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Der Bockstenmann auch Bocksten Mann schwedisch Bockstensmannen ist eine mittelalterliche Moorleiche die 1936 im schwedischen Hochmoor Bockstens mosse gefunden wurde 1 Die Besonderheit dieses Fundes ist die nahezu vollstandig erhaltene Kleidung des Mannes Die Funde sind in der Obhut des Hallands kulturhistoriska museum von Varberg in Halland und gehoren dort zu den wichtigsten Exponaten der Dauerausstellung Zeichnung des Bockstensmann vom finnischen Kunstler Harry Kivijarvi auf einem Gedenkstein in Varberg Inhaltsverzeichnis 1 Fundort 2 Fund 3 Befunde 3 1 Anthropologische Befunde 3 2 Todesursache 3 3 Kleidung 3 4 Datierung 4 Deutung 4 1 Lokale Sage 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseFundort BearbeitenDas Moor liegt beim Ort Rolfstorp in der Gemeinde Varberg Der Fundplatz liegt an einem Teil der ehemaligen Via Regia die im Mittelalter ein Hauptweg der Region war In den 1880er Jahren wurde bei dem Hochmoor ein Bauernhof gegrundet In den folgenden Jahren wurde das Moor durch Drainage fur die spatere Torfgewinnung vorbereitet Bereits 1934 wurde bei der Mahd der Moorwiese eine Schuhsohle entdeckt die der Kurator des ortlichen Museums Albert Sandklef jedoch fur uninteressant hielt Fundort 57 7 0 N 12 34 29 O 57 116666666667 12 574722222222 Koordinaten 57 7 0 N 12 34 29 O 2 Fund Bearbeiten nbsp Fundplatz des Bockstensmannes mit Kreuz markiert Am 22 Juni 1936 einen Tag vor dem Mittsommerfest arbeitete der 11 jahrige Thure G Johansson mit Pferd und Egge auf dem Moor seiner Eltern wahrend sein Vater eine Scheune fur die Lagerung von Torf vorbereitete Zwischen 18 und 19 Uhr verhangte sich ein Gegenstand in der Egge der an Sackleinen erinnerte Als Thure die Stelle genauer untersuchte fand er Skelettteile die er zunachst fur Tierknochen hielt Er holte seinen Vater herbei der die menschlichen Knochen erkannte Am folgenden Tag informierte der Vater den ortlichen Gendarmen der auch der Friedhofswachter der Gemeinde war da der Leichnam zur Beerdigung auf den ortlichen Friedhof uberfuhrt werden sollte Im weiteren Verlauf begutachteten der Gendarm und ein Arzt den Fund und stellten fest dass der gefundene Mann schon sehr lange tot sein musste Der Gendarm nahm einige Knochen und Kleidungsteile mit nach Hause und der Arzt kontaktierte Albert Sandklef den Leiter des Museums Varberg Dieser fuhr sofort zur Wohnung des Beamten und besah sich die Knochen Zwei Tage spater kam er mit mehreren Wissenschaftlern zum Fundplatz zuruck Zu den Fachleuten gehorte auch ein Geologieprofessor der mit seinen Studenten in der Nahe Untersuchungen durchfuhrte Als erstes wurde der Fund fotografiert und ausgemessen Danach wurden die noch in der Erde befindlichen Teile ausgegraben und in das Museum von Varberg gebracht Nach den Feiertagen nahm Albert Sandklef Kontakt mit dem Staatlichen Historischen Museum in Stockholm auf das einen Konservator und einen Textilexperten nach Varberg sandte um die wissenschaftlichen Untersuchungen zu unterstutzen Nach der Konservierung des Fundes wurde dieser 1937 im Museum von Varberg ausgestellt Die Kleidung wurde zunachst hangend seit dem Ende der 1970er Jahre liegend prasentiert Befunde Bearbeiten nbsp Schadel mit Haaren des Bockstensmannes nbsp Bei dem Toten handelt es sich um einen Mann der von einem durch seinen Korper in den Boden getriebenen Eichenholzpfahl auf dem Grund des damals noch offenen Sees verankert wurde Uber ihm lag ein zweiter Pfahl aus Birkenholz Spuren an der Kleidung und dem Huftbein des Opfers deuten darauf hin dass seine Morder versucht hatten einen weiteren Pflock durch den Mann zu schlagen Anthropologische Befunde Bearbeiten Nach neueren Untersuchungen war der Mann etwa 170 bis 175 cm gross von schlanker Gestalt und hatte etwa schulterlange wellige Haare Die oberen Korperteile waren durch die Egge beschadigt doch der Unterleib mit Ausnahme des rechten Fusses war noch vollstandig intakt Skelett Haut Haare Magen und Gehirn waren sehr gut erhalten geblieben Auch Lunge Leber und einige Knorpel waren gut erhalten Der Schadel selbst war durch die Moorsauren entkalkt und aufgeweicht Er war am Stirnbein leicht eingedruckt und hatte eine massive Beschadigung an der rechten Seite Die Haut des Kopfes war jedoch grosstenteils zersetzt 3 Das Gebiss des Mannes hatte relativ gesunde Zahne ohne Anzeichen von Karies und Parodontitis Der Unterkiefer war durch den Druck der daruber lastenden Torfschichten etwas flach gedruckt und deformiert Aufgrund der rechtsmedizinischen Untersuchung der Zahne durch einen Odontologen wurde ein Lebensalter des Mannes von etwa 25 bis 35 Jahren angenommen Dagegen schatzte der Osteologe Nils Gustaf Gevall dass der Mann aufgrund der Skelettmerkmale zwischen 35 und 40 Jahre alt war Es ist sogar moglich dass er bis zu 60 Jahre alt war Am Skelett wurden Anzeichen einer Gichterkrankung diagnostiziert Todesursache Bearbeiten Lange Zeit war unklar ob der Bockstenmann gewaltsam zu Tode kam Im Januar 2006 fuhrte die genaue Untersuchung eines Kunststoffmodells des Schadels zu dem Ergebnis dass der Mann zunachst einen Schlag auf den Unterkiefer danach einen Schlag auf das rechte Ohr und schliesslich einen weiteren Schlag etwas weiter in Richtung Hinterkopf erhielt die wahrscheinlich direkt zu seinem Tode fuhrten Die letzten Schlage erhielt er vermutlich als er schon auf dem Boden lag Als Tatwaffe konnte ein Pfahl oder Hammer in Frage kommen 4 Kleidung Bearbeiten Eine textilarchaologische Besonderheit stellt die nahezu vollstandig erhaltene Kleidung des Mannes dar Hier liegt der am besten erhaltene vollstandige Satz Alltagskleidung eines spatmittelalterlichen Mannes in Europa vor Die Kleidung ist aus grobem Streichgarn aus Schafwolle gewebt Als Kopfbedeckung trug der Mann eine Gugel mit einem 90 cm langen und 2 cm breiten Schwanz 5 an den Beinen zwei wollene Beinlinge 6 Als ausseren Schutz trug der Mann einen Mantel Ausserdem fand man noch einen Stoffbeutel Fusslappen Lederschuhe einen Gurtel und ein Lederetui mit zwei Messern Das Lederetui war etwa 40 mm breit 62 mm lang und in drei Schichten gefertigt Auf der aussersten Schicht war ein Zeichen eingeritzt das man als Kombination aus einem Andreaskreuz und einem Georgskreuz deutete Dies entspricht dem gleichen Muster wie die britische Flagge Auf der inneren Schicht befand sich das Symbol eines Stabes der durch eine kleinere Version des Zeichens der Aussenschicht abgeschlossen wurde Die Metallteile wie Messer und Gurtelschnallen waren vergangen Datierung Bearbeiten Aufgrund der gefundenen Kleider speziell mit Hinblick auf die Gugel wurde der Fund textiltypologisch ins 14 Jahrhundert datiert Owe Wennerholm merkte an dass ahnliche Kopfbedeckungen schon fruher verwendet wurden und schlug einen Todeszeitpunkt zwischen 1250 und 1520 vor 7 In den 1980er Jahren wurde eine Stoffprobe 14C Datiert untersucht Das Ergebnis gibt eine 68 prozentige Sicherheit fur die Periode von 1290 bis 1410 und eine 95 prozentige Sicherheit fur den Zeitraum 1290 bis 1430 Eine genauere Eingrenzung der Datierung ist momentan nicht moglich da die Messergebnisse durch die sehr lange Lagerung der Kleidung im Moor und deren anschliessende Konservierung beeintrachtigt wurden Deutung BearbeitenMehrere Wissenschaftler darunter Albert Sandklef Margareta Nockert und Owe Wennerholm versuchten die Identitat des Bockstenmannes zu klaren und legten dazu verschiedenste Theorien vor Die Einordnung des Bockstenmannes in eine soziale Gruppe der damaligen Gesellschaft erfolgte vor allem aufgrund der gefundenen Kleidung Soziale Unterschiede wurden fruher vor allem uber die Kleidung und uber die Menge Verarbeitung und Qualitat der verwendeten Stoffe und Kleidungsdetails zum Ausdruck gebracht Gugeln waren im Mittelalter ein weit verbreitetes Kleidungsstuck das auch von Personen des Adels getragen wurde Daraus folgerte der schwedische Amateurhistoriker Owe Wennerholm dass es sich bei dem Bockstenmann beispielsweise um einen Steuereintreiber oder einen Rekrutenwerber handeln konne 7 Da Gugeln auch von Klerikern getragen wurden stellte er die Vermutung auf dass der Mann Mitglied einer Ordensgemeinschaft gewesen sein konnte Wennerholm will auf einem Grabungsfoto im Archiv des Museums einen Gegenstand erkannt haben den er als kleines Wappenschild mit den Insignien des Linkopinger Dompropstes Simon Gudmundi deutete Gudmundi soll sich in der Gegend aufgehalten haben um im Ort Mute ein Wunder zu untersuchen das fur die Heiligsprechung der Katharina von Schweden genutzt werden sollte Gudmundi soll im Jahre 1491 auf Anstiftung des Priesters Hemming Gadh erschlagen worden sein der an Gudmundis Stelle das Amt des Dompropstes einnehmen wollte und somit auch ein Mordmotiv hatte 7 Allerdings existiert weder in den Fundberichten noch im Museum selbst ein Hinweis auf die Existenz dieses Wappenschildes Lokale Sage Bearbeiten Kurz nach der Auffindung des Bockstenmannes berichtete ein Bauer aus dem Ort Grimeton von einer Sage die er als Kind gehort hatte Zwei Personen sollen seinem Vater einen Mann beschrieben haben der durch die Gegend zog und Soldaten anwarb Dieser Mann wurde von Bauern erschlagen und in einem Moor vergraben Danach begann der Mann als Geist in der Gegend zu spuken um ihn daran zu hindern wurden Pfahle durch den Korper geschlagen was auch zum Ende des Spukes fuhrte Diese Sage war eins der Indizien fur die bereits oben erwahnte Deutung Wennerholms des Bockstensmannes als Rekrutenwerber 7 Der alte Bauer meinte aber dass es sich um den Ort Nackhalle beim Moor Store Mosse handelt doch er konnte die Handlung auch verlegt haben da er aus jener Gegend stammte Diese Sage war den alteren Burgern des Ortes Nackhalle nach Befragungen von Albert Sandklef und Karl Andersson jedoch unbekannt 3 Siehe auch BearbeitenFrau von Luttra Dannike FrauLiteratur BearbeitenWijnand van der Sanden Mumien aus dem Moor Die vor und fruhgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa Batavian Lion International Amsterdam 1996 ISBN 90 6707 416 0 S 85 niederlandisch Originaltitel Vereeuwigd in het veen Ubersetzt von Henning Stilke Margareta Nockert Bockstensmannen och hans drakt Varbergs Museum Arsbok Nr 48 Hallands Lansmuseer u a Varberg 1997 ISBN 91 85720 30 5 schwedisch Albert Sandklef Bockstensmannen Fyndet konserveringen dateringen drakten mannen myten Fabel Stockholm 1985 ISBN 91 7842 056 3 schwedisch Pablo Wiking Faria Vem var Bockstensmannen Carse Fjaras 1989 ISBN 91 971061 7 8 schwedisch Albert Sandklef Hrsg Bockstensmannen och hans tid Varbergs Museum Arsbok Nr 55 Lansmuseet Varberg 2008 ISBN 978 91 89570 11 5 schwedisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bockstensmannen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Hallands Kulturhistoriska Museum Abgerufen am 21 Juli 2015 schwedisch Swedish bog man murdered 700 years ago In The Local 24 Januar 2006 abgerufen am 30 November 2011 englisch Einzelnachweise Bearbeiten RAA nummer Rolfstorp 59 1 Riksantikvarieambetet abgerufen am 30 November 2011 schwedisch Geoinformationssystem des schwedischen Reichsantiquaramts Quelle RAA nr Rolfstorp 59 1 a b Thomas Brock Moorleichen Zeugen vergangener Jahrtausende In Archaologie in Deutschland Sonderheft Theiss Stuttgart 2009 ISBN 978 3 8062 2205 0 S 114 121 Micke Larsson Karin Olander Bockstensmannen blev mordad Nicht mehr online verfugbar In Expressen 22 Januar 2006 archiviert vom Original am 8 August 2011 abgerufen am 30 November 2011 schwedisch Abbildung und Beschreibung der Gugel Memento des Originals vom 16 Februar 2019 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www personal utulsa edu auf I Marc Carlsons Seite Some Clothing of the Middle Ages Historical Clothing from Archaeological Finds englisch Abbildung und Beschreibung der Beinlinge Memento des Originals vom 1 Marz 2019 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und 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