www.wikidata.de-de.nina.az
Die Grablegung Mariae auch Transitus Mariae Marientod lateinisch Dormitio Virginis ist ein Tafelbild des italienischen Malers Giotto di Bondone Die 75 8 179 7 cm grosse Altartafel wird wegen der stilistischen Nahe zu Giottos Ognissanti Madonna in den Uffizien um 1310 datiert 1 Sie wurde 1914 durch den Kaiser Friedrich Museums Verein erworben und befindet sich heute in der Gemaldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin 2 Die Grablegung MariaeGiotto di Bondone um 1310Tempera auf Pappelholz und Goldgrund75 8 179 7 cmGemaldegalerie Berlin BerlinVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Technik und Material 2 Erhaltungszustand 3 Bildbeschreibung 4 Ikonographie 5 Ursprunglicher Aufstellungsort 6 Provenienz 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseTechnik und Material BearbeitenAngefertigt wurde die Altartafel 75 8 179 7 cm in Tempera auf Pappelholz und Goldgrund Das langgestreckte Format mit giebelformigem oberen Abschluss wird als Flachgiebeldossale bezeichnet und entspricht einem Format das im Duecento aufkam 3 Das Werk ahnelt toskanischen Dossalen des spaten 13 Jahrhunderts die nach 1300 von Polyptychen und hochformatigen Altartafeln abgelost wurden Erhaltungszustand Bearbeiten nbsp Detail Deutlich zu erkennen hierbei die beiden horizontal verfugten Pappelholzbretter mit Leinwandauflage Der Bildtrager aus zwei horizontal verfugten Pappelholzbrettern mit Leinwandauflage bestehend ist allseitig beschnitten Vermutlich geschah dies erstmals als man die ursprunglichen Rahmenelemente entfernte Zudem wurde er gedunnt und verfugt mittlerweile nur noch uber eine Dicke von 0 53 cm Die leichte Asymmetrie des Werkes sollte offenbar durch eine schmale Eichenholzleiste ausgeglichen werden Da diese mit industriell gefertigten Nageln angebracht wurde geht die Forschung davon aus dass der Eingriff jungeren Datums sei 4 Zudem wurde die Malschicht im 19 Jahrhundert offenbar stark gereinigt Dass viele der Inkarnate eine weissliche Erscheinung aufweisen insbesondere im Bereich der Gesichter geht wahrscheinlich auf zu stark losende Reinigungsmittel zuruck die moglicherweise noch im Verlauf des 20 Jahrhunderts eingesetzt wurden Auch die Vergoldung erfuhr im Hintergrund eine ganzliche Erneuerung was die Bildwirkung in ihrer ursprunglichen Form beeintrachtigt 5 Altere Ubermalungen sowie Integrationen wurden teilweise 1972 abgetragen was unter anderem zu einer Firnisreinigung fuhrte Vier Jahre spater wurde die Tafel erneut behandelt neue Retuschen kamen hinzu 6 Auf der Ruckseite befindet sich neben den modernen Inventarzetteln ein alterer Zettel mit der Nummer 1761 Versteigerung Kardinal Fesch daruber ist in schwarz auf das Holz N 266 aufgemalt 7 Bildbeschreibung Bearbeiten nbsp Detail Der Korper der Gottesmutter Maria im Zentrum der Altartafel auf der Bahre gebettet ist von Aposteln Engeln Frauen und Patriarchen vor Goldgrund umgeben Zu identifizieren sind Simon Petrus in goldenem Mantel ausserdem Andreas in grun gekleidet der die Verstorbene mit Weihwasser segnet Mittig befindet sich Christus der einen Saugling metaphorisch fur die Seele Mariens stehend in den Armen halt Innovativ ist in der Darstellung die effektive Nutzung des Tiefenraums Die Figuren sind im Gegensatz zu fruheren Werken in Tiefenstaffelung auf mehreren Ebenen angeordnet Diese Art der Darstellung die ebenso in der Ognissanti Madonna aufzufinden ist scheint hier nochmals ausgereifter in ihrer Anwendung Die entfernteren Figuren hinter den Lichthofen verschwinden hinter den Figuren im Vordergrund und im zweiten Stock Daruber hinaus richtet sich die Figurengruppe nach der Form des Dossales und lenkt mit Posen Gesten und Blicken unweigerlich den Blick der Betrachtenden auf den zentralen Drehpunkt der Szene Die beiden Seitengruppen sind leicht asymmetrisch angeordnet in einer aufsteigenden Linie die von rechts gradlinig bis zum Haupt Christi verlauft und schliesslich in die Gestalt des gebeugten Apostels moglicherweise Johannes ubergeht Auch der Mariensarkophag schlicht aber von kosmischen Verzierungen belebt durchbricht durch die Verschiebung nach links die Frontalitat des Werkes Ikonographie BearbeitenDie Darstellung folgt einem traditionellen Schema das seinerseits auf apokryphen christlichen Schriften beruht Von Bedeutung ist hier vor allem ein mit Transitus Beatae Mariae uberschriebener Text eines anonymen Autors namens Pseudo Melito der spater von Gregor von Tours modifiziert wurde Auf Grundlage dieser Vorlagen redigierte Jacobus de Voragine seine Version des Geschehens fur die Legenda aurea einer Sammlung zu Lebensgeschichten Heiliger und von Heiligenlegenden In allen Quellen wird zwischen verschiedenen zeitlich aufeinanderfolgenden Ereignissen unterschieden hierbei vor allem zwischen Dormitio Maria stirbt im Kreis der Apostel Christus nimmt ihre Seele entgegen sowie Assumptio die Apostel begraben Maria im Tal Josaphat nach drei Tagen erscheint der Herr Engel bringen die Seele Mariens wieder herab und der unbefleckte wiederbeseelte Leib wird von den Engeln in den Himmel getragen Giotto hat in diesem Werk mehrere Elemente dieser Ereignisse in einer einzigen Darstellung synthetisiert So vereinen sich hier sowohl Entschlafung Exequien Grablegung und Auferweckung beziehungsweise Assumptio animae 8 Das Sujet des Bildes ist demnach weniger als storia Bilderzahlung zu bezeichnen Vielmehr konnte man von einer ohne zeitliches Kontinuum formulierten Inszenierung des Totenkultes sprechen wobei diese als Darstellung des Rituals gemeinschaftlicher Erinnerung Memoria aufzufassen ist 9 Vor diesem Hintergrund erklart sich auch Giottos Komposition zahlreicher Verweise auf das mittelalterliche Bestattungsritual Neben den Aposteln kommt auch den Engeln eine wichtige Rolle zu bei Exequiendarstellungen sowie in der Grabmalsikonographie treten sie als Liturgen auf und spenden dem Text der Apokalypse folgend den Weihrauch In Giottos Darstellung ubernimmt ein Engel in der rechten Bildhalfte diese Aufgabe Ausserdem befinden sich am linken Bildrand Frauen die als Gefahrtinnen Mariens zu identifizieren sind Diese konnten gleichzeitig als Verweise auf die zum Trauergeleit gehorenden Frauen im realen Bestattungskult verstanden werden Zuseiten des Sarkophags ist zudem beidseitig ein Paar an Engeln mit speziell gedrehten Kerzen auszumachen die beim Sterbesegen entzundet werden Die Apostel uber dem Haupt Mariens positioniert vollfuhren Gesten der Trauer die an die Totenklage erinnern Der Klerus versammelt sich anschliessend zur Vigil die Busspsalmen werden rezitiert und der Korper mit Weihwasser besprengt Auf der linken Seite rezitiert Petrus aus den Psalmen wahrend Andreas von rechts das Aspergill mit dem Weihwasser fuhrt In der sich anschliessenden Prozession geleitete man den Leichnam unter Gebet und Gesang zu Grabe 10 Ursprunglicher Aufstellungsort BearbeitenDie Grablegung Mariae ist im Kontext anderer Werke Giottos zu verorten die Lorenzo Ghiberti in seinen Commentarii beschreibt Hierbei handelt es sich um vier Werke Giottos die sich in der von den Humiliaten gegrundeten Ognissanti Kirche in Florenz befanden 11 Auch Giorgio Vasari sah sie mehr als ein Jahrhundert spater in derselben Kirche und berichtete von ein em Tafelchen in Tempera darauf von Giotto mit grenzenloser Sorgfalt gemalt und mit vollkommener Zeichnung und Lebendigkeit dargestellt der Tod unserer lieben Frau mit den Aposteln welche die Exequien abhalten und mit Christus der die Seele auf dem Arm tragt 12 nbsp Maesta auch Ognissanti Madonna Giotto di Bondone um 1310Tempera auf Holz325 204 cmUffizien Florenz nbsp TriumphkreuzGiotto di Bondone um 1315Tempera und Gold468 375 cmOgnissanti Kirche FlorenzVon den vier Werken lassen sich heute neben der Grablegung Mariae jedoch nur noch die Maesta Ognissanti Madonna sowie das Triumphkreuz identifizieren Wahrscheinlich war das Werk zumindest im Quattrocento und im fruhen Cinquecento auf einem Seitenaltar positioniert der sich am Lettner befand 13 Hierdurch erschliesst sich auch die Funktion des Dossales Der Lettner teile das Kirchenschiff in zwei Bereiche einerseits in den den Klerikern vorbehaltenen Bereich sowie in die Gemeindekirche die auch den Laien grundsatzlich zuganglich war Demnach waren beide Bereiche jeweils mit ihren spezifischen Bildwerken ausgestattet im Chorbereich mit der Maesta Ognissanti Madonna sowie im fur den Laien zuganglichen Raum mit dem Kreuz und dem Marientod Der Marientod bildete folglich das Altarbild dieses Kirchenteils 14 Der Seitenaltar war zudem explizit der Verrichtung von Totenoffizien und Memorialgottesdiensten gewidmet unmittelbar davor befanden sich Bodengraber Hierzu heisst es in der Online Datenbank der Staatlichen Museen zu Berlin SMB digital Das Kultbild war demnach thematisch auf das liturgische Ritual abgestimmt das sich davor ereignete wahrend das Zeremoniell selbst wiederum eine visuelle Uberhohung durch das im Altarbild inszenierte Geschehen erhielt Mit der Entschlafung Mariens verbindet sich die christliche Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode Das kultische Handeln um Tod und Memoria war fur den Humilitantenorden von grosser Bedeutung denn mit dieser seelsorgerischen Tatigkeit waren wichtige Einnahmen verbunden die den Monchen durch Anteile am Nachla ss Verstorbener zukamen Als 1296 der innenstadtische Friedhof in Florenz aufgelost wurde zahlte der ausserhalb des Stadtzentrums gelegene Konvent von Ognissanti einige Jahre zu den wichtigsten Kirchen fur den Bestattungskult da sich in unmittelbarer Nahe ein grosser Friedhof befand der unbeschrankt ausgedehnt werden konnte 10 Provenienz BearbeitenAls das Tafelbild im 16 Jahrhundert aus der Ognissanti Kirche entfernt wurde wurde es an einen nicht naher bezeichneten Ort gebracht Die Spuren gingen bis etwa 1841 verloren schliesslich tauchte das Werk in der Sammlung von Joseph Kardinal Fesch wieder auf Es befand sich ausserdem in den Sammlungen Davenport Bromley und Langton Douglas 15 bevor es 1914 fur den Ankauf des Kaiser Friedrich Museumsvereins nach Berlin uberfuhrt wurde Erst 1920 jedoch wurde der Museumsverein zum rechtmassigen Eigentumer des Bildes Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Werk in das Salzbergwerk Merkers bei Kaiseroda in Thuringen ausgelagert nach Kriegsende gelang es schliesslich in den Central Collecting Point nach Wiesbaden Der Aufkleber Army No 89 auf der Ruckseite des Werkes bestatigt dies 1945 wurde das Werk von der amerikanischen Besatzung anlasslich einer Sonderausstellung nach Washington gesandt erst ab 1948 fand es wieder zuruck nach Wiesbaden und wurde bis 1952 in der Ausstellung Zuruckgekehrte Meisterwerke gezeigt Schliesslich fand das Werk wieder nach Berlin zuruck um dort in der Dahlemer Galerie ausgestellt zu werden Seit 1998 befindet es sich im neuen Museumsbau am Kulturforum Potsdamer Platz 16 Literatur BearbeitenEdi Bacceschi Giancarlo Vigorelli Klassiker der Kunst Das Gesamtwerk von Giotto Kunstkreis u a Luzern 1966 Miklos Bosvokits Erich Schleier Fruhe italienische Malerei Katalog der Gemalde Mann Berlin 1988 Darin zur Grablegung Mariae besonders S 56 61 Edward B Garrison Italian romanesque panel painting Olschki Florenz 1949 Julius von Schlosser Lorenzo Ghibertis Denkwurdigkeiten I Commentari Bd 1 Bard Berlin 1912 Michael Viktor Schwarz Giottus Pictor Bohle Wien 2008 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 128 159 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Die Grablegung Mariae Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Miklos Bosvokits Erich Schleier Fruhe italienische Malerei Mann Berlin 1988 S 59 Ident Nr 1884 Edward B Garrison Italian romanesque panel painting Olschki Florenz 1949 S 165 167 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 130 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 132 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 133 Miklos Boskovits Erich Schleier Fruhe italienische Malerei Mann Berlin 1988 S 57 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 145 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 146 a b Informationen zum Gemalde Die Grablegung Mariae Online Datenbank der Staatlichen Museen zu Berlin SMB Digital abgerufen am 22 Juni 2020 Julius von Schlosser Lorenzo Ghibertis Denkwurdigkeiten I Commentari Band 1 Bard Berlin 1912 S 36 Zitiert nach Schwarz Siehe hierzu Michael Viktor Schwarz Giottos Pictor Giottos Werke Band 2 s l Bohlau 2008 S 469 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 145 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 144 Edi Bacceschi Giancarlo Vigorelli Klassiker der Kunst Das Gesamtwerk von Giotto Kunstkreis u a Luzern 1966 S 112 Stefan Weppelmann Raum und Memoria Giottos Berliner Transitus Mariae und einige Uberlegungen zur Aufstellung der Maesta in Ognissanti Florenz In Stefan Weppelmann Hrsg Zeremoniell und Raum in der fruhen italienischen Malerei Imhof Petersberg 2007 S 133 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Grablegung Mariae amp oldid 226257437