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Als Flottenkonferenzen werden drei grosse internationale Konferenzen der Seemachte in der Zwischenkriegszeit bezeichnet die sich mit Fragen der Seerustung beschaftigten die Konferenz von Washington 1921 22 die Londoner Konferenz 1930 und die Londoner Konferenz 1935 36 Eine weitere ergebnislose Konferenz fand 1927 in Genf statt Die abgeschlossenen Vertrage legten Obergrenzen fur den Schiffsbestand der beteiligten Lander sowie konstruktive Einschrankungen einzelner Schiffstypen fest um ein Wettrusten zu verhindern Die Vertrage verloren mit dem Zweiten Weltkrieg ihre Wirkung Inhaltsverzeichnis 1 Wettrusten 1919 bis 1921 2 Konferenzen von Washington Genf und London 2 1 Washingtoner Flottenkonferenz von 1922 2 2 Genfer Konferenz von 1927 2 3 Londoner Konferenz von 1930 2 4 Londoner Konferenz von 1935 36 3 Zusammenbruch des Systems der Rustungsbegrenzung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseWettrusten 1919 bis 1921 BearbeitenDie Royal Navy hatte wahrend des Ersten Weltkrieges kaum noch umfangreiche Flottenrustungen begonnen man stellte in den meisten Fallen lediglich die Vorkriegsprogramme fertig Nach diesem Krieg drohte ein erneutes Wettrusten Diesmal kam die Bedrohung fur Grossbritannien nicht vom Deutschen Reich dessen moderne Schlachtflotte sich in Scapa Flow selbst versenkt hatte sondern aus Ubersee Sowohl die USA als auch Japan hatten ihre Bestande an Kampfschiffen wesentlich erweitert und waren offenbar gewillt weiter zur Royal Navy aufzuschliessen Schon das US amerikanische Bauprogramm von 1916 mit zehn modernen Schlachtschiffen und sechs Schlachtkreuzern 1 hatte die britische Flotte zumindest qualitativ in den Schatten gestellt und im Jahre 1919 bewilligte der US Kongress die Forderung Woodrow Wilsons nach sechs weiteren Schlachtschiffen In Japan wurde im Juni 1920 das 8 8 Programm bewilligt und es wurden entsprechende Bauauftrage erteilt nach dem zwei Geschwader mit jeweils 8 Grosskampfschiffen in Dienst gehalten werden sollten wobei die Schiffe nach 8 Jahren durch Neubauten zu ersetzen seien Grossbritannien antwortete im Sommer 1921 mit einer Serie von vier neu entwickelten Schlachtkreuzern denen noch einmal vier Schlachtschiffe folgen sollten Es drohte ein neues Wettrusten das ahnlich ruinos zu werden drohte wie das deutsch britische vor 1914 Diesem Wettrusten ware das Britische Empire nach dem Aderlass des Ersten Weltkrieges wohl nicht mehr gewachsen gewesen Konferenzen von Washington Genf und London BearbeitenWashingtoner Flottenkonferenz von 1922 Bearbeiten Hauptartikel Washingtoner Flottenabkommen nbsp Die USS Lexington durfte nach den Vertragsvereinbarungen nicht als Schlachtkreuzer fertiggestellt werden und wurde daher zum Flugzeugtrager umkonstruiert nbsp Der erste Washington Kreuzer die japanische KakoIn dieser Situation sondierte die neu gewahlte Regierung unter US Prasident Harding bei den grossen Seemachten die Moglichkeiten zu einer Marine Abrustungskonferenz Die Regierungen Grossbritanniens Frankreichs und Italiens sagten zu die Regierung Japans erst nach einigem Zogern da sie befurchtete von westlichen Grossmachten ubervorteilt zu werden Den USA gelang es mit Hilfe der Black Chamber die Nachrichten der Teilnehmer hauptsachlich Japans zu entziffern Am 12 November 1921 trat die Konferenz der funf grossen Seemachte zusammen Viele der Vorschlage der USA wurden relativ schnell in den Vertrag ubernommen Wichtige Punkte des am 6 Februar 1922 geschlossenen Vertrages lauteten zehnjahriger Baustopp fur alle Grosskampfschiffe Herstellung eines Verhaltnisses von 5 US 5 GB 3 J 1 75 F 1 75 I ausgehend von der gegenwartigen Zahl in den einzelnen Flotten eine Begrenzung der Hochstzahl an Grosskampfschiffen auf 20 britische 18 US amerikanische 10 japanische 7 franzosische und 6 italienische Begrenzung der einzelnen Flugzeugtrager auf 27 000 ts und acht 20 3 cm Geschutze Begrenzung der einzelnen Schlachtschiffneubauten auf 35 000 ts und ein Kaliber von hochstens 40 6 cm Begrenzung aller anderen Schiffstypen auf hochstens 10 000 ts und 20 3 cm Geschutze Neubauten an Grosskampfschiffen durfen nur dem Ersatz veralteter Einheiten nach fruhestens 20 Jahren dienen Verpflichtung Grossbritanniens und der USA ihre Stutzpunkte im Pazifik nicht auszubauen der Vertrag war gultig bis 1946 oder bis zwei Jahre nach Kundigung eines der Mitglieder 1 englische long ton ts 1 016 metrische Tonne t 1 016 kg Da die Gesamttonnage der Grosskampfschiffflotte ebenfalls begrenzt wurde konnten nicht alle Schiffe den jeweiligen Maximalwert erreichen Die USA und Grossbritannien durften 500 000 ts an Grosskampfschiffen besitzen Japan 300 000 ts und Frankreich und Italien je 175 000 ts Durch die Festlegung auf 35 000 ts pro Schiff wurde dies spater zu den Obergrenzen 525 000 ts bzw 315 000 ts fuhren Gleiches galt fur die Flugzeugtrager fur die die Obergrenzen von 135 000 ts US amp GB 81 000 ts J und 60 000 ts F amp I galten Die qualitativen Grenzen fur die anderen Schiffsklassen fuhrten zur Entwicklung von Kreuzern die unter dem Begriff Washington Kreuzer bekannt wurden Es gab noch gewisse Ausnahmeregelungen die etwa Grossbritannien den sofortigen Neubau zweier Schlachtschiffe Nelson und Rodney gestatteten sowie Frankreich und Italien erlaubten mit dem Ersatz veralteter Schiffe 1927 zu beginnen Die Non Fortification Klausel wurde aufgenommen um Japans Zustimmung zum Ersatz des britisch japanischen Bundnisses durch einen neuen Vier Machte Pakt im Pazifik zu erlangen Durch diesen Pakt garantierten sich die vier Machte USA Grossbritannien Frankreich und Japan ihre Besitzstande in dieser Region Genfer Konferenz von 1927 Bearbeiten Der Washingtoner Flottenvertrag war in der Neuzeit der erste Abrustungsvertrag In den folgenden Jahren zeigte sich aber dass die einzelnen Seemachte dem Geiste der Abrustung mehr oder weniger fernstanden In den kleineren Schiffsklassen bei denen die Gesamttonnage nicht begrenzt war setzte alsbald ein neues Wettrusten ein diesmal bei den Kreuzern Der US Prasident Calvin Coolidge berief daher im Februar 1927 eine neue Flottenrustungskonferenz nach Genf ein Diese war ein ziemlicher Fehlschlag Frankreich und Italien nahmen gar nicht erst teil da sie sich nicht weiter einschranken lassen wollten und Grossbritannien verlangte mit Hinweis auf die weit verzweigten uberseeischen Aufgabengebiete der Royal Navy eine Zahl an Kreuzern die die US Delegation nicht zu akzeptieren gewillt war 2 Die Konferenz loste sich ohne Ergebnis auf Londoner Konferenz von 1930 Bearbeiten Hauptartikel Londoner Flottenvertrag Um das Problem mit dem Rustungswettlauf bei den Kreuzern in den Griff zu bekommen und um Klarheit daruber zu gewinnen wie die Flottenrustung nach Ablauf der in Washington vereinbarten zehnjahrigen Baupause weitergehen sollte traten Delegationen aus Grossbritannien den USA und Japan am 22 Januar 1930 in London zusammen Frankreich und Italien nahmen nur beobachtend teil beide fuhlten sich schon 1922 ungerechterweise zuruckgesetzt Der Vertrag vom 22 April legte fest Verlangerung der Baupause bis 1936 Frankreich und Italien verpflichteten sich nur ihre jeweils zwei seit 1927 zustehenden Ersatzbauten zu beginnen Herstellung des grundlegenden Schlachtschiffverhaltnisses von 15 15 9 Einheiten durch Verschrottung uberzahliger Schiffe Modifizierung des Washington Verhaltnisses fur Kreuzer zugunsten Japans auf 10 US 10 GB 7 J Festlegung einer Obergrenze bei den Kreuzern die nun in zwei Typen unterschieden wurden Typ Grossbritannien USA JapanKaliber uber 15 5 cm Schwerer Kreuzer hochstens 15 Schiffe 146 800 ts hochstens 18 Schiffe 180 000 ts hochstens 12 Schiffe 108 400 tsKaliber unter 15 5 cm Leichter Kreuzer 192 200 ts 143 500 ts 100 450 tsInsgesamt 339 000 ts 323 500 ts 208 850 tsHochstgrenze fur Zerstorerbestand auf 150 000 ts US amp GB bzw 105 000 ts J Qualitative Hochstgrenze fur Zerstorer auf 1 850 ts Flottillenfuhrer bzw 1 500 ts normal und 12 7 cm Geschutze Neubauten bis 600 ts unterlagen keiner quantitativen Beschrankung Begrenzung des U Boot Bestandes auf je 52 700 ts pro Boot hochstens 2 000 ts Festlegung des U Boot Einsatzes im Rahmen der Prisenordnung fur Uberwasserschiffe nbsp US Schlachtschiff USS Florida 1930 in Kiel bevor es aufgrund des Londoner Vertrages abgewrackt werden musste Grossbritannien nach den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges darauf bedacht die U Boot Waffe ganz abzuschaffen konnte sich freuen dass zumindest dieser letzte Punkt von allen funf Seemachten akzeptiert wurde Allerdings brockelte die britische Seeherrschaft immer weiter ab da es nicht gelang Frankreich und Italien auf eine Hochstgrenze fur Kreuzer und kleinere Einheiten festzulegen Stattdessen gingen nun alle Seemachte zum verstarkten Bau von Leichten Kreuzern uber Immerhin sahen sich die drei grossen Seemachte fur weitere sechs Jahre von den finanziellen Belastungen des Grosskampfschiffbaus befreit Japan indes nur widerwillig da es bereits seine expansionistische Politik in Ostasien vorbereitete Nicht zuletzt aufgrund der Weigerung Frankreichs und Italiens zu weiteren Einschrankungen enthielt der Vertrag Klauseln die es ermoglichten die Washington Grenzen im Falle der Aufrustung anderer Staaten zu uberschreiten Londoner Konferenz von 1935 36 Bearbeiten Die nachste Konferenz der grossen Seemachte berief Grossbritannien fur Ende 1935 ein Sie stand von Beginn an unter keinem guten Stern Japan war 1933 aus dem Volkerbund ausgetreten und liess seit 1931 mit der Invasion in der Mandschurei keinen Zweifel an seinen Ambitionen Ende 1934 kundigte Japan die Vertrage von Washington und London fristgerecht zum Jahresende 1936 Zwar schickte Japan noch eine Delegation zur Konferenz diese reiste aber vorzeitig wieder ab als ihre Forderung nach voller Paritat mit den angelsachsischen Seemachten rundweg abgelehnt worden war Hitler hatte am 16 Marz 1935 3 die Wehrhoheit proklamiert und rustete alle drei Teilstreitkrafte auf Mussolini verweigerte eine Teilnahme Italiens aufgrund der Volkerbundsanktionen wegen seines Vorgehens in Abessinien siehe auch Abessinienkrieg Wahrend also mit der dritt und der funftgrossten Seemacht bei der Konferenz nicht mehr zu rechnen war machte sich im Vorfeld der maritime Habenichts Deutschland daran das internationale Flottensystem zu sprengen angesichts der deutschen Rustungen war nicht anzunehmen dass Frankreich sich zu weiteren Vertragsbindungen bereitfinden wurde In dem Bemuhen zumindest auf irgendeine Art ein System der Rustungsbegrenzung aufrechtzuerhalten schloss die britische Regierung am 18 Juni 1935 mit Hitler das Deutsch britische Flottenabkommen das die deutsche Flotte bei Uberwasserschiffen auf 35 der britischen beschrankte 35 entsprachen aber genau dem Anteil Verhaltnis von 1 75 zu 5 der 1922 fur Frankreich und Italien festgelegt worden war Die angestrebte Einbindung Deutschlands in das internationale System von Washington und London scheiterte folglich am Einspruch Frankreichs Die einzigen drei Unterzeichner des Vertrages vereinbarten Reduzierung des Hochstkalibers fur Schlachtschiffe auf 35 6 cm falls Japan und Italien zustimmten Reduzierung der Grenzen fur Flugzeugtrager auf 23 000 ts 15 2 cm Reduzierung der Hochsttonnage fur Leichte Kreuzer auf 8 000 ts Baupause fur Schwere Kreuzer und alle Schiffe die zwischen 8 000 ts und 17 500 ts verdrangten und ein Kaliber uber 20 3 cm besassen bis Ende 1942 Ferner wurden einige weniger wichtige Angleichungen bei den kleinen Schiffen vollzogen Der letzte genannte Punkt war unmittelbar gegen die deutschen Panzerschiffe gerichtet keine andere Marine besass Schiffe mit den genannten Spezifikationen Den Verantwortlichen der deutschen Kriegsmarine konnte dies zwar gleichgultig sein sie hatten ohnehin nicht vor weitere Panzerschiffe dieses Typs zu bauen man fuhlte sich aber in der Ablehnung der internationalen Konferenz bestatigt In einer Reihe von bilateralen Vertragen versuchte Grossbritannien in der Folgezeit auch kleinere Seemachte an das Vertragswerk zu binden so am 17 Juli 1937 mit der Sowjetunion und am selben Tage auch mit Deutschland das die qualitativen Bestimmungen anerkannte Am 16 April 1938 trat dann auch Italien bei Naheres hier Da unklar war was fur eine Baupolitik in Japan praktiziert wurde einigten sich die Unterzeichnerstaaten der Vertrage am 30 Juni 1938 darauf die Hochstgrenze fur Schlachtschiffe auf 45 000 ts und 40 6 cm Geschutze heraufzusetzen Zusammenbruch des Systems der Rustungsbegrenzung BearbeitenAls im Juni 1938 der letzte Flottenvertrag unterzeichnet wurde befand sich das System von Washington bereits in volliger Auflosung Frankreich und Italien im Mittelmeer konkurrierend begannen ein Wettrusten das durch den Aufbau der deutschen Flotte ab 1935 noch verstarkt wurde Alarmiert durch das japanische Vorgehen und die Geheimhaltung der Grosse der neu auf Kiel gelegten japanischen Schiffe begannen schliesslich auch die USA und Grossbritannien neue Serien an Schlachtschiffen und anderen Kampfschiffen in Bau zu geben Das Wettrusten hatte begonnen und begrub ein System das von Anfang an darunter litt dass nirgends ein wirklicher Wille zur Abrustung erkennbar war kaum wurde fur einen Schiffstyp eine Grenze festgelegt oder ein Baustopp vereinbart wurde reihenweise der nachstkleinere gebaut die Uberschreitung der Tonnagegrenzen bei den einzelnen Schiffen galt ohnehin als Kavaliersdelikt Literatur BearbeitenHelmuth K G Ronnefahrt Heinrich Euler Konferenzen und Vertrage Vertrags Ploetz Ein Handbuch geschichtlich bedeutsamer Zusammenkunfte und Vereinbarungen Teil 2 Band 4 Neueste Zeit 1914 1959 2 erweiterte und veranderte Auflage Ploetz Wurzburg u a 1959 S 108f Elmar B Potter Chester W Nimitz Seemacht Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart Deutsche Fassung herausgegeben im Auftrag des Arbeitskreises fur Wehrforschung von Jurgen Rohwer Pawlak Herrsching 1982 ISBN 3 88199 082 8 Siegfried Breyer Die Schweren Kreuzer der Admiral Hipper Klasse Marine Arsenal Bd 16 Podzun Pallas Friedberg H 1991 ISBN 3 7909 0429 5 Siegfried Breyer Die Washington Kreuzer als Schlachtschiff Ersatz Entstehung und Entwicklung der schweren Kreuzer 1922 1939 Band 1 Grossbritannien USA Frankreich Marine Arsenal Bd 18 Podzun Pallas Friedberg H 1992 ISBN 3 7909 0442 2 Siegfried Breyer Die Washington Kreuzer als Schlachtschiff Ersatz Entstehung und Entwicklung der schweren Kreuzer 1922 1939 Band 2 Japan Italien Deutschland Sowjetunion Spanien Argentinien Marine Arsenal Bd 23 Podzun Pallas Friedberg H 1993 ISBN 3 7909 0475 9 Sidney E Dean Rustungsbeschrankung zwischen den Weltkriegen Vor 100 Jahren tagte die Washingtoner Konferenz zur Begrenzung der Marinerustung In ihrem Verlauf wurden drei wichtige Vertrage vereinbart die die politische und militarische Lage im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs pragten marineforum 12 2021 S 34 38 Weblinks BearbeitenWashingtoner Vertrag von 1922 Originaltext englisch Londoner Vertrag von 1930 Originaltext englisch Londoner Vertrag von 1936 PDF englisch Einzelnachweise Bearbeiten Naval Bill of 1916 The Geneva Naval Conference 1927 Proklamation der Reichsregierung an das deutsche Volk bezuglich der Einfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht Vom 16 Marz 1935 Auf documentarchiv de Vgl Deutsches Reichsgesetzblatt Teil I 1867 1945 S 375 bei der Osterreichischen Nationalbibliothek ONB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Flottenkonferenzen amp oldid 234265957