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Dieser Artikel behandelt die Sagenfigur Fur weitere Bedeutungen siehe Freischutz Begriffsklarung Ein Freischutz bzw Freischutze ist ein Jager der durch magische Praktiken oder sog Freikugeln die Fahigkeit erlangt haben soll jedes Ziel zu treffen Volkserzahlungen von Freischutzen und der Vorwurf ein solcher zu sein finden sich seit dem 15 Jahrhundert in Sagen und Hexenprozessakten Das Freischutz Motiv ist heute v a durch seine kunstlerische Verarbeitung in Carl Maria von Webers und Johann Friedrich Kinds Oper Der Freischutz 1821 bekannt Inhaltsverzeichnis 1 Sagen und Hexenprozesse 2 Kunstlerische Rezeption 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseSagen und Hexenprozesse BearbeitenFreikugeln sind Projektile mit denen ein Schutze jedes Ziel treffen konne das er wolle auch wenn dieses eigentlich zu weit entfernt fur ihn nicht sichtbar oder sogar um die Ecke liegt Das Giessen von Freikugeln wird haufig als Teufelspakt dargestellt wird zu bestimmten Nachten durchgefuhrt Christnacht Johannisnacht Andreasnacht und benotigt besondere Zutaten Menschenblut Tierherzen Blei von Friedhofskreuzen und Kirchenfenstereinfassungen 1 In anderen Uberlieferungen gewinnt der Freischutze seine ubernaturliche Treffsicherheit nicht durch besondere Kugeln sondern durch den frevelhaften Schuss auf ein Kruzifix ein Marienbild oder eine gestohlene Hostie Hostienfrevel Vielleicht alter ist das Motiv des Bogenschusses gegen den Himmel bzw auf Sonne oder Mond Auch das Mitfuhren von bestimmten Gegenstanden etwa dem getrockneten Finger eines neugeborenen Kindes solle den Trager zum Freischutzen machen 2 Die altesten Belege fur das Freischutzenmotiv stammen aus dem 15 Jahrhundert Wahrend der Glaube an Freikugeln nur bis zur Einfuhrung der Feuerwaffen im Spatmittelalter zuruckreichen kann konnte die Vorstellung vom sundhaften Schuss auch alter sein Fruhe Quellen sprechen von Bogenschutzen 3 Die Idee vom frevelhaften Schuss in den Himmel konnte sogar vorchristlich sein die entsprechenden Interpretationen Adalbert Kuhns und der Mythologischen Schule gelten heute allerdings als wissenschaftlich veraltet 4 In Erzahlungen wird die Frevelsage vom Freischutzen oft mit anderen Motiven kombiniert etwa dem Verblendungsmotiv das Ziel war etwas anderes als gedacht oder dem Motiv vom Meisterschuss Der Freischutz nimmt in Erzahlungen immer ein schlechtes Ende und stirbt auf ubernaturliche Art und Weise Nach seinem Tod muss er teilweise als Wiederganger umgehen etwa als Wilder Jager 5 Wahrend der immer treffsichere Schutze in Sagen weitgehend negativ belegt ist kann er in Marchen auch als positive Gestalt erscheinen bspw Der gelernte Jager 6 Der alteste schriftliche Beleg fur den Freischutz Glauben stammt von 1449 und findet sich in Gerichtsakten aus Basel Einem Soldner namens Leckertier wurde vorgeworfen drei Schusse auf ein Jesusbild abgegeben und mit den so gewonnenen Fahigkeiten mehrere Menschen ermordet zu haben Der Angeklagte wurde durch Ertranken hingerichtet 7 Eine weitere fruhe Quelle stellt Johannes Lenz im Jahr 1500 vollendete Reimchronik des Schwabenkrieges dar 8 Ein Jude aus Tiengen hatte sich demnach bei der Verteidigung seiner Stadt 1499 als Schutze hervorgetan Nach ihrem Sieg hingen die eidgenossischen Angreifer ihn zwei Tage lang kopfuber auf bevor sie ihn schliesslich enthaupteten Wahrend in den fruheren Berichten zum Fall noch nicht von Ubernaturlichem die Rede ist wurde bei Lenz im Folgejahr schon eine Freischutz Sage daraus Der Jude sei zurecht hingerichtet worden da er jeden Tag drei treffsichere Schusse habe abgeben konnen 9 Allgemein traf der Freischutz Vorwurf haufig Juden und andere Menschen die aus der christlichen Gemeinschaft ausgegrenzt waren 10 Eine wichtige Rolle fur die Entwicklung des Freischutz Motivs spielt seine Besprechung im Hexenhammer 1487 Hier ist von hexenden Bogenschutzen die Rede die an einem Karfreitag drei oder vier Pfeile auf ein Kruzifix schiessen und danach jeden Tag ebensoviele Menschen mit Pfeilen oder Kugeln treffsicher toten konnen vorausgesetzt sie haben ihr Opfer zuvor mit eigenen Augen gesehen 11 Die Beispielgeschichten die der Hexenhammer anfuhrt wurden vermutlich aus alterer schriftlicher und mundlicher Uberlieferung zusammengetragen Der Hexenhammer kanonisierte den Freischutz Glauben und beeinflusste die spateren Schilderungen in der damonologischen Literatur des 16 Jahrhunderts 12 Kunstlerische Rezeption Bearbeiten nbsp Links der Teufel als schwarzer Jager Samiel rechts der Freischutze Kaspar Kostumentwurf fur die Urauffuhrung der Oper Der Freischutz im Jahr 1821 Otto von Graben zum Stein veroffentlichte 1730 in seinen Unterredungen von dem Reiche der Geister zwischen Andrenio und Pneumatophilo die erste Erzahlung die einen Freischutzen zum Gegenstand hat 13 Die Geschichte basiert auf einem Gerichtsprozess der 1710 in Taus gegen einen Schreiber namens G Schmid gefuhrt wurde 14 15 Der 18 Jahrige wendet sich an einen zauberkundigen Jager mit dem er in der Nacht des Abdonstages 30 Juli auf einer Wegkreuzung 63 Kugeln giesst von denen 60 immer treffen sollen Ihm begegnen dabei verschiedene Erscheinungen und letztlich der Teufel selbst Der Schreiber bricht danach ohnmachtig zusammen wird spater entdeckt und festgenommen Die zunachst verhangte Todesstrafe wird aufgrund seiner Jugend allerdings in sechsjahrige Haft und Zwangsarbeit umgewandelt 16 1810 erschien der erste Band des Gespensterbuchs von August Apel und Friedrich August Schulze er beginnt mit Apels Geschichte Der Freischutz Eine Volkssage Hier wird das Freischutz Motiv mit einer Brautwerbungsgeschichte verbunden 17 Die Erzahlung handelt vom Amtsschreiber Wilhelm der die Forstertochter Kathchen nur heiraten darf wenn er sich durch das Bestehen des traditionellen Probeschusses als wurdig erweist die Forsterei zu ubernehmen Wohl durch Verhexung verlasst ihn seine anfangliche Treffsicherheit allerdings als der Termin naher ruckt Der verzweifelte Wilhelm lasst sich schliesslich dazu verfuhren nachts auf einer Wegkreuzung 63 Freikugeln zu giessen von denen drei allerdings dem Teufel gehoren Dabei erlebt er verschiedene Erscheinungen und begegnet am Ende dem Teufel selbst Bis zum Probeschuss verbraucht er 62 Kugeln die entscheidende letzte lenkt der Teufel wahrend des Probeschusses um und totet Kathchen Wilhelm wird wahnsinnig Otto von Graben zum Steins Geschichte wird innerhalb von Apels Erzahlung auch kurz als Warnung erzahlt 18 Es folgen Freischutzerzahlungen in den Deutschen Sagen 1816 18 der Bruder Grimm Der sichere Schuss Der herumziehende Jager und in E T A Hoffmanns Roman Die Elixiere des Teufels 1815 16 19 Auf Anregung Carl Maria von Webers schrieb Johann Friedrich Kind auf Basis von Apels Geschichte ein Libretto die Oper Der Freischutz mit von Webers Musik wurde am 18 Juni 1821 in Berlin uraufgefuhrt 20 Die Geschichte handelt vom Jagerburschen Max der einen Probeschuss bestehen muss um Agathe heiraten zu konnen die Tochter des Erbforsters Kuno Da ihm allerdings schon eine Weile kein Treffer mehr gelingt lasst er sich von Kaspar einem fruheren Mitbewerber um Agathe und die Forsterei dazu uberreden Freikugeln zu giessen Kaspar geht voraus in die Wolfsschlucht schliesst einen Pakt mit dem Teufel dem schwarzen Jager Samiel und wunscht dass die letzte der zu giessenden Kugeln Agathe toten solle Mit Max zusammen und unter unheimlichen Erscheinungen stellt Kaspar schliesslich sieben Kugeln her von denen Max vier erhalt Beim Probeschuss am nachsten Tag lenkt Samiel die letzte Kugel auf Agathe aber deren weisse Rosen lassen sie abprallen und stattdessen Kaspar toten Max gesteht seine Tat und der Furst will ihn des Landes verweisen ein Eremit kann die Strafe aber auf ein Probejahr herunterhandeln Im ursprunglichen Libretto von 1817 starb Agathe noch und Max wurde wahnsinnig Weber und Kind ubernahmen das gluckliche Ende vermutlich aus Franz Xaver von Caspars 1812 erschienener Tragodie Der Freischutz 21 Die 1868 uraufgefuhrte Polka Freikugeln von Johann Strauss Sohn spielt ebenfalls auf das Freischutz Motiv an Auch Leo Peruz Roman Die dritte Kugel von 1915 arbeitet mit dem Motiv der teuflisch gelenkten Kugeln Der Graf Grumbach der im Exil in den Kampf zwischen Cortes und die Azteken hineingezogen wird kann nach einem Pakt mit dem Teufel eine dringend benotigte Arkebuse stehlen deren voriger Besitzer aber fur ihren Verlust gehenkt werden soll und den Fluch spricht dass ihre drei letzten Kugeln den Konig des Diebes seine Liebste und schliesslich ihn selbst toten sollen Der Fluch scheint sich zu erfullen auch wenn durch die erzahlerische Verschachtelung unklar bleibt was genau mit der dritten Kugel passiert Das 1990 uraufgefuhrte Musiktheaterstuck The Black Rider basiert ebenfalls auf Apels Geschichte Literatur BearbeitenElke Loenertz Der Freischutz ein damonischer Schurke auf Jagd In Ulrich Muller Werner Wunderlich Hrsg Verfuhrer Schurken Magier Mittelalter Mythen Band 3 UVK St Gallen 2001 ISBN 3 908701 07 4 S 263 272 Lutz Rohrich Freischutz In Rolf Wilhelm Brednich Hrsg Enzyklopadie des Marchens Handworterbuch zur historischen und vergleichenden Erzahlforschung Band 5 Walter de Gruyter Berlin und New York 1987 ISBN 3 11 010588 8 Sp 246 252 Otto von Graben zum Stein Unterredungen Von dem Reiche der Geister 1 Worin gehandelt wird I Von den Geistern uberhaupt II Von den geheimen Hauss Geisern III Von den Erscheinungen der Verstorbenen IV Von den Erd und Wasser Geistern V Von den Luft und Feuer Geistern VI Von den Geistern gewisser Landschaften Stadte und Schlosser Zwischen Andrenio und Pneumatophilo Nebst einem Register der vornehmsten Materien Leipzig bey Samuel Benjamin Walther 1731 p 608ff Volltext Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Freischutz Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Rohrich 1987 Sp 246 f Rohrich 1987 Sp 246 Rohrich 1987 Sp 248 Rohrich 1987 Sp 246 248 Rohrich 1987 Sp 247 f Rohrich 1987 Sp 248 Loenertz 2001 S 264 Loenertz 2001 S 264 Friedrich Ranke Ein fruher Beleg fur den Freischutzglauben In Heinz Rupp Eduard Studer Hrsg Kleinere Schriften Francke Verlag Bern und Munchen 1971 S 376 379 Zuerst erschienen in Schweizer Volkskunde 29 1939 S 48 51 Rohrich 1987 Sp 248 vgl auch ebd Sp 249 Loenertz 2001 S 265 Rohrich 1987 Sp 249 Loenertz 2001 S 266 Vom Graben zum Stein Otto Rohrich 1987 Sp 250 Loenertz 2001 S 266 f Loenertz 2001 S 268 Rohrich 1987 Sp 250 Loenertz 2001 S 267 f Rohrich 1987 Sp 250 Loenertz 2001 S 269 f Normdaten Person GND 137754647 lobid OGND AKS VIAF 81897245 Wikipedia Personensuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freischutz amp oldid 239370184