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Die Grimm Hoffmann Affare war ein durch Robert Grimm und Arthur Hoffmann verursachter Skandal welcher die Neutralitat der Schweiz wahrend des Ersten Weltkriegs in Frage stellte Der sozialdemokratische Politiker Robert Grimm reiste nach Russland um einen Separatfrieden zwischen Russland und Deutschland im Interesse des Sozialismus auszuhandeln Er wurde dabei vom damaligen Schweizer Bundesrat und Aussenminister Arthur Hoffmann unterstutzt Als Vorwand fur diese Reise erklarte er er wolle russischen Emigranten bei ihrer Ruckkehr nach Russland helfen was aber nur einen kleinen Teil der eigentlichen Mission darstellte Die Telegrammkommunikation zwischen Grimm und Hoffmann wurde abgefangen und veroffentlicht wodurch die Alliierten Machte uber die Verhandlungen erfuhren Beide Politiker mussten darauf von ihren beruflichen Tatigkeiten zurucktreten Robert Grimm ca 1915 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Grimms Russlandreise 3 Telegrammaustausch 4 Nachwirkungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHintergrund Bearbeiten1917 dauerte der Erste Weltkrieg immer noch an Deutsche Truppen kampften im Westen gegen die Machte Frankreich und Grossbritannien und im Osten zusammen mit Truppen der Donaumonarchie gegen Russland und Rumanien Diese Allianzen der Entente wollten den Krieg so lange wie moglich an beiden Fronten aufrechterhalten damit die deutschen Truppen an zwei Fronten gleichzeitig beschaftigt und dadurch geschwacht waren Die Schweiz erhielt im Ersten Weltkrieg ihre Neutralitat aufrecht und war nicht direkt als Kriegspartei darin involviert In der Februarrevolution am 8 Marz 1917 wurde der russische Zar Nikolaus II gesturzt Lenin damaliger Fuhrer der bolschewistischen Partei Russlands welcher damals noch im Zurcher Exil lebte wollte so schnell wie moglich nach Russland reisen um diese revolutionare Situation auszunutzen Er war gewillt Friedensverhandlungen mit Deutschland aufzunehmen um seine bolschewistische Partei zu starken 1 Grimms Russlandreise BearbeitenAls die Nachricht des Revolutionsausbruchs in Russland Grimm erreichte war er daruber genauso uberrascht wie Lenin da es der marxistischen Theorie widersprach dass in einem derart nach marxistischer Theorie ruckstandigen Land eine burgerliche Revolution ausbrechen konnte zudem auch noch plotzlich und ohne grosse Organisations und Planungszeit Lenin selbst begann zusammen mit den anderen russischen Sozialisten an eine Ruckkehr nach Russland zu denken Das Zentralkomitee zur Heimkehr der in der Schweiz lebenden politischen Fluchtlinge von Russland wurde darauf gegrundet Grimm wurde jedoch schnell von der Planung der Ruckreise Lenins entfernt und durch Fritz Platten ersetzt da Lenin ihm nicht vertraute 2 Die Gruppe entschied sich dafur durch Deutschland zu reisen da die Reise durch Frankreich als zu gefahrlich eingeschatzt wurde Robert Grimm wurde angefragt um mit der Schweizer Regierung eine Durchfuhrbarkeit der Reise auszuhandeln Grimm suchte dafur Bundesrat und Aussenminister Arthur Hoffmann auf Dieser war sich der moglichen Verletzung der schweizerischen Neutralitat durch offizielle Verhandlungen zwischen russischen Emigranten und der schweizerischen Regierung zwar bewusst ihm war aber auch klar dass es positiv fur die Schweiz ware diese Emigranten in ihr eigenes Land zuruckzubringen Auch die Deutschen waren gerne bereit die Revolutionare zuruck in ihr Land zu lassen da sie das dort vorherrschende Chaos erhohen wurden Nach der Erlaubnis der Deutschen und Schweizer Regierungen brachen sie auf 3 Wahrend viele der russischen Emigranten auf eine Einreisebewilligung vom Sowjet von Petrograd warteten reiste Grimm nach Stockholm Der Grund dafur war dass sich dafur entschieden wurde das Bureau der Zimmerwalder Bewegung dahin zu verlegen da sie sich dort als bessere Basis fur revolutionare Aktionen eignen wurde Grimm wandte sich fur eine Reiseerlaubnis erneut an Hoffmann welcher ihm auch hierbei half Auch der Freiherr von Romberg der deutsche Botschafter in der Schweiz der Grimm schon vorher geholfen hatte eine Reiseerlaubnis fur die russischen Emigranten zu erhalten legte auch hier ein gutes Wort fur ihn ein Romberg erklarte der Zweck von Grimms Reise sei den Emigranten beim Erhalt der Bewilligung zur Uberquerung der russischen Grenze zu helfen Ebenfalls bestunde eine Moglichkeit fur einen Separatfrieden und diese musse schnell ausgenutzt werden Bereits am nachsten Tag erhielt Grimm seine Bewilligung 4 Vor seiner Abreise informierte Grimm den SP Parteiprasidenten Emil Kloti und nannte ihm die Hilfe zum Erhalt der Einreisebewilligung fur die russischen Emigranten als Hauptgrund fur seine Reise Ebenfalls informierte er die russische Gesandtschaft in Bern 5 In Wirklichkeit ging es ihm weniger darum die Emigranten zuruckzubringen sondern vielmehr im Sinne des Friedensprogrammes wie es von der Zimmerwalder Konferenz 1915 und 1916 beschlossen worden war zu erforschen welche Moglichkeiten einer schnellen Beendigung des Krieges sich aus der Revolution in Russland ergeben konnten 6 Grimm blieb nach seiner Ankunft in Stockholm lange erfolglos bei seinen eigenen Versuchen eine Einreiseerlaubnis nach Petrograd zu erhalten Als aber die verbliebenen russischen Emigranten aus der Schweiz nach Stockholm kamen und schnell ihre Reise nach Russland fortsetzten begleitete er sie Wahrend dieser Reise erreichte sie die Nachricht uber eine Umbildung der provisorischen Regierung in Russland Die sozialdemokratischen Minister der neuen Koalitionsregierung wurden ersucht die Ablehnung von Grimms Einreisegesuch zu widerrufen Damit war es den Zimmerwaldern am 22 Mai 1917 moglich einen siegreichen Einzug in Petrograd zu vollziehen In Russland setzte sich Grimm sofort fur einen Friedensschluss ein und nahm dazu Verbindung mit den Sozialisten auf Er hielt auch viele Ansprachen auf Versammlungen Grimm furchtete eine Gegenrevolution und war uberzeugt der sicherste Weg zur Pravention einer solchen sei ein Friedensschluss 7 Telegrammaustausch Bearbeiten nbsp Arthur HoffmannIn Russland angekommen versuchte Grimm erste Verhandlungen fur einen Separatfrieden zwischen Russland und Deutschland aufzunehmen um die von ihm befurchtete Gegenrevolution zu verhindern Er wollte einen Frieden ohne Annexionen oder Reparationen aushandeln Am 20 Mai 1917 sandte Grimm ein Telegramm von Petrograd in die Schweiz an den Aussenminister Hoffmann Im Telegramm stand unter anderem Friedensbedurfnis ist allgemein vorhanden Ein Friedensschluss ist in politischer wirtschaftlicher und militarischer Hinsicht zwingende Notwendigkeit Diese Erkenntnis ist an massgebender Stelle vorhanden Hemmungen bereitet Frankreich Hindernisse England Die Verhandlungen schweben gegenwartig und die Aussichten sind gunstig In den nachsten Tagen ist neuer verstarkter Druck zu erwarten Die einzig mogliche und gefahrlichste Storung aller Verhandlungen konnte nur durch eine deutsche Offensive im Osten erfolgen Unterbleibt diese Storung so wird eine Liquidation in relativ kurzer Zeit moglich sein Eine vom Arbeiterrat einberufene internationale Konferenz ist ein Teil der Friedenspolitik der neuen Regierung Das Zustandekommen dieser Konferenz gilt als sicher sofern die Regierungen keine Passschwierigkeiten machen Alle Lander haben ihre Beteiligung zugesagt Unterrichten Sie mich wenn moglich uber die Ihnen bekannten Kriegsziele der Regierungen da die Verhandlungen dadurch erleichtert wurden Ich halte mich noch zirka 10 Tage in Petrograd auf 8 Am 3 Juni antwortete Hoffmann auf Grimms Telegramm in dem Grimm um die Kriegsziele Deutschlands fragte Im Telegramm berichtet Hoffmann an Grimm von Deutschland werde keine Offensive unternommen werden solange mit Russland eine Einigung bezuglich eines Separatfriedens hergestellt werden konne Deutschland und seine Verbundeten seien sofort bereit mit Russland in Friedensverhandlungen zu treten und Deutschland wolle keine Gebietserweiterungen zum Zwecke der Vergrosserung des Reiches 9 Die chiffrierten Telegramme wurden knappe zwei Wochen spater am 3 Juni 1917 von der schwedischen Zeitung Socialdemokraten veroffentlicht Grimm wurde daraufhin aufgefordert Russland unverzuglich zu verlassen Hoffmanns Vorgehen wurde von den alliierten Machten als Begunstigung der gegnerischen Kriegspartei wahrgenommen und ihm wurde vor allem seitens der britischen Regierung Neutralitatsbruch vorgeworfen 10 Auch innenpolitisch herrschte Entsetzen uber Hoffmanns Verhalten Die Schweiz hatte sich in zwei Lager gespalten Die frankophone Schweiz war emport uber die Haltung der deutschsprachigen Schweiz Sie fanden es nicht gut dass ein deutschschweizerischer Bundesrat es wagte Verhandlungen in einem internationalen Konflikt auf Seiten der Zentralmachte aufzunehmen 11 Hoffmann erstrebte nach eigener Darstellung den Separatfrieden da er diesen als ersten Schritt zum Gesamtfrieden ansah Die Schweiz litt wirtschaftlich unter den Kriegsfolgen und Hoffmann habe schnellstmoglich den allgemeinen Frieden gewollt damit eine Erholung eintreten konnte 12 Paul Stauffer der die Affare vertiefter untersucht hat billigt Hoffmann zu Schweizer Interessen im Auge gehabt zu haben Aber Dass es sich um eine lt Pax Germanica gt eine europaische Ordnung im Zeichen deutscher Suprematie nicht aber erdruckender Ubermacht handeln sollte war eine Konstante seiner politischen Vorstellungswelt die Stauffer als germanozentrisch einstuft 13 Nachwirkungen BearbeitenDie alliierten Regierungen welche die Neuigkeiten aus Stockholm sogleich aufgriffen verurteilten Grimms Taten als eine einseitige Begunstigung der gegnerischen Kriegspartei Auch wurde Arthur Hoffmann als schweizerischer Aussenminister des Neutralitatsbruchs beschuldigt 14 Die Affare hatte fur die beiden Schweizer Politiker schwere Folgen Arthur Hoffmann musste seine politische Karriere am 19 Juni 1917 beenden Robert Grimm verlor seine Glaubwurdigkeit bei den schweizerischen Sozialisten und seine hohe Stellung bei der Zimmerwalder Bewegung Literatur BearbeitenPaul Widmer Bundesrat Arthur Hoffmann Aufstieg und Fall NZZ Libro Zurich 2017 ISBN 978 3 03810 253 3 Paul Stauffer Die Affare Hoffmann Grimm In Schweizer Monatshefte Band 53 Nr 1 SMH Verlag Zurich April 1973 S 1 30 Sonderbeilage e periodica ch Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Francke Bern Stuttgart 1989 ISBN 3 317 01668 X Christian Voigt Robert Grimm Kampfer Arbeiterfuhrer Parlamentarier Eine politische Biographie Zytglogge Bern 1980 ISBN 3 7296 0117 2 Catherine Guanzini Grimm Hoffmann Affare In Historisches Lexikon der Schweiz 2007 Weblinks BearbeitenSimon Thonen Gescheiterte Weltrevolutionar wie der Robert Grimm uber Geheimdiplomatie stolperte In Aargauer Zeitung 9 April 2017 Grimm Hoffmann Affare Wie der machtigste Bundesrat sturzte In Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen 22 Oktober 2022 Audio 33 Min Einzelnachweise Bearbeiten Gescheiterte Weltrevolutionar wie der Robert Grimm uber Geheimdiplomatie stolperte In az Aargauer Zeitung 9 April 2017 aargauerzeitung ch abgerufen am 7 Mai 2017 Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Bern 1989 S 143 Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Bern 1989 S 144 Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Bern 1989 S 146 147 Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Bern 1989 S 148 Paul Stauffer Die Affare Hoffmann Grimm Hrsg Schweizer Monatshefte Zeitschrift fur Politik Wirtschaft und Kultur 1973 S 1 Adolf McCarthy Robert Grimm Der schweizerische Revolutionar Bern 1989 S 149 ff E Odier Diplomatische Dokumente der Schweiz 1848 1975 Die Affare Hoffmann Grimm Telegramm Petrograd vom 26 27 Mai 1917 Paul Stauffer Die Affare Hoffmann Grimm Hrsg Schweizer Monatshefte Zeitschrift fur Politik Wirtschaft und Kultur 1973 S 13 Paul Stauffer Die Affare Hoffmann Grimm Hrsg Schweizer Monatshefte Zeitschrift fur Politik Wirtschaft und Kultur 1973 S 2 Adolf McCarthy Robert Grimm Der Schweizer Revolutionar Bern 1998 S 165 Paul Stauffer Die Affare Hoffmann Grimm Hrsg Schweizer Monatshefte Zeitschrift fur Politik Wirtschaft und Kultur 1973 S 20 NZZ Artikel von Paul Stauffer Catherine Guanzini Grimm Hoffmann Affare In Historisches Lexikon der Schweiz 17 Juli 2007 abgerufen am 7 Mai 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grimm Hoffmann Affare amp oldid 227706525