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Unter Devastierung auch Devastation aus der lateinischen Sprache entlehnt vastus weit leer ode wird im Allgemeinen die Uberbeanspruchung Entwertung Zerstorung oder Verwustung von Landschaften Ortschaften oder einzelnen Bauwerken verstanden Dazu zahlen gravierende geookologische Eingriffe wie die Abholzung oder Uberbeanspruchung von Waldern die Trockenlegung von Moor Landschaften die Anlage von Tagebaugruben Abraum oder Bergehalden im Bergbau sowie Siedlungszerstorungen durch den Bau von Talsperren Soziologisch erweitert wurde der Begriff mit Blick auf innerstadtische Flachen deren vormalige Wohnbebauung im Rahmen des grossflachigen Wohnungsruckbaus siehe auch Stadtumbau abgerissen und beraumt wird was mitunter auch verharmlosend als Flachensanierungen bezeichnet wird Grossere Zerstorungen wurden in der Vergangenheit auch durch Kriegshandlungen Verbrannte Erde Brande oder Seuchen hervorgerufen Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen von Devastierungen 2 Beispiele fur Devastierungen 2 1 Waldzerstorung in Europa 2 2 Braunkohlebergbau in Deutschland 2 3 Stauseen 2 3 1 Deutschland 2 3 2 Schweiz 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseUrsachen von Devastierungen BearbeitenDer Mensch gestaltet erdweit seit Jahrtausenden intensiv das Landschaftsbild Landschaften wurden bereits in der Fruhzeit nicht nur anthropogen verandert sondern grossraumig degradiert bis hin zur Verwustung mit vollstandigem Nutzungsausfall Die meisten Landschaftszonen der Erde tragen diese Merkmale massiver anthropogener Einflussnahme und Pragung in sich Ubernutzung jenseits der jeweiligen regionalen Tragfahigkeit sind stets wiederkehrende Merkmale aller Kulturlandschaften in allen Landschaftszonen und in allen Siedlungsphasen 1 Beispiele fur Devastierungen BearbeitenWaldzerstorung in Europa Bearbeiten Starker Nutzungsdruck im Zeitraum vom Mittelalter bis zu fruhen Neuzeit fuhrte in Europa zu starken Veranderungen des ursprunglich vorhandenen Waldzustands 2 Dazu zahlen grossflachige Rodungen fur die damit verbundene Neugrundung von Siedlungen ebenso wie deren nachtragliches Wiederauflassen was Dorfruinen und Wustungen hervorrief Die zunehmend reduzierte Holzbodenflache musste als wichtigster Energie und Rohstofflieferant fur die anwachsende und zunehmend arbeitsteilig agierende Gesellschaft dienen Sie lieferte Heizenergie fur den Erzbergbau fur Glashutten Ziegelbrennereien fur den Hausbrand sowie das Baumaterial fur die aufbluhenden Stadte Urbanisierung Weiterhin fand ubermassiger Verbiss der Baume durch die in den Wald getriebenen Nutztiere statt Mit dem aufkommenden Manufakturwesen im 18 Jahrhundert erreichte die Waldverwustung in Mitteleuropa ihren Hohepunkt Die Folge war Verheerungen im Wald deren Auspragungen nach Auslaufen des Nutzungsdrucks dauerhaft sichtbar wurden Die jahrhundertelange Ubernutzung fuhrte zur Ausdunnung der Walder ubrig blieben Hutewalder Schalwalder Harzungen mit vergrasten lichten Flachen aus Stockausschlagen hervorgegangene Baumgruppen Birken und Weideanflug sowie Straucher bildeten die Waldbilder jener Zeit Gegen Ende des 18 Jahrhunderts erzwang der bedrohliche Holzmangel die Umstellung auf eine planmassige Forstwirtschaft Im Bestreben die devastierten Flachen moglichst rasch und risikolos mit leistungsfahigen Waldbestanden zu bestocken wurden die ursprunglich am Standort vorhandenen Laubholzer zugunsten von Nadelholzern vor allem von Fichte und Kiefer erheblich benachteiligt Hierfur waren die problemlose Bestandsbegrundung die geringe Umtriebszeit und die auf den meisten Standorten bessere Wuchsigkeit des Nadelholzes namentlich der Fichte massgebend 3 Naturwissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt fuhrte seither zu der Erkenntnis dass der Wald Wohlfahrtswirkungen hat Dazu gehoren die Speicherung Filterung und gleichmassigere Abflussverteilung der Niederschlage der Schutz vor Bodenerosion durch Wind oder Auswaschung die Eindammung der Lawinengefahr im Hochgebirge die Verminderung der Windgeschwindigkeiten die Dammung von Larmquellen die Filterung und Verbesserung der Luft als Bestandteil des Klimaschutzes Absorption von Kohlendioxid sowie der Sichtschutz Der Wald gilt somit als stabilisierendes Element innerhalb des Natur und Landschaftshaushalts Braunkohlebergbau in Deutschland Bearbeiten nbsp Tagebau Breitenfeld Wolteritz 1990Siehe auch Liste abgebaggerter Ortschaften Am haufigsten wird der Begriff Devastierung im Zusammenhang mit Ortsverlagerungen als Auswirkung des Braunkohlebergbaus verwendet Insbesondere die extensive Landschaftsinanspruchnahme der Grosstagebauforderung macht oft die Aufgabe von Siedlungen notwendig In den deutschen Braunkohlerevieren fanden bislang folgende Siedlungsverlagerungen statt Lausitzer Braunkohlerevier Devastierung von 135 Siedlungen Umsiedlung von 27 500 Einwohnern davon 103 Siedlungen und 22 200 Einwohner in Brandenburg und 32 Siedlungen und 5 300 Einwohner in Sachsen Mitteldeutsches Braunkohlerevier Devastierung von 126 Siedlungen Umsiedlung von 51 200 Einwohnern davon 72 Siedlungen und 23 000 Einwohner in Sachsen 40 Siedlungen und 26 200 Einwohner in Sachsen Anhalt und 4 Siedlungen und 2 000 Einwohner in Thuringen Rheinisches Braunkohlerevier 47 Siedlungen und 28 400 Einwohner Helmstedter Braunkohlerevier 4 Siedlungen und 2 850 Einwohner 4 nbsp Abriss Hornos Tagebau Janschwalde nbsp Das vor dem Abriss stehende Grossgrimma Tagebau Profen nbsp Abriss und Einebnung Alt Otzenraths Tagebau Garzweiler nbsp Tagebau Garzweiler Darstellung des kunftigen Abbaugebietes mit den noch zu devastierenden Orten nbsp Protest gegen die geplante Devastierung von Holzweiler durch den Tagebau GarzweilerInsgesamt fielen dem deutschen Braunkohlenbergbau damit seit Beginn des 20 Jahrhunderts 312 Siedlungen zum Opfer 109 950 Einwohner wurden umgesiedelt Ein Grossteil der devastierten Orte entfiel auf die Reviere in der DDR da hier der Braunkohlenbergbau aus Autarkiegrunden nur wenig Rucksicht auf die gewachsene Kulturlandschaft mit ihren teils jahrhundertealten Siedlungen nehmen durfte In den auch als verlorene Orte bezeichneten uberbaggerten Ortschaften wohnten im Mitteldeutschen Revier wie in Magdeborn bis zu 3 200 Einwohner Zur Fortfuhrung des Braunkohleabbaus uber 1990 hinaus wurden aber bereits Planungen zur Umsiedlung von Kleinstadten wie Zwenkau und Pegau mit uber 7 000 Einwohnern erarbeitet Auch in der Oberlausitz existierten Planungen fur die Uberbaggerung von weiten Teilen Zittaus Die Beispiele Heuersdorf und Horno machen deutlich dass der Braunkohlenbergbau auch heute noch Eingriffe in das Siedlungsnetz notwendig macht Dabei zeigen die in beiden Fallen gefuhrten langwierigen Prozesse aber auch dass die Bemuhungen zu sozialvertraglichen Umsiedlungen nicht zwangslaufig akzeptable Umsiedlungsverfahren wie im Falle der Gemeinde Grossgrimma hervorrufen nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp Heuersdorf und der Tagebau Vereinigtes Schleenhain im Mai 2009 In anderen europaischen Braunkohlenbergbaugebieten waren ebenfalls vergleichbare Devastierungen zu verzeichnen wobei das dicht besiedelte nordbohmische Braunkohlerevier besonders betroffen war Hier erfolgten im 20 Jahrhundert grossflachige Eingriffe in das Siedlungsnetz denen allein im Abbaugebiet um Most Brux 33 Siedlungen zum Opfer fielen Etwa 46 000 Menschen wurden umgesiedelt Markant war dabei vor allem der Abriss der Moster Altstadt und die weltweit beachtete und technisch anspruchsvolle Versetzung der Dekanatskirche auf einen ausgekohlten Restpfeiler Auch andere Bergbauzweige konnen Devastierungen von Siedlungen verursachen Beispielhaft sei hier auf die Uranerzforderung der SDAG Wismut hingewiesen der in der sachsisch thuringischen Uranprovinz vier Siedlungen in Ganze und weitere neun Siedlungen zum Teil zum Opfer fielen Die Kosten fur die Sanierung der Bergbaufolgelandschaften werden auch Ewigkeitslasten genannt Ein filmisches Zeugnis bietet der preisgekronte deutsche Dokumentarfilm Land am Wasser 2015 Stauseen Bearbeiten Deutschland Bearbeiten Bei der Flutung des Edersees wurden die Dorfer Asel Berich und Bringhausen die im Tal der Eder lagen zerstort Von den Dorfern Nieder Werbe und Herzhausen wurden Teile uberflutet Bei der Flutung der Biggetalsperre wurden mehr als 20 Ortschaften oder Weiler uberflutet Bei der Flutung des Mohnesees versank der ehemalige Ort Kettlersteich vollkommen im Wasser Das Dorf Delecke Alt Delecke wurde ebenfalls zum grossten Teil geflutet Bei der Flutung des Obernausees wurden die Ortschaften Obernau und Nauholz sowie ein Teil von Brauersdorf durch das aufgestaute Wasser zerstort Fur den Bau der Wiehltalsperre wurden ab Mitte der 1960er die Dorfer Auchel Berg Dresbach Finkenrath Hohl Jagerhaus Niederodenspiel Nothausen Sprenklingen Striesshard und Ufersmuhl geschleift Schweiz Bearbeiten Hauptartikel Liste von durch Stauseen uberfluteten Orten in der SchweizLiteratur BearbeitenAkademie fur Raumforschung und Landesplanung Hrsg Braunkohlenplanung und Umsiedlungsproblematik in der Raumordnungsplanung Brandenburgs Nordrhein Westfalens Sachsens und Sachsen Anhalts ARL Arbeitsmaterial Band 265 Hannover 2000 Andreas Berkner Bergbaubedingte Ortsverlegungen in den mitteldeutschen Braunkohlenrevieren und ihre Folgen fur die Siedlungs und Bevolkerungsstruktur In Hallesches Jahrbuch fur Geowissenschaften Bd 16 Halle 1994 Seite 113 128 Andreas Berkner Braunkohlenbergbau und Siedlungsentwicklung in Mitteldeutschland Gratwanderung zwischen Aufschwung Zerstorung und neuen Chancen In Dachverein Mitteldeutsche Strasse der Braunkohle Hrsg Braunkohlenbergbau und Siedlungen Leipzig 2001 S 8 19 ISBN 3 9807201 3 6 Konrad Billwitz Das nordbohmische Braunkohlenbecken Probleme seiner landeskulturellen Entwicklung In Wissenschaftliche Zeitschrift der Universitat Halle Heft 4 1977 Halle 1977 S 83 103 Frank Forster Verschwundene Dorfer Die Ortsabbruche des Lausitzer Braunkohlenreviers bis 1993 In Schriften des Sorbischen Instituts Bd 8 Domowina Verlag Bautzen 1995 ISBN 3 7420 1623 7 B Griehl Wird die Umweltbelastung bewusst in Kauf genommen Devastierung und Rekultivierung in Nordbohmen und Nordmahren In Geographie heute Heft 10 1982 Seite 52 59 Weblinks BearbeitenUbersichtskarte devastierter Orte in Deutschland bei IGZD Liste devastierter Orte in Deutschland Memento vom 15 Juli 2017 im Internet Archive Liste bergbaulich devastierter Orte in der DDR Orte mit gleichem Schicksal Schlenk www culmitzsch de Facharbeit uber die okologischen Auswirkungen im Nordbohmischen Braunkohlenbecken Memento vom 8 Oktober 2007 im Internet Archive PDF 45 kB Dorothee Lange Gymnasium Odenthal Einzelnachweise Bearbeiten Jorg Volkel Landschaftwandel Anthropogene Devastierung und naturliche Regeneration In TERRA NOSTRA Schriften der GeoUnion Alfred Wegener Stiftung Hrsg Prof Dr Rolf Emmermann Prasident der GeoUnion Alfred Wegener Stiftung Juli 2009 abgerufen am 23 Juni 2023 Glossar Devastierung Landschaftsverband Westfalen Lippe abgerufen am 23 Juni 2023 Lexikon der Biologie Wald In Spektrum der Wissenschaft Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1999 abgerufen am 23 Juni 2023 Gesamtbilanz Stand 2001 nach Andreas Berkner Braunkohlenbergbau und Siedlungsentwicklung in Mitteldeutschland Gratwanderung zwischen Aufschwung Zerstorung und neuen Chancen In Dachverein Mitteldeutsche Strasse der Braunkohle Hrsg Braunkohlenbergbau und Siedlungen Leipzig 2001 ISBN 3 9807201 3 6 S 8 19 Normdaten Sachbegriff GND 7515818 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Devastierung amp oldid 235100451