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Als Grosse Adler Pfauenfibel auch Grosse Adlerfibel wird eine in das 9 bis 11 Jahrhundert datierte Fibel bezeichnet die 1880 in Mainz gefunden wurde Sie zeigt das Motiv einer Adlerfibel wobei der heraldisch dargestellte Adler auch typische Merkmale eines Pfaues aufweist Die Fibel ist seit 1880 im Besitz des Landesmuseums Mainz Inv Nr 0 1518 bzw dessen Vorgangereinrichtungen Grosse Adler Pfauenfibel Mainz Landesmuseum Mainz Inv Nr 0 1518 Inhaltsverzeichnis 1 Fundgeschichte 2 Beschreibung 3 Entstehungszeit und ort 4 Symbolik der Vogeldarstellung 5 Schmuck von Kaiserinnen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseFundgeschichte BearbeitenIm Fruhsommer 1880 fanden in der Mainzer Altstadt im Bereich der Einmundung der Stadthausstrasse in die Schusterstrasse umfangreiche Kanalarbeiten statt Dabei stiessen die Bauarbeiter in einer verfullten Kellernische eines vermutlich abgebrannten mittelalterlichen Hauses auf die Adler Pfauenfibel Aus Uberlieferungen ist sicher bekannt dass sich dort eine grossere Ansammlung von Hausern der judischen Gemeinde der Stadt Mainz befand deren Synagoge ebenfalls in unmittelbarer Nahe zum Fundort stand Offiziell war die Adler Pfauenfibel ein Einzelfund Ob es weitere Beifunde zur Fibel gab ist umstritten Moglicherweise wurden diese ebenso wie die Fibel selbst von den Bauarbeitern unterschlagen und spater getrennt weiterverkauft Der Juwelier und Goldarbeiter Joseph Friedrich Kirstein kaufte den Arbeitern offenbar die angebotene Fibel zu einem unbekannten Zeitpunkt ab Am 21 Mai 1880 verkaufte er sie fur 700 Mark an das Mainzer Altertumsmuseum weiter Im Ankaufsbuch wurde als Fundortangabe Mariaborn auf freiem Felde beim Kartoffelhacken vermerkt Diese Angabe wurde spater im Oktober 1880 handschriftlich in Schuster gasse Stadthausstrasse abgeandert Das Mainzer Tagblatt Nr 122 vom Mittwoch dem 26 Mai 1880 erwahnt erstmals den Fund in einer Meldung zum Vortag Mainz 25 Mai Ein interessantes und kostbares Stuck ein Unicum seiner Art ist seit vorigem Freitag unserem stadtischen Museum gewonnen 1 Auch die Darmstadter Zeitung berichtete in der Ausgabe Nr 145 vom 27 Mai 1880 Zum Fundort machte die Presse unterschiedliche Angaben Ist bei der ersten Erwahnung des Fundes im Mainzer Tagblatt ein Acker zwischen Finthen und Marienborn als Fundort angegeben schreibt die Darmstadter Presse spater dass der Fundort der Fibel bei Ingelheim gewesen sei Erst am 15 Juni 1880 korrigiert die Darmstadter Zeitung mit der Ausgabe Nr 165 die Fundstelle wie folgt dass die Brosche nicht wie zuerst war angegeben worden in der Gemarkung von Marienborn gegen Ober Olm hin auch nicht bei Ingelheim sondern beim Kanalbau in der Stadt selbst bei der Einmundung der Stadthausstrasse in die Schustergasse in dem ausgebrochenen Material alter unter der Strasse liegenden Kellerraume gefunden wurde So lauten die neuesten Nachrichten welche auf amtliche Erhebungen zuruckgehen 1 Moglicherweise wurden die ersten Fundortangaben von den Bauarbeitern gemacht und sollten die Unterschlagung des Fundes an der Baustelle verschleiern Nach der Befragung der Bauarbeiter sowie des Aufkaufers der Fibel wurde dann der Fundort korrekt angegeben Ein detaillierter Fundplan im Original von Ludwig Lindenschmit dem Alteren Direktor des Romisch Germanischen Zentralmuseums nach den korrigierten Angaben gezeichnet befindet sich in Kopie in den Bestanden des Landesmuseums Mainz Beschreibung BearbeitenDer Durchmesser der Fibel betragt 9 3 cm und 9 7 cm sie ist somit in vertikaler Achse leicht oval ausgebildet Das Gewicht betragt 88 3 g Als Materialien wurden Gold in zwei leicht unterschiedlichen Legierungsformen Email und Glas verwendet Die durchbrochen gearbeitete Goldscheibenfibel besteht hauptsachlich aus Gold mit polychromen Email und Glaseinlagen In Aufsicht zeigt sie einen nach links blickenden Adler mit leicht ausgebreiteten Flugeln gespreizten Fangen und Schwanzfedern aus denen ein stilisiertes Pfauenrad herauswachst und den Adler ringformig umschliesst 2 Der zentrale Korper des Adlers ist aus dunnem Goldblech gefertigt und weist ein eingepunztes schuppenformiges Muster auf Unterhalb der Goldplatte befindet sich ein Hohlraum dessen Funktion nicht bekannt ist Beine und Fange sowie der Schnabel sind ebenfalls aus Gold gefertigt Das Flugelpaar sowie die Schwanzfedern sind mit polychromen Emaileinlagen in den Farben Weiss Hellblau und Dunkelblau ausgefullt Zwischen dem unteren Korperende und dem Ansatz der Schwanzfedern befindet sich ein leicht abgeflachtes ovales Medaillon Es ist mit blauem und grunem halbdurchsichtigem Cloisonne verziert Zusatzlich zu den fur Adlerdarstellungen bei Fibeln typischen Attributen tragt der Adler ein sogenanntes Pfauenkronchen aus drei dunkelblauen perlformigen Glaseinlagen Um die Adler Pfauendarstellung herum befindet sich ein offener dreistrangiger kreisformiger Kranz von Perldrahtranken den Mechthild Schulze Dorrlamm als stilisiertes Pfauenrad deutet Diese weisen auf der linken und rechten Seite jeweils vier bluten oder pfauenaugenahnliche Emaileinsatze auf Links und rechts oben seitlich von Schnabel und Hinterkopf endet der Perldrahtrankenkranz mit abgerundeten Ecken Zwei der drei dunkelblauen Glaseinlagen links und in der Mitte in dem Pfauenkronchen sind neueren Datums und wurden nach dem Auffinden erganzt Alle anderen Bestandteile der Fibel blieben im Original erhalten 3 Die beidseitige Nadelrast auf der Ruckseite liegt in Hohe der Flugelansatze und besteht aus gewellten Goldblechstreifen Die Nadel selbst ist verlorengegangen Ein kleineres Loch mitten auf der Fibelruckseite weist auf Zirkelschlag bei der Fertigung hin Den Goldschmiedearbeiten wird generell ein hohes Niveau zugesprochen 4 Allerdings fielen bei einer genaueren modernen Untersuchung einige Nachlassigkeiten bei der Anfertigung auf So sind einige der Emaileinlagen nicht sauber gearbeitet oder eingepasst Die sie umgebenden Zargenfassungen passen nicht immer prazise an die Emaileinlagen Goldstege sind gestuckelt und uberlappend gefertigt statt passgenau und aus einem Stuck gearbeitet worden zu sein Die Emaileinlagen sind manchmal zu hoch nicht genug abgeschliffen manchmal zu niedrig zu wenig aufgefullt Insbesondere die Punzierungen des aus dunnem Goldblech gefertigten Leibes des Adlers sind nachlassig gearbeitet teils mit falschen Punzschlagansatzen Trotzdem wird der Adler Pfauenfibel von Fachkreisen bescheinigt dass sie ein einzigartiges und prachtvolles Beispiel mittelalterlicher Handwerkskunst ist das die Goldschmiedekunst und die Emailarbeit seiner Zeit hervorragend und beeindruckend vereint 3 Entstehungszeit und ort BearbeitenKurz nach der Entdeckung der Fibel wurde sie in den ersten meist kurzeren Publikationen von Friedrich Schneider Wilhelm Velke und Franz Bock einhellig in das 11 Jahrhundert datiert Otto von Falke datierte 1913 in seinem umfangreichen und reich bebilderten Werk Der Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela den Schatz der Kaiserin Gisela dem er auch die Adler Pfauenfibel zuwies auf die Zeit um 1025 Seiner Ansicht nach gehorte das Schmuckstuck mit den anderen Stucken zum in Mainz angefertigten Kronungsschmuck fur die Gemahlin Konrads des II Gisela von Schwaben Ab den 1950er Jahren wurde Falkes Einschatzung des historischen Hintergrunds der Schmuckstucke allerdings kritisch hinterfragt nicht aber die ungefahre zeitliche Einordnung Auch Mechthild Schulze Dorrlamm nimmt als Entstehungszeit aufgrund stilistischer Merkmale und Ubereinstimmungen mit anderen Schmuckstucken unter anderem auch dem Kronungsbugel der Reichskrone der unter Konrad II entstand ungefahr das zweite Quartal des 11 Jahrhunderts an 5 Andere Datierungsansatze gehen von einer Entstehung in spatkarolingischer 6 oder ottonischer 7 8 Zeit aus Auch die neuesten Untersuchungen zur Grossen Adler Pfauenfibel ab den 2010er Jahren ergaben keine eindeutige Zeitstellung Man vermutet nun entweder eine deutlich fruhere als allgemein angenommene Entstehungszeit in der 2 Halfte des 9 Jahrhunderts und somit in spatkarolingischer Zeit oder einen spateren von 975 bis 1025 reichenden Entstehungszeitraum 9 Uber einen generellen oder graduell vorhandenen byzantinischen Einfluss auf die kunstlerische Gestaltung wird ebenso noch in der Fachwelt diskutiert wie uber die Frage des Entstehungsortes In den beiden verwendeten Goldlegierungen wurde Palladium nachgewiesen ein typisches Merkmal von Gold aus byzantinischer Herstellung Eine Werkstatt im byzantinischen Reich kommt damit allerdings ebenso in Frage wie ein anderer Entstehungsort Aufgrund stilistischer Details und Ahnlichkeiten zu anderen bekannten Schmuckstucken sieht Schulze Dorrlamm die Herkunft der Adler Pfauenfibel entweder in Oberitalien oder im byzantinischen Reich 10 Zu der genannten Entstehungszeit gab es allerdings auch vor allem am Rhein in Koln und in Mainz qualitativ hochwertig arbeitende Werkstatten die Gold byzantinischer Herkunft verwendet haben konnten Auch andere Entstehungsorte wie beispielsweise die Werkstatten in ottonischer Zeit welche die Stucke des Essener Domschatzes anfertigten kommen in Frage Symbolik der Vogeldarstellung BearbeitenMechthild Schulze Dorrlamm weist in ihrem Werk von 1991 auf eine mogliche religiose Symbolik dieses Mischwesens hin Der Pfau steht in der christlichen Symbolik fur das Ewige Leben wahrend der Adler mit gespreizten Flugeln hier im Begriff des Hinauffliegens auf die Auferstehung im Allgemeinen und die Himmelfahrt Christi hinweisen 11 12 Auch entspricht die Figur des Adlers in dargestellter Form und ohne die Pfauenattribute einer fast unveranderten Form der ab der staufischen Zeit erstmals konkreter werdenden Figur des Reichsadlers 11 Schmuck von Kaiserinnen BearbeitenWilhelm von Bode der den grossten Teil des mittlerweile in Privatbesitz befindlichen Schatzes der Kaiserin Gisela fur das neugeplante Deutsche Museum in Berlin ankaufen wollte stellte zuerst und ohne wissenschaftliche Grundlage die Behauptung auf dass es aufgrund der hohen Qualitat des Schmuckstucks nur kaiserlicher Schmuck gewesen sein konnte Otto von Falke ubernahm diese Interpretation in seinem 1913 erschienenen Werk Der Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela und wies damit auch den Schatzfund direkt der Kaiserin Gisela zu Mechthild Schulze Dorrlamm versuchte noch 1991 die auf Gisela folgende Kaiserin Agnes von Poitou als Besitzerin des Schmucks auszuweisen Ob die Grosse Adler Pfauenfibel zum Fundus von kaiserlichem Kronungs Schmuck gehorte kann letztlich nicht wissenschaftlich bewiesen werden Sicher ist jedoch dass sie einer Personlichkeit der damals herrschenden Elite gehorte und alleine schon von der Symbolik her eine ausserordentliche prasentative Bedeutung hatte 3 Literatur BearbeitenOtto von Falke Der Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela Herausgegeben im Auftrage des Deutschen Vereins fur Kunstwissenschaft Verlag fur Kunstwissenschaft Berlin 1913 Mechthild Schulze Dorrlamm Der Mainzer Schatz der Kaiserin Agnes aus dem mittleren 11 Jahrhundert Monographien des RGZM Band 24 Thorbecke Verlag 1991 ISBN 978 3 7995 4137 4 Antje Krug Der sogenannte Mainzer Goldschmuck der Kaiserin Gisela 1 Fundgeschichte und Erwerb In Jahrbuch der Berliner Museen Neue Folge Band 41 1999 S 7 24 Theo Julich Lothar Lambacher Kristine Siebert Der Mainzer Goldschmuck Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit Schnell amp Steiner 2017 ISBN 978 3 7954 3286 7 Weblinks BearbeitenAdler Pfauenfibel im Landesmuseum Mainz mit altem Kenntnisstand von 1991 Die Kaiser und die Saulen ihrer Macht Online Ausstellung des Landesmuseums Mainz Sektion 2 Digitale Kurzfuhrung Dr Birgit Heide prasentiert die AdlerfibelEinzelnachweise Bearbeiten a b zitiert nach Birgit Heide Grosse Adler Pfauenfibel In Der Mainzer Goldschmuck Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit S 121 Mechthild Schulze Dorrlamm Der Mainzer Schatz der Kaiserin Agnes aus dem mittleren 11 Jahrhundert S 51 a b c Birgit Heide Grosse Adler Pfauenfibel In Der Mainzer Goldschmuck Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit S 135 Birgit Heide Grosse Adler Pfauenfibel In Der Mainzer Goldschmuck Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit S 131 Mechthild Schulze Dorrlamm Der Mainzer Schatz der Kaiserin Agnes aus dem mittleren 11 Jahrhundert S 54 Peter Lasko Ars Sacra 800 1200 1972 S 57 f Hermann Fillitz Studien zur romischen Reichskrone In Jahrbuch Kunsthistorische Studien Wien Band 50 1953 S 23 f Hansmartin Decker Hauff Die Reichskrone angefertigt fur Kaiser Otto I In P E Schramm Herrschaftszeichen und Staatssymbolik 2 1955 S 574 ff Birgit Heide Grosse Adler Pfauenfibel In Der Mainzer Goldschmuck Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit S 131 Mechthild Schulze Dorrlamm Der Mainzer Schatz der Kaiserin Agnes aus dem mittleren 11 Jahrhundert S 62 a b Mechthild Schulze Dorrlamm Der Mainzer Schatz der Kaiserin Agnes aus dem mittleren 11 Jahrhundert S 54 Claudia Theune Vogelfibel In Sebastian Brather Wilhelm Heizmann Steffen Patzold Hrsg Germanische Altertumskunde Online De Gruyter Berlin New York 2010 Abgerufen via Wikipedia Library am 10 September 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grosse Adler Pfauenfibel Mainz amp oldid 235265851