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Die Kunst des Liebens Originaltitel The Art of Loving ist ein populares gesellschaftskritisches Werk des Sozialpsychologen Erich Fromm welches erstmals 1956 in New York erschien Zusammen mit dem 20 Jahre spater erschienenen Haben oder Sein gehort es zu seinen bekanntesten Werken und war wie dieses ein Bestseller Es setzt sich mit dem im 20 Jahrhundert in der westlichen Welt dominierenden romantischen Verstandnis der Liebe auseinander das Menschen zu einem marktwirtschaftlichen Verhalten bei der Liebe animiere und Probleme allein beim Gegenuber sehen lasse bzw darin dem eigenen Empfinden nach nicht oder nicht in ausreichendem Masse geliebt zu werden Diesem Verstandnis setzt er die Verschiebung der Perspektive auf die eigene Fahigkeit zu lieben entgegen auf die Kunst des Liebens Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Die Theorie der Liebe 2 1 Die Arten der Liebe 2 1 1 Nachstenliebe 2 1 2 Mutterliebe 2 1 3 Erotische Liebe 2 1 4 Selbstliebe 2 1 5 Liebe zu Gott 3 Verfall der Liebe in der zeitgenossischen kapitalistischen Gesellschaft 4 Die Praxis der Liebe 5 Wirkung 6 Quellen 7 Weiterfuhrende Werke Erich FrommsAllgemeines BearbeitenDem Werk liegt Fromms Sichtweise zugrunde nach der Liebe Wissen und aktives Bemuhen erfordert Liebe ist demnach nicht einfach ein schones Gefuhl dem man sich hingibt Fur die meisten Menschen liegt das Problem der Liebe darin geliebt zu werden und nicht in der eigenen Fahigkeit zu lieben Das Bestreben dieser Menschen liebenswert zu sein ist laut Fromm im Wesentlichen eine Mischung aus Streben nach Popularitat und Sexappeal Des Weiteren betrachteten die meisten Menschen das Problem des Liebens eher als das Problem des geliebten bzw nicht geliebten Objekts als das ihrer eigenen Fahigkeit oder Unfahigkeit zu lieben Dies fuhrt Fromm unter anderem auf die Veranderung des Liebesverstandnisses der westlichen Welt im 20 Jahrhundert zuruck in dessen Verlauf sich der Begriff der romantischen Liebe von der ideal erstrebenswerten Wunschvorstellung scheinbar zur marktkonformen Tatsache wandelte Nunmehr verhielten sich die Menschen in Bezug auf die Liebe marktwirtschaftlich Das Gefuhl des Verliebens entwickle sich in der Regel nur hinsichtlich derjenigen menschlichen Artikel die innerhalb der Tauschmoglichkeiten des Einzelnen liegen siehe auch Marketing Charakter Ein weiteres Problem sieht Fromm darin dass viele Menschen anfangliches Verlieben falling in love und dauerhaftes Lieben being in love miteinander verwechselten Neben der Beherrschung der Theorie die er im 2 Kapitel dem grossten Teil des Buches behandelt und der Praxis der Liebe der er das 4 und letzte Kapitel widmet nennt Fromm noch ein weiteres konstitutives Element Der Liebe musse der hochste Stellenwert im Leben eingeraumt werden vor dem Streben nach Erfolg Prestige Geld und Macht Die Theorie der Liebe BearbeitenIm zweiten Kapitel Die Theorie der Liebe wird die Grundidee entwickelt nach der das Bewusstsein der Trennung der Menschen untereinander die Quelle aller Angste und Schuldgefuhle ist Das Bewusstsein der menschlichen Getrenntheit ohne Wiedervereinigung durch Liebe das ist die Quelle der Scham Gleichzeitig ist es die Quelle von Schuld und Angst S 25 Fromm weist im Weiteren auf die Diskrepanz zwischen dem in der zeitgenossischen Gesellschaft aufgrund dieser Getrenntheit bestehenden Konformitatsbedurfnis und der gleichzeitig behaupteten Individualitat der Gesellschaftsmitglieder hin und macht auch darauf aufmerksam dass diese Art von Gleichheit oft nicht ausreiche um die Angst vor der Getrenntheit zu beruhigen Der Mensch hat aufgehort er selbst zu sein denn jenseits jener Vereinigung durch Anpassung findet keine Vereinigung statt S 36 Fromm unterscheidet verschiedene Arten von Vereinigung deren Unzulanglichkeiten er herausstreicht Die durch Konformitat erreichte Einheit sei eine Pseudo Einheit die durch produktive d h schopferische kreative Tatigkeit erreichte Einheit sei nicht zwischenmenschlicher Natur und die orgiastische Vereinigung sei nur vorubergehender Art Einzige befriedigende Antwort auf die Frage der menschlichen Existenz ist nach Fromm die zwischenmenschliche Einheit die Liebe Dabei sei die Liebe keine symbiotische Vereinigung deren passive Form die Unterwerfung der Masochismus ist unabhangig davon ob dabei ein Mensch oder eine Sache Gotze ist und deren aktive Form die Beherrschung der Sadismus ist Nur die Liebe eines reifen Menschen wahrt die eigene Integritat und Individualitat Eine solche Liebe kann niemals auf Leidenschaft als treibender Kraft beruhen sondern muss auf freiem Willen basieren Laut Fromm ist das liebende Geben nicht mit Aufgeben gleichzusetzen Der Marketing Charakter sei zwar bereit zu geben jedoch nur im Austausch mit etwas anderem ansonsten fuhle er sich betrogen Fur den produktiven aktiven kreativen Charakter sei das Geben jedoch Ausdruck der Gewissheit eines auf beiden Seiten positiven Zuwachses im Sinne von Geteilte Freude ist doppelte Freude Daruber hinaus enthalte die Liebe des aktiven Charakters auch die Elemente der Fursorge Verantwortungsgefuhl Achtung vor dem Anderen und Erkenntnis Fursorge umschreibt Fromm wie folgt Man liebt wofur man sich muht und man bemuht sich fur das was man liebt Achtung vor dem anderen sowie Erkenntnis gehoren zusammen und geben die Fahigkeit jemanden so zu sehen wie er in seiner Individualitat ist jemanden so gut zu kennen dass man weiss wie er sich fuhlt auch wenn er etwas anderes sagt und schliesslich sogar das Wissen um den Grund seines Gefuhls Das Grundbedurfnis ist demnach sich mit einem anderen Menschen zu vereinigen Daneben existiert das menschliche Verlangen den anderen zu ergrunden Dies sei mittels der Liebe moglich Parallel dazu sieht er das Bedurfnis Gott zu erkennen Fur Fromm steht dabei fest dass der Mensch das Geheimnis aller Dinge niemals begreifen aber durch die Liebe erkennen kann Nach diesem Exkurs wendet er sich wieder dem Bedurfnis nach Einheit zu welches auch aus dem biologischen Bedurfnis der Vereinigung des mannlichen und des weiblichen Pols resultiere Fromm setzt sich kritisch mit der Psychologie Sigmund Freuds auseinander dessen extrem patriarchalisch gepragte Vorstellungen er ablehnt und zu uberwinden versucht Er definiert die Idealtypen des mannlichen und weiblichen Charakters wie folgt Der mannliche Charakter besitzt Eigenschaften wie Eindringungsvermogen Fuhrungsqualitaten Aktivitat Disziplin und Abenteuerlichkeit der weibliche hingegen solche wie Aufnahmefahigkeit Beschutzenwollen Realismus Geduld und Mutterlichkeit In der Realitat kommen naturlich nicht solche Idealtypen sondern Mischformen vor Fromm beschaftigt sich anschliessend mit der Liebe zwischen Eltern und Kind In den ersten Lebensjahren sei das Kind hierbei der passive Teil es wird von seiner Mutter bedingungslos geliebt Der negative Aspekt hierbei ist dass diese Mutterliebe nicht erworben werden konne Ab dem sechsten Lebensjahr sei fur das Kind die vaterliche Liebe Autoritat und Lenkung unerlasslich Die vaterliche Liebe definiert er der Mutterliebe gegenuber als mit Bedingungen verbunden Negativer Aspekt sei hierbei dass die vaterliche Liebe erst verdient werden musse wahrend sie im positiven Fall an Bedingungen geknupft sei die das Kind im Gegensatz zur Mutterliebe erfullen konne und sich somit die Liebe verdienen konne Mutterliche und vaterliche Liebe sind auch hier wieder Idealtypen Ein reifer Mensch schliesslich habe sich von ausseren Mutter und Vaterfiguren gelost und sie in seinem Inneren aufgebaut Liebe ist nach Fromm eine Haltung die nicht auf ein einziges Objekt bezogen werden kann sondern sich auf die ganze Welt erstrecken muss Dennoch unterscheidet er zwischen den verschiedenen Arten von Liebe nach ihren Objekten namlich Nachstenliebe Mutterliebe erotische Liebe Selbstliebe und Liebe zu Gott Die Arten der Liebe Bearbeiten Nachstenliebe Bearbeiten Die Nachstenliebe liegt Fromm zufolge allen anderen Formen der Liebe zugrunde Sie basiert auf der Erfahrung dass wir alle eins sind sie ist Liebe zwischen Gleichen die aus der gegenseitigen Hilfe resultiert Liebe zum Nachsten entwickelt sich aus dem Mitleid zum Hilflosen erfordert also Empathie Mutterliebe Bearbeiten Dagegen ist die Mutterliebe im Sinne der Liebe der Mutter zum Kind nicht umgekehrt eine Ungleichheitsbeziehung Das Kind braucht Hilfe welche die Mutter ihm gibt Fromm fuhrt aus dass wahre Mutterliebe nicht nur bedeutet fur das Wachstum des Kindes zu sorgen sondern schliesslich auch loslassen zu konnen Erotische Liebe Bearbeiten Wahrend die Mutterliebe eine Beziehung zweier Menschen beschreibt die eins waren und sich nun voneinander trennen beschreibt die erotische Liebe die Beziehung zweier Menschen die getrennt waren und nun eins sein wollen Fur viele Menschen endet die Liebe jedoch dann wenn sie glauben den anderen kennengelernt zu haben und oft ist die sexuelle Vereinigung dann noch das einzige Mittel das Gefuhl des Getrennt Seins zu uberwinden Wenn aber das Verlangen nach korperlicher Vereinigung nicht von Liebe getragen wird erotische Liebe also nicht auch Liebe zum Nachsten ist fuhrt sie Fromm zufolge niemals zu einer uber die temporare orgiastische Vereinigung hinausgehenden Einheit Des Weiteren ist die erotische Liebe nicht universell sondern exklusiv Diese Exklusivitat wird oft mit dem Wunsch verwechselt vom anderen Besitz zu ergreifen Wenn aber Verliebte niemanden sonst lieben ist das nicht mehr als ein zweisamer Egoismus sie haben das Problem dann nur insoweit gelost als sie die Einsamkeit auf zwei Personen erweitert haben Die erotische Liebe schliesst Liebe zu anderen jedoch nur im Sinne einer erotischen Vereinigung aus nicht aber im Sinn von Nachstenliebe Fromm beschliesst die Abhandlung uber die erotische Liebe mit der Feststellung dass Liebe nicht nur ein Gefuhl sei denn Gefuhle konnen auch wieder abflauen sondern auch eine Entscheidung ein Versprechen Selbstliebe Bearbeiten Zur Selbstliebe bemerkt Fromm man meine oft dass in dem Masse wie man sich selbst liebe man andere nicht lieben konne Selbstliebe wurde daher falschlicherweise mit Selbstsucht gleichgesetzt Wenn aber Selbstliebe etwas Schlechtes ware dann ware Selbstlosigkeit eine Tugend Nach Fromm bedingen Liebe zu anderen Menschen und Selbstliebe jedoch einander und Selbstsucht sei eine Folge fehlender Selbstliebe Getreu dem Bibelzitat Liebe deinen Nachsten wie dich selbst ist die Liebe zu seinem Selbst untrennbar mit der Liebe zu anderen verbunden Wer nur andere lieben kann konne uberhaupt nicht lieben Fromm stellt den Gegensatz von Selbstliebe und Selbstsucht heraus Der Selbstsuchtige liebe sich selbst gar nicht er hasse sich sogar Der Mangel an Freude an sich selbst erzeuge ein Gefuhl der inneren Leere und Enttauschung das er zu kompensieren und zu vertuschen versuche und somit nach aussen narzisstisch erscheine Es stimme zwar dass Selbstsuchtige unfahig seien andere zu lieben sie seien jedoch auch nicht fahig sich selbst zu lieben Liebe zu Gott Bearbeiten Schliesslich kommt Fromm zur Liebe zu Gott der religiosen Form der Liebe Auch sie entspringe dem Bedurfnis das Getrenntsein zu uberwinden und Einheit zu erlangen Die Art der Gotter und die Art wie sie geliebt bzw verehrt werden hangt nach Fromm vom Grad der Reife ab den die Menschen erreicht haben was sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der des Individuums gelte Fromm hat drei solcher Entwicklungsphasen herausgearbeitet In der matriarchalischen Phase ist das hochste Wesen die Mutter Alle Menschen sind gleich da sie alle Kinder einer Mutter sind z B der Mutter Erde Wie bereits beschrieben ist die Liebe der Mutter nicht an Bedingungen geknupft In der patriarchalischen Phase wird dann der Vater zum hochsten Wesen der Religion Im Gegensatz zur Mutterliebe ist die vaterliche Liebe an Bedingungen geknupft s o Geliebt sind die die am meisten gehorchen Die patriarchalische Gesellschaft ist infolgedessen hierarchisch gegliedert die Gleichheit der Bruder wird von Wettbewerb und Wettstreit abgelost Die letzte Phase endlich ist die eines nichtpersonellen symbolischen Gottes Fromm holt weit aus und kommt vom Gegensatz von aristotelischer Logik und paradoxer Logik schliesslich zu dem Schluss dass das letzte Ziel der Religion nicht der rechte Glaube sondern das richtige Handeln sei Diese Ausfuhrungen weisen auf sein 1976 20 Jahre spater erschienenes Werk Haben oder Sein hin Die Konsequenzen der paradoxen Auffassung sieht Fromm zum einen in mehr Toleranz denn wenn nicht das richtige Denken letztes Ziel und Weg zum Heil ist bestunde auch kein Anlass uber das richtige Denken zu streiten Zum anderen wurde die Wandlung der Menschen mehr betont als Dogmen und Wissenschaften Wahrend in den vorherrschenden westlichen Religionen die Gottesliebe im Wesentlichen ein Denkerlebnis ware sei in den ostlichen Religionen die Gottesliebe ein Gefuhl des Einsseins das in den alltaglichen Handlungen zum Ausdruck komme Fromm zieht nun die Parallele zum Individuum Das Kind ist zunachst an seine Mutter gebunden wendet sich spater dem Vater zu verinnerlicht mit der Zeit das mutterliche und das vaterliche Prinzip und lost sich schliesslich von Mutter und Vater Fromm beschliesst das Kapitel mit der Bemerkung dass in Gesellschaften in denen der autoritare Charakter vorherrsche die Entwicklung noch nicht sehr weit vorangeschritten sei Verfall der Liebe in der zeitgenossischen kapitalistischen Gesellschaft BearbeitenIm dritten Kapitel betrachtet Fromm die Liebe und ihren Verfall in der westlichen Gesellschaft Anfang der 1950er Jahre Aus seinen bisherigen Ausfuhrungen zieht er den Schluss dass die Liebesfahigkeit eines Menschen von der Kultur in der er lebt beeinflusst wird Fromm analysiert zunachst die Gesellschaftsstruktur der westlichen kapitalistischen Welt deren bedeutendstes Merkmal er in ihrem Grundprinzip des Marktes als Regulator aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen sieht Diese Wirtschaftsstruktur fande sich auch in der hierarchischen Wertschatzung wieder nach der materielle Dinge hoher bewertet wurden als beispielsweise menschliche Arbeitskraft Fromm fuhrt weiter aus dass es einen allgemeinen Trend zur Zentralisierung und Konzentration des Kapitals gebe aus der z B die Managerburokratie hervorgehe die das Kapital der zahlreichen kleinen Investoren eines Unternehmens verwalte oder die Gewerkschaftsburokratie die die Interessen der Arbeiter vertrete Dieses Phanomen dass sowohl bei den Wirtschaftsakteuren als auch bei deren arbeitnehmerischen Gegenorganisationen der Burokratisierungsprozess fortschreite sprach Max Weber in seinem 1922 posthum erschienenen Werk Wirtschaft und Gesellschaft an Wie die Beherrschten sich einer bestehenden bureaukratischen Herrschaft normalerweise nur erwehren konnen durch Schaffung einer eigenen ebenso der Bureaukratisierung ausgesetzten Gegenorganisation WuG Teil 1 Kap 3 5 Als weiteres Merkmal des Kapitalismus nennt Fromm die Arbeitsteilung die dem einzelnen seine Unabhangigkeit und Individualitat nehme und ihn austauschbar mache Um zu funktionieren brauche der Kapitalismus reibungslos funktionierende Menschen die konsumieren deren Verhalten berechenbar ist die sich beeinflussen lassen und die sich dennoch frei und unabhangig fuhlen Fromm postuliert dass der einzelne Mensch sein Handeln Denken und Fuhlen dem der Gesellschaft anpasst um Sicherheit zu gewinnen Diese aber vermag das Gefuhl des Getrenntseins nicht zu uberwinden und so betaubten die Menschen dieses Gefuhl in mechanischer Arbeit und passivem Konsum Fromm zieht auch den Vergleich zu der von Aldous Huxley in seinem 1932 erschienenen Roman Schone neue Welt beschriebenen Gesellschaft der die moderne Gesellschaft sehr nahe komme Schliesslich schlagt er den Bogen zuruck zum Marketing Charakter s o der sich auch in der Liebe manifestiere Fromm beschaftigt sich anschliessend mit den Formen des Verfalls der Liebe in der westlichen Gesellschaft und unterscheidet folgende Erscheinungsformen die Liebesbeziehung zur gegenseitigen sexuellen Befriedigung die Liebesbeziehung als moglichst gut funktionierendes Teamwork die Liebesbeziehung um geliebt zu werden ohne selbst zu lieben Als weitere aus ubermassiger Mutter oder Vaterbindung erwachsende neurotische Formen bezeichnet er die zerruttete Liebesbeziehung die nur um des vermeintlichen Wohls der Kinder wegen aufrechterhalten wird die abgottische oft als wahre grosse Liebe bezeichnete Pseudoliebe die sentimentale Pseudoliebe die sich in der Ersatzbefriedigung durch den Konsum von Liebesfilmen geschichten und liedern manifestiert Beziehungen in denen der Partner seine Schwachen auf den Partner projiziert Beziehungen in denen die eigenen Probleme auf die Kinder projiziert werden Ebenso wie die Liebe zwischen Menschen sei auch die Gottesliebe vom Verfall betroffen Fromm vergleicht die Menschen in zeitgenossischen kapitalistischen Gesellschaften mit einem dreijahrigen Kind das nach dem Vater ruft wenn es ihn braucht aber sich selbst genug ist wenn es nur spielen mochte Auch das Verstandnis der Beziehung zu Gott habe sich dahingehend gewandelt dass es in die entfremdete marktorientierte Gesellschaft hineinpasse So wie man Angestellten empfiehlt glucklich zu sein um auf die Kunden positiv zu wirken sei die Tendenz zur Empfehlung zu erkennen Gott zu lieben um erfolgreicher zu sein Die Praxis der Liebe BearbeitenIm letzten Kapitel behandelt Fromm die Praxis der Liebe oder genauer ihre praktischen Voraussetzungen Als allgemeine Voraussetzungen die nicht nur die Kunst des Liebens sondern jede Kunst im Sinne von Fahigkeit betreffen nennt er Selbstdisziplin Konzentration Geduld das Wichtignehmen der Kunst und ein Gespur fur sich selbst Die Disziplin sei in der westlichen Kultur der 1950er Jahre hauptsachlich noch im Berufsleben anzutreffen wahrend man sich im Privatleben zur Entspannung gehen lasse Die Menschen sollten jedoch zwischen von irrationalen Autoritaten aufgezwungener und vernunftigerweise selbst auferlegter Disziplin unterscheiden Disziplin sollte ein Ausdruck des Wollens sein Ebenso wie an Disziplin ermangele es unserer Kultur an Konzentration Fromm setzt Konzentrationsvermogen mit dem Vermogen gleich mit sich allein sein zu konnen Es ist die Fahigkeit allein zu sein ohne Musik horen zu rauchen oder uber Probleme nachdenken zu mussen Des Weiteren musse man sich auch auf andere konzentrieren konnen d h in erster Linie zuhoren konnen Konzentriert sein heisst nicht uber Vergangenes oder Zukunftiges nachzudenken sondern in der Gegenwart zu sein Obwohl Fromm nicht ausdrucklich darauf eingeht scheint hier eine gewisse Parallele zur Musse und Achtsamkeit zu bestehen Auch die dritte Voraussetzung zur Erlangung einer Kunst der Geduld steht laut Fromm im Gegensatz zum Grundsatz des Industriesystems der Geschwindigkeit Fromm kritisiert dass der moderne Mensch meine immer alles schnell erledigen zu mussen Weiterhin musse es einem naturlich auch wichtig sein eine Kunst zu erlangen sonst wurde man sie niemals erreichen Und schliesslich nennt Fromm das Gespur fur sich selbst das Wahrnehmen der inneren Stimme als Voraussetzung Korperlich sei diese Fahigkeit vorhanden doch in Bezug auf geistige Prozesse sei auch diese Fahigkeit in der heutigen Welt unterentwickelt Fromm fuhrt dies auf das Fehlen von geistig voll entwickelten Vorbildern zuruck anstelle derer Filmstars Geschaftsleute Politiker und andere Prominente treten die dem Menschen stellvertretend ein Gefuhl der Befriedigung gaben Als Voraussetzungen speziell die Kunst des Liebens zu erlangen bezeichnet Fromm die Uberwindung des eigenen Narzissmus die Praxis des Glaubens und Aktivitat im Sinne des aus sich heraus Tatigseins Mit der Uberwindung des eigenen Narzissmus meint Fromm das Erlangen der Fahigkeit Menschen und Dinge objektiv zu sehen und nicht nur aus dem eigenen Blickwinkel Als Beispiel wird eine Frau genannt die bei einem Arzt anruft um einen Termin zu bekommen Als der Arzt ihr erwidert dass sie erst am nachsten Tag kommen konne da er an diesem Tag keine Zeit habe ist die Frau verwundert sie wohnt doch nur funf Minuten von der Praxis des Arztes entfernt Uber die Tatsache dass es fur den Arzt und seine Termine vollig unerheblich ist ob sie funf Minuten oder funf Stunden von ihm entfernt wohnt macht sie sich uberhaupt keine Gedanken Fromm fuhrt aus dass Grundlage der Objektivitat die Vernunft und die wiederum der Vernunft zugrunde liegende emotionale Haltung die Demut sei Die Entwicklung hin zur Uberwindung des Narzissmus fuhrt demnach uber die Demut hin zur Vernunft und so zur Objektivitat Bei der Praxis des Glaubens unterscheidet Fromm zunachst zwischen irrationalem Glauben bei dem man sich einer irrationalen Autoritat unterwirft und rationalem Glauben der aus der von anderen unabhangigen Uberzeugung im eigenen Denken oder Fuhlen herruhrt Nur der rationale Glaube konne Grundlage des fur menschliche Beziehungen wie Freundschaft oder Liebe unentbehrlichen Glaubens sein Fromm gibt verschiedene Beispiele fur diesen Glauben An einen anderen glauben an sich selbst glauben oder auch der Glaube einer Mutter an ihr Neugeborenes dessen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nach Fromm den Unterschied zwischen Erziehung und Manipulation ausmacht sowie schliesslich der Glaube an die Menschheit Fromm betont dass dieser Glaube Mut erfordert also die Fahigkeit ein Risiko einzugehen wie auch die Bereitschaft Schmerz und Enttauschung hinzunehmen Wer Sicherheit als das Wichtigste im Leben erachte und diese durch Distanz und Besitz zu erhalten versuche mache sich selbst zum Gefangenen Fromm unterscheidet zwischen Mut der Verzweiflung und Mut der Liebe wobei nur letzterer der Mut im hier erforderlichen Sinne ist Die Aktivitat im Sinne des aus sich heraus Tatigseins schliesslich ist fur Fromm nicht jede Aktivitat sondern jene bei der die eigenen Fahigkeiten produktiv gebraucht werden Fromm beschliesst sein Werk mit seiner Einschatzung dass nicht Liebe und normales Leben miteinander unvereinbar seien sondern lediglich das Prinzip der Liebe und das der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zugrunde liegende Prinzip nach dem nur soviel Liebe gegeben wurde wie man bekommen hatte und durch das Produktion und Konsumtion zum Selbstzweck geworden seien Wirkung BearbeitenDas Werk Die Kunst des Liebens fand auch oder gerade ausserhalb der Fachkreise grosse Verbreitung in Deutschland beispielsweise insbesondere in den 1960er Jahren Quellen BearbeitenErich Fromm The Art of Loving Englische Originalausgabe Erstauflage 1956 Erich Fromm Die Kunst des Liebens 1956 60 Auflage Frankfurt am Main 2003 ISBN 3 548 36784 4 Weiterfuhrende Werke Erich Fromms BearbeitenErich Fromm Ihr werdet sein wie Gott 1966 Reinbek bei Hamburg 1980 ISBN 3 499 17332 8 Erich Fromm Haben oder Sein Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft 1976 Munchen 2005 ISBN 3 423 36103 4 nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 32 21 min 16 MB Text der gesprochenen Version 6 Mai 2010 Mehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia Abgerufen von 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