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Karneval und Fasching wurden mit Beginn der Zeit des Nationalsozialismus zunehmend ab 1939 praktisch vollstandig von den Nationalsozialisten vereinnahmt und fur propagandistische Zwecke eingesetzt Veranstalter und Teilnehmer mussten sich an die politischen Verhaltnisse anpassen zum Beispiel war eine Gestaltung von Umzugswagen die eine kritische Haltung dem Regime gegenuber vermittelten kaum moglich Inhaltsverzeichnis 1 Deutschland 1 1 Mainzer Fastnacht 2 Osterreich 2 1 Wien und der Kunstler Faschingsumzug 1939 2 2 Netzwerk 2 3 Gauleiter Burckel als Maria Theresia 2 4 Spatere Karriere der Beteiligten 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDeutschland BearbeitenIm Karneval des Altreiches Deutschland ohne Osterreich gestalteten bekannte Personlichkeiten wie Karl Valentin den Fasching bzw Karnevalsumzug fur die Nationalsozialisten Anfangs misstrauten die Nationalsozialisten dem karnevalistischen Treiben Sie befurchteten dass der Karneval zu Opposition Widerspruch Insubordination Aufstanden und Verschworungen fuhre Ausserdem hatten sie davor Angst lacherlich gemacht zu werden 1 Gleichzeitig versuchten die Nationalsozialisten erfolgreich vor allem uber ihre Organisation Kraft durch Freude KdF den rheinischen Karneval fur ihre Propaganda Zwecke zu vereinnahmen Bereits am 1 Marz 1933 konnte der Westdeutsche Beobachter uber den Kolner Rosenmontagszug freudig berichten Der Zug hatte nichts Improvisiertes Volksfremdes wie das in den Nachkriegsjahren unter den mannigfachen Einflussen liberalistisch marxistischer Stromungen der Fall gewesen war Kein uberladener Schmuck kein verlogener Prunk sondern urwuchsiger Humor volkstumlich in der Darstellung passte er sich ganz naturlich in den Rahmen des Volksfestes ein 2 Der Rheinlander Joseph Goebbels zum Beispiel liess sich nicht ungern beim Fasching in Munchen fotografieren Der Nurnberger Rosenmontagszug 1938 stellte einen am Galgen baumelnden Juden dar Der Karneval wurde gleichzeitig aus Tourismus Grunden beworben um auslandische Gaste zu kodern und dies durchaus erfolgreich Der KdF bot Zugtickets fur die Anreise und selbst Eintrittskarten fur Sitzungen vergunstigt an Kritisches und NS Kult sollten mit dem Karneval nicht in Verbindung gebracht werden Hitlerjugend und BDM beispielsweise durften an den meisten Orten nicht in Uniform an den Festzugen teilnehmen Es wurde von NS Seite zudem ein deutscher Karneval mit volkstumlichem Brauchtum gefordert noch vorhandene christliche Bezuge sollten ganz verschwinden 3 Es gab einige wenige Karnevalisten die dem Nationalsozialismus nicht in die Hande spielen wollten Die bekanntesten waren Hans Jonen und Karl Kupper Bei Sitzungen erwarteten die Nazis den Hitlergruss dies nutzte Karl Kupper fur eine oft zitierte Nummer auf der Karnevalsbuhne Er betrat die Buhne hob den rechten Arm und sagte zur Uberraschung des Publikums Su huh litt bei uns dr Dreck em Keller So hoch liegt bei uns der Dreck im Keller Fur diese Nummer wurde er zu lebenslangem Redeverbot verurteilt In der Kolner Narrenrevolte im Jahre 1935 widersetzte sich der organisierte Kolner Karneval der Gleichschaltung der Karnevalsfeierlichkeiten Die Nationalsozialisten kamen der Forderung der Narren dass die Belange des Karnevals von den Karnevalsgesellschaften getragen werden sollen nach vermutlich weil die Nazis keinen grosseren Aufstand auslosen wollten und weil sich die Narren bisher auf fur die Nazis leicht zu erfullende Forderungen beschrankten Das Gros des rheinischen Karnevals liess sich jedoch gleichschalten Die meisten Karnevalisten zeigten keinerlei Initiative gegen den Nationalsozialismus Antisemitische Mottowagen beim Rosenmontagszug oder auch Lieder wie Die Judde wandern uss von Jean Muller alternativer Titel Hurra die Judde trecke fott 4 wurden im Karneval normal 1936 wurden die bis dahin mannlichen Funkenmariechen durch Frauen ersetzt weil das angeblich dem deutschen Mannestum widersprach und der Homosexualitat und dem Transvestitentum Vorschub leiste Im Jahr 1938 und 1939 wurde die Jungfrau im Kolner Karneval ebenfalls von einer Frau verkorpert Mainzer Fastnacht Bearbeiten Zur Situation in Mainz siehe Mainzer Fastnacht im Nationalsozialismus und Seppel Gluckert Osterreich BearbeitenWien und der Kunstler Faschingsumzug 1939 Bearbeiten Faschingsumzuge in Wien konnten zwar in ein paar Randbezirken auf eine gewisse Tradition zuruckblicken wurden aber 1939 nach dem Anschluss Osterreichs als Aufnahme Osterreichs in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft inszeniert Die nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude KdF veranstaltete im Februar in samtlichen Wiener Kreisen Faschingsumzuge und Faschingsveranstaltungen um den Wienern und Wienerinnen wieder ein befreites Lachen zu bescheren Bei diesen Veranstaltungen wurde gegen Juden gehetzt und Politiker aus dem Standestaat verhohnt Dazu zahlten der christlichsoziale Politiker Otto Ender und der Landeshauptmann Josef Reither Beim grossen Kunstler Faschingsumzug am 19 Februar 1939 wollte man an die Umzugstradition von Hans Makart anknupfen und beauftragte Wiener Kunstler mit der Gestaltung des Faschingsumzuges Neben Ermahnungen nicht zu meckern und zu raunzen und das neue Regime nicht zu kritisieren gab es disziplinierende Verweise auf die neue Verkehrsordnung an die man sich zu halten habe Zudem wurden weitere standestaatliche Politiker wie Engelbert Dollfuss und Wilhelm Miklas verunglimpft Einmalig im damaligen Wiener Karneval war die Darstellung des Gauleiters Josef Burckel als Maria Theresiendenkmal in neuer Form Nur in Wien wurde ein hochrangiger nationalsozialistischer Politiker im Fasching auf diese Art und Weise verhohnt Nicht Ansatze zum Widerstand sondern parteiinterne Querelen durften fur diese Form Anlass gewesen sein Ob es sich dabei nun um eine Denkmalverschiebung handelte wie beim Faschingsumzug des Alt Wiener Bundes 1938 und die osterreichischen Nationalsozialisten den Gauleiter gerne verschieben also abschieben wollten oder ob man auf seine erhabenen Machtanspruche anspielen wollte ist aus der heutigen Sicht nicht nachvollziehbar Netzwerk Bearbeiten Die verantwortlichen Organisatoren von 1939 waren mehrfach miteinander vernetzt Zum einen gab es eine Gruppe von Faschingserfahrenen wie Oswald Roux Johann Geyling und Franz Wilfert die in verschiedenen Veranstaltungen immer wieder zusammenarbeiteten Geyling hatte mit Wilfert die kunstlerische Leitung fur das Deutsche Sangerbundfest 1928 ubernommen 1939 hatten Geyling Wilfert und Roux die kunstlerische Leitung des Umzuges 1939 inne Roux beantragte bereits 1938 die NSDAP Mitgliedschaft wurde aber erst 1940 aufgenommen Wilfert wurde 1938 in die NSDAP aufgenommen Von Geyling fehlen die zur Beweisfuhrung notwendigen Gauakten Oswald Roux gestaltete 1939 zumeist als Einzelganger neben den harmlosen Wiener Bildern die hochpolitische Gruppe Leuchten des Systems in der mit Kurt Schuschnigg Miklas Dollfuss und Josef Reither abgerechnet wurde Bereits 1938 konzipierte er eine Gschnasrevue in der Wiener Secession mit dem Titel Entartete Kunst Roux war Mitglied des Hagenbundes der Secession und des Kunstlerhauses Er war auch nach 1945 etablierter Staatskunstler wurde mit dem Ehrenpreis der Stadt Wien und dem osterreichischen Staatspreis ausgezeichnet Wilfert war im Vorstand des Mannergesangvereines NSDAP Mitglied und hatte bereits 1928 beim deutschnational gepragten Sangerbundfest in leitender Position mitgewirkt Vizeburgermeister Blaschke war sein Gewahrsmann fur die Aufnahme in die NSDAP Hermann Neubacher Obmann des osterreichisch deutschen Volksbundes trat bei seiner Ansprache beim Sangerbundfest 1928 vehement fur das Selbstbestimmungsrecht Osterreichs ein Am 13 Marz 1938 wurde Hermann Neubacher vom neuen nationalsozialistischen Bundeskanzler Seyss Inquart zum Burgermeister und SS Sturmbannfuhrer Hanns Blaschke zum Vizeburgermeister von Wien bestellt Franz Frank gestaltete gemeinsam mit Wilfert den Umzugswagen der Siemenschore beim Deutschen Sangerbundfest 1928 in Wien Sepp Nordegg der 1938 39 bei Emil Pirchan studierte Mitglied der SA und SS war wurde mit dem Umzug 1939 betraut ebenso wie die Abteilung Szenische Kunst die Popp und Pirchan leiteten Der Studentenfuhrer Exner und Schnall kannten einander von der Studentenvertretung Weiters beteiligten sich einige Bildhauer aus der Bildhauerklasse Josef Mullners Mullner supplierte 1938 1940 die Meisterklasse Bechtold Dieser war als entarteter Kunstler entlassen worden Mullner entwarf nicht nur das Dr Karl Lueger Denkmal er war auch Schopfer der Hitler Buste fur die Aula der Akademie der bildenden Kunste in Wien Zu seinen am Umzug 1939 beteiligten Studierenden zahlten Kubiena Eichberger Hafenrichter Franz Barwig der Jungere Crepatz Rusch und Willersdorfer Requeni Nordegg und Weber arbeiteten mit Otto Cermak in einer Arbeitsgemeinschaft und beteiligten sich 1939 am Reichsberufwettkampf zu dem NS Propagandathema Autozug Grenzlandbuhne Ebenso gab es Kontakte uber die Secession unter anderem Popp Roux das Kunstlerhaus unter anderem Geyling Roux und das Burgtheater unter anderem Volters Der Burgtheaterschauspieler Eduard Volters war Lehrbeauftragter fur angewandte Regie an der Akademie der bildenden Kunste von 1943 bis 1945 und wirkte schon vor dem Anschluss bei zahlreichen Secessionsrevuen mit Oswald Roux mit Gauleiter Burckel als Maria Theresia Bearbeiten Kaiserin Maria Theresia wurde von den unterschiedlichsten politischen Gruppierungen in der ersten Republik im Austrofaschismus und im Nationalsozialismus als weibliches Pendant zu Nietzsches Ubermenschen dargestellt Mit ihrer Aufgabe die osterreichischen Territorien zusammenzuhalten und ihre Mutterschaft von sechzehn Kindern erfullte sie sozusagen perfekt mannliche wie weibliche Eigenschaften Ihre weiblichen Fahigkeiten wurden im Nationalsozialismus hervorgehoben und ihre mannlichen im Hintergrund als notwendig und essentiell geduldet Maria Theresia wurde als politisches Symbol als Stammmutter Idol der Osterreicher und Osterreicherinnen verwendet die sich mutterlich um ihre Kinder und ihr Volk sorgte Kriege fuhrte und die es ebenso verstand auf Faschingsballen zu tanzen und sich zu amusieren Gauleiter Burckel wurde als Maria Theresia dargestellt in dem er in seiner Person mit einem weiblich konnotierten Denkmal ausgetauscht wurde und auf diesem wenn auch etwas dekadent so doch gestisch und mimisch und kleidungsmassig mannlich dargestellt wurde Hingegen ware im Karneval eine Vertauschung der Geschlechter auch in ihrer Kleidung ein durchaus gangiger Passus gewesen Hatte man dies allerdings 1939 auf diese Weise umgesetzt hatten die Betrachter des Umzuges darunter auch eine Anspielung auf eine homophile Tendenz des Gauleiters verstehen konnen und das ware trotz spitzer Anspielungen auch fur osterreichische Nationalsozialisten eine zu grosse Gefahr gewesen Der Typus der Sitzfigur geht in der Denkmalgeschichte ausserdem auf antike Philosophenbildnisse zuruck also konnte es als eher aussergewohnlich betrachtet werden dass man eine grosse Kaiserin in dieser Pose darstellte Der Name des Denkmals und somit auch der Kaiserin Maria Theresia wurde fur den Faschingsumzug 1939 beibehalten und war daher auch von Bedeutung Hingegen waren die Gestalter und Gestalterinnen des Kunstler Faschingszuges 1939 diejenigen die im Faschismus ihrem individuellen Profit nachjagten und zum Teil eines Volkskorpers im Wiener Volksfasching wurden der seine Lust aus dem Hass auf samtliche Minderheiten bezog die es zu demutigen und zu vernichten galt die Juden und standestaatliche Politiker Diese Idee dass der Fasching die Zeit der Travestien nach dem Faschismus die Zeit der Aufhebung jener Travestien sei wurde in Wahrheit von den Siegern erzwungen Das Beispiel Faschingsumzug 1939 zeigt manche entlarvende Geschichte von flinkem Kleidungswechsel Spatere Karriere der Beteiligten Bearbeiten Die meisten der Hauptverantwortlichen waren NSDAP Mitglieder und auch nach 1945 etablierte Staatskunstler Oswald Roux der bereits 1938 vor dem Anschluss in der Sezession eine Gschnasrevue mit dem Thema Entartete Kunst inszenierte NSDAP Mitglied war rechnete im Umzug mit den standestaatlichen Politikern ab und zeichnete sich mit Wilfert und Geyling als verantwortliche Umzugsgestalter aus Roux erhielt den Ehrenpreis der Stadt Wien und den osterreichischen Staatspreis Emil Pirchan der mit Alexander Popp die Klasse fur szenische Kunst und Festgestaltung an der Akademie der bildenden Kunste leitete sass sogar 1945 in der Entnazifizierungskommission obwohl er wenn auch nicht als Parteimitglied so doch mit den Nationalsozialisten kollaborierte Literatur BearbeitenRuth Mateus Berr Fasching und Faschismus Ein Beispiel Faschingsumzug 1939 in Wien Hg von Manfred Wagner Praesens Verlag Wien 2007 ISBN 978 3 7069 0451 3 Carl Dietmar Marcus Leifeld Alaaf und Heil Hitler Karneval im Dritten Reich Herbig Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 7766 2630 8 Weblinks BearbeitenKolner Karneval im Nationalsozialismus Kolner Karneval in der NS Zeit Film mit antisemitischem Mottowagen aufgetaucht Kolner Stadt Anzeiger 18 November 2014 So antisemitisch war Kolns Karneval wirklich Die Welt 5 Dezember 2014 Einzelnachweise Bearbeiten Geschichte des Karnevals seit 9 Jahrhundert taz de De Nazis nit op d r Schlips getrodde Sarah Maria Brech Film vom Kolner Rosenmontagszug 1936 aufgetaucht In welt de 5 Dezember 2014 abgerufen am 7 Oktober 2018 Hans Dieter Arntz Judenfeindliches im Karneval des Dritten Reiches 5 Marz 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fasching wahrend des Nationalsozialismus amp oldid 226590475