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Die Biostratigraphie von altgriechisch bios bios Leben Stratigraphie Schichtenkunde von lateinisch stratum Schicht und graphie ist eine Teildisziplin der Stratigraphie in der Geologie Sie beschaftigt sich mit der Gliederung und der relativen chronologischen Bestimmung von Gesteinseinheiten mit Hilfe von Fossilien insbesondere von Leitfossilien Leitfossilien ermoglichen die Zuordnung von Gesteinen zu chronostratigraphischen Einheiten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Das Prinzip der Fossilfolge 2 Verfahren und Konzepte 2 1 Biozone 2 2 Phylo Zone 2 3 Reichweiten Zone 2 4 Biohorizont 3 Fossilgruppen 3 1 Marine Invertebraten 3 2 Wirbeltiere 3 3 Mikrofossilien 3 4 Pollen und Sporen 4 Quellen 5 LiteraturGeschichte Bearbeiten nbsp Leitfossilien des englischen Lower Chalk abgelagert im alteren Abschnitt der spaten Kreidezeit aus William Smiths epochalem Werk zur Biostratigraphie 1816 Nachdem Nicolaus Steno bereits im 17 Jahrhundert erkannt hatte dass die raumliche Anordnung von Gesteinsschichten ubereinander tatsachlich einer zeitlichen Abfolge der Gesteinsbildung nacheinander entspricht siehe stratigraphisches Prinzip und Georges de Cuvier gegen Ende des 18 Jahrhunderts die Erkenntnis verbreitete dass es im Laufe der Erdgeschichte wiederholt zum Aussterben biologischer Arten gekommen ist benutzte William Smith das Prinzip der Fossilfolge um das Jahr 1800 sehr erfolgreich bei seiner geologischen Kartierung von England Um 1810 pragte Leopold von Buch fur die zu diesem Zweck besonders geeigneten Fossilien den Begriff Leitfossil 1 Bis 1830 gliederten Charles Lyell das Tertiar in Sudfrankreich Gerard Paul Deshayes die Gesteinsabfolge im Pariser Becken und Heinrich Georg Bronn das italienische Tertiar mittels Fossilien In der Untergliederung des ehemaligen Primarsystems wurden 1838 durch den Vergleich von unter und uberlagernden Fossilinhalten lithologisch ganz verschiedenartige raumlich weit auseinanderliegende Gesteinsschichten als zeitlich aquivalente Ablagerungen gedeutet 2 Der von Alcide d Orbigny 1852 als Etage eingefuhrte Vorlaufer des Zonenbegriffs 3 bezeichnet noch heute als Biozone die biostratigraphische Grundeinheit der Gliederung mittels Fossilien 4 Neben den ursprunglich zur Gliederung verwendeten Fossilgruppen Orthochronologie 5 wurden nach und nach durch palaontologisch arbeitende Stratigraphen weitere Fossilgruppen Parachronologie 6 nutzbar gemacht In der modernen Biostratigraphie werden seit der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts Gliederungen durch Serien faktisch luckenlos verfolgbarer stammesgeschichtlicher Linien evolutionare Reihen angestrebt Eine neue Entwicklung ist die Nutzung aller horizontiert aufgesammelter einem Taxon zuordenbarer fossilen Individuen durch rechnergestutzte Verfahren 7 Das Prinzip der Fossilfolge Bearbeiten nbsp Die fruhmitteleozane Schichtlucke in der Gesteinsfolge im US Bundesstaat Virginia wird durch das Fehlen des entsprechenden Leitfossils eine einzellige Alge erkennbar Unter Fossilfolge versteht man das Vorkommen von Fossilien in einer ganz bestimmten unveranderlichen und wiedererkennbaren vertikalen Anordnung innerhalb einer Gesteinsabfolge Im Zusammenhang mit tierischen und pflanzlichen Uberresten spricht man auch von Faunen oder Florenfolge Das Prinzip der Fossilfolge auch Leitfossilprinzip genannt besagt dass eine bestimmte Fossiliengemeinschaft im Laufe der Zeit in einem bestimmten Gebiet von einer anderen Vergesellschaftung ersetzt wird Sobald ein Fossil einmal aus einer Gesteinsabfolge verschwindet kehrt es in der Abfolge nie mehr zuruck Dieses Prinzip unterscheidet die Biostratigraphie von der Lithostratigraphie denn anders als Fossilien konnen bestimmte Gesteine im Laufe der Gesteinsabfolge immer wieder in praktisch identischer Form auftreten Es ermoglicht nicht nur die Korrelierung bestimmter Gesteinsschichten uber weite Entfernungen hinweg selbst wenn deren ursprungliche Lagerungsverhaltnisse durch nachtragliche tektonische Ereignisse gestort und verstellt wurden sondern auch die relative Datierung der Schichten untereinander und die Vorhersage welche Schichten an welcher Stelle im Untergrund zu erwarten sind 8 9 Schon lange vor der Veroffentlichung von Charles Darwins Evolutionstheorie legte die Beobachtung der Fossilfolge in den Gesteinen also den Gedanken nahe dass die Entwicklung der Lebewesen nicht zyklisch verlauft wie der Kreislauf der Gesteine sondern in einem gerichteten grundsatzlich unumkehrbaren Prozess fortschreitet denn jeder Abschnitt der Erdgeschichte kann durch eine einmalige nie vorher dagewesene und nie wiederkehrende Vergesellschaftung von fossilen Organismen definiert werden Verfahren und Konzepte BearbeitenBiozone Bearbeiten Grundlegende Einheit der Biostratigraphie ist die Biozone Der Begriff Zone wurde durch Albert Oppel als Verfeinerung und begriffliche Prazisierung der Etage von Alcide Dessalines d Orbigny eingefuhrt 3 10 Die Biozone bezeichnet als chronologische Einheit eine auf der Lebensdauer einer biologischen Art beruhende Zeitspanne und als stratigraphischer Begriff die innerhalb dieser Zeitspanne neu gebildeten Gesteine 11 In der Vergangenheit wurden analog der Art auch hohere taxonomische Einheiten fur die Gliederung nach ihrer stammesgeschichtlichen Existenzdauer herangezogen So wurde die auf der Existenzdauer einer Gattung beruhende Zeitspanne als Stufe bezeichnet Die moderne Biostratigraphie verwendet nur selten hohere taxonomische Kategorien als die der biologischen Art Dem entspricht dass die internationalen Empfehlungen keine biostratigraphischen Kategorien oberhalb der Zone vorratig halten Neuerdings sind daher abweichend vom traditionellen Gebrauch auch die auf Gattungen oder Familien beruhenden Einheiten als Zonen zu bezeichnen 12 Es finden verschiedene streng getrennte Konzepte Anwendung die durch die Berucksichtigung der Zeitpunkte der Artwerdung und des Aussterbens bzw des Erscheinens oder Verschwindens in der Gesteinsabfolge eines einzelnen Taxons oder der Kombination mehrerer Taxa definiert sind Eine ausdifferenzierte konkrete Einheit setzt sich immer mindestens aus dem Namen des begrundenden Taxons bzw der begrundenden Taxa und dem Begriff Zone bzw Biozone zusammen So bezeichnet die G kugleri Zone im Grenzbereich Palaogen Neogen die durch die Foraminiferen Art Globorotalia kugleri begrundete Reichweiten Zone 13 Ein Beispiel einer hoch taxonomierten Zone ist die Lageniden Zone eine Untereinheit des unteren Badeniums eine lokale Zeitstufe fur das zentrale Paratethys Meer die durch die Lagenida eine Ordnung der Foraminiferen charakterisiert ist Phylo Zone Bearbeiten Die Phylo Zone umfasst die Existenzdauer einer abgegrenzten Art innerhalb einer evolutionaren Entwicklungsreihe Sie beginnt mit dem Erscheinen der namensgebenden Art und endet mit dem Erscheinen des Nachfolger Taxons Eine solche Gliederung setzt eine prazise Kenntnis der Entwicklungsreihe voraus Wichtig zum Verstandnis einer solchen Entwicklungsreihe sind Kenntnisse warum die einzelnen Glieder in dieser Dichte uberhaupt beobachtet werden konnen und welches die inneren und oder ausseren Antriebe des stetigen Formenwandels sind Mittels dieses Konzepts ist die stabile Ausdifferenzierung von Zonen ausserst kurzer Zeitdauer moglich Ein Beispiel hierfur ist die Gliederung des Oberdevons durch Plattform Conodonten der Gattung Palmatolepis 14 Reichweiten Zone Bearbeiten Eine Reichweiten Zone reprasentiert den Abschnitt des zeitlich stratigraphischen und geographischen Vorkommens eines oder mehrerer Taxa Hier wird weiter unterschieden zwischen der Taxon Reichweiten Zone Uberlappungs Zone Intervall Zone Vergesellschaftungs Zone Haufigkeits Zone 15 Das Konzept der Taxon Reichweiten Zone entspricht dabei weitestgehend dem des Leitfossils Biohorizont Bearbeiten Ein Biohorizont ist eine biostratigraphisch begrundete Flache in einem Gesteinskorper Jeder Punkt der Flache reprasentiert den Zeitpunkt eines palaontologisch wahrnehmbaren Wechsels 16 bzw Events Umweltereignis Haufig besteht ein enger Zusammenhang zwischen sedimentologischem und palaontologischem Befund Fossilgruppen BearbeitenDie Fossilien die als stratigraphische Marker dienen werden als Leitfossilien bezeichnet Gute Leitfossilien sind moglichst haufige faziesunabhangige gut fossil erhaltungsfahige und zeitlich kurzlebige Taxa Marine Invertebraten Bearbeiten Klassisch wird Biostratigraphie mit marinen Invertebraten betrieben Marine Sedimente sind in der Gesteinsuberlieferung wesentlich haufiger als terrestrische Sedimente und viele marine Organismen verfugen uber Hartteile die ein hohes fossiles Erhaltungspotenzial besitzen Wichtige Makroleitfossilien im Palaozoikum sind Brachiopoden und Goniatiten im Mesozoikum Ammoniten i e S Ordnung Ammonitida und Muscheln Wirbeltiere Bearbeiten Wirbeltiere sind im Fossilbericht wesentlich seltener als wirbellose und daher eher keine typischen Leitfossilien Wirbeltierbiostratigraphie wird vor allem auf terrestrische Sedimente angewendet So sind Therapsiden die wichtigsten Leitfossilien im Perm des Karoo Beckens Nagetierzahne sind die bedeutendsten Leitfossilien in terrestrischen Sedimenten des Kanozoikums siehe auch ELMMZ Neogen Mikrofossilien Bearbeiten Der Vorteil der Mikrobiostratigraphie ist der dass Mikrofossilien in der Regel wesentlich haufiger und in grosseren Stuckzahlen in Sedimenten auftreten Zudem kommen einige Gruppen auch in terrestrischen Sedimenten vor Wichtige Leitfossilien im Altpalaozoikum sind Acritarchen im jungeren Palaozoikum Conodonten im Mesozoikum Foraminiferen und Coccolithen In terrestrischen Sedimenten sind speziell Ostracoden von Bedeutung Pollen und Sporen Bearbeiten Pollen und Sporen von Landpflanzen sogenannte Palynomorphen erfullen ebenfalls die Anforderungen an gute Leitfossilien und sind daher fur die Biostratigraphie geeignet Sie werden vom Wind weit verdriftet und finden sich daher auch in marinen Sedimenten Quellen Bearbeiten Lehmann 1977 205 Rudwick 1979 S 16 a b Lehmann 1977 S 413 Steininger amp Piller 1999 S 9 Lehmann 1977 S 255 Lehmann 1977 270 Sadler amp Cooper 2003 Stanley 2001 S 12 Muller 1992 S 25 Schweigert 2005 Muller 1992 S 237 Steininger amp Piller 1999 10 Stainford amp Lamb 1981 Sandberg amp Ziegler 1990 Steininger amp Piller 1999 10 14 Steininger amp Piller 1999 S 14 Literatur BearbeitenRudolf Hohl Hrsg Die Entwicklungsgeschichte der Erde Mit einem ABC der Geologie 6 Auflage Verlag fur Kunst und Wissenschaft Leipzig 1985 ISBN 3 7684 6526 8 U Lehmann Palaontologisches Worterbuch 2 Auflage Enke Stuttgart 1977 Charles Lyell Principles of Geology being an attempt to explain the former changes of earth s surface by reference to causes now in operation 3 Bande Murray London 1830 1833 A H Muller Lehrbuch der Palaozoologie Band I Allgemeine Grundlagen 5 Auflage Gustav Fischer Jena Stuttgart 1992 M J S Rudwick The Devonian A system born from conflict In M R House C T Scrutton M G Basset Hrsg The Devonian System Special Papers in Palaeontology Band 23 London 1979 P M Sadler R A Cooper Best Fit Intervals and Consensus Sequences In P J Harries Hrsg High Resolution Approaches in Stratigraphic Paleontology Topics in Geobiology Band 21 Kluwer Dordrecht 2003 ISBN 1 4020 1443 0 G Schweigert Albert Oppel 1831 1865 ein viel zu kurzes Leben fur die Palaontologie Memento vom 26 Juli 2010 im Internet Archive 2005 R M Stainford J L Lamb An Evaluation of planctonic foraminiferal Zonation of the Oligocene University of Kansas Paleontologigal Contributions Band 104 Lawrence Ka 1981 Foram Zonation htm St M Stanley Historische Geologie 2 Auflage Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2001 ISBN 3 8274 0569 6 F F Steininger W E Piller Hrsg Empfehlungen Richtlinien zur Handhabung der stratigraphischen Nomenklatur Courier Forschungsinstitut Senckenberg Band 209 Frankfurt am Main 1999 W Ziegler Ch A Sandberg The Late Devonian Standard Conodont Zonation Courier Forschungsinstitut Senckenberg Frankfurt am Main 1990 Normdaten Sachbegriff GND 4137626 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Biostratigraphie amp oldid 232315832 Biozone