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Halogensauerstoffsauren auch Halogenoxosauren sind eine chemische Stoffgruppe von anorganischen Sauren die aus Wasserstoff H einem Halogen X und Sauerstoff O zusammengesetzt sind Die Beteiligung von Sauerstoff an der chemischen Verbindung unterscheidet sie von der Stoffgruppe der Halogenwasserstoffe deren Losungen in Wasser Halogenwasserstoffsauren genannt werden 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Summenformel Untergliederung 2 Auftreten 3 Ubersichtstabelle 4 Strukturen 5 Saure Base Eigenschaften 6 Redox Eigenschaften 7 Darstellung 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseSummenformel Untergliederung BearbeitenHalogensauerstoffsauren besitzen die allgemeine Summenformel HXOn X F Cl Br I At n 1 2 3 4 Beim Fluor kommt nur eine Halogensauerstoffsaure mit n 1 vor Hypofluorige Saure Beim Iod und wahrscheinlich auch Astat 3 4 5 existieren in der hochsten Oxidationsstufe 7 weitere Summenformeltypen bedeutsam ist insbesondere die wasserreichere Orthoperiodsaure H5IO6 1 2 Die folgende Tabelle zeigt eine Einteilung der Halogensauerstoffsauren und ihrer Salze in Untergruppen anhand der Oxidationsstufe des Halogens bzw damit korrespondierend des Summenformeltyps Oxidations stufe desHalogens X Sauren SalzeName a Summen formeltyp Name Summen formeltyp b 1 c Hypohalogenige SaurenHalogen I sauren HXO HypohalogeniteHalogenate I MXO 3 Halogenige SaurenHalogen III sauren HXO2 HalogeniteHalogenate III MXO2 5 HalogensaurenHalogen V sauren HXO3 HalogenateHalogenate V MXO3 7 PerhalogensaurenHalogen VII sauren HXO4 d PerhalogenateHalogenate VII MXO4 d a Diese traditionellen Namen sind zwar noch gebrauchlich aber veraltet und entsprechen nicht der aktuellen IUPAC Nomenklatur b Beispielhaft formuliert fur ein einwertiges Metallkation M c Ausnahme In der Hypofluorigen Saure liegt Fluor in der Oxidationsstufe 1 vor d Bei Iod und wahrscheinlich auch Astat weitere Varianten Auftreten BearbeitenAls Reinstoffe isoliert werden konnten bisher lediglich die Hypofluorige Saure HOF bei tiefen Temperaturen die Perchlorsaure HClO4 die Iodsaure HIO3 die Metaperiodsaure HIO4 sowie die Orthoperiodsaure H5IO6 eine fruher als Triperiodsaure H7I3O14 aufgefasste Substanz ist ein Cokristallisat der beiden letztgenannten Periodsauren 2 HIO4 H5IO6 Die ubrigen Halogensauerstoffsauren sind nur in wassriger Losung und oder in Form ihrer Salze bekannt HClO HClO4 HBrO HBrO4 HIO3 und HIO4 zudem auch in der Gasphase 1 Beim radioaktiven Astat sind nur Untersuchungen mit Spurenmengen moglich 2 3 4 5 6 Das im Periodensystem in der Halogengruppe 7 Hauptgruppe bzw 17 IUPAC Gruppe unterhalb des Astats in der 7 Periode stehende Element mit der Ordnungszahl 117 Tenness Ts ist erst seit seiner erstmaligen kunstlichen Erzeugung im Jahr 2010 bekannt Es wurde bislang nur in Mengen von wenigen Atomen generiert detektiert welche zudem radioaktiv mit sehr kurzen Halbwertszeiten waren sodass zu seiner Chemie noch keine gesicherten Informationen vorliegen Ubersichtstabelle BearbeitenDie folgende Ubersichtstabelle listet die bekannten bzw postulierten Halogensauerstoffsauren und die entsprechenden abgeleiteten Salze Anionen auf geordnet nach den Halogenen 1 2 3 4 5 6 Oxidations stufe desHalogens Sauren SalzeName Summen formel Saure konstante pKS 1 Name Summen formeldes AnionsFluorsauerstoffsauren 1 Hypofluorige Saure a HOF Hypofluorite e FO Chlorsauerstoffsauren 1 Hypochlorige Saure b c HClO 7 54 Hypochlorite a ClO 3 Chlorige Saure b HClO2 1 97 Chlorite a ClO2 5 Chlorsaure b HClO3 2 7 Chlorate a ClO3 7 Perchlorsaure a c HClO4 10 Perchlorate a ClO4 Bromsauerstoffsauren 1 Hypobromige Saure b c HBrO 7 69 Hypobromite a BrO 3 Bromige Saure b HBrO2 Bromite a BrO2 5 Bromsaure b HBrO3 ca 0 Bromate a BrO3 7 Perbromsaure b c HBrO4 Perbromate a BrO4 Iodsauerstoffsauren 1 Hypoiodige Saure b HIO 10 64 Hypoiodite b IO 3 Iodige Saure b HIO2 Iodite b IO2 5 Iodsaure a c HIO3 0 804 Iodate a IO3 7 Metaperiodsaure a c HIO4 Metaperiodate a IO4 Mesoperiodsaure d H3IO5 Mesoperiodate a IO53 Orthoperiodsaure a H5IO6 pKS1 3 29pKS2 8 31pKS3 11 60 Orthoperiodate a H5 nIO6n n 1 2 3 5 Metadiperiodsaure d H4I2O9 Metadiperiodate a I2O94 Mesodiperiodsaure d H6I2O10 Mesodiperiodate a H6 nI2O10n n 3 4 5 6 Orthodiperiodsaure e H8I2O11 Orthodiperiodate e H8 nI2O11n Astatsauerstoffsauren 1 Hypoastatige Saure f HAtO Hypoastatite f AtO 3 Astatige Saure f HAtO2 Astatite f AtO2 5 Astatsaure f HAtO3 Astatate f AtO3 7 Perastatsaure f HAtO4 H5AtO6 Perastatate f AtO4 H5 nAtO6n a Als Reinstoffe isolierbar c Auch in der Gasphase bekannt e Noch unbekannt b In wassriger Losung bekannt d Nur in Form der Salze bekannt f Nur Experimente mit Spurenmengen tatsachlich vorliegende Spezies teilweise unsicher Strukturen BearbeitenIn den Molekulen aller Halogensauerstoffsauren ist der als Proton abdissoziierbare Wasserstoff H stets nicht direkt sondern uber ein Sauerstoffatom O an das zentrale Halogenatom X gebunden sodass die Summenformelschreibweise HXOn gelegentlich zu HOXOn 1 modifiziert wird um die Molekulkonstitution etwas besser zum Ausdruck zu bringen Hierbei sind die H O X Gruppierungen gewinkelt beispielsweise betragen bei den Hypohalogenigen Sauren die Bindungswinkel 97 2 HOF 103 HOCl und 110 HOBr Entsprechend dem VSEPR Modell sind auch die O X O Einheiten in den Halogenigen Sauren Halogeniten gewinkelt die XO3 Einheiten in den Halogensauren Halogenaten sind trigonal pyramidal und die XO4 Einheiten in den Perhalogensauren Perhalogenaten sind tetraedrisch In festen Mesoperiodaten befinden sich quadratisch pyramidale IO5 Einheiten in Orthoperiodsaure Orthoperiodaten oktaedrische IO6 Einheiten Zwei uber eine gemeinsame Flache Kante bzw Ecke verknupfte IO6 Oktaeder liegen in den festen Metadiperiodaten Mesodiperiodaten bzw noch hypothetischen Orthodiperiodaten vor Die feste Metaperiodsaure HIO4 ist polymer aufgebaut Polyperiodsaure HIO4 x aus verzerrten IO6 Oktaedern die jeweils mit zwei IO6 Nachbaroktaedern versetzt kantenverknupft sind und so Ketten bilden 1 Saure Base Eigenschaften BearbeitenDie Saurestarke der Halogensauerstoffsauren HXOn H XOn zeigt folgende Trends Sie nimmt zu mit steigender Anzahl n der Sauerstoffatome beispielsweise ist Chlorige Saure HClO2 eine starkere Saure als Hypochlorige Saure HClO und von unten nach oben in der Halogengruppe also von den schwereren zu den leichteren Halogenen beispielsweise wachst die Saurestarke von der Iodsaure HIO3 uber die Bromsaure HBrO3 zur Chlorsaure HClO3 Dementsprechend ist die Perchlorsaure HClO4 die starkste Saure Die Basizitat der Halogensauerstoffsauren HXOn H H2XOn folgt einem gegenlaufigen Trend ist aber insgesamt nur sehr schwach ausgepragt In den reinen Sauren tritt in geringem Ausmass Autoprotolyse 2 HXOn H2XOn XOn auf 1 Redox Eigenschaften BearbeitenDie Redoxpotentiale der Halogensauerstoffsauren bzw ihrer korrespondierenden Oxoanionen sind pH Wert abhangig In saurer Losung weisen sie durchgangig hohe positive Werte auf starke Oxidationsmittel die hochsten Normalpotentiale bei pH 0 besitzen Perbromsaure und Perastatsaure mit 1 85 V bezogen auf eine Reduktion zur Stufe der Bromsaure bzw Astatsaure Mit zunehmendem pH Wert nehmen die Redoxpotentiale zwar ab sind aber auch in stark alkalischer Losung bei pH 14 noch positiv sodass auch hier noch oxidierende Wirkung vorhanden ist Zugleich aber sind die Halogensauerstoffsauren bzw ihre korrespondierenden Oxoanionen bei einer Oxidationsstufe des Halogens kleiner als 7 prinzipiell Redoxamphotere das heisst sie konnen gegenuber starkeren Oxidationsmitteln auch als Reduktionsmittel auftreten Daher sind in Abhangigkeit vom pH Wert zudem Disproportionierungsreaktionen bzw Komproportionierungsreaktionen moglich 1 2 Darstellung BearbeitenFur die Darstellung der Halogensauerstoffsauren bzw ihrer Salze existieren verschiedene Wege unter anderem Disproportionierungsreaktionen beispielsweise die Disproportionierung elementarer Halogene Oxidationsstufe 0 in wassriger Losung zu Halogenwasserstoffsauren Halogeniden Oxidationsstufe 1 und Hypohalogenigen Sauren Hypohalogeniten Oxidationsstufe 1 eine gunstige Beeinflussung des Reaktionsgleichgewichts kann durch Arbeiten in alkalischer Losung oder Abfangen der Halogenwasserstoffsaure mit Quecksilber II oxid HgO erfolgen Die erzeugten Hypohalogenigen Sauren Hypohalogenite Oxidationsstufe 1 konnen ihrerseits disproportionieren begunstigt durch Temperaturerhohung zu Halogenwasserstoffsauren Halogeniden Oxidationsstufe 1 und Halogensauren Halogenaten Oxidationsstufe 5 Komproportionierungsreaktionen beispielsweise von Bromid Br Oxidationsstufe 1 und Bromat BrO3 Oxidationsstufe 5 zu Bromit BrO2 Oxidationsstufe 3 in Form einer Festkorperreaktion der Lithium Salze bei erhohter Temperatur Oxidationen bzw Reduktionen von Halogeniden Halogenen anderen Halogensauerstoffsauren bzw ihren korrespondierenden Oxoanionen sowie Halogenoxiden mit chemischen Oxidations bzw Reduktionsmitteln oder elektrolytisch beispielsweise die Reduktion von Chlordioxid ClO2 Oxidationsstufe 4 mit Wasserstoffperoxid H2O2 in alkalischer Losung zu Chloriten Oxidationsstufe 3 oder die anodische Oxidation von Chloraten Oxidationsstufe 5 zu Perchloraten Oxidationsstufe 7 Hydrolyse von Halogenoxiden beispielsweise von Dichlormonoxid Cl2O zu Hypochloriger Saure Hypochloriten Hydrolyse von Interhalogenverbindungen beispielsweise von Bromfluorid BrF zu Hypobromiger Saure Hypobromiten und Flusssaure Fluoriden Darstellung reiner Losungen von Halogensauerstoffsauren durch Umsetzung ihrer Barium Salze mit Schwefelsaure Nebenprodukt Bariumsulfat fallt als in Wasser nahezu unloslicher Feststoff aus und kann daher leicht abgetrennt werden Wichtige technische Produkte sind vor allem wassrige Losungen von Hypochloriger Saure HClO und Perchlorsaure HClO4 sowie Hypochlorite Chlorite Chlorate Perchlorate Bromate und Periodate als feste Salze 1 Literatur BearbeitenM Binnewies M Jackel H Willner G Rayner Canham Allgemeine und Anorganische Chemie 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011 ISBN 978 3 8274 2533 1 Weblinks BearbeitenUni Freiburg Institut fur Anorganische und Analytische Chemie Vorlesung Chemie der Nichtmetalle Halogene Sauerstoffsauren und ihre SalzeEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i A F Holleman E Wiberg N Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie 102 Auflage De Gruyter Berlin 2007 ISBN 978 3 11 017770 1 S 458 461 463 478 eingeschrankte Vorschau der 101 Auflage in der Google Buchsuche a b c d e N N Greenwood A Earnshaw Chemistry of the Elements 2 Auflage Elsevier Butterworth Heinemann Oxford u a 2005 ISBN 0 7506 3365 4 S 853 875 885 887 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Erstausgabe 1997 a b c A F Holleman E Wiberg N Wiberg Lehrbuch der Anorganischen Chemie 101 Auflage De Gruyter Berlin 1995 ISBN 3 11 012641 9 S 454 455 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b c J E Huheey E A Keiter R L Keiter Anorganische Chemie Prinzipien von Struktur und Reaktivitat 3 Auflage De Gruyter Berlin 2003 ISBN 3 11 017903 2 S 995 996 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche amerikanisches Englisch Inorganic Chemistry Principles of Structure and Reactivity 1993 Ubersetzt von R Steudel a b c G K Schweitzer L L Pesterfield The Aqueous Chemistry of the Elements Oxford University Press Oxford u a 2010 ISBN 978 0 19 539335 4 S 258 260 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b H K Kugler C Keller Hrsg Gmelin Handbook of Inorganic Chemistry System Number 8 a At Astatine 8 Auflage Springer Berlin Heidelberg 1985 ISBN 3 662 05868 5 doi 10 1007 978 3 662 05868 8 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Halogensauerstoffsauren amp oldid 206684437