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Die Galeriegraber in Niedersachsen heben sich in ihrem Erscheinungsbild deutlich von den typgleichen Megalithanlagen Hessens und Westfalens ab Sie werden wegen der Ubereinstimmung in Bauweise und Grundriss mit den Allee couvertes in Frankreich als Galeriegraber und wegen ihres Hauptverbreitungsgebietes auch als westfalisch hessische Steinkisten bezeichnet In Niedersachsen sind lediglich sechs mehr ober minder beschadigte Galerien nachgewiesen Bredelem Evessen Heyersum Rohden Seinstedt und Sorsum Legt man die Arbeit von Waldtraut Schrickel 1920 2009 zugrunde so sind in Deutschland etwas mehr als 40 Galerien bekannt Unberucksichtigt sind die nicht in den Boden eingetieften mitteldeutschen Kammern die in Niedersachsen mit der Anlage von Liebenburg vertreten sind Galerien finden sich in Deutschland in einer breiten Zone vom Mittelrhein bis Mitteldeutschland wobei Niedersachsen die nordliche periphere Lage einnimmt Schema einer Galerie am Beispiel Pierre aux FeesInhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Funde 3 Datierung 4 Forschungsstand 4 1 Bredelem 4 2 Evessen 4 3 Heyersum 4 4 Rohden 4 5 Seinstedt 4 6 Sorsum 5 Siehe auch 6 LiteraturBeschreibung BearbeitenBei den Galerien handelt es sich um Bauten fur neolithische Kollektivbestattungen Bis auf die Anlage von Sorsum sind die niedersachsischen Galerien aus plattigem in der Nahe gebrochen Steinmaterial erbaut Es lassen sich drei charakteristische Merkmale anfuhren In einigen Fallen sowie bei regionalen Gruppen sind jedoch Abweichungen zu beobachten der stets rechteckige Grundriss die Eintiefung in den Untergrund das Baumaterial plattige Steine Einige Anlagen sind teilweise in Trockenmauerwerk ausgefuhrt Die Kammern erreichen oft betrachtliche Langen in Westfalen zuweilen 30 m Bei einem Grossteil lasst sich kein Zugang nachweisen Ist er vorhanden befindet er sich gewohnlich an einer der Schmalseiten der Kammer axialer Zugang In vier Fallen ist ein Zugang an der Langsseite der Kammer lateraler Zugang nachgewiesen davon besitzen zwei Anlagen einen kurzen steingefassten Gang ahnlich dem von Ganggrabern der Trichterbecherkultur TBK Der Zugang kann durch eine Rollsteinpackung oder durch einen ein oder zweiteiligen Turstein verschlossen sein der ein Seelenloch besitzt Bei einigen Galerien mit axialem Zugang vornehmlich in Hessen kommt eine Unterteilung der Kammer in einen kleinen offenen Vorraum an einer der Schmalseiten und den grosseren Hauptraum vor Viele Kammern besitzen ein Bodenpflaster das oft sorgfaltig aus kleineren plattigen Steinen oder Rollsteinen gelegt wurde Die Abdeckung der Kammern ist in wenigen Fallen uberliefert Wo Befunde vorliegen waren die Galerien mit grossen plattigen Decksteinen abgedeckt Dies wird man auf die uberwiegende Zahl der Galerien ubertragen durfen Eine Holzbalkendecke zeigt der Befund aus Sorsum bei dem an der in den anstehenden Fels eingetieften Kammer Widerlager fur eine Balkendecke nachgewiesen wurden Uber den Uberbau von Galerien sind wir nicht unterrichtet Man wird aber davon ausgehen konnen dass die Mehrzahl von einem flachen in der Regel langlichen Hugel bedeckt war Reste von Erdhugeln sind in einigen Fallen erhalten geblieben oder in alten Grabungsberichten uberliefert wenige Male wird auch von Steinpackungen uber der Kammer berichtet Die Anlagen besitzen keine einheitliche Orientierung ihrer Langsachse Es uberwiegt aber die Ost West Orientierung mit Abweichungen nur selten gibt es eine Nord Sud Ausrichtung Funde BearbeitenDie Inventare der Galerien sind im Vergleich mit den Megalithanlagen eher durftig bzw luckenhaft uberliefert Auffallig ist die relativ hohe Anzahl der Bestatteten Es kommen 250 Skelette in einer Kammer vor Die Beisetzung erfolgte soweit erkennbar in gestreckter Lage seltener als Hocker Haufig liegen die Skelette wirr ubereinander Zuweilen wird eine Unterteilung der Kammer durch querliegende Steine in Quartiere oder unterschiedliche Bodenpflaster beobachtet auf die die Lagerung der Skelette Rucksicht nahm Gelegentlich wurden die Schadel an besonderer Stelle gelagert In einigen Galerien fanden sich Feuerspuren und Reste verbrannter oder angebrannter Knochen Aus einer Anlage in Hessen ist eine Brandbestattung bekannt Gegenuber der Anzahl der Bestattungen ist die Anzahl der Beigaben meist gering Neben zerscherbten Gefassen finden sich vor allem kleine Messerklingen und Pfeilspitzen gelegentlich auch Axte Beile aus Feuerstein und Knochenpfeilspitzen In Anlagen ausserhalb Niedersachsens kommen einfacher Kupferschmuck Spiralen Bleche zuweilen auch Bernsteinperlen vor Charakteristisch sind durchlochte Raubtierzahne als Anhanger oder Kettenschmuck und halbe Tierunterkiefer Diese Beigaben haben amulettartigen Charakter Datierung BearbeitenNur ein Teil der Funde lasst sich datieren oder einer bestimmten jungsteinzeitlichen Kultur zuweisen Von einem Viertel der Anlagen sind uberhaupt keine Funde bekannt Viele Befunde lassen den Schluss zu dass es sich in der Regel nicht um eine und nicht immer um kurz aufeinander erfolgte Beisetzungen handelt Vielmehr zeigen die oft erfassten Storungen oder Deckschichten uber den unteren Bestattungen dass man es sogar mit Nachbestattungen zu tun hat die in zeitlichem Abstand zur Errichtung erfolgt sind was durch die Grabbeigaben bestatigt wird In Galeriegrabern im Norden des Verbreitungsgebiets fand sich Tiefstichkeramik der TBK wie sie fur das Flachland typisch ist In einigen Kammern im Osten des Verbreitungsgebiets wurde unter anderem Keramik der mitteldeutschen Walternienburg Bernburger Kultur nachgewiesen In vielen Anlagen Hessens wurde Tonware gefunden die ein weitgehendes Geprage der Wartbergkultur besitzt aber auch Zuge zur Walternienburg Bernburger Kultur aufweist Legt man das von Ulrich Fischer 1915 2005 fur die deutsche Mittelgebirgszone aufgestellte Gliederungsschema der Jungsteinzeit zugrunde so gehoren alle Funde ins Jungneolithikum Davon heben sich Funde ab die der spatneolithischen Schnurkeramik der Kugelamphoren oder der Glockenbecherkultur angehoren Daraus ergibt sich dass der Bau und die ersten Bestattungen im Jungneolithikum erfolgten wahrend noch im Spatneolithikum Nachbestattungen vorkamen Unterschiedlich wird der Beginn der Errichtung der Galeriegraber beurteilt Im Wesentlichen stehen sich die Auffassungen von W Schrickel und U Fischer gegenuber Schrickel parallelisiert den ersten Galeriegrabhorizont mit neolithischen Gruppen des alteren Jungneolithikums der Stufe Cl nach Fischer Dieser Horizont wird unter anderem durch Kragenflaschen und Elemente der Chassey Lagozza Cortaillod Kultur 4600 2400 v Chr in Frankreich gekennzeichnet Von U Fischer 1968 S 13 ff wird mit Recht geltend gemacht dass im alteren Jungneolithikum Kollektivbestattungen weder in Mitteldeutschland noch im Bereich der TBK ublich waren Bei der chronologischen Bewertung der Chasseen Elemente und der Kragenflaschen werden Deutungsmoglichkeiten aufgezeigt die die Errichtung der Megalithgraber im alteren Jungneolithikum wenig wahrscheinlich machen Forschungsstand BearbeitenVon den sechs niedersachsischen Anlagen sind zwei durch moderne Ausgrabungen untersucht worden Bredelem und Sorsum wahrend die restlichen stark beschadigt oder zerstort waren oder wegen unzureichender Untersuchungen luckenhafte Ergebnisse lieferten Evessen Heyersum Rohden Seinstedt Von vier weiteren Orten liegen Beobachtungen vor die auf das Vorhandensein von Galerien an diesen Platzen deuten Algesdorf Deckbergen Watenstedt Welsede doch fehlt dafur der Nachweis Bredelem Bearbeiten Hauptartikel Galeriegrab Bredelem Evessen Bearbeiten In Evessen Landkreis Wolfenbuttel hat die etwa Nordwest Sudost orientierte Steinkammer im Adamshai in einem flachen Hugel von dreissig Meter Lange und neun Meter Breite gelegen Sie wurde Anfang der 1870er Jahre entdeckt und ausgeraumt Die heute ohne Decksteine vorhandene fast rechteckige Kammer ist aus Kalksteinplatten errichtet Die lichten Masse betragen etwa sechs mal zwei Meter Uberliefert ist dass etwa elf Skelette in verschiedenen Richtungen nebeneinander lagen Neben wenigen unbestimmbaren Scherben wurden ein Feuersteinbeil ein Feuersteinmeissel und sechs kleine Feuersteinartefakte gefunden Heyersum Bearbeiten In Heyersum Gemeinde Nordstemmen Landkreis Hildesheim wurden 1927 durch H Gummel Teile einer Kammer ausgegraben Schrickel 1966 S 463 Es konnten nur Reste der Pflasterung auf etwa funf Meter Lange bestehend aus grossen Kalksteinplatten und von der sudostlichen Kammerwand vier senkrecht Steinblocke festgestellt werden Auf dem Bodenpflaster fanden sich Menschenknochen und Tierknochenreste in unregelmassiger Lagerung Als Beigaben fanden sich etwa 60 Scherben darunter solche die der nordwestdeutschen Tiefstichkeramik zuzurechnen sind sowie etwa 30 Feuersteinartefakte darunter zwei Trapeze und drei Klingenbruchstucke In der Nahe fand man ein Felsgesteinbeil das vielleicht zum Grabinventar gehort Rohden Bearbeiten Die Reste der Anlage Rohden Landkreis Hameln Pyrmont wurden 1929 von dem Lehrer Wilhelm Bode ausgegraben Er fand eine Steinpflasterung von 4 5 m gesicherter Lange und 1 9 bis 2 0 m Breite Die Kammer war in den Boden eingesenkt und an den Langsseiten von Steinplatten gefasst Ein Deckstein war noch vorhanden Auf dem Bodenpflaster lagen nach den Angaben die Reste von mindestens 16 Skeletten die in Hockerstellung mit den Handen uber dem Kopf beigesetzt waren An Beigaben fanden sich drei Tongefasse von denen nur noch ein konischer Napf mit Henkelose erhalten ist ausserdem einige Tierknochenreste Die Enden des freigelegten Kammerrests waren zerstort H Schroller fand bei Nachgrabungen an der Langsseite des Kammerrests ein Hockergrab Spater fand P Erdniss ebenfalls ausserhalb der Kammer ein zweihenkliges kleines Gefass Fur drei Orte in der Nachbarschaft wurde das Vorhandensein solcher Anlagen vermutet Welsede Hessisch Oldendorf Landkreis Hameln Pyrmont Algesdorf Rodenberg und Deckbergen Rinteln beide Landkreis Schaumburg In allen Fallen legen Berichte uber das Vorhandensein mehrerer grosser Steinblocke die Annahme nahe doch fehlt ein Nachweis durch Ausgrabungen Seinstedt Bearbeiten Die Anlage von Seinstedt Gemeinde Achim Landkreis Wolfenbuttel wurde 1911 beim Pflugen entdeckt und von L Knoop ausgegraben Von der Ost West orientierten Kammer deren Masse mit vier bis funf Metern Lange und etwa drei Metern Breite angegeben werden war nur ein Teil der Nordwand aus Rogensandsteinplatten auf einer Lange von 2 0 bis 2 5 m erhalten Die Grabkammer war in den anstehenden Ton eingetieft In dieser Vertiefung lagen nach Knoop ohne Beigaben Menschenknochen die von den daruber gefundenen Skelettresten vollstandig abgeschlossen waren Ein Bodenpflaster wird nicht erwahnt Ausserdem wurden funf weitere Bestattungen gefunden Knoop gibt an dass aus den Ablagerungen drei verschiedene Zeiten der Bestattungen festzustellen seien Man hatte bei der Erstellung des Galeriegrabes offenbar keine Kenntnis davon dass man es auf einen bereits verscharrten Menschen setzte der aber auch ein Bauopfer darstellen kann Die ubrigen vier Skelette lagen paarweise westlich und ostlich der Galerie Ausser den Menschenknochen wurden in unmittelbarer Nahe der Stirnwand einige Gefassscherben gefunden Einige gehoren der Walternienburg Bernburger und der Kugelamphorenkultur an Sorsum Bearbeiten Hauptartikel Galeriegrab von SorsumSiehe auch BearbeitenNordische MegalitharchitekturLiteratur BearbeitenReinhard Meier Die jungneolithischen Steinkisten oder Galeriegraber im sudlichen Niedersachsen In Heinz Schirnig Hrsg Grosssteingraber in Niedersachsen Veroffentlichungen der Urgeschichtlichen Sammlungen des Landesmuseums zu Hannover 24 Lax Hildesheim 1979 ISBN 3 7848 1224 4 S 91 110 Waldtraut Schrickel Westeuropaische Elemente im neolithischen Grabbau Mitteldeutschlands und die Galeriegraber Westdeutschlands und ihre Inventare Beitrage zur ur und fruhgeschichtlichen Archaologie des Mittelmeer Kulturraumes Band 4 Habelt Bonn 1966 Waldtraut Schrickel Katalog der mitteldeutschen Graber mit westeuropaischen Elementen und der Galeriegraber Westdeutschlands Beitrage zur ur und fruhgeschichtlichen Archaologie des Mittelmeer Kulturraumes Band 5 Habelt Bonn 1966 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Galeriegraber in Niedersachsen amp oldid 235149514