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Gunter Malkowski 25 Oktober 1926 in Berlin 4 Juli 1952 in Moskau war ein Student der Deutschen Hochschule fur Politik und Teilnehmer am Widerstand in der fruhen DDR Er wurde in Weimar zum Tode verurteilt und in Moskau hingerichtet Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Leben bis 1945 1 2 In der SBZ 1 3 Student in West Berlin 1 4 Tatigkeit fur die KgU 1 5 Verhaftung und Tod 2 Ahnliche Schicksale 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLeben bis 1945 Bearbeiten Die Eltern Gunter Malkowskis liessen sich scheiden bevor ihr Sohn zur Schule kam Im Alter von elf Jahren schickte ihn seine alleinerziehende berufstatige Mutter auf die Potsdamer Nationalpolitische Erziehungsanstalt ein Internat Von dort im Januar 1944 zur Kriegsmarine eingezogen erlebte Malkowski das Kriegsende in einem Lazarett in Norwegen Im Kriegseinsatz wurde ihm durch die Absurditat der nationalsozialistischen Ideologie der Wert einer gut fundierten und selbst erarbeiteten Weltansicht zur Triebfeder seiner spateren Studienabsichten 1 In der SBZ Bearbeiten Nach Kriegsende trat Malkowski in Leipzig der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands SPD bei 2 Die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED im April 1946 lehnte er ab und blieb in der sowjetischen Besatzungszone SBZ Mitglied der nun in den Untergrund abgetauchten SPD Malkowski begann gefordert von Theodor Litt ein Studium an der Universitat Leipzig Er bewegte sich in Leipzig in Zirkeln oppositionell eingestellter Schuler und Studenten die sich am Leitbild der westlichen Demokratie orientierten Diese Gruppen suchten und erhielten Unterstutzung von Institutionen und Organisationen in den Westsektoren Berlins wie dem Ostburo der SPD dem Rundfunksender RIAS Berlin dem Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen oder der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit KgU 3 Die Aktivitat der Oppositionsgruppen umfasste neben der Beschaffung und Lekture verbotener Literatur das Herstellen Importieren und Verteilen von Flugschriften das Anbringen eigener und die Zerstorung gegnerischer Parolen Untrennbar verbunden mit dem Untergrundkampf fur die Befreiung vom Kommunismus war die Gewinnung und Weitergabe von Informationen nicht nur zur verdeckten Aufrustung zur geheimen Rustungsindustrie zum Uberwachungs und Sicherheitsapparat oder zu Menschenrechtsverletzungen sondern aller Art an die westlichen Unterstutzer 4 Malkowski gewahrleistete fur einen Kreis von mindestens 15 Personen vermutlich zu einem V Mann des franzosischen Geheimdienstes eine derartige Verbindung 5 Student in West Berlin Bearbeiten Fur das Sommersemester 1949 bewarb sich Malkowski erfolgreich um einen Studienplatz an der Freien Universitat Berlin 6 Im Aufnahmegesprach an dem Ernst Tillich ein Dozent an der Deutschen Hochschule fur Politik DHfP und KgU Leiter teilnahm sprach er freimutig von seinem Kontakt zum franzosischen Geheimdienst Tillich will Malkowski in einem spateren Privatgesprach wegen seines unkonspirativen Verhaltens und vor einer Fortsetzung der geheimdienstlichen Tatigkeit gewarnt haben 7 Malkowskis Absicht das Studium 1949 in West Berlin fortzusetzen scheiterte Im Januar 1949 hatte auch in Leipzig ein HO Geschaft eroffnet das entgegen der propagierten gleichmassigen Verteilung der Guter sonst rationierte Waren einer besserverdienenden Kundschaft zu stark uberhohten Preisen anbot Aus Protest hatte Malkowski die Schaufensterscheibe zerstort und war spater festgenommen worden Nach funf Wochen freigelassen konnte er sein Studium weder in Leipzig noch in West Berlin fortsetzen und fluchtete nach Westdeutschland wo er im Ruhrgebiet als Bergmann arbeitete und gewerkschaftlich tatig wurde Malkowski blieb wie zuvor in der DDR SPD Mitglied machte jedoch auf die Fluchtlingsbetreuungsstelle der Partei den Eindruck eines politischen Abenteurers 8 Seit dem Fruhjahrssemester besuchte 1950 Malkowski um sich fur eine Funktion im Deutschen Gewerkschaftsbund zu qualifizieren Lehrveranstaltungen an der DHfP so bei Eugen Fischer Baling und Werner Ziegenfuss der ihm ausgezeichnete wissenschaftliche Begabung attestierte und ihn als eines Stipendiums in besonderem Masse wurdig einschatzte 9 Tatigkeit fur die KgU Bearbeiten Nach der Uberlieferung der KgU registrierte im Januar 1951 ihr Mitarbeiter Hanfried Hieke geb 1929 Gunter Malkowski von dem es hiess er habe zuvor fur Auslander gearbeitet als V Mann unter dem Decknamen Junker 10 Hieke seit August 1950 Sachgebietsleiter Sachsen der KgU kooperierte unter dem Decknamen Fred Walter mit Regimegegnern die konspirativ Informationen beschafften Schon im Fruhjahr 1951 hatte die KgU entdeckt dass Hieke verbotenerweise auch fur den amerikanischen Militarnachrichtendienst MID arbeitete und sich im Mai 1951 von ihm getrennt Hieke hatte zuvor begonnen ungefahr zwei Dutzend V Leute samt der an sie angeschlossenen Gruppen ohne deren Wissen aus der KgU herauszulosen um nur noch fur den MID tatig zu sein Seine Kundigung reichte er im Juli nach 11 Malkowski den Hieke unter Vertrag genommen hatte sammelte weiterhin in Sachsen unter dem Decknamen Junker Nachrichten und ubermittelte Auftrage Bei der KgU war er seit Marz 1951 nicht mehr aufgetreten Verhaftung und Tod Bearbeiten Am 9 September 1951 verhaftete die sowjetische Geheimpolizei Malkowski im Ost Berliner Bezirk Treptow Ob diese und etwa 200 weitere Verhaftungen von KgU Angehorigen in Sachsen uberwiegend auf einen Verrat Hiekes zuruckgingen ist unklar 12 Die Verhaftungswelle die mehr als vierzig Hinrichtungen zur Folge hatte war eine der grossten der sowjetischen Geheimpolizei und des Ministeriums fur Staatssicherheit MfS in der Fruhzeit der DDR 13 Ein Uberlebender berichtete nach seiner Freilassung im Jahre 1956 dass Junker alias Malkowski bis zuletzt geschwiegen hatte und trotz unmenschlicher Haft im Unterschied zu Hieke und anderen niemand belastet oder verraten hatte 14 In einer Verhandlung am 16 April 1952 vor dem Sowjetischen Militartribunal SMT Nr 48240 wurde Malkowski vorgeworfen sich an einer Flugblattaktion der KgU wahrend der Leipziger Fruhjahrsmesse 1951 und der Schleusung des Kuriers der antisowjetischen ukrainischen Organisation OUN durch die DDR beteiligt zu haben 15 Das Gericht in Weimar verurteilte ihn wegen Spionage antisowjetischer Tatigkeit und Propaganda und Mitgliedschaft in einer konterrevolutionaren Organisation zum Tode durch Erschiessen Malkowski wurde im Mai 1952 von Berlin Lichtenberg uber Brest Litowsk in die Sowjetunion transportiert Nachdem der Oberste Sowjet am 26 Juni 1952 Malkowskis Gnadengesuch abgelehnt hatte wurde das Todesurteil am 4 Juli 1952 im Moskauer Butyrka Gefangnis vollstreckt Malkowskis Leiche wurde verbrannt und die Asche anonym auf dem Moskauer Donskoi Friedhof bestattet 16 Im Juli 1960 teilte die sowjetische Botschaft in Bonn der Mutter Malkowskis mit ihr Sohn sei 1952 in sowjetischer Haft verstorben Ahnliche Schicksale Bearbeiten nbsp Volker Bartsch Perspektiven Dasselbe Schicksal wie Malkowski erlitten die neun Berliner Studenten Gunter Beggerow 1928 1952 Fritz Flatow 1930 1952 17 Kurt Helmar Neuhaus 1924 1951 Aegidius Niemz 1929 1952 Friedrich Prautsch 1929 1952 Peter Puschel 1927 1951 Werner Schneider 1922 1951 Wolf Utecht und Karl Heinz Wille 1923 1952 Alle wurden vom SMT Nr 48240 zum Tode verurteilt und zur Hinrichtung in die Sowjetunion deportiert 18 Auf dem Campus der Freien Universitat Berlin erinnert seit 2007 die Bronzeskulptur Perspektiven von Volker Bartsch daran dass zehn der ersten studentischen Mitglieder der Freien Universitat ihr Engagement fur die Freiheit von Lehre und Wissenschaft mit dem Leben bezahlt haben 19 Vergleichbares ereignete sich allerdings auch in anderen Regionen der DDR etwa der Fall des Arno Esch in Mecklenburg Vorpommern Literatur BearbeitenEnrico Heitzer Affare Walter Die vergessene Verhaftungswelle Metropol Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 940938 11 4 S 67 69 Arsenij Roginskij Jorg Rudolph Frank Drauschke Anne Kaminsky Hrsg Erschossen in Moskau Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950 1953 2 Auflage Metropol Verlag Berlin 2006 ISBN 3 938690 14 3 S 256 Jorg Rudolph Frank Drauschke Alexander Sachse Hingerichtet in Moskau Opfer des Stalinismus aus Berlin 1950 1953 2007 Schriftenreihe des Berliner Landesbeauftragten fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Nr 23 Der Berliner Landesbeauftragte fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Ehemaligen DDR Berlin 2007 ISBN 978 3 934085 26 8 S 107 berlin de PDF 3 1 MB Weiteres bei Homepage von Facts amp Files factsandfiles com Jochen Staadt Vergesst sie nicht In Zeitschrift des Forschungsverbundes SED Staat 24 2008 S 60 79 Weblinks BearbeitenChronik der FU Berlin zu ihren in Moskau hingerichteten Studenten Walter Momper Rede im Berliner Abgeordnetenhaus 6 September 2007 Andrea Lueg Vergesst sie nicht Deutschlandfunk 3 Oktober 2005 Bild von Gunter Malkowski Helmut Muller Enbergs Rezension zu Enrico Heitzer Affare Walter Die vergessene Verhaftungswelle Berlin 2008 In H Soz Kult 24 Marz 2009 hsozkult geschichte hu berlin de Gerald Wiemers Gunter Malkowski erschossen in Moskau Abgedruckt erschienen in Freiheit und Recht Halbjahresschrift fur streitbare Demokratie und Widerstand gegen Diktatur Juni 2013 Einzelnachweise Bearbeiten Staadt zitiert aus Malkowskis Studienplatzbewerbung fur die Freie Universitat S 77 Staadt zitiert aus einem Schreiben des SPD Parteivorstandes an die KgU vom 5 September 1950 S 77 Zur Tatigkeit der KgU in den Jahren 1948 1951 unter sachsischen Schulern und Leipziger Studenten siehe Waldemar Kronig und Klaus Dieter Muller Anpassung Widerstand Verfolgung Hochschule und Studenten in der SBZ und DDR 1945 1961 Verlag Wissenschaft und Politik Koln 1994 ISBN 3 8046 8806 3 S 266 268 Zum Problem der Spionage siehe Heitzer S 14 17 mit weiteren Hinweisen Heitzer S 68 Die Informationen zum Studium Malkowskis sind der Kleinen Chronik der FU web fu berlin de entnommen Staadt S 71 aus einem 1956 angelegten KgU Dossier Bericht der Stelle an die KgU vom 13 Mai 1950 zit bei Heitzer S 68 Staadt zitiert aus Prufbescheiden vom 19 Oktober 1950 und 3 Marz 1951 aus der DHfP Akte Malkowskis S 78 Staadt S 71 Dossier dort auch der Zeitpunkt des letzten Auftretens Malkowskis im Marz 1951 Heitzer S 61 zur Herauslosung 67 zur Kundigung auch Gerhard Finn Nichtstun ist Mord Die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit KgU Westkreuz Verlag Bad Munstereifel 2000 ISBN 3 929592 54 1 S 84 Zur Affare Walter siehe Heitzer Literaturliste S 113ff dazu kritisch Staadt besonders S 71 73 Zum eher geringen Anteil des MfS siehe Heitzer S 13 Staadt S 72f mit falschem Verhaftungsdatum September 1956 statt richtig 1951 Arsenij Roginskij Jorg Rudolph Frank Drauschke Anne Kaminsky Hrsg Erschossen in Moskau Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950 1953 2 Auflage Metropol Verlag Berlin 2006 ISBN 3 938690 14 3 S 256 Arsenij Roginskij Jorg Rudolph Frank Drauschke Anne Kaminsky Hrsg Erschossen in Moskau Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950 1953 2 Auflage Metropol Verlag Berlin 2006 ISBN 3 938690 14 3 S 32 ein Artikel uber Flatow von Jochen Staadt findet sich in der Ausgabe 2018 der FU Zeitschrift Fundiert siehe Ein Student fur die Freiheit abgerufen am 30 September 2019 Kurzbiografien bei Roginskij Literaturliste So Dieter Lenzen der Prasident der Freien Universitat Berlin Pressemitteilung der FU Nr 193 2007 vom 6 September 2007Normdaten Person Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 13 August 2022 PersonendatenNAME Malkowski GunterKURZBESCHREIBUNG deutscher Widerstandskampfer gegen die SED DiktaturGEBURTSDATUM 25 Oktober 1926GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 4 Juli 1952STERBEORT Moskau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gunter Malkowski amp oldid 234292308