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Gadara war eine griechisch romische Stadt die zu den Stadten der Dekapolis gehorte Der heutige Ruinenort in Jordanien liegt auf einem Hochplateau nahe der Kleinstadt Umm Qais ostlich des Jordan etwa zehn Kilometer Luftlinie sudostlich des Sudendes des Sees Genezareth der von der Stadt aus sichtbar ist Unweit der ausgedehnten antiken Ruinen fliesst der Jarmuk Gadara in der DekapolisWesttheaterSaulen der oktogonalen Kirche auf der Kirchenterrasse Inhaltsverzeichnis 1 Lage und Name der Stadt 2 Geschichte 3 Bauten 4 Forschungsgeschichte 5 Heutige archaologische Forschungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLage und Name der Stadt BearbeitenDer Name Gadara leitet sich vom semitischen gdr Terrasse Stutzmauer her 1 Obwohl die Siedlungskontinuitat gegen Ende der Abbasidenzeit abbrach und vor Ort keinerlei inschriftliche Belege fur den Namen vorhanden sind lasst sich die antike Stadt aufgrund der Angaben literarischer Quellen und des numismatischen Befundes eindeutig mit den Ruinen nahe dem modernen Umm Qais identifizieren Die Stadt befand sich am ostlichen Rand des Jordangrabens und damit an strategisch gunstiger Position zwischen dem griechisch romisch beeinflussten Bereich der Mittelmeerkuste und der durch die Aramaer und Araber gepragten Wustenlandschaft Entsprechend war sie ein bedeutender Stutzpunkt des Fernhandels und von grosser kultureller Vielfalt gepragt Geschichte BearbeitenNach der Eroberung der Region durch Alexander den Grossen im Jahr 333 v Chr war Gadara im 3 Jahrhundert vermutlich eine ptolemaische Festung bis sie durch den Seleukidenkonig Antiochos III gegen 200 v Chr eingenommen wurde 2 Fortan hiess der Ort Seleukeia Gadara und wurde stark befestigt Der bedeutendste Sohn der Stadt war der Satiriker Menippos Hundert Jahre spater wurde die Siedlung vom Hasmonaer Alexander Jannaus ein weiteres Mal geplundert 3 Pompeius eroberte die Stadt fur das Romische Reich im Jahr 64 v Chr 4 Sie wurde Teil der Dekapolis Zeitweise unterstand Gadara Herodes 5 nach seinem Tod im Jahr 4 v Chr wurde es Teil der romischen Provinz Syria 6 spater der Provinz Arabia Petraea Jesus von Nazaret soll laut dem Evangelium nach Matthaus bei einem Besuch in der Stadt einen Damon ausgetrieben haben Als romische Stadt kam Gadara zu erheblicher Bedeutung Unter Kaiser Hadrian wurde eine uber 170 km lange Fernwasserleitung errichtet das Gadara Aquadukt In der Spatantike wurde die Stadt christlich und blieb wohlhabend bis sie nach der unweit von Gadara geschlagenen Schlacht am Jarmuk im Jahr 636 unter arabischen Einfluss geriet Im 7 und 8 Jahrhundert wurde Gadara von schweren Erdbeben zerstort Aufgrund von Munzfunden wird eine Besiedlung bis in das 13 Jahrhundert angenommen Das neuzeitliche Dorf Umm Qais das sich direkt auf dem Areal der antiken Stadt befand und dessen Wohnbauten uberwiegend aus der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts stammen wurde ab Ende der 1980er Jahre durch die jordanische Regierung zum Antikengelande erklart und die Einwohnerschaft umgesiedelt 7 Die heutige Kleinstadt Umm Qais befindet sich ostlich des antiken Stadtgelandes und des verlassenen neuzeitlichen Dorfes Bauten BearbeitenBekannt ist die Stadt fur zwei Theater Das sogenannte Nordtheater bot Platz fur 6000 Besucher von ihm ist heute wenig Bausubstanz erhalten Das im 2 Jahrhundert gebaute Westtheater liegt in den Westabhang der Akropolis eingebettet Seine Sitzstufen bieten ungefahr 3000 Zuschauern Platz und bestehen wie auch die halbkreisformige Orchestra vollstandig aus Basalt Der Zuschauerraum besteht aus drei Stockwerken die jeweils in keilformige Sitzabteilungen aufgeteilt sind Vom ursprunglichen Buhnengebaude das einst die Sicht auf die umliegende Landschaft verdeckte ist nur wenig erhalten geblieben In der Antike dienten die Theater nicht nur der Auffuhrung von Schauspielen sondern auch der Veranstaltung religioser und politischer Feste Das Westtheater wurde im 8 Jahrhundert durch ein Erdbeben teilweise zerstort Das Datum einer Inschrift unter dem arabischen Herrscher Muʿawiya I zur Erneuerung der Bader im nordlich von Gadara gelegenen Hammat Gader heute el Hammeh aus dem Jahr 663 wird dort auf drei Weisen angegeben in Bezug auf das byzantinische Steuerjahr Indiktion in Bezug auf die lokale stadtische Zeitrechnung und gemass den Arabern Dabei handelt es sich um den ersten Beleg fur die bis heute gultige islamische Zeitrechnung deren Ausgangspunkt 622 sich auf diese Weise berechnen lasst 8 Forschungsgeschichte BearbeitenDer deutsche Arzt und Naturforscher Ulrich Jasper Seetzen besuchte auf seiner Orientreise am 23 Februar 1806 Umm Qais in seiner Reisebeschreibung schilderte er die dortigen Ruinen und setzte sie bereits mit dem antiken Gadara gleich Johann Ludwig Burckhardt der als zweiter Europaer am 5 Mai 1812 die Stadt betrat setzte sie mit Gamala gleich seine Ansicht konnte sich aber nicht durchsetzen 9 Nachdem zahlreiche Gelehrte die Ruinen bereist und zahlreiche heute verlorene Befunde beschrieben hatten begann eine erste wissenschaftliche Erforschung ab 1886 durch Gottlieb Schumacher mit der topographischen Erfassung des Gelandes und einer Bestandsaufnahme der noch sichtbaren Bauten 10 In den folgenden Jahrzehnten fanden vereinzelt Begehungen und kleinere Ausgrabungen in der Stadt Gadara und den umliegenden Siedlungen statt 1972 kaufte die jordanische Antikenabteilung das antike Stadtgelande aus privater Hand und ermoglichte damit umfangreichere Grabungen Diese erfolgten ab 1976 durch das Deutsche Evangelische Institut fur Altertumswissenschaft des Heiligen Landes woraus schliesslich das Gadara Region Project erwuchs Hinzu kommen verschiedene Einzeluntersuchungen anderer Forscher und Teams unter anderem des Liebieghauses und des Deutschen Archaologischen Instituts Eine erste zusammenfassende Darstellung des literarischen inschriftlichen und archaologischen Quellenbefundes stellt die 2002 veroffentlichte Habilitationsschrift von Thomas Maria Weber dar Heutige archaologische Forschungen BearbeitenBei Grabungen seit 1974 im Auftrag des Deutschen Evangelischen Instituts fur Altertumswissenschaft des Heiligen Landes wurde eine ostromische Zentralkirche freigelegt Bald darauf begann eine bis heute andauernde fruchtbare Kooperation zwischen diesem Institut und dem Deutschen Archaologischen Institut bei der Erforschung des antiken Ortes und seines Hinterlandes Kooperationspartner sind auch die Staatlichen Museen zu Berlin die seit 1991 durch den Archaologen Gunther Schauerte vertreten werden 11 Seit 2001 erforscht das Gadara Region Project das Umfeld Gadaras insbesondere die Vorgangersiedlung Gadaras und gleichzeitig deren Nachfolger als regionales Zentrum den uber 5000 Jahre besiedelten Tall Zira a Literatur BearbeitenImmanuel Benzinger Gadara 1 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band VII 1 Stuttgart 1910 Sp 436 f Brita Jansen Die hellenistische Befestigung von Seleukeia Gadara Umm Qays Orient Archaologie Band 42 Verlag Marie Leidorf Rahden 2020 Adolf Hoffmann Susanne Kerner Hrsg Gadara Gerasa und die Dekapolis Zabern Mainz 2002 Antike Welt Sonderheft Zaberns Bildbande zur Archaologie ISBN 3 8053 2687 4 Thomas Maria Weber Gadara Umm Qes Band 1 Gadara Decapolitana Untersuchungen zur Topographie Geschichte Architektur und der Bildenden Kunst einer Polis Hellenis im Ostjordanland Abhandlungen des Deutschen Palastina Vereins Band 30 Harrassowitz Wiesbaden 2002 ISBN 3 447 03981 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gadara Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Suchbegriff Gadara Informationen des Deutschen Archaologischen InstitutsEinzelnachweise Bearbeiten Thomas Maria Weber Gadara Umm Qes Band 1 Gadara Decapolitana Untersuchungen zur Topographie Geschichte Architektur und der Bildenden Kunst einer Polis Hellenis im Ostjordanland Harrassowitz Wiesbaden 2002 ISBN 3 447 03981 7 S 12 Polybios Fragment 16 39 Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae 13 356 Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae 14 75 Flavius Josephus Antiquitates Iudaicae 15 217 Flavius Josephus De bello Iudaico 2 6 2 Zum aufgegebenen alten Dorf von Umm Qais siehe Olga Zenker Claudia Buhrig Umm Qays Jordanien Das Objekt im Blick Untersuchung und experimenteller Nachbau Bauwerkserhaltung im alten Dorf von Umm Qays Jordanien Die Arbeiten des Jahres 2021 In e Forschungsberichte des Deutschen Archaologischen Instituts Ausgabe 2022 1 DOI 10 34780 ha3w 8nbw Inschrift mit den drei Zeitangaben Dazu siehe Karl Heinz Ohlig Zur Entstehung und Fruhgeschichte des Islam In Aus Politik und Zeitgeschichte Nummer 26 27 25 Juni 2007 ISSN 0479 611X S 3 10 hier S 6 f PDF 3 23 MB Thomas Maria Weber Gadara Umm Qes Band 1 Gadara Decapolitana Untersuchungen zur Topographie Geschichte Architektur und der Bildenden Kunst einer Polis Hellenis im Ostjordanland Harrassowitz Wiesbaden 2002 ISBN 3 447 03981 7 S 16 Gottlieb Schumacher Northern ʼAjlun within the Decapolis Alexander P Watt London 1890 Gadara Umm Qais Jordanien Memento vom 1 Juli 2013 im Internet Archive Informationen des Deutschen Archaologischen Instituts Kooperation Teilnehmer 32 654861111111 35 677716666667 Koordinaten 32 39 N 35 41 O Dekapolis Damaskus Dion Gadara Gerasa Hippos Kanatha Pella Philadelphia Raphana Skythopolis Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gadara Umm Qais amp oldid 229213678