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Vier britische Sperrgebiete dienten nach dem Zweiten Weltkrieg in Niedersachsen und in Schleswig Holstein der Internierung von Soldaten der Wehrmacht und der Waffen SS Inhaltsverzeichnis 1 Auffangraume 2 Status der Gefangenen 3 Grenzuberwachung 3 1 Selbstverwaltung 3 2 Unterbringung und Verpflegung 4 Sperrgebiet G 5 Sperrgebiet F 5 1 Ordnung 5 2 Medizinische Versorgung und Hygiene 5 3 Entlassungen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAuffangraume Bearbeiten Hauptartikel bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht Mit der Teilkapitulation im Nordwesten am 4 Mai 1945 auf dem Timeloberg bei Wendisch Evern endeten in Norddeutschland alle Kampfhandlungen 1 Dort in den Niederlanden und in Danemark gerieten fast zwei Millionen deutsche Soldaten in britischen Gewahrsam Fur sie wurden vier Auffangraume eingerichtet 2 I Ostfriesland in diesem westlichen Internierungsgebiet zwischen Westfriesland Nordsee und Ems Jade Kanal wurden 180 000 Kriegsgefangene zusammengezogen II Das mittlere Internierungsgebiet war das Elbe Weser Dreieck Cuxhaven peninsula mit 260 000 Kriegsgefangenen III Das Internierungsgebiet G umfasste den Kreis Eiderstedt den Kreis Norderdithmarschen und den Kreis Suderdithmarschen Nach der Entlassung von 410 000 Kriegsgefangenen wurde der Internierungsraum Dithmarschen Eiderstedt am 12 Oktober 1945 aufgelost IV Das Internierungsgebiet F war Ostholstein ohne Fehmarn Nach der Entlassung von 570 000 Kriegsgefangenen wurde das Sperrgebiet am 21 Marz 1946 aufgelost Status der Gefangenen BearbeitenDie Briten bezeichneten die Kriegsgefangenen als Surrendered Enemy Personnel SEP Die volkerrechtswidrige Verweigerung des Kriegsgefangenenstatus war bereits im Dezember 1943 auf der Konferenz von Jalta festgelegt worden Nach der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Konventionen hatten Kriegsgefangene das Recht auf unmittelbare Entlassung nach Beendigung der Kampfhandlungen und auf eine Versorgung wie sie den Soldaten der Gewahrsamsmacht zukam Die Umgehung dieser Vorschriften sollte die Suche nach Kriegsverbrechern erleichtern Auch erlaubte der SEP Status die fortbestehende deutsche Kommandostruktur bei der Auflosung der Kriegsmarine und anderer Militarverbande einzusetzen Die Gefangenen waren nicht rechtlos konnten sich aber nicht auf die Genfer Konvention berufen 2 Siehe auch Automatischer ArrestGrenzuberwachung BearbeitenDie Gefangenen waren grossraumig verteilt und hatten in den Sperrzonen weitgehende Bewegungsfreiheit Die Briten hatten sich zuruckgezogen und beschrankten sich auf gelegentliche Kontrollfahrten Der Zutritt zum Sperrbezirk war nur mit einem Passierschein moglich Die Grenzen waren nicht durch Stacheldraht und Tore gesichert Sie richteten sich nach den landschaftlichen Gegebenheiten Hauptzufahrtstrassen waren durch Schlagbaume und Posten gesichert Allein oder gemeinsam stellten Englander und Deutsche diese Posten Nebenwege wurden fur Fahrzeuge unpassierbar gemacht Die eigentliche grune Grenze wurde von deutschen Zweimannpatrouillen gesichert Die Kontrolle durch die bewaffneten deutschen Feldjager war sehr lassig Beim Grenzubertritt ohne Passierschein von Briten aufgegriffen zu werden konnte hingegen eine mehrmonatige Gefangnisstrafe nach sich ziehen Es galt ein Schiessbefehl aber Schusswaffengebrauch gegen Fluchtige wurde nicht bekannt Im Juni 1945 halfen 5 700 Freiwillige in Wehrmachtsordnungstruppen Die meisten Feldjager waren in festen Unterkunften untergebracht bessere Verpflegung gab es jedoch zunachst nicht Die deutschen Bewachungseinheiten wurden auch zum Objektschutz von Verpflegungslagern erntereifen Feldern Arrestgebauden und anderen Einrichtungen herangezogen Zu fluchten hatte fur die meisten keinen Sinn denn ohne Entlassungspapiere D2 Schein bekam man keine Lebensmittelmarken keine Aufenthaltserlaubnis und keine Arbeitserlaubnis Auch Zivilisten durften das Sperrgebiet nur mit ausdrucklicher Erlaubnis der britischen Militarbehorden verlassen Selbstverwaltung Bearbeiten Die Gefangenen sollten sich unter britischer Oberaufsicht selbst verwalten Bei der Kontrolle Betreuung und Versorgung so vieler Menschen bedienten sich die Briten in pragmatischer Weise der vorhandenen Kommandostrukturen der Wehrmacht Relativ wenigen britischen Militars die Kontrollfunktionen ausubten und Rahmenbefehle erteilten stand der noch funktionierende Verwaltungsapparat der erst am 20 August 1946 aufgelosten Wehrmacht gegenuber In dieser volkerrechtlichen Grauzone hatten die deutschen und auslandischen Soldaten militarische Hierarchie und Disziplin zu wahren Soweit es die Dienstanweisungen ihrer Vorgesetzten erlaubten durften sich die Soldaten ausserhalb der nachtlichen Sperrstunden frei bewegen Getragen wurden weiterhin die alten Uniformen mit Rangabzeichen Orden und Ehrenzeichen Lediglich die Hakenkreuze mussten entfernt werden Es galt militarische Grusspflicht Die Soldaten unterlagen deutscher Disziplinargewalt und erhielten Wehrsold Unterbringung und Verpflegung Bearbeiten Vor allem in den ersten Monaten war die Unterbringung oft unzureichend Nicht selten mussten die Gefangenen sich auf freiem Feld in Erdlochern oder dicht gedrangt in Stallen und Scheunen einrichten Die Unterbringung in Hausern und auf Bauernhofen war besonders schwierig weil viele bereits Fluchtlinge aufgenommen hatten Massenunterkunfte mit Belegungen von mehr als 200 Personen auf einem Hof waren nicht selten Die Tagesration von 300 Gramm Brot und wochentlich 250 Gramm Fleisch entsprachen einem Drittel der Ration eines Englanders 3 Das Verhaltnis zu den Briten war spannungsfrei das zu den Einheimischen gut Sperrgebiet G BearbeitenDas Internierungsgebiet G umfasste den Kreis Eiderstedt sowie bis zum 16 Juni 1945 die beiden Dithmarscher Landkreise Wie eine Halbinsel zwischen Nordsee Elbe und Kaiser Wilhelm Kanal gelegen liess sich das relativ dunn besiedelte Gebiet leicht abriegeln Ausserdem erbrachte die funktionierende Landwirtschaft genug Nahrung fur zeitweilig 400 000 gefangene Deutsche Deutsch Balten Kroaten und Magyaren Die im Christianskoog Nordermeldorf untergebrachten Angehorigen der Wlassow Armee wurden von den anderen Gruppen isoliert und schliesslich an die Sowjetunion ausgeliefert wo sie der Tod erwartete Die Gefangenen veranstalteten Varietes Konzerte und Abiturlehrgange an der sogenannten Wehrmachtoberschule Busum Arztliche Betreuung bot unter anderem das 9 000 Betten Lazarett im Hedwigenkoog Als schon in den ersten Monaten viele Gefangenen entlassen wurden besserten sich Unterbringung und Versorgung erheblich Am 1 August 1945 hatte sich die Zahl der Kapitulationsgefangenen fast halbiert Bis Anfang Oktober 1945 sank die Zahl von 215 000 auf 90 000 Das Sperrgebiet G wurde am 12 Oktober 1945 aufgelost und von einem Nachkommando abgewickelt Einige Einheiten und Dienststellen der Wehrmacht in Dithmarschen existierten noch bis 1946 Unter falschem Namen war es Rudolf Hoss gelungen als Landarbeiter nach Handewitt entlassen zu werden Im Marz 1946 gefasst wurde er den polnischen Behorden uberstellt und 1947 hingerichtet Sperrgebiet F BearbeitenDas Sperrgebiet F auch Kral Zone F Kriegsgefangenenzone F Sperrzone F oder PW Gebiet F genannt umfasste den gesamten Kreis Oldenburg in Holstein Teile des Kreises Eutin und Teile des Kreises Plon In der ersten Zeit waren schatzungsweise 750 000 Soldaten im Sperrgebiet interniert Am 6 Dezember 1945 standen nur noch 87 573 Mann auf der Verpflegungsliste 3 Das Sperrgebiet F war weitgehend deutschem Kommando unterstellt Oberkommandierender war Generalleutnant Wilhelm Hunold von Stockhausen Unterteilt war das Sperrgebiet zunachst in sechs Abschnittskommandos die ebenfalls von deutschen Generalen gefuhrt wurden Jedem Abschnittskommando unterstanden rund 100 000 Mann Nach britischen Rahmenbefehlen hatten die Stabe in erster Linie fur Disziplin und Ordnung bei den unterstellten Einheiten sowie fur Verpflegung und Unterkunft zu sorgen Die Soldaten waren listenmassig zu erfassen und auf die Entlassung vorzubereiten 3 Die Truppenverpflegung wurde in den ersten Wochen nicht bewaltigt Oft gab es nur ein paar Kekse und eine Scheibe Corned Beef als Tagesration Gekocht wurde in Feldkuchen oder in Waschkuchen der Bauern Arbeit auf den Hofen und Feldern wurde mit Verpflegung vergolten Zivilisten durften die Grenze zum Sperrgebiet F ab 5 November 1945 wieder ohne Sonderausweis der Militarregierung frei passieren 3 Die in Waldern und Zelten untergebrachten Soldaten konnten grosstenteils im Herbst 1945 feste Unterkunfte beziehen weil bereits viele Soldaten entlassen worden waren Ansonsten wurden fur den Winter 1945 46 Baracken gebaut 3 Siehe auch Fluchtlinge in Schleswig Holstein nach dem Zweiten Weltkrieg Ordnung Bearbeiten Um die Disziplin aufrechtzuerhalten wurden einige deutsche Offiziere mit besonderen Rechten und Disziplinarbefugnis ausgestattet Schwere Vergehen wurdigte ein Militargericht mit deutschem Wehrmachtsrichter der nach vorgegebenen Bestimmungen der Englander urteilte Die Todesstrafe wurde nie verhangt Ein Stabsfeldwebel wurde wegen Wilderei zu 2 Monaten Gefangnis im Spritzenhaus der Feuerwehr verurteilt Auch nach Kriegsende herrschte unter den Soldaten vorbildliche Disziplin Es gab morgendliche Vollzahligkeitsappelle 3 Ab 18 Juni 1945 durften die Soldaten gebuhrenfrei einmal wochentlich eine offene Postkarte schreiben Ab 1 September 1945 konnten Packchen bis 2 kg verschickt werden Der gesamte Postverkehr unterlag der Zensur Nach der Entlassung musste Zivilkleidung getragen werden Da es daran mangelte wurden die Uniformen durch Kochen mit Eichenrinde dunkel eingefarbt und die Uniformknopfe durch Holzknopfe ersetzt Orden und Ehrenzeichen mussten bei Entlassung abgegeben werden 3 Aus dem Sperrgebiet F flohen etwa 2 800 Soldaten Medizinische Versorgung und Hygiene Bearbeiten Die Deutschen stellten Arzte und Pflegepersonal fur ein dichtes Netz von Lazaretten und Sanitatsstellen Wie uberall fehlten Medikamente Zahnbursten und Reinigungsmittel Hygienische Probleme waren bei so vielen Menschen auf engstem Raum zwangslaufig Als in Schonberg Holstein Typhus ausbrach starben nicht nur deutsche Soldaten sondern auch viele Zivilisten Schonberg stand unter Quarantane Das Internationale Rote Kreuz stellte im Juli 1945 fest dass ein Viertel der deutschen Soldaten von Kleiderlausen befallen war Daraufhin wurden Entlausungsstationen eingerichtet 3 Entlassungen Bearbeiten Volkssturmmanner Schuler Flakhelfer Wehrmachthelferinnen und Paramilitars Reichsarbeitsdienst Schwerverwundete und Schwerkranke waren bereits im Mai 1945 entlassen worden Ihnen folgten Soldaten mit Verbindung zur Landwirtschaft wenn sie keine Offiziere waren und nicht zur Waffen SS zu den Fallschirmjagern oder zur Geheimen Staatspolizei gehorten Danach wurden Bergleute fur den Kohlebergbau und Angehorige von Transportberufen entlassen Zuletzt wurde die grosse Masse unabhangig vom Beruf entlassen Zur Entlassung anstehende Soldaten wurden zunachst in sogenannten Entlassungsschleusen zusammengezogen die es in jedem Abschnitt gab Eine lag bei Kasseedorf Von dort ging es nach ein bis zwei Tagen in Marschkolonnen zur Entlassungsstelle in der Eutiner Rettberg Kaserne Spater wurden noch Entlassungsstellen in Pelzerhaken und Heiligenhafen eingerichtet Vor der Entlassung mussten Fragebogen zur politischen und militarischen Vergangenheit ausgefullt werden Auf der Suche nach Angehorigen der Waffen SS wurde bei der arztlichen Abschlussuntersuchung auf Tatowierungen geachtet Zur Entlausung diente DDT In Eutin wurden im Sommer und Herbst 1945 taglich 1 000 Mann entlassen Lastkraftwagen brachten sie nach Bad Segeberg wo sie den D2 Schein mit Daumenabdruck erhielten 3 Bereits Anfang Januar 1946 wurde das Sperrgebiet F aufgrund der vielen Entlassungen verkleinert Der Grenzverlauf folgte nun ungefahr der Linie Weissenhauser Strand Lensahn Gromitz Die letzten Kriegsgefangenen hohe Offiziere und Angehorige der Waffen SS verliessen das Sperrgebiet F am 2 Marz 1946 und wurden in ein Kriegsgefangenenlager in Belgien verfrachtet 3 Literatur BearbeitenHolger Piening Als die Waffen schwiegen Das Kriegsende zwischen Nord und Ostsee Die Internierung der Wehrmachtsoldaten zwischen Nord und Ostsee 1945 46 Boyens Medien GmbH amp Co KG Heide Holstein 1995 ISBN 978 3 8042 0761 5 Peter Wippich Der Kral im Kreis Plon Niebull 2001 ISBN 3 89906 098 9 Weblinks BearbeitenKriegsende in Holstein Madels mit Flak und Pflug Spiegel online 5 Januar 2010 Einzelnachweise Bearbeiten Die deutsche Kapitulation 1945 Bundesarchiv Memento vom 8 April 2014 im Internet Archive a b Sperrgebiet F marineoffizier eu Memento vom 17 Oktober 2013 im Internet Archive a b c d e f g h i j Der Kral Ralf Ehlers Kasseedorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Britische Sperrgebiete in Norddeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg amp oldid 223183759