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Karl Herzog von Orleans 24 November 1394 in Paris 5 Januar 1465 in Amboise war Herzog von Orleans Graf von Valois Blois Dunois und Vater des spateren Konigs Ludwig XII Heute ist er in Frankreich vor allem als bedeutendster Lyriker der Zeit um 1430 bekannt Charles de Orleans im Wappen und Statutenbuch des Ordens vom Goldenen Vlies Den Haag KB 76 E 10 fol 57r Inhaltsverzeichnis 1 Jugend 2 Gefangenschaft in England 3 Ruckkehr nach Frankreich 4 Literarisches Schaffen 5 Ehen und Nachkommen 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseJugend BearbeitenKarl war Enkel des Konigs Karl V und altester der drei ehelichen Sohne von Herzog Ludwig von Orleans des ehrgeizigen jungeren Bruders von Konig Karl VI Seine Mutter war Valentina Visconti Tochter von Herzog Gian Galeazzo Visconti von Mailand Sein Vater Ludwig gefiel sich in der Rolle des Mazens und so kam Karl fruh mit Kunst und Literatur in Beruhrung Ebenso fruh allerdings wurde sein Leben meist schmerzhaft von der Politik bestimmt So wurde er am 4 Juni 1404 nicht einmal zehnjahrig im Sinne dynastischer Interessen mit seiner funf Jahre alteren Cousine Isabella verlobt die ihrerseits schon Witwe des abgesetzten und 1400 ermordeten Konigs Richard II von England war Sie brachte die erhebliche Mitgift von 500 000 Francs in die am 29 Juni 1406 geschlossene Ehe ein starb aber schon am 13 September 1409 drei Jahre nach der Hochzeit bei der Geburt einer Tochter 1407 verlor Karl seinen Vater der auf offener Strasse erstochen wurde von Auftragsmordern des Herzogs Johann Ohnefurcht von Burgund der mit ihm um die Regentschaft fur den geistesgestorten Karl VI stritt 1408 verlor er durch Krankheit auch seine Mutter die vergeblich die Bestrafung der Morder und ihres Anstifters gefordert hatte Somit war er mit knapp 15 schon Vollwaise Vater einer Tochter Witwer und daruber hinaus Familienchef fur seine jungeren Bruder und einen ausserehelich von seinem Vater gezeugten Halbbruder den spateren Heerfuhrer Dunois Zwar bewies er erstmals sein literarisches Talent als er in einem Rundbrief an die Stadte Frankreichs Suhne forderte doch war er zu jung und von seinem Naturell her ungeeignet die Rolle eines Rachers zu ubernehmen Dies tat der energische Graf Bernard von Armagnac der eine Partei fur ihn organisierte wobei er ihn zugleich mit seiner elfjahrigen Tochter Bonne verheiratete 1410 Uber mehrere Jahre zogen sich Verhandlungen und burgerkriegsartige Kampfe hin bis die Armagnacs 1413 vorlaufig siegten und in Paris einzogen siehe auch Burgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons Nachdem Karl den ihm rangmassig zustehenden hohen Platz am Pariser Hof eingenommen und seine junge Frau Bonne dorthin geholt hatte begann er um 1414 zu dichten und zwar Balladen an sie in die er sich nach Vollzug der Ehe ganz offenbar verliebt hatte Es sind Gedichte die die Konventionen der hofischen Lyrik kunstvoll befolgen und dennoch sehr personlich wirken Ebenfalls seine Verliebtheit spiegelt die gereimte Traumerzahlung La Retenue d Amours Die Aufnahme in den Lehensdienst Amors nbsp Die territoriale Situation unter Karl VII im Jahre 1429 von Philipp III Herzog von Burgund kontrollierte Gebiete von Heinrich VI englischer Konig kontrollierte Gebiete von Karl VII franzosischer Konig kontrollierte Gebiete Orte wichtiger Schlachten rotgestrichelt englische Invasion 1415 blaugestrichelt Expedition Jeanne d Arcs nach Reims 1429Gefangenschaft in England Bearbeiten nbsp Charles gefangen im Tower of London Eine Buchmalerei des spaten 15 Jahrhunderts Darstellung im Manuskript Royal 16 F ii 1415 landete ein englisches Heer in Frankreich zu einem der Beutezuge aus denen der Hundertjahrige Krieg weitgehend bestand Auf dem herbstlichen Ruckzug Richtung Boulogne und England wurde es bei Azincourt von einem uberlegenen franzosischen Ritterheer gestellt besiegte dieses aber dank seiner Bogenschutzen Karl der einer der franzosischen Anfuhrer war wurde gefangen genommen und nach England gebracht wo er 25 Jahre lang als Geisel der englischen Konige Heinrich V bzw Heinrich VI festgehalten wurde Eine wichtige Rolle spielte hierbei dass er in der Liste der franzosischen Thronanwarter weit oben stand und man ihn als Faustpfand einzusetzen gedachte in Verhandlungen mit seinem Cousin dem Dauphin und dann ab 1422 Konig Karl VII Dieser zeigte jedoch keinerlei Interesse daran etwas fur Karl zu tun und schon gar nicht nachdem sich das Kriegsgluck dank Jeanne d Arc zu seinen Gunsten gewendet hatte Wahrend dieser Zeit die Karl auf verschiedenen Burgen bei haufig wechselnden Gastgebern Bewachern in nur lockerem Briefkontakt mit der Heimat verlebte dichtete er zunachst weiter Balladen die in sehr authentischer Weise uberwiegend um die Themen Liebe Trennung Sehnsucht und Heimweh kreisen Spater nachdem sich seine Hoffnungen auf einen moglichen Besuch seiner Gattin Bonne in England zerschlagen hatten und er 1432 erneut Witwer geworden war verfasste er auch Chansons zum Teil in englischer Sprache an eine englische Dame in die er sich verliebt hatte Nachdem diese aus seiner Umgebung entfernt worden war und 1437 auch ein Eheprojekt mit der verwitweten Margarete von Savoyen gescheitert war schrieb Karl frustriert die Traumerzahlung Songe en complainte Traumerzahlung in Form einer Klage die eine Art Gegenstuck zur Retenue von einst darstellt und worin er Amor um Entlassung bittend Verzicht gelobt auf alles was mit Liebe zu tun hat Ruckkehr nach Frankreich Bearbeiten1440 endlich wurde Karl der seine Nutzlosigkeit als Faustpfand erwiesen hatte gegen ein enormes Losegeld freigelassen Er bekam es von seinem Cousin zweiten Grades und Sohn des 1419 selbst ermordeten Morders seines Vaters Herzog Philipp dem Guten von Burgund vorgestreckt Dieser verheiratete ihn zugleich um ihn noch enger an sich zu binden mit einer Nichte der 14 jahrigen Maria von Kleve und nahm ihn in den Orden vom Goldenen Vlies auf Karl hatte bei seiner Heimkehr gehofft er konne als Friedensstifter zwischen den Kronen Englands und Frankreichs tatig werden daruber hinaus das mit England verbundete praktisch souveran gewordene Herzogtum Burgund wieder an Frankreich heranfuhren und insgesamt eine seinem hohen Status gemasse Position neben seinem Cousin Karl VII einnehmen Doch scheiterte er an dem Misstrauen das dieser ihm als vermeintlichem Sympathisanten Burgunds entgegenbrachte Auch die Versuche die Karl 1447 48 unternahm seine von der Mutter geerbten Anspruche auf das Herzogtum Mailand durchzusetzen blieben mangels militarischer und diplomatischer Unterstutzung durch Karl VII erfolglos Er zog sich deshalb enttauscht fast vollig auf sein Schloss in Blois zuruck Hier verarbeitete er seine wechselnden oft depressiven Stimmungen und Gedanken in zahlreichen Balladen und mehr und mehr in Rondeaus die wie Blatter eines poetischen Tagebuchs wirken dabei aber virtuos alle Moglichkeiten der Gattung ausschopfen Zugleich versuchte er nicht ohne Erfolg seinen Hof zu einem literarischen Zentrum zu machen indem er Hoflinge und Freunde sowie seine Frau zum Versemachen anhielt und Dichter aus ganz Frankreich zu kurzeren und langeren Besuchen beherbergte darunter Olivier de la Marche Georges Chastellain Jean Meschinot und Ende 1457 auch Francois Villon von dem er sich allerdings rasch im Unfrieden getrennt zu haben scheint 1457 1459 und 1462 wurde Karl noch Vater zweier Tochter und eines Sohnes nachdem er sein Verzichtgelobnis das er 16 Jahre lang offensichtlich eingehalten hatte endlich doch gebrochen und die Ehe mit seiner Frau Maria vollzogen hatte Er erkrankte und starb Anfang 1465 in Amboise auf der winterlichen Heimreise von einem Furstentreffen in Tours wo er vom neuen Konig Ludwig XI offentlich gedemutigt worden war Schon einige Jahre zuvor hatte er anscheinend bald nach dem Zerwurfnis mit Villon der Dichtkunst den Abschied erklart Sein Sohn ubernahm 1498 als Ludwig XII die Konigskrone von seinem ohne mannlichen Erben verstorbenen Neffen zweiten Grades Karl VIII Literarisches Schaffen BearbeitenGegen 1445 d h wenige Jahre nach seiner Heimkehr hatte Karl seine ab 1414 in den verschiedensten Lebenslagen in Paris England und Blois verfassten Gedichte und Dichtungen von einem Kalligraphen in ein Sammelmanuskript kopieren lassen In dieses liess er anschliessend von seinen Sekretaren auch seine jeweils neuen Balladen und Rondeaus sowie die Gedichte von Hoflingen und Gasten eintragen was er gelegentlich auch selber tat oder die betreffenden Autoren tun liess Viele dieser jungeren Texte sind Repliken auf den oder die jeweils vorangehenden stehen also zu zweit oder mehreren in einem thematischen und oft auch konkreten situativen Zusammenhang Bekannt ist vor allem der Block von elf Balladen zum Thema Durst an der Quelle der offenbar Ende 1457 aus einem hofischen Wettdichten hervorging Das Manuskript ist erhalten und uberliefert aller Wahrscheinlichkeit nach die einzigen Villon zuschreibbaren Autographen Zwar trifft sein heutiges Image als des ersten franzosischen Dichters von Naturlyrik nur sehr teilweise zu doch ist Charles d Orleans wie er in der Literaturgeschichte heisst einer der authentischsten und formvollendetsten sowie daruber hinaus auch produktivsten franzosischen Lyriker des ausgehenden Mittelalters Er kann als Vollender der mittelalterlichen Kunstform der hofischen Lyrik in Frankreich gelten Im deutschsprachigen Raum ist er praktisch unbekannt Vereinzelte Gedichte wurden aus dem Franzosischen ubertragen von Georg Holzer Drei Balladen 1 und Ralph Dutli der in der Rubrik Frankfurter Anthologie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Charles d Orleans Rondeau 225 Im Wald des Langen Wartens En la forest de Longue Actente vorstellte und kommentierte 2 nbsp Die Urkunde von Karls Vater Herzog Ludwig von Orleans vom 5 Juni 1404 betreffend die Konditionen der Heirat Karls mit Isabella von Valois Paris Archives nationales J 359 Nr 26Ehen und Nachkommen BearbeitenAm 29 Juni 1406 wurde Karl verheiratet mit seiner Cousine Isabella von Valois 1389 1409 Tochter von Konig Karl VI und Witwe von Konig Richard II von England Ihre gemeinsame Tochter Johanna 1409 1432 die Karl nach 1415 nicht mehr wiedersah wurde ohne seine Zustimmung von Konig Karl VII mit Herzog Johann II von Alencon verheiratet 1410 liess sich Karl in zweiter Ehe mit Bona Bonne von Armagnac 1395 1430 35 verheiraten Tochter des Grafen Bernhard VII Die Ehe blieb kinderlos 1440 heiratete er in dritter Ehe Maria von Kleve 1426 1486 Tochter des Herzogs Adolf I Nach 16 Jahren Kinderlosigkeit wurde Maria schliesslich noch Mutter von Marie 1457 1493 Johann von Foix Graf von Etampes Ludwig XII 1462 1515 1 1476 1498 Johanna von Frankreich 2 1499 1514 Anna von Bretagne 3 1514 1515 Mary Tudor Anna 1464 1491 Abtissin von Fontevrault ab 1477 Siehe auch BearbeitenHerzog von OrleansLiteratur BearbeitenHella S Hasse Wald der Erwartung Das Leben des Charles von Orleans 1 Auflage Verlag Wunderlich Marz 1993 Raphael de Smedt Hrsg Les chevaliers de l ordre de la Toison d or au XVe siecle Notices bio bibliographiques 2 verbesserte Auflage Peter Lang Frankfurt 2000 ISBN 3 631 36017 7 S 86 f Kieler Werkstucke D 3 Gert Pinkernell Francois Villon et Charles d Orleans 1457 a 1461 D apres les Poesies diverses de Villon Studia Romanica Band 79 Winter Heidelberg 1992 ISBN 3 533 04526 9 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Charles Herzog von Orleans Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien www valois org das Konigliche Haus Valois Karl I Herzog von Orleans 1407 1465 Auszuge aus Lexikon des Mittelalters u a private Webseite Gert Pinkernell Charles d Orleans In Namen Titel und Daten der franzosischen Literatur Ein chronologisches Repertorium wichtiger Autoren und Texte von 842 bis ca 1960 3 Ausgabe als elektronische Publikation der UB Wuppertal 2014 Hauptquelle Einzelnachweise Bearbeiten Sinn und Form Beitrage zur Literatur Hrsg von der Akademie der Kunste Berlin 2015 3 Heft Mai Juni S 364 366 Frankfurter Allgemeine Zeitung Literarisches Leben 1 Juni 2019 Nr 126 S 18 auf der Website von Ralph Dutli VorgangerAmtNachfolgerLouisHerzog von OrleansHerzog von ValoisGraf von Blois nbsp 1407 1465Louis spater als Ludwig XII Konig von Frankreich LouisGraf von Dunois 1407 1439Jean de DunoisLouisGraf von Soissons 1407 1412Robert de MarleNormdaten Person GND 119021439 lobid OGND AKS LCCN n50036473 VIAF 79731711 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Charles de Valois duc d OrleansALTERNATIVNAMEN Charles d Orleans Karl von OrleansKURZBESCHREIBUNG franzosischer DichterGEBURTSDATUM 24 November 1394GEBURTSORT ParisSTERBEDATUM 5 Januar 1465STERBEORT Amboise Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Charles de Valois duc d Orleans amp oldid 236799469