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Institutiones divinarum et saecularium litterarum Einfuhrung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften ist eine Schrift des Flavius Magnus Aurelius Cassiodorus Senator in lateinischer Sprache Er wird meistens kurz Cassiodorus oder Cassiodor genannt Er hatte den Plan verfolgt eine christliche Universitat nach dem Vorbild der Schule von Nisibis zu grunden was die Zeitlaufte verhinderten 1 Anknupfend daran schrieb er zwischen 552 und 562 n Chr 2 in dem von ihm gegrundeten Kloster Vivarium ein Werk in zwei Buchern zur Unterrichtung der dortigen Monche Cassiodorus will mit den Institutiones auch den schlichten und ungebildeten Brudern fratres simplices et impoliti Buch I XXI geistliche und weltliche Kenntnisse vermitteln Buch I kreist dabei hauptsachlich um die Bibel und ihre Auslegung durch die Kirchenvater enthalt jedoch auch kurzes medizinisches Kapitel De monachis curam infirmorum habentibus Buch II bietet einen reichen Exzerpt aus dem uberlieferten Wissen der Antike bzgl Sprachwissenschaft Teilen der Philosophie und Naturwissenschaften Die Quellen reichen dabei von Aristoteles uber Cicero bis zum Zeitgenossen Boethius allerdings nur insoweit sie in lateinischer Sprache erstellt wurden oder eine Ubersetzung aus dem Griechischen vorlag Cassiodor Institutiones divinarum et saecularium litterarum in einer Handschrift des spaten 8 Jahrhunderts Bamberg Staatsbibliothek Msc Patr 61 fol 29v Die beiden Bereiche Theologie und Geistes sowie Naturwissenschaften werden aber zu einer Einheit verklammert 3 Zum einen ist es fur Cassiodorus unstrittig dass das Wissen der antiqui aus der Bibel stammt Buch I XXI 2 mundanarum peritia litterarum quae praeter additamenta quorundam doctorum ab Scripturis divinis cognoscitur esse progressaweltlichen Wissenschaften die abgesehen von Erganzungen seitens einiger Gelehrter bekanntlich aus der Heiligen Schrift hervorgegangen sindZum anderen sollen auch trotz Wertschatzung der Heiligen Schrift die weltlichen Wissenschaften nicht verachtet werden Buch II Conclusio 3 Inhaltsverzeichnis 1 Buch I 1 1 Aufbau und Inhalt 1 2 Buch I Bibel und Bibelexegese 1 3 Buch I Kopistentatigkeit 1 4 Buch I Kloster und Klosterregel 2 Buch II 2 1 Buch II Grammatik 2 2 Buch II Rhetorik 2 3 Buch II Dialektik 2 4 Buch II Arithmetik 2 5 Buch II Musik 2 6 Buch II Geometrie 2 7 Buch II Astronomie 3 Uberleben und Uberlieferung 4 Ausgaben und Ubersetzungen 5 Literatur 6 AnmerkungenBuch I BearbeitenAufbau und Inhalt Bearbeiten Buch I gliedert sich numerus aetati Dominicae accommodus dem Lebensalter des Herrn angepasst Buch II Praefatio 1 in 33 Kapitel Die meisten beschaftigen sich mit der Bibel sowohl der Bibelexegese als auch dem Kopieren der Texte Ein weiterer Schwerpunkt ist das Klosterleben im Vivarium Das letzte Kapitel enthalt ein Gebet Buch I Bibel und Bibelexegese Bearbeiten Die Bibel liegt Cassiodorus in der lateinischen Ubersetzung des heiligen Hieronymus vor dem er uberschwangliches Lob zollt Buch I XXI Er unterteilt den Text in 9 Codices und behandelt jeden in einem Kapitel Dabei beschaftigt er sich kaum inhaltlich mit dem Text sondern empfiehlt dem Leser jeweils eine Liste von Schriften die weitgehend in der Klosterbibliothek vorhanden sind Die am haufigsten genannten Autoren sind Augustinus Ambrosius und Hieronymus In den folgenden Kapiteln erganzt er dies um weitere hervorragende Bibelexegesen Buch I XVI Historiker aus der entsprechenden Zeit wie Flavius Josephus Buch I XVII Geographen wie Claudius Ptolemaus Buch I XXV den von ihm ausserordentlich geschatzten Dionysius Exiguus Buch I XXIII und anderes mehr Buch I Kopistentatigkeit Bearbeiten Das Kopieren und Pflegen der Texte scheint eine ahnliche Bedeutung wie ihr Studium gehabt zu haben und wird von Cassiodorus mehr als die korperliche Arbeit geschatzt Jedes Wort das im Dienste des Herren kopiert werde schlage dem Satan eine Wunde Buch I XXX 1 Allerdings stellt er auch Anspruche an diese Arbeit Die Schreiber sollten die alten Orthographen lesen um Fehler zu vermeiden Buch I XXX 2 Sie sollen aber auch die idiomata Scripturae divinae Buch I XV 2 achten also nicht versuchen befremdliche Ausdrucksweise durch gebrauchliche zu verbessern Aber alle notigen Verbesserungen sollen prachtvoll geschrieben werden Er fordert auch die Ubersetzung vom Griechischen ins Lateinische und erwahnt drei Manner anscheinend keine Monche sondern Freunde Presbyter gelehrte Manner die solche Ubertragungen fur ihn vornehmen u a Buch I VI 6 Buch I Kloster und Klosterregel Bearbeiten In Buch I XXVIIII entwirft Cassiodorus ein schones Bild des Klosters Vivarium nahe dem Meer eingebettet zwischen Muhlen Fischteichen und Garten Den mit der Gartenpflege beschaftigten Monchen empfiehlt er die Fachschriftsteller Lucius Iunius Moderatus Columella Gargilius Martialis und Palladius Rutilius Taurus Aemilianus Insbesondere von den Werken der beiden letzteren sagt er habe er Abschriften zur Verfugung gestellt Buch I XXVIII 6 Zur Bequemlichkeit der Monche gibt es eine Sonnenuhr eine Wasseruhr und mechanische Ollampen Buch I XXX 4 und 5 Als Klosterregel empfiehlt er ein Werk des Johannes Cassianus Buch I XXVIIII 2 will sie aber wegen der anderen Lebensumstande angepasst wissen Den Monchen und den zwei Abten die sie leiten tragt er auf die Notleidenden zu unterstutzen und die Bauern die dem Kloster angehoren zu unterweisen und nicht durch zusatzliche Abgaben zu belasten Buch I XXXII 1 und 2 Buch II BearbeitenIn Buch II behandelt Cassiodorus die weltlichen Wissenschaften Er gliedert sie in die 7 Kapitel Grammatik Rhetorik Logik oder Dialektik Arithmetik Geometrie Musik und Astronomie Den Grund fur diese Aufteilung nennt er in seinem Proomium nicht Moglicherweise ist er von Marcus Terentius Varro beeinflusst der ebendiese Wissenschaften mit 2 zusatzlichen in seiner disciplinae auffuhrt 4 Ebenfalls diese 7 Wissenschaften behandelt Martianus Capella den Cassiodorus erwahnt Buch II III 20 Mehrfach diskutiert er auch die Frage ob man von disciplinae Wissenschaften oder artes Kunste sprechen sollte u a Buch II II 17 Die 7 Kapitel haben sehr unterschiedliches Gewicht Die Dialektik ist das bei weitem umfangreichste Geometrie und Astronomie sind nur kurze Skizzen Im Gegensatz zu Buch I teilt er hier auch das uberlieferte Wissen inhaltlich mit Auf in der Bibliothek vorhandene Codices wird nur selten verwiesen Buch II Grammatik Bearbeiten Cassiodorus verweist in diesem knappen Kapitel auf die beiden Bucher Ars minor und Ars maior des Aelius Donatus die sich in der Klosterbibliothek befinden Einiges daraus zitiert er wortlich von der Definition des Buchstaben bis zur Definition der Redefigur Buch II Rhetorik Bearbeiten Die Rhetorik ist die Lehre der weltlichen Wissenschaften die Fahigkeiten zur wohlgesetzten Rede in staatsburgerlichen Fragen Cassiodorus zitiert Marcus Fabius Quintilianus Atilius Fortunationus einen Rhetoriker des 4ten Jahrh n Chr und einige Schriften des Marcus Tullius Cicero Das Sachgebiet wird in mehrerer Weise unterteilt und erortert nach den Anforderungen an den Redner Stofffindung Stoffanordnung Stilisierung Auswendiglernen Vortrag Buch II II 2 nach der praktischen Situation u a Beschuldigung Rechtfertigung Gnadengesuch Buch II II 5 nach den Teilen der Rede Einleitung Darlegung Gliederung Begrundung Widerlegung und Schluss Buch II II 9 und weitere In Abschnitt 16 leitet Cassiodorus wieder auf die Situation der Monche uber auswendig gelernt wird auch die Heilige Schrift die Kunst des Vortrags lernt er beim laut Lesen der Heiligen Schrift das Singen der Psalmen wird seine Sprechweise fordern Buch II Dialektik Bearbeiten Dieses Kapitel bildet schon rein mengenmassig den Schwerpunkt von Buch II da es etwa 1 3 ausmacht Cassiodorus raumt der Dialektik oder Disputierkunst den grossten heuristischen Wert ein sie ist fur ihn spekulative Philosophie 5 Als Quellen nennt er hauptsachlich Marius Victorinus die Werke des Aristoteles auch durch die Vermittlung des Boethius und die Schriften Ciceros insbesondere Topica Nach einigen allgemeinen Definitionen der Philosophie zitiert Cassiodorus Exzerpte aus den Kategorien und Peri Hermeneias des Aristoteles Daruber hinaus findet er noch bei weiteren antiken und spatantiken Schriftstellern zahlreich Darlegungen von Syllogismen In Abschnitt 14 und 15 geht der Autor auf die Definitionen das ist die sprachlich knappe Formulierung eines Sachverhaltes ein Er orientiert sich dabei an Cicero hauptsachlich Topica und an Marius Victorinus De definitionibus in dem sich aber wieder 59 Cicerozitate hauptsachlich Topica befinden 6 Er ubernimmt die 15 Definitionsarten mit der griechischen Bezeichnung und z T den erlauternden Beispielen von usiodes id est substantialis wesentlich bis etiologiam Latini rei rationalem Verursachung 7 Diese Definitionen sind fur Cassiodorus auch fur seine Arbeit mit biblischen Texten relevant In seinem Werk Expositio psalmorum klassifiziert er die Psalmentexte auch nach ihrer Verwendung dieser Definitionen 8 Fur Lutherbibel Psalm 49 13 muss davon wie das Vieh gibt er an dass dies eine Definition der 10ten Art also mittels eines Beispiels ist 9 Buch II Arithmetik Bearbeiten Cassiodorus bettet die Arithmetik also die fachspezifischen Definitionen in 2 spekulative Komplexe der Arithmologie ein 10 Zu Beginn des Kapitels bringt er Pythagoras in Einklang mit einem Prophetenwort Am Ende ab Abschnitt 7 preist er die Zahl als hilfreiche Ordnungsmacht die Gott dem Menschen gespendet habe Er entfaltet dann als erster christlicher Autor in einer Schrift zu wissenschaftlichen Themen eine Mystik der Zahlen 1 bis 7 11 die sich an der Bibel orientieren wie 1 Dominus unus der Eine Gott 5 die 5 Bucher Moses etc In den Abschnitten 3 bis 6 entfaltet Cassiodorus die griechische Arithmetik Er folgt dabei weitgehend wie er selbst angibt dem Werk des Anicius Manlius Severinus Boethius De institutione arithmetica das er als Ubersetzung des Nikomachos von Gerasa kennt Definitionen die Naturliche Zahlen betreffend wie par impar gerade ungerade Zahl perfectus vollkommene Zahl primus simplex Primzahl superpartitionalis Uberlegungen zur rationalen Zahl usw werden sachlich und knapp dargestellt Allerdings ist Boethius in Buch I bis Buch II 3 wesentlich ausfuhrlicher Die folgenden geometrischen Erorterungen Abschnitt 6 werden von Cassiodorus sehr ungenau wiedergegeben Es entspricht zwar der superficialis numerus der durch Lange und Breite definiert ist also die Flache der plana superficies bei Boethius Buch II 4 Dessen ausfuhrliche Beschreibung der Polygonalzahlen verkummern aber zu wenigen Zeichnungen Von der ausfuhrlichen Erorterung des solidus numerus Korper bleibt nur die Nennung von Pyramide und Kubus Buch II Musik Bearbeiten Auch in diesem Kapitel rahmt Cassiodorus die fachwissenschaftlichen Inhalte durch allgemeine Ausfuhrungen ein die christliche biblische Vorstellungen und Ereignisse mit antiken hauptsachlich Pythagoraischen mischen Er erwahnt die Schrift De musica des Augustinus gibt aber als Quelle fur die fachwissenschaftlichen Inhalte den Musikwissenschaftler Gaudentius Harmonica introductio und den De die natali des Censorinus an Seine Ausfuhrungen beschranken sich auf die Auflistung einiger Instrumente der 15 Tonarten und der Intervalle Oktave Diapente etc die er von Censorinus ubernommen haben konnte 12 Buch II Geometrie Bearbeiten Im 1ten Teil verweist Cassiodorus kurz auf die Landvermessung Die umfangreiche lateinische Literatur der Agrimensoren liegt ihm anscheinend nicht vor Im zweiten Teil werden nur einige einfache geometrische Definitionen gebracht Obwohl auf die Ubersetzung des Euklid ins Lateinische durch Boethius verwiesen wird ist dieses Kapitel von niedrigem substantiellen Gehalt Cassiodorus ist keine sachgerechte Ubermittlung des Stoffes moglich 13 Buch II Astronomie Bearbeiten Der Autor tragt Textstellen zusammen die in der Bibel von Sonne und Gestirnen handeln Buch II VII 1 so etwa der Stern der Magier der nach Bethlehem fuhrt 14 Erst dann wendet er sich den Wissenschaften zu Als Quelle nennt er De forma Mundi von Lucius Annaeus Seneca das verloren ist und Claudius Ptolemaus An dessen Handbuch der Astronomie reichen seine wenigen Ausfuhrungen allerdings nicht ansatzweise heran Auch auf die Bedeutung der Astronomie fur die Landwirtschaft um die richtigen Zeiten der Bodenbestellung zu bestimmen wie es bereits Plinius der Altere fur Hesiod bezeugt 15 geht er ein nennt allerdings keine Quelle Dazugekommen ist noch die wichtige Aufgabe den richtigen Zeitpunkt fur das christliche Osterfest Ostertermin zu bestimmen Buch II VII 3 Jede Art uber die Sterne das Schicksal zu erkunden notitia fatorum lehnt Cassiodorus auch mit Verweis auf Augustinus aufs entschiedenste ab Uberleben und Uberlieferung BearbeitenObwohl Isidor von Sevilla den Autor nicht nennt ist es wahrscheinlich dass er diese Schrift kannte und in seiner Etymologiae benutzte 16 Auch Hrabanus Maurus las und benutzte Buch II der Institutiones nicht aber Buch I das insgesamt wenig Einfluss auf das theologische Studium des fruhen Mittelalters hatte 17 Das Werk wurde in zahlreichen Handschriften uberliefert die teils beide Bucher teils nur eines enthalten Roger A B Mynors hat aus diesen 1937 eine kommentierte Ausgabe erstellt In der Einleitung werden die bekannten Kodizes unter Berucksichtigung ihres Umfangs ihrer Beziehung zueinander etc aufgelistet Wahrend Buch I durch das Kopieren nur wenig verandert wurde liegt Buch II in drei stark abweichenden Fassungen vor Dies legt die Moglichkeit einer spateren Uberarbeitung durch Cassiodor selbst oder einen anderen Autor nahe Auch der Titel des Buches II variiert Jacques Paul Migne nahm es als De artibus ac disciplinis liberalium litterarum in die Patrologia Latina auf Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenWolfgang Bursgens Cassiodor Institutiones divinarum et saecularum litterarum Freiburg 2003 R A B Mynors Cassiodori Senatoris Institutiones Oxford 1937 Andreas Pronay Ubersetzer Cassiodorus Senator Einfuhrung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften Institutiones divinarum et saecularium litterarum Spudasmata Band 163 Olms Hildesheim 2014 ISBN 978 3 487 15207 3 Ubersetzung und Kommentar Literatur BearbeitenWolfgang Bursgens Cassiodor Institutiones divinarum et saecularum litterarum Einleitung Freiburg 2003 Brigitte Englisch Die artes liberales im fruhen Mittelalter Stuttgart 1994 Paul Lehmann Cassiodorstudien in Erforschung des Mittelalters Stuttgart 1959 Nachdruck von Leipzig 1941 Andreas Pronay Cassiodorus Senator Einfuhrung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften Hildesheim 2014Anmerkungen Bearbeiten Andreas Pronay Cassiodorus Senator Einleitung S 5 Paul Lehmann Cassiodorstudien S 47 51 Andreas Pronay Cassiodorus Senator Einleitung S 12 Wolfgang Bursgens Cassiodor Institutiones divinarum et saecularum litterarum Einleitung S 31f Wolfgang Bursgens Cassiodor Institutiones divinarum et saecularum litterarum Einleitung S 76 Andreas Pronay C Marius Victorinus Liber de definitionibus S 15 C Marius Victorinus Liber de definitionibus 16 28 Wolfgang Bursgens Cassiodor Institutiones divinarum et saecularum litterarum S 361 u S 374 Anmerkungen Cassiodorus Expositio palmorum XLVIII 13 Brigitte Englisch Die artes liberales im fruhen Mittelalter 3 1 3 Arithmetik bei Cassiodor S 113 Brigitte Englisch Die artes liberales im fruhen Mittelalter 3 1 3 Arithmetik bei Cassiodor S 115 Censorinus De die natali 10 5 7 Brigitte Englisch Die artes liberales im fruhen Mittelalter S 161 164 Bibel Mt 2 1 12 Plinius der Altere Naturalis historia Buch XVIII 201 Paul Lehmann Cassiodorstudien S 58 S 59 Paul Lehmann Cassiodorstudien S 66 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Institutiones divinarum et saecularium litterarum amp oldid 229932083