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Die Kalabarbohne auch Gottesurteilbohne Physostigma venenosum ist eine Pflanzenart in der Unterfamilie der Schmetterlingsblutler Faboideae Sie ist in Westafrika beheimatet und vor allem auf Grund ihrer Giftigkeit bekannt KalabarbohneKalabarbohne Physostigma venenosum SystematikOrdnung Schmetterlingsblutenartige Fabales Familie Hulsenfruchtler Fabaceae Unterfamilie Schmetterlingsblutler Faboideae Tribus PhaseoleaeGattung PhysostigmaArt KalabarbohneWissenschaftlicher NamePhysostigma venenosumBalf Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Vorkommen 3 Inhaltsstoffe der Samen 4 Nutzung 5 Kulturgeschichte 6 Systematik 7 Etymologie 8 Quellen 8 1 Literatur 8 2 Einzelnachweise 9 WeblinksBeschreibung Bearbeiten nbsp Kalabarbohnen sind mehrjahrige Kletterpflanzen mit verholzendem Stamm Lianen die eine Lange von bis zu 15 Meter erreichen Der Stammdurchmesser betragt bis zu 5 Zentimeter Die wechselstandigen und gestielten Laubblatter sind unpaarig dreiteilig gefiedert Die Blattchenspreiten sind eiformig und zugespitzt Die ganzrandigen Blattchen sind kurz gestielt und es sind kleine Nebenblattchen und Nebenblatter vorhanden Die seitenstandigen gestielten und herabhangenden vielblutigen traubigen Blutenstande sind lang Die zickzackformige Rhachis ist mit knollchenformigen Knoten ubersat Die Tragblatter fallen in einem fruhen Stadium der Anthese ab Die typischen bis 2 5 Zentimeter langen Schmetterlingsbluten sind schneckenartig eingerollt Schiffchen und Flugel der Bluten sind dunkelpurpurfarben Die Fahne ist gefaltet zuruckgebogen und von hellerer Farbung Schiffchen und Flugel sind fast vollstandig von der Fahne verdeckt Das Schiffchen ist an der Spitze spiralig verdreht Der Stempel hat einen gestielten Fruchtknoten mit einem schlanken Griffel der mit dem Schiffchen gebogen ist Er ist oben auf der Innenseite bartartig behaart Der Griffel hat eine geweitetes dreieckiges flugelartiges Anhangsel hinter der Narbe Es ist ein Diskus vorhanden Die dicken braunen und bespitzten Hulsenfruchte sind bis zu 15 17 Zentimeter lang Jede Frucht enthalt zwei oder drei Samen Die tief schokoladenbraunen Samen sind bei einer Lange von etwa 2 5 Zentimeter schwach nierenformig mit abgerundeten Enden Die Oberflache ist glatt und teilweise glanzend An der Stelle wo der Samen an der Plazenta angewachsen war bleibt eine langliche rinnige Narbe zuruck Hilum 1 Die Fruchte schwimmen und die Ausbreitung der Diasporen findet so hydrochor statt Vorkommen BearbeitenSie ist in einem kleinen Gebiet am Golf von Guinea und im Mundungsdelta des Calabar Flusses Cross River Astuar im Bundesstaat Cross River in Nigeria endemisch 2 Sie ist beispielsweise in Indien und Brasilien ein Neophyt 1 Die Kalabarbohne wachst an Flussufern haufig sogar im flachen Wasser im tropischen Regenwald wo sie an Baumen rankt Inhaltsstoffe der Samen BearbeitenDie Samen der Kalabarbohne sind sehr stark giftig Die Giftstoffe finden sich ausschliesslich in den Samen und dort fast ausschliesslich in den Kotyledonen Alle anderen Pflanzenteile sind ungiftig 3 4 Hauptwirkstoffe der Samen sind 0 3 0 5 Alkaloide mit 0 15 Physostigmin Geneserin als Haupt und Nebenalkaloide Eseramin und Physovenin 3 Der fruher Calaborin genannte Bestandteil stellt eine Mischung von Spaltprodukten dar Eine Identitat mit Isophysostigmin konnte nicht bestatigt werden es wurden aber die zwei Nebenalkaloide Calabatin und Calabacin identifiziert Vergiftungserscheinungen Die Wirkung der Kalabarbohnen beruht auf deren Gehalt an Alkaloiden Das Physostigmin und das Physovenin hemmen die Acetylcholinesterase wahrend Geneserin und Eseramin unwirksam sind 3 Nach Einstaubung einer zu grossen Dosis von Physostigmin in den Bindhautsack traten ein mit starkes Unwohlsein Schweissausbruch Zittern der Glieder und beschleunigte Herztatigkeit auf Am nachsten Tag waren die Symptome abgeklungen jedoch zeigten sich als weitere Folgen Entzundung und Katarrh der ganzen Luftwege Membranen an den Bindehauten beider Augen und am Kehlkopf und dementsprechend trat Heiserkeit auf Vergiftungen mit Physostigmin sind selten bekannt geworden es wurde aber eine Vergiftung durch Injektion mit Physostigminsulfat beschrieben Einige Minuten nach Verabreichung der Injektion stellten sich Krampfe in den Armen und Beinen ein und im Gesicht traten Muskelzuckungen auf Im Laufe einiger weiterer Minuten wurde der Patient blau die Atmung wurde Immer schwacher Stunde nach der Injektion horten Atmung und Herztatigkeit ganz auf Die Samen der Kalabarbohne enthalten Starke 48 Prozent Schleimstoffe Proteine 23 Prozent Fette 2 3 Prozent und Salze hauptsachlich Pottasche Die Samen enthalten etwas mehr als 1 Prozent 5 an Alkaloiden Bedeutend ist das Indolalkaloid Physostigmin das von Julius Jobst und Oswald Hesse im Jahr 1864 aus einer Kalabarbohne isoliert wurde 6 Ein Jahr spater 1865 isolierten Amedee Vee und Manuel Leven den Stoff unabhangig davon und nannten ihn Eserin Erich Harnack und Ludwig Witkowski entdeckten im Jahr 1876 ein zweites Alkaloid in der Kalabarbohne und nannten es Calabrin Calabrin ist dem Strychnin nicht unahnlich 3 Diese beiden Gifte finden sich ausschliesslich in den Samen der Pflanze und dort fast ausschliesslich in den Kotyledonen 3 Nutzung BearbeitenExtrakte aus der Kalabarbohne lateinisch Semen Calabar oder Semen Physostigmatis wurden in der Vergangenheit in der Augenheilkunde als Miotikum zur Pupillenverengung eingesetzt In der europaischen Medizin wird sie erstmals im Jahr 1855 als Miotikum erwahnt Auch ist Physostigmin ein wirksames Gegengift bei Atropin Vergiftungen 7 Kalabarbohnen wurden auch als Cholinergikum Parasympathomimetikum eingesetzt da Physostigmin als ein Acetylcholinesterase Inhibitor wirkt 8 Kulturgeschichte BearbeitenDer erste Europaer der an Kalabarbohnen gelangte war im Jahr 1846 William Freeman Daniell Zuvor wurden die Bohnen von den Eingeborenen als Geheimnis gehutet und nicht an Weisse weitergegeben Der jeweilige Konig oder Stammesfuhrer hatte das Monopol auf die Bohnen Wilde Exemplare wurden ausgerissen und die Bohnen waren sehr teuer Die Bohnen wurden vor allem von den Efik 9 verwendet aber augenscheinlich auch gehandelt da von ahnlichen Ritualen mit Kalabarbohnen auch aus Nord Nigeria 10 berichtet wird Die Bohne wurde mutmasslichen Verbrechern verabreicht um ein Gottesurteil herbeizufuhren Etwa die Halfte der Personen starb sehr schnell an dem Samen was als Beweis fur die Schuld desjenigen angesehen wurde Musste sich der Delinquent jedoch ubergeben wurgte den Samen heraus und uberlebte galt er als unschuldig Musste er sich nicht ubergeben bekam lediglich Durchfall und uberlebte galt er als schuldig und wurde als Sklave verkauft Die blosse Androhung dieser Form des Gottesurteils galt als so abschreckend dass die Beschuldigten haufig auch bei Unschuld lieber gestanden und eine Wiedergutmachung leisteten Ahnliche Rituale sind aus Madagaskar bekannt wo die giftige Nussfrucht von Tanghinia venenata verwendet wurde Auch in Sierra Leone gab es einen vergleichbaren Ritus Hier wurde ein giftiger Tee aus der Rinde von Erythrophlaeum guineense verwendet Eine andere Verwendung der Kalabarbohnen lag in einer Form des Duells Hierbei wurde ein Same in zwei Halften geteilt und von beiden Teilnehmern gegessen Nicht selten verstarben allerdings beide Kontrahenten Systematik BearbeitenPhysostigma venenosum wurde im Jahr 1860 von John Hutton Balfour erstbeschrieben Es ist die Typusart der Gattung Physostigma Etymologie BearbeitenDer wissenschaftliche Name der Art venenosum stammt aus dem lateinischen und bedeutet giftig Der Gattungsname Physostigma ist aus dem altgriechischen fysa physa Blase und stigma stigma Narbe zusammengesetzt was in der flugelartige Verlangerung hinter der Narbe begrundet liegt die bei einigen Arten der Gattung blasenartig ausgepragt ist Der Trivialname Kalabarbohne hat ihren Namen nach ihrem Standort am Calabar Fluss Diese Art wird auch Gottesurteilsbohne genannt was in den kulturgeschichtlichen Ritualen begrundet ist Quellen BearbeitenDie Informationen im Kapitel Beschreibung entstammen wenn nicht anders angegeben den Quellen Lloyd 1897 und Felter amp Lloyd 1898 Fur das Kapitel Inhaltsstoffe der Samen diente wenn nicht anders angegeben Felter amp Lloyd 1898 als Hauptquelle Fur das Kapitel Kulturgeschichte wurde wiederum wenn nicht anders vermerkt Lloyd 1897 verwendet Literatur Bearbeiten John Uri Lloyd Physostigma venenosum Calabar In The Western Druggist Chicago Juni 1897 englisch swsbm com PDF Harvey Wickes Felter John Uri Lloyd Physostigma In King s American Dispensatory 18 Auflage Ohio Valley Co Cincinnati 1898 englisch henriettes herb com Robert Bentley Henry Trimen Medical Plants Vol II J amp A Churchill 1880 Nr 80 Einzelnachweise Bearbeiten a b M Grieve Calabar Bean In botanical com Abgerufen am 18 August 2011 Lloyd 1897 S 2 a b c d e Lutz Roth Max Daunderer Kurt Kormann Giftpflanzen Pflanzengifte Vorkommen Wirkung Therapie allergische und phototoxische Reaktionen Mit Sonderteil uber Gifttiere 6 uberarbeitete Auflage Sonderausgabe Nikol Hamburg 2012 ISBN 978 3 86820 009 6 John Uri Lloyd Physostigma venenosum Calabar In The Western Druggist Chicago Juni 1897 englisch swsbm com PDF Calabar Bean In Encyclopaedia Britannica 11 Auflage London 1911 englisch wikisource Grete Ronge Hesse Oswald In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 20 f Digitalisat Gerhard Madaus Calabar Physostigma venenosum Calabarbohne Leguminosae In Lehrbuch der Biologischen Heilmittel 1938 henriettes herb com Alex Proudfoot The early toxicology of physostigmine a tale of beans great men and egos In Toxicological Reviews Band 25 Nr 2 2006 S 99 138 englisch abstract Rosalind I J Hackett Religion in Calabar the religious life and history of a Nigerian town Walter de Gruyter amp Co 1989 ISBN 3 11 011481 X S 38 ff englisch eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche A H M Kirk Greene On Swearing An Account of Some Judicial Oaths in Northern Nigeria In Africa Journal of the International African Institute Band 25 Nr 1 Januar 1955 S 43 53 JSTOR 1156895 englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kalabarbohne Physostigma venenosum Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kalabarbohne amp oldid 236707520