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Die Gruppe Ulbricht war eine von der Sowjetunion gesteuerte Gruppe von deutschen Politikern die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ins besetzte Deutschland eingeflogen wurde Sie bestand aus Funktionaren der KPD und zehn antifaschistischen Kriegsgefangenen die am 30 April 1945 aus der Sowjetunion nach Deutschland zuruckkehrten Sie sollte die Politische Hauptverwaltung der 1 Belorussischen Front bei der Neuorganisation des offentlichen Lebens und der Verwaltung Berlins unterstutzen und die Grundung von Parteien Gewerkschaften und Organisationen vorbereiten Die Gruppe wurde nach ihrem Leiter Walter Ulbricht benannt Parallel dazu existierten zwei weitere Regionalgruppen Die Gruppe Ackermann kam vor allem in Sachsen zum Einsatz und die Gruppe Sobottka wurde in Mecklenburg eingesetzt Inhaltsverzeichnis 1 Tatigkeit 2 Historische Einordnung 3 Mitglieder der Gruppe Ulbricht 4 Regionalgruppen 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksTatigkeit BearbeitenAm 5 April 1945 definierte die Moskauer KPD Fuhrung die Aufgaben fur die Gruppe Ulbricht und die anderen kommunistischen Kader die nach Deutschland reisen sollten 1 Sie hatten darauf hinzuwirken dass das Volk den Anweisungen der Sowjetischen Militarverwaltung folge Zu diesem Zweck solle das Volk beruhigt und die Legende bekampft werden dass die Rote Armee es vernichten oder versklaven wolle Es sei darum gegangen den Hitlerstaat zu vernichten Das deutsche Volk wolle und solle leben musse aber verstehen dass dies nur friedlich und nicht auf Kosten anderer gehe Daher solle die Bevolkerung dazu gebracht werden alle Hitlerbanditen an die Besatzungsbehorden zu ubergeben Die Katastrophe sei durch Hitlers Politik herbeigefuhrt worden das deutsche Volk trage dafur grosse Verantwortung Die Kommunisten hatten vor dieser Katastrophe gewarnt Die Kader sollten dem deutschen Volk in seiner Not helfen und gleichzeitig eine Basis fur die Zukunft der KPD legen 2 Die Gruppe Ulbricht flog von Moskau nach Minsk und anschliessend weiter nach Kalau bei Meseritz Sie fuhr im LKW weiter zum Sitz des politischen Stabs der Armee von Marschall Schukow der sich in Bruchmuhle etwa 30 Kilometer ostlich von Berlin befand Sie wurden dort in der Buchholzer Strasse 8 einquartiert 3 Mit ihrer Arbeit in Berlin begann die Gruppe Ulbricht am 2 Mai 1945 wobei sie bis zum 8 Mai von Bruchmuhle aus ihre Tatigkeit ausubte Anschliessend war das Hauptquartier der Gruppe in Berlin Friedrichsfelde in einem gut erhaltenen mehrstockigen Haus in der Prinzenallee 80 heute Einbecker Strasse 41 4 Ulbricht nahm u a Kontakt auf zum Arzt Ferdinand Sauerbruch und zum Schauspieler Heinz Ruhmann die neben anderen beim Aufbau der neuen Verwaltung beratend mitwirken d h in erster Linie Personen beleumunden sollten die fur ein Amt in Frage kamen 5 Die Gruppenmitglieder waren in vielen Bereichen aktiv So kummerte sich etwa Hans Mahle unmittelbar nach Kriegsende um die Lebensmittelversorgung in Berlin wurde aber bereits am 12 Mai 1945 von Nikolai Bersarin und Ulbricht beauftragt den Rundfunk in der sowjetischen Besatzungszone aufzubauen 6 Am 6 Mai 1945 ubergab Ulbricht dem sowjetischen Stadtkommandanten Bersarin die erste Namensliste mit Vorschlagen zur Besetzung wichtiger Verwaltungsposten in Berlin Bei den Ernennungen von Bezirksburgermeistern und Stadtraten die er vom 12 bis 19 Mai 1945 vornahm entsprach Bersarin ohne Abweichung der Vorschlagsliste Ulbrichts Offensichtlich ging auch die Ernennung Paul Markgrafs der zu den zehn antifaschistischen Kriegsgefangenen gehort hatte zum Polizeiprasidenten in Berlin auf die Initiative Ulbrichts zuruck 7 Anfang Juni reisten Ulbricht Ackermann und Sobottka nach Moskau zuruck um einen ersten Bericht zu geben und sich weitere Instruktionen geben zu lassen Am 4 Juni 1945 trafen sie Pieck Josef Stalin und Andrei Schdanow Stalin wies sie an eine Partei der Werktatigen zu grunden die fur Proletarier Bauern und Intellektuelle offenstehen solle Diese Partei solle deutschlandweit arbeiten und mithelfen die Einheit Deutschlands zu sichern da die Westmachte seines Erachtens auf eine Teilung des Landes abzielten Daher sei das Ziel die Vollendung der burgerl ich demokr atischen Revolution durch eine burgerl ich demokr atische Regierung 8 Der Grundungsaufruf der KPD wurde von Anton Ackermann verfasst In ihm sprach sich die neue Partei offen gegen eine Sowjetisierung Deutschlands aus Stattdessen gehe es darum die Sache der burgerlich demokratischen Umbildung die 1848 begonnen wurde zu Ende zu fuhren und durch eine Bodenreform die Uberreste des Feudalismus zu beseitigen Als Ziel nannte die Partei die Aufrichtung einer antifaschistischen demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten fur das Volk 9 Mit der Neugrundung der KPD am 11 Juni 1945 hatte die Gruppe ihr erstes Ziel erreicht Am 10 Juli zog sie in das Gebaude des Zentralkomitees der KPD um Historische Einordnung BearbeitenBis 1955 wurde die Existenz der Gruppe Ulbricht in der DDR verschwiegen nach Ansicht Wolfgang Leonhards um die Rolle der kommunistischen Emigranten aus Moskau nicht zu betonen Nach 1955 erschienen unterschiedliche Darstellungen hinsichtlich Zusammensetzung der Mitglieder und der Reihenfolge der Nennungen In der historischen Forschung ist umstritten ob die Bekenntnisse Stalins und Ackermanns zur parlamentarischen Demokratie und den Grundrechten ernst gemeint waren oder nicht Wolfgang Leonhard uberliefert den viel zitierten Ausspruch Ulbrichts aus diesen Wochen Es ist doch ganz klar Es muss demokratisch aussehen aber wir mussen alles in der Hand haben 10 Der Deutung dass das Ziel bereits im Fruhjahr 1945 die Errichtung einer kommunistisch gepragten Herrschaft und die proklamierte Demokratie nur ein Ubergangsstadium gewesen sei folgen zum Beispiel Manfred Wilke 11 und Klaus Schroeder 12 Wilfried Loth vertritt dagegen die Ansicht dass Stalin durchaus ernsthaft ein im westlichen Sinne demokratisches Deutschland angestrebt habe Nur so habe er die Viermachteverantwortung fur Deutschland sichern konnen ohne die ihm die Westmachte leicht den Zugriff auf die Ressourcen des Ruhrgebiets verwehren konnten die er als Reparationen fur den Aufbau der im Zweiten Weltkrieg verwusteten Westgebiete der Sowjetunion benotigte Tatsachlich sollten die Amerikaner die Reparationslieferungen an die Sowjetunion aus ihrer Zone bereits im Mai 1946 unterbrechen Ein Verzicht auf eine Sowjetisierung seiner Besatzungszone sei fur dieses Ziel ein geringer Preis gewesen doch sei dieses Vorhaben durch den revolutionaren Eifer von Walter Ulbricht und die Abschottungstendenzen des Westens vereitelt worden 13 Mitglieder der Gruppe Ulbricht BearbeitenWalter Ulbricht 1893 1973 spater Erster Sekretar des ZK der SED und dann Staatsratsvorsitzender der DDR Fritz Erpenbeck 1897 1975 seit 1943 Mitarbeiter des Rundfunksenders Freies Deutschland Karl Maron 1903 1975 seit 1943 Redaktionsmitglied der Zeitung Freies Deutschland spater stellvertretender Chefredakteur der Zeitung Neues Deutschland und Innenminister der DDR Hans Mahle 1911 1999 Redakteur der deutschsprachigen Sendungen des Moskauer Rundfunks spater Chefredakteur der Schweriner Volkszeitung Walter Koppe 1891 1970 spater bis 1955 Verwaltungsdirektor der Bauakademie Berlin und Mitarbeiter im Ministerium fur Schwermaschinenbau Richard Gyptner 1901 1972 Sekretar des Komintern Generalsekretars Georgi Dimitroff Redakteur beim Deutschen Volkssender in Moskau spater Leiter der Hauptabteilung Kapitalistisches Ausland im Aussenministerium der DDR Wolfgang Leonhard 1921 2014 gefuhrt unter dem Namen Wladimir Leonhard Absolvent einer Schule der Komintern und Sprecher am Sender Freies Deutschland brach 1949 mit dem Stalinismus und floh nach Jugoslawien ein Jahr spater Ubersiedlung in die Bundesrepublik Otto Winzer 1902 1975 Moskauer Pseudonym Otto Lorenz spater Chef der Privatkanzlei des Prasidenten der DDR Wilhelm Pieck und Aussenminister der DDR Gustav Gundelach 1888 1962 Redakteur und Sprecher des Deutschen Volkssenders in Moskau spater KPD Abgeordneter im ersten deutschen Bundestag Otto Fischer 1906 1974 technischer SekretarRegionalgruppen BearbeitenFur die Region Sachsen wurde eine Gruppe unter Leitung Ackermanns eingesetzt Anton Ackermann 1905 1973 als Peter Ackermann gefuhrt da er in Moskau meist so genannt wurde Hermann Matern 1893 1971 Fred Oelssner 1903 1977 als Fred Larew angefuhrt Kurt Fischer 1900 1950 Heinrich Greif 1907 1946 Peter Florin 1921 2014 spater standiger Vertreter der DDR bei den Vereinten Nationen Franz Greiner Egon Dreger 1899 1970 Artur Hofmann 1907 1987 Georg Wolff 1882 1968 Fur die Region Mecklenburg Vorpommern wurde eine Gruppe unter Leitung Sobottkas eingesetzt Gustav Sobottka 1886 1953 Gottfried Grunberg 1899 1985 Willi Bredel 1901 1964 Stanislaw Switalla 1896 1970 Fritz Kahmann 1896 1978 Karl Raab 1906 1992 Oskar Stefan Herbert Hentschke 1919 1991 Walter Offermann Bruno Schramm 1894 1959 ursprunglich vorgesehen Rudolf Herrnstadt 14 Literatur BearbeitenWolfgang Leonhard Die Revolution entlasst ihre Kinder Kiepenheuer und Witsch Koln 1955 Wilhelm Heyne Verlag Munchen 1985 Wolfgang Leonhard Spurensuche 40 Jahre nach Die Revolution entlasst ihre Kinder Kiepenheuer und Witsch Koln 1992 94 Gerhard Keiderling Hrsg Gruppe Ulbricht in Berlin April bis Juni 1945 Von den Vorbereitungen im Sommer 1944 bis zur Wiedergrundung der KPD im Juni 1945 Eine Dokumentation Mit einem Geleitwort von Wolfgang Leonhard und eingeleitet von Gerhard Keiderling Berlin Verlag Spitz Berlin 1993 ISBN 3 87061 398 XEinzelnachweise Bearbeiten Peter Erler Horst Laude und Manfred Wilke Hrsg Nach Hitler kommen wir Akademie Verlag Berlin 1994 ISBN 3 05 002554 9 S 380 386 Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR SAPMO BArch NY 4036 500 Bl 109 Urschrift Bl 39 40 Klarschrift Cay Rademacher Die Manner aus Berlin in GEO Epoche Die DDR S 26 ISBN 978 3 652 00237 0 Die Strasse wurde 1951 in Einbecker Strasse umbenannt siehe Information der luise berlin de gedenktafeln mit weiteren Nachweisen vgl Franz Josef Gortz Die Akte Heinz Ruhmann in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 14 Oktober 2000 Fundstelle http www ruehmann heinz de News htm aufgerufen am 10 Februar 2012 vgl auch Dokumente und Fotografien der Gruppe Ulbricht im Bundesarchiv Fundstelle Memento vom 8 Mai 2012 im Internet Archive aufgerufen am 10 Februar 2012 Auch die Ulbricht Gruppenmitglieder Fritz Erpenbeck und Otto Fischer waren am Aufbau der Sendeanlage in Berlin Tegel beteiligt Siehe Staatliches Rundfunkkomitee Protokoll der 1 Tagung Deutsches Rundfunkarchiv Zu den zehn antifaschistischen Kriegsgefangenen und zur Namensliste Ulbrichts siehe Jochen Staadt Wir packen mit an Ordnung zu schaffen in Forschungsverbund SED Staat der Freien Universitat Berlin Hrsg Zeitschrift des Forschungsverbundes SED Staat Ausgabe Nr 28 2010 S 90 117 hier S 92 94 Aufzeichnungen Piecks vom 4 Juni 1945 zit bei Wilfried Loth Stalins ungeliebtes Kind Warum Moskau die DDR nicht wollte Rowohlt Berlin 1994 S 24 Rolf Steininger Deutsche Geschichte 1945 1961 Darstellung und Dokumente in zwei Banden Fischer Frankfurt am Main 1983 Bd 1 S 159 Wolfgang Leonhardt Die Revolution entlasst ihre Kinder Kiepenheuer und Witsch Koln 1955 S 440 Manfred Wilke Hrsg Anatomie der Parteizentrale Die KPD SED auf dem Weg zur Macht Akademie Verlag Berlin 1998 S 45 Klaus Schroeder Der SED Staat Geschichte und Strukturen der DDR Bayerische Landeszentrale fur politische Bildung Munchen 1998 S 81f Wilfried Loth Stalins ungeliebtes Kind Warum Moskau die DDR nicht wollte Rowohlt Berlin 1994 passim die Zitate S 10 siehe dazu Kerstin Decker Die 416 Seiten ihres Vaters Der Tagesspiegel 15 Marz 2008Weblinks BearbeitenDie Tatigkeit der Gruppe Ulbricht in Berlin von April bis Juni 1945 im Bundesarchiv Aufruf des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands vom 11 Juni 1945 PDF Datei 84 kB auf der Webseite des Deutschen Historischen Instituts Washington Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gruppe Ulbricht amp oldid 237650381 Regionalgruppen