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Das Internierungslager Drosendorf in Niederosterreich Waldviertel bestand wahrend des Ersten Weltkriegs im Schuttkasten Drosendorf und diente der Aufnahme von Personen aus Staaten die mit Osterreich Ungarn Krieg fuhrten Nach Kriegsende waren hier noch fur kurze Zeit Bela Kun und einige seiner Anhanger interniert Der Schuttkasten von Drosendorf Niederosterreich Inhaltsverzeichnis 1 Planung 2 1914 bis 1915 3 Mai 1915 bis 1921 4 Lagerspital 5 Belegung 6 Konfinierung 7 Bela Kun 8 Auflosung 9 Literatur Weblinks 10 EinzelnachweisePlanung BearbeitenSchon vor der Mobilmachung am 31 Juli 1914 wurde vom k k Ministerium des Inneren und dem k u k Kriegsministerium uber die kunftige Behandlung von auslandischen Zivil und Militarpersonen die sich in der Donaumonarchie aufhielten und deren Heimatstaaten mit Osterreich Ungarn den Krieg erklart hatten beraten Es erging an alle Landesverwaltungen die Weisung alle geeigneten Orte fur ein Internierungslager zu melden Als Ersatz fur das ursprunglich genannte Stift Geras bot der Bezirkshauptmann von Horn den Schuttkasten von Drosendorf an der Thaya an Dieser lag ein wenig ausserhalb der Stadt Drosendorf an der Strasse nach Zissersdorf und nur wenige Gehminuten vom Bahnhof der Lokalbahn Retz Drosendorf entfernt Allerdings war er fur Wohnzwecke nicht geeignet Die Gutsverwaltung Hoyos bot an die entsprechenden Adaptierungen gegen Kostenersatz durchzufuhren 1914 bis 1915 BearbeitenEnde August 1914 traf der erste Transport von 80 Internierten in Drosendorf an der Thaya ein und diese begannen damit den Schuttkasten bewohnbar zu machen Die Fenster die fur den ursprunglichen Zweck des Getreidespeichers fur eine gute Durchluftung nur vergittert waren mussten fur die neue Verwendung erst abgedichtet werden sowie Ofen aufgestellt werden Die neu errichteten Schlafplatze bestanden nur aus aufgeschuttetem Stroh Eine Kuche wurde an den Schuttkasten angebaut und Toiletten errichtet Das Areal um den Schuttkasten wurde umzaunt Trinkwasser das vor Ort nicht zur Verfugung stand musste in der ersten Zeit mit Fuhrwerken angeliefert werden bis der von den Internierten gegrabene Brunnen das Lager mit Wasser versorgen konnte Neben den fur die Errichtung der notwendigen Infrastruktur Brunnenbau spater zusatzliche Lagerbaracken und das Lagerspital erforderlichen Tatigkeiten wurden die Internierten auch fur Hilfsarbeiten bei Bauern und Handwerkern in der Umgebung von Drosendorf herangezogen Sie wurden aber auch bei verschiedenen Arbeiten in Niederosterreich und Wien eingesetzt So wurde im Jahr 1917 die Pfarrkirche von Drosendorf von Internierten aus Italien renoviert Fur Frauen und Kinder wurde eine eigene Abteilung geschaffen die aber bereits im Oktober nach einer Verlegung ins Internierungslager Karlstein an der Thaya wieder geschlossen wurde Am 5 September 1914 ubernahm laut Weisung der niederosterreichischen Statthalterei der Bezirkshauptmann von Waidhofen an der Thaya das Kommando uber das Internierungslager Die geplante Belegung mit ungefahr 1 700 Personen doch diese Zahl musste auf etwa 650 reduziert werden da der Dachboden des Schuttkastens als Wohnraum unbrauchbar war Ausserdem mussten in dem Schuttkasten noch eine Wachstube ein Marodenzimmer fur Leichterkrankte und ein Isolierzimmer fur Patienten mit ansteckenden Krankheiten eingerichtet werden Mitte November wurde an die niederosterreichische Statthalterei und das Kriegsuberwachungsamt vom Bezirkshauptmann gemeldet dass die Adaptierungsarbeiten abgeschlossen sind und die Unterkunfte den hygienischen Erfordernissen entsprechen An diesen wurde bis Janner 1915 keine weiteren Veranderungen oder gar Verbesserungen durchgefuhrt dann aber wurden 15 Falle von Flecktyphus festgestellt Ein Ubergreifen auf die Bevolkerung von Drosendorf konnte aber verhindert werden Fur die Dauer der Desinfektionsarbeiten im Schuttkasten wurde eine Baracke als Quartier errichtet Diese diente ausserdem auch als Ubernahme Kontumaz und Evakuationsbaracke fur alle von der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya verwalteten Internierungslager Der Bauplan fur diese Baracke stammte von einem internierten Architekten der schon bei der Errichtung als Bauleiter fungierte Noch in der ersten Halfte des Jahres 1915 ging diese Baracke in Betrieb Im Marz 1915 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Horn der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya als Verwalterin des Internierungslagers Drosendorf im Bezirk Horn die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Wasserversorgungsanlage die Ende Mai 1915 in Betrieb ging Entnommen wurde das Wasser einem Brunnen an der Thaya Es wurde in zwei Behalter im Dachboden des Schuttkastens gepumpt Einer dieser Behalter war beheizbar um sowohl den Internierten als auch den Wachsoldaten als Warmwasser zu dienen Das vom Lager nicht verwendete Wasser wurde an die Stadt Drosendorf abgegeben Zu Anfang 1916 liess jedoch die Ergiebigkeit des Brunnens so stark nach dass das Kriegsuberwachungsamt eine neue Wasserleitung gestattete Diese ging im Juli des gleichen Jahres in Betrieb und versorgte auch das bis Oktober 1916 neu errichtete Lagerspital Mai 1915 bis 1921 BearbeitenMit der Kriegserklarung des Konigreichs Italien an Osterreich Ungarn am 23 Mai 1915 erging ein Befehl zur teilweisen Raumung der Internierungslager der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya um Platz fur die neu zu internierenden Reichsitaliener in einer Grossenordnung von 1 500 bis 2 000 Personen zu schaffen Das Lager in Drosendorf wurde noch im Mai evakuiert Nur 50 bis 60 Internierte blieben zuruck um den Betrieb aufrechtzuerhalten Um das Lager wie angeordnet zu vergrossern mussten mit den Grundstuckseigentumern und Pachtern der sudlich des Schuttkastens gelegenen Grundstucke Pachtvertrage geschlossen werden Der Ertrag der nicht mehr eingebrachten Ernte wurde geschatzt und ebenso abgelost wie der Ernteausfall der folgenden Jahre Die Bauarbeiten begannen Ende Mai Anfang Juni ein genaues Datum ist nicht eruierbar und dauerten bis Ende August des Jahres 1915 Errichtet wurden vier Baracken fur je 250 Personen mit angeschlossenen Latrinen eine Wachbaracke mit einem Beobachtungsturm eine Badeanstalt und eine Lagerkapelle Im Falle des Auftretens von Infektionskrankheiten konnten in den Baracken eigene Badegelegenheiten eingebaut werden und die Baracken dadurch vom restlichen Lager vollig isoliert werden Der Schuttkasten wurde zur Nutzung durch die Lagerverwaltung umgestaltet Im Erdgeschoss wurden eine Grosskuche ein Speisesaal und eine Gelegenheit zum Abwaschen fur das Essgeschirr eingebaut Im ersten Stock wurden Wohnungen fur in der Lagerverwaltung tatige Internierte errichtet Im zweiten Stock wurden Kanzleien fur die Lagerverwaltung eingerichtet die teilweise im nahe gelegenen Schloss von Drosendorf untergebracht waren Bis zur Auflosung des Lagers im Jahr 1919 wurden kaum noch bauliche Anderungen vorgenommen Lagerspital BearbeitenAnlasslich der Erweiterung des Internierungslagers Drosendorf im Jahr 1915 wurde eine sudlich des Bahnhofs Drosendorf gelegene Villa angemietet um dort das Lagerspital einzurichten Mitte August 1915 beschloss der Bezirkshauptmann von Waidhofen an der Thaya die Errichtung eines Krankenhauses welches alle Schwererkrankten der von ihm verwalteten Internierungslager aufnehmen sollte Dieses war als Ersatz fur das im Internierungslager Grossau auf Wunsch des neuen Schlossbesitzers geschlossene Krankenhaus gedacht Errichtet wurde das Spital mit 60 Betten durch eine Firma aus Wien als Bauarbeiter fungierten Internierte aus dem benachbarten Lager Am 18 Oktober 1916 wurde das Spital durch den Stadtpfarrer von Drosendorf Ludolf Rudisch eingeweiht Am gleichen Tag fand unter der Leitung des Bezirksarztes von Waidhofen an der Thaya Dr Bruno Langbank die erste Operation statt Belegung BearbeitenUrsprunglich war das Internierungslager Drosendorf hauptsachlich mit Briten Franzosen Russen und Serben belegt und nicht wie die meisten Kriegsgefangenenlager nach Nationen getrennt Nach der Neubelegung im Jahr 1915 fanden sich hier fast nur noch Italiener allerdings waren auch die ubrigen Nationen weiterhin vertreten Wie aus Berichten der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya hervorgeht wurde diese gemischte Belegung als Vorteil empfunden denn wegen der zahlreichen sich daraus ergebenden Reibereien waren die Internierten leichter unter Kontrolle zu halten Ob damit auch ein gegenseitiges Bespitzeln Vernadern gemeint war ist nicht bekannt aber anzunehmen Reibereien ergaben sich zwischen den einzelnen Nationalitaten durch Standesunterschiede und die verschiedenen Religionen Allerdings konnten sich diese Reibereien auch zu handfesten Auseinandersetzungen auswachsen So ist ein Fall bekannt in dem ein Lagerinsasse bei einer Auseinandersetzung einen Anderen totete und einen Weiteren schwer verletzte Er wurde in einem Zivilgerichtsprozess zu einer Haftstrafe verurteilt wo er verstarb Lediglich judische Internierte wurden 1915 im Internierungslager Markl zusammengelegt um deren koschere Ernahrung zu erleichtern Einige hier verstorbene Juden wurden in Horn auf dem Friedhof der IKG Horn beigesetzt Konfinierung BearbeitenZusatzlich zum Internierungslager Drosendorf wurden in Drosendorf und Drosendorf Altstadt ab Anfang 1915 auch noch etwa 100 finanzkraftige Personen konfiniert Finanzkraftig deshalb da die auf diese Art Internierten fur die Unterkunft in Privatquartieren und Verpflegung selbst aufkommen mussten Ausserdem musste bei ihnen ein geringes Fluchtrisiko bestehen Innerhalb eines bestimmten Bereichs und zu bestimmten Zeiten durften sie sich frei bewegen mussten ihre Mahlzeiten daheim einnehmen und sich zu bestimmten Zeiten bei einer Aufsichtsperson melden Bela Kun BearbeitenNach dem Zusammenbruch der kommunistischen Raterepublik 1919 in Ungarn fluchtete Bela Kun nach Osterreich wo er mit seinen Anhangern darunter Ko Revolutionar Eugen Landler Asyl erhielt 1 und interniert wurde Anfang Juli trafen die ersten Ungarn in Drosendorf ein um hier im Lager einquartiert zu werden Dies loste jedoch grossen Unmut in der Bevolkerung aus besonders unter den Landwirten die ihren Grund und Boden wieder bewirtschaften wollten Ende August 1919 wurde Bela Kun mit seinen Anhangern nach Schloss Karlstein an der Thaya verlegt Auflosung BearbeitenNach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes am 3 November 1918 war das Lager am 7 November 1918 verlassen Die osterreichischen Wachsoldaten waren desertiert und die Internierten hatten ebenfalls die Heimreise angetreten Zuruck blieben nur der Lagerverwalter und Verwaltungspersonal Zuruckgebliebene und brauchbare Lagerbestande wie Kleidung und Brennmaterial aber auch Lebensmittel sollten der Not leidenden Bevolkerung zugutekommen Allerdings entbrannte ein heftiger Kampf um diese Verteilung Drosendorfer Burger die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya als Lagerverwalterin und auch die Bezirkshauptmannschaft Horn als fur Drosendorf an der Thaya zustandige Verwaltungsbehorde stritten gemeinsam mit der neu aufgestellten Volkswehr um die Zustandigkeit die schliesslich mit einem Kompromiss gelost wurde Die Einquartierung von Bela Kun und seiner Gruppe verzogerte die Auflosung des Lagers und so erfolgte die Ubergabe des Internierungslagers an die Hauptanstalt fur Sachdemobilisierung erst am 25 November 1919 wahrend das Lagerspital der Stadt Drosendorf zur treuhanderischen Verwaltung ubergeben wurde Im Sommer 1920 wurde das Lager endgultig aufgelost Literatur Weblinks BearbeitenReinhard Mundschutz Internierung im Waldviertel Die Internierungslager und stationen der BH Waidhofen an der Thaya 1914 1918 Wien 2002 Wien Universitat Dissertation 2002 Johannes Luxner Fotodokumente aus den Lagern Zweiklassengesellschaft im Waldviertel 16 Bilder Reinhard Mundschutz orf at 25 November 2017 Einzelnachweise Bearbeiten Internierungslager als Osterreichs Tabu Unfreiwillige Multinationalitat orf at 25 November 2017 abgerufen 26 November 2017 Basierend auch auf einem Gesprach mit Reinhard Mundschutz Historiker an der Universitat Wien der mit Forschung uber die Internierungslager dissertierte Mit Fotografien 48 862055555556 15 621694444444 Koordinaten 48 51 43 4 N 15 37 18 1 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Internierungslager Drosendorf amp oldid 192944010