesitz stehenden Grundstucks eingetragen Der schlichte rote Bau im Rundbogenstil fullt nahezu die gesamte quadratische Grundflache aus Das rundbogige Portal mit holzerner Eingangstur zu dem zwei Stufen fuhren wird von Baumberger Sandstein umrahmt Rechts neben dem Eingang war eine Mesusa angebracht Der Rundbogen tragt die hebraische Inschrift זה השער לה צדיקים יבואו בו Das ist das Tor zu IHM Bewahrte kommen darein Psalm 118 20 Im Innenraum fuhrt eine Wendeltreppe zur Frauenempore Die Wande sind mit beigefarbenem Putz versehen an der Ostwand ist der Platz des zerstorten Thoraschreins mit einer weissen Flache markiert In der Synagoge waren Holzbanke fur 20 bis 30 Personen aufgestellt Nach dem Wegzug zahlreicher Gemeindemitglieder wurde die Synagoge in den 1920er und 1930er Jahren nur noch an Feiertagen oder aus Anlass einer Hochzeit oder Bar Mizwa genutzt Die letzte Bar Mizwa Feier in der Synagoge wurde 1936 von Werner Terhoch abgehalten 6 Untergang Bearbeiten nbsp Informationstafel an der Synagoge Wahrend der Novemberpogrome 1938 verwusteten SS Leute aus Werne und Bockum Hovel die Inneneinrichtung der Drensteinfurter Synagoge Die Thorarollen wurden vor der Synagoge ausgerollt und mit Fussen getreten Die Nationalsozialisten trieben zahlreiche Gemeindemitglieder gewaltsam in die Synagoge und zwangen sie einen Gottesdienst zu feiern Weite Teile des Inventars wurden in den folgenden Tagen verbrannt oder zu Brennholz verarbeitet und verkauft 9 Die Kultgegenstande gingen ebenfalls verloren Lediglich ein Gebetbuch und ein Pentateuch blieben aus dem Gemeindebesitz erhalten Die Thorarollen ubergab der Gemeindevorsteher vermutlich dem katholischen Pastor Alfers der eine Weitergabe an den munsterischen Rabbiner Julius Voos veranlasste Uber Voos ist die heilige Schrift moglicherweise zum nach Argentinien emigrierten ehemaligen Rabbiner von Munster Fritz Leopold Steinthal gelangt Am 4 Mai 1939 verkaufte Siegmund Salomon als Vertreter der Gemeinde das Synagogengrundstuck fur 1000 Reichsmark an Gertrud Klaverkamp die Tochter des fruheren Besitzers Klaverkamp vermietete das Gebaude an einen Elektriker der die Synagoge als Werkstatt und Lagerraum nutzte Wegen der Auflage im Mietvertrag nichts an der Bausubstanz zu verandern blieb das Gotteshaus aber weitestgehend erhalten 1944 traf allerdings ein Bombenangriff das Dach der ehemaligen Synagoge Wahrend des Holocausts wurden auch Drensteinfurter Juden ermordet Die meisten judischen Einwohner der Stadt fanden im KZ Stutthof den Tod nur wenigen gelang die Emigration nach Israel oder Uruguay Heute leben keine Juden mehr in Drensteinfurt Wiederaufbau Bearbeiten Nach dem Ende des NS Regimes musste die Besitzerin 1953 im Rahmen des Ruckerstattungsverfahrens eine Zahlung in Hohe von 670 D Mark leisten Ins Blickfeld der Offentlichkeit kam das Gebaude allerdings erst anlasslich der Diskussion um die Eintragung als Baudenkmal in den 1980er Jahren 1982 erfolgte die vorlaufige Unterschutzstellung fur die sich vor allem der evangelische Pastor starkgemacht hatte 1984 bildete sich ein Gesprachskreis der evangelischen Kirchengemeinde Drensteinfurt aus dem 1990 der Forderverein Alte Synagoge hervorging Nach der endgultigen Unterschutzstellung 1985 erwarb die Stadt das Gebaude am 20 Januar 1988 10 1990 konnte mit der Restaurierung begonnen werden Dafur standen sowohl private Spenden als auch Landesmittel und ein Zuschuss des Kreises Warendorf zur Verfugung In den umfangreichen Arbeiten wurden der Innenraum so weit wie moglich nach historischen Photographien rekonstruiert der Dachstuhl erneuert und die Fassade aufwandig gereinigt 1991 erfolgte die Umbenennung der Kirchgasse in Synagogengasse Am 9 November 1992 konnte die restaurierte Synagoge schliesslich als Kulturstatte mit erinnerndem und mahnendem Charakter eingeweiht werden Seitdem steht das ehemalige judische Gotteshaus fur kulturelle Veranstaltungen offen 1993 erhielt die Stadt Drensteinfurt die Europa Nostra Medaille fur die eindringliche und behutsame Wiedergewinnung eines kleinen aber wichtigen Denkmals judischer Tradition in Westfalen 11 Der Trager der heutigen Kulturstatte gebildet aus zwei ortlichen Vereinen ist Mitglied im Arbeitskreis der NS Gedenkstatten und Erinnerungsorte in NRW mit derzeit 29 zugehorigen Einrichtungen 2020 Stolpersteine BearbeitenAb 2008 wurden am Sudwall und an der Hammer Strasse Stolpersteine fur einige ehemalige judische Einwohner Drensteinfurts fur Johanna Salomon ihre Tochter Frieda und Jenny geb Levy sowie den Schwiegersohn Rudolf Seelig und fur Siegmund Salomon seine Frau Else geb Hartmann und die Tochter Fanny Irma zur Erinnerung an deren Deportation im Jahre 1941 und deren Ermordung in Konzentrationslagern gelegt Die letzten beiden Stolpersteine fur die Schwestern Emma Simon geb Terhoch und Helene Gerson geb Terhoch kamen am Sudwall im Jahr 2023 hinzu 4 12 13 nbsp Drei der Stolpersteine am Sudwall nbsp Stolpersteine an der Hammer StrasseVon den am 11 Dezember 1941 noch verbliebenen 10 judischen Einwohnern Drensteinfurts uberlebte einzig Herta Herschcowitsch auch Herschcowicz geb Salomon die als 17 Jahrige ebenfalls deportiert wurde Sie kehrte zwar nach dem Krieg im Mai 1945 nach Drensteinfurt zuruck konnte dort aber weder Verwandte finden noch das Elternhaus bewohnen so dass sie sich daraufhin in ein Fluchtlingslager begab Nach der Grundung des Staates Israel wanderte sie mit ihrem Mann den sie im Fluchtlingslager kennengelernt hatte nach Israel aus 12 Judischer Friedhof Drensteinfurt Bearbeiten nbsp Der alte judische Friedhof von Drensteinfurt Der judische Friedhof wurde 1826 angelegt Der alteste bis heute erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahr 1853 1891 erfolgte eine Erweiterung da der Begrabnisplatz fur die zu dieser Zeit stark anwachsende Gemeinde zu klein geworden war In den Jahren 1936 und 1937 wurde der Friedhof von nationalsozialistischem Vandalismus verwustet Die Besitzer der Nachbargrundstucke scheuten sich zudem nicht langer Grabsteine zu entwenden um Grabenboschungen damit abzustutzen Noch 1938 wurde allerdings auch ein Familiengrab restauriert Die letzte Beerdigung auf dem Friedhof fand am 12 Marz 1929 statt Erst Mitte der 1950er Jahre sorgte die Stadtverwaltung fur eine Instandsetzung des judischen Friedhofs In den 1980er Jahren sorgte der Forderverein Alte Synagoge fur die Restaurierung einiger Grabsteine Heute stehen 26 zum Teil stark verwitterte Grabsteine auf dem Begrabnisplatz Ein Vergleich mit dem Register der Todesfalle ergibt dass rund 37 Grabsteine fehlen 1982 wurde der Friedhof in die Denkmalliste der Stadt Drensteinfurt aufgenommen Auf dem Friedhof steht ein Gedenkstein mit hebraischer Inschrift der an Malchen Reinhaus erinnert die im Jahr 1883 starb 5 Judische Friedhofe im Kreis Warendorf Ahlen Beckum Beelen Drensteinfurt Enniger Oelde Stromberg Sendenhorst Telgte Wadersloh Warendorf Alter Friedhof Warendorf Neuer FriedhofLiteratur BearbeitenDiethard Aschoff Zur alteren Geschichte der Juden im spateren Synagogenbezirk Drensteinfurt Sendenhorst In Heimatblatter der Glocke 5 1992 ZDB ID 619147 2 S 339 341 Sabine Omland Zur Geschichte der Juden in Drensteinfurt 1811 1941 Archiv des Kreises Warendorf Warendorf 1997 ISBN 3 920836 17 0 Quellen und Forschungen zur Geschichte des Kreises Warendorf 32 Elfi Pracht Jorns Judisches Kulturerbe in Nordrhein Westfalen Band 4 Regierungsbezirk Munster J P Bachem Verlag Koln 2002 ISBN 3 7616 1397 0 S 463 470 Beitrage zu den Bau und Kunstdenkmalern von Westfalen 1 2 Sabine Omland Ortsartikel Drensteinfurt in Historisches Handbuch der judischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Munster hg von Susanne Freund Franz Josef Jakobi und Peter Johanek Munster 2008 S 298 310 Online Fassung der Historischen Kommission fur Westfalen Weblinks BearbeitenDrensteinfurt In Ubersicht uber alle Projekte zur Dokumentation judischer Grabinschriften auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Nordrhein Westfalen Judische Friedhofe in Westfalen D H nbsp Commons Stolpersteine in Drensteinfurt Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Aschoff Omland S 9f Omland S 17 a b Aus der Geschichte der judischen Gemeinden im deutschen Sprachraum Drensteinfurt Nordrhein Westfalen www judische gemeinden de abgerufen am 19 Juli 2023 a b Synagoge Drensteinfurt Seite des Heimatvereins Drensteinfurt e V abgerufen am 19 Juli 2023 a b c Mechthild Wiesrecker Fremdenhass bekampfen Beeindruckender Festvortrag zur Grundung der alten Synagoge vor 150 Jahren Westfalischer Anzeiger 19 Juli 2023 Das Modell der ehemaligen Synagoge Drensteinfurt lpb nrw abgerufen am 19 Juli 2023 a b Malchen Reinhaus 1809 1883 Seite von kulturelle e V abgerufen am 19 Juli 2023 Pracht Jorns S 466 Omland S 85 Pracht Jorns S 468 a b Sabine Omland Zur Geschichte der Juden in Drensteinfurt ns gedenkstaetten de abgerufen am 19 Juli 2023 Stolpersteine in Gedenken an Emma und Helene Terhoch verlegt Westfalischer Anzeiger 10 Juni 2023 abgerufen am 19 Juli 2023Ehemalige judische Gemeinden im Kreis Warendorf Judische Gemeinde Ahlen Judische Gemeinde Beckum Judische Gemeinde Drensteinfurt Judische Gemeinde Enniger Judische Gemeinde Freckenhorst Judische Gemeinde Oelde Judische Gemeinde Sendenhorst Judische Gemeinde Stromberg Judische Gemeinde Telgte Judische Gemeinde Wadersloh Judische Gemeinde Warendorf Judische Museen in Nordrhein Westfalen Humberghaus in Dingden Kreis Wesel Judisches Museum Westfalen in Dorsten Judische Gemeinde Drensteinfurt Haus der judischen Kultur in Essen Synagoge Issum Jawne Schule Lernort und Gedenkort in Koln Synagoge Padberg Synagoge Petershagen Synagoge Rodingen Synagoge Bork in Selm Begegnungsstatte Alte Synagoge Wuppertal Normdaten Korperschaft GND 4484663 0 lobid OGND AKS 51 797693 7 742624 Koordinaten 51 47 51 7 N 7 44 33 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Drensteinfurt amp oldid 235693152