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Der Berufsradsport in der DDR war eine zeitweilige Sparte des Radsportes in der DDR bei der Radrennfahrer durch die Ausubung ihres Sportes Geld verdienten und Einkunfte erzielten diesen Sport als ihre berufliche Tatigkeit ausubten Der Berufsradsport in der DDR war auf eine zeitliche Periode von 1945 bis 1956 beschrankt die die Sowjetische Besatzungszone bis zur Grundung der DDR einschloss Im Unterschied zu Berufsradrennfahrern anderer Lander waren diese in der DDR nicht vertraglich an ein kommerzielles Radsportteams Rennstall gebunden und galten ihrem sozialen Status nach als Selbstandige Inhaltsverzeichnis 1 Historisches 2 Strukturen 3 Radrennen 4 Berufsfahrer 5 EinzelnachweiseHistorisches BearbeitenDer Ursprung des Berufsradsportes in der DDR liegt in der Nachkriegsgeschichte des Zweiten Weltkrieges Die Alliierten hatten nach Kriegsende neben anderen Organisationen auch den ehemaligen Reichsbund fur Leibesubungen mit all seinen Unterorganisationen und Vereinen verboten In der von der Sowjetunion kontrollierten Zone wurden mit dem Befehl Nr 2 der sowjetischen Militaradministration vom 16 Juni 1945 alle Organisationen und Verbande des sogenannten Dritten Reiches verboten 1 Die Kontrollratsdirektive Nr 23 vom 17 Dezember 1945 verbot auch die ehemaligen Sportvereine Diese Situation fuhrte dazu dass sich Radrennfahrer in der Sowjetischen Besatzungszone SBZ eine Berufslizenz ausstellen liessen wie sie fur Kunstler und Artisten ausgegeben wurden da Berufssportler vom Verbot nicht betroffen waren Berufssportler wurden dem freien Gewerbe 2 zugeordnet und mit der sie zonenubergreifend starten konnten So wurden haufig Fahrer die aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrten auf diesem Weg Berufsfahrer oder Radrennfahrer die zuvor als Amateur gestartet waren hatten auf diesem Weg die Chance Rennen zu bestreiten Einen Neubeginn gab es am 18 Marz 1946 als die Alliierte Kontrollkommandantur das Verbot lockerte nun konnten nach Prufung und Genehmigung durch die alliierten Stellen nichtmilitarische Sportorganisationen neu gegrundet werden 1 allerdings nur fur den Bereich einer Stadt oder eines Kreises 3 Die Radrennen gehorten nach Kriegsende zu den ersten offentlich wieder ausgetragenen Sportveranstaltungen und zogen massenhaft Publikum an Davon profitierte der Berufsradsport 1947 gab es in Ostdeutschland bereits ein umfangreiches Rennprogramm 66 Bahnrennen und drei Strassenrennen fanden statt ein Jahr spater waren es 90 Rennen auf der Bahn und vier Strassenrennen Fur das Jahr 1948 wurden 192 Lizenzen fur Berufsfahrer 182 fur Betreuer und Funktionare und neun fur Veranstalter ausgestellt 4 Der Zuschauerzuspruch blieb bis zum Ende des Berufsradsportes enorm Zu den Rennen kamen je nach Fassungsvermogen der Stadien oder Bahnen haufig 6000 bis 50000 Zuschauer 5 Zu den Meisterschaftsrennen auf der Radrennbahn Andreasried in Erfurt 1948 mussten Zuschauer abgewiesen werden so gross war der Andrang 6 Zudem starteten immer wieder aus der Vorkriegszeit bekannte Fahrer wie Erich Metze oder Walter Lohmann auf den ostdeutschen Bahnen diese waren popular und sorgten mit fur die grosse Zuschauerresonanz Die Zulassung von Berufssportarten neben dem Radsport auch kurzzeitig Boxen und Ringen in der sowjetischen Besatzungszone war eine historische Besonderheit 7 die nach Grundung der DDR dem staatlichen Sportapparat und der zunachst fur den Sport zustandigen Freien Deutschen Jugend FDJ ein Dorn im Auge war und von diesen bekampft wurde Das Berufsboxen wurde noch kurz vor Grundung der DDR im April 1949 verboten 8 Im Fachorgan des DDR Radsports begann um diese Zeit eine Kampagne gegen den Berufsradsport 9 die weit uber den Sport hinausging So widmete sich 1952 der DEFA Spielfilm Sein grosser Sieg in seiner Handlung mit klarer ideologischer Position diesem Thema der Protagonist ein Amateur der DDR wird in der Filmhandlung Berufsfahrer in West Berlin und wendet sich schnell enttauscht von Machenschaften und Betrug im Berufsfahrerleben ab und wird ein erfolgreicher Amateur Steher in der DDR 10 Insbesondere die Sechstagerennen in West Berlin die von vielen Menschen aus der DDR darunter auch Amateurfahrern besucht wurden standen im Ziel der Kritik Das Fachblatt des Radsportverbandes widmete einen ganzen Artikel Ein Wort an unsere Amateure diesem Rennen das als abschreckendes Beispiel fur einen korrumpierten und korrupten Berufsradsport dienen sollte 11 Strukturen BearbeitenIm Herbst 1946 erfolgte die Grundung einer Kommission Berufsradsport innerhalb des 1946 gegrundeten Deutschen Sportausschusses der die Dachorganisation des Sports in der Sowjetischen Besatzungszone bildete Die Kommission wurde von dem ehemaligen Radrennfahrer Herbert Nebe aus Leipzig und dem Veranstalter Rolf Seyfarth aus Chemnitz geleitet 1949 wurde sie umbenannt in Berufs Radsport Kommission der Deutschen Demokratischen Republik und nahm ihren Sitz in Halle Saale Vorsitzender blieb Herbert Nebe Vertreter der Rennfahrer wurde Otto Weckerling Vertreter der Veranstalter wurde Gustav Brummert 12 Mit der Kommission konnten offiziell und im Rahmen des Verbandes Radrennen fur Berufsfahrer veranstaltet werden Viele Fahrer losten spater auch eine Lizenz im 1948 wieder gegrundeten Bund Deutscher Radfahrer BDR bzw der BDR erkannte die Lizenzen der Kommission Berufsradsport an So konnten die Fahrer somit auch an Rennen in den westlichen Besatzungszonen teilnehmen Auch umgekehrt hatten die Lizenzen des BDR in der Sowjetischen Besatzungszone Gultigkeit Rudi Mirke Hans Preiskeit Georg Voggenreiter Erich Metze Karl Kittsteiner u a waren haufige Gaste auf ostdeutschen Bahnen Kaum ein Fahrer hatte wie sonst im Berufsradsport ublich einen Vertrag mit einem Rennstall Fabrikmannschaft da diese Sponsorenstruktur in Ostdeutschland bzw der DDR nicht existierte Ausnahmen waren einzelne Fahrer wie Werner Richter Durkopp Rudolf Voigt Rapier und Hermann Schild Bismarck Rabeneick die bestandig oder zeitweilig Vertrage mit westdeutschen Firmen bzw Rennstallen hatten Die immer starker werdende ideologische Ausrichtung des Sportes in der Sowjetischen Besatzungszone und spater in der DDR fuhrten zu massiver Kritik am westlichen Profisport in der Folge wurden Berufsradsportler immer mehr unter Druck gesetzt sich reamateurisieren zu lassen und sich einer Betriebssportgemeinschaft BSG anzuschliessen Dieses gesellschaftspolitische Umfeld fuhrte schliesslich 1956 zur formellen Auflosung der Kommission Berufsradsport der DDR nachdem bereits 1955 das letzte Rennen fur Berufsfahrer stattgefunden hatte Am 15 Februar 1955 veroffentlichte der Radsportverband der DDR einen Beschluss seines Prasidiums wonach alle noch aktiven Berufsfahrer und Schrittmacher aufgefordert wurden sofort Mitglied der demokratischen Sportbewegung zu werden und sich einer Betriebssportgemeinschaft BSG anzuschliessen Alle Aktiven die diese Moglichkeit wahrnehmen wurden waren dafur von der ublichen zweijahrigen Karenzzeit befreit und sofort bei den Amateuren startberechtigt Der Beschluss trug ultimativen Charakter und endete mit einer Fristsetzung bis zum 28 Februar 1955 13 Fast alle Fahrer beugten sich dem Ultimatum der Berufsradsport in der DDR kam zum Erliegen Radrennen BearbeitenWenn auch in den ersten Nachkriegsjahren eher vereinzelt Strassenrennen und Kriterien fur die Berufsfahrer in der Ostzone stattfanden dominierten doch die Bahnrennen Besonders in Halle an der Saale Chemnitz und Erfurt fanden sich Veranstalter die regelmassig Rennen fur die Berufsfahrer ausschrieben Profi Rennen wurden aber auch in Brandenburg an der Havel Dessau Dresden Merseburg Nordhausen Weissenfels Bitterfeld Leipzig Zwickau Forst und in Ost Berlin im Stadion Mitte veranstaltet Viele Fahrer starteten auch regelmassig im Westteil Berlins Die finanziellen Saulen fur die Rennen waren regionale Sponsoren die in den ersten Jahren uberwiegend Sachpramien wie Wurste Backwaren oder ein Eimer Marmelade 3 aber auch Geldpramien beisteuerten 14 und Einnahmen aus den Eintrittsgeldern der Rennbahnen 2 Die Fahrer erhielten in der Regel etwa 45 Prozent der gesamten Einnahmeerlose der Rennen der Rest verblieb den Veranstaltern aufgeschlusselt nach einen prozentualen Anteil je nach ihrer Platzierung im Rennen Dabei betrug die Differenz zwischen dem ersten und dem letzten Platz sechs Prozent so dass alle Fahrer einen akzeptablen Anteil erhielten 15 Gefahren wurde auf den nach dem Krieg wieder hergestellten Radrennbahnen oder zunachst uberwiegend in grossen Stadien die wie in Halle zum Teil mit Kurvenuberhohungen erganzt wurden Die Veranstalter waren darum bemuht traditionsreiche Rennen weiter zu fuhren Zu diesen gehorten das Goldene Rad von Chemnitz das Goldene Rad von Halle und das Goldene Rad von Erfurt der Grosse Preis von Thuringen der Grosse Preis von Magdeburg u a Beim Goldenen Rad von Erfurt am 27 Juli 1952 kam es zum todlichen Sturz von Erich Metze 16 Unmittelbar nach dem Krieg gab es in Ostdeutschland nur eine Zementbahn auf der Steherrennen ausgetragen werden konnten Das war die Radrennbahn Andreasried in Erfurt Dort fand im Mai 1947 das erste Steherrennen nach dem Krieg statt es siegte der Lokalmatador Conny Claessens 17 Von 1947 bis 1949 gab es Meisterschaften der Ostzone in den Disziplinen Sprint Zweier Mannschaftsfahren Punktefahren und Steherrennen Bereits am 13 April 1947 fanden in Halle an der Saale die ersten Ostzonen Meisterschaften statt bei denen Hans Preiskeit dreifacher Titeltrager im Sprint in der Einerverfolgung und im Punktefahren wurde 18 Erste DDR Meister wurden 1950 Heinz Drescher im Sprint Rudi Keil in der Einerverfolgung Gerhard Huschke im Punktefahren und im Steherrennen sowie Werner Richter mit Otto Weckerling im Zweier Mannschaftsfahren 19 Die letzten DDR Meistertitel gewannen 1954 Herbert Gerber im Steherrennen und Rudolf Voigt im Sprint 20 1951 gab es eine gesamtdeutsche Stehermeisterschaft als einziger Starter aus der DDR wurde Rudi Keil Dritter hinter Walter Lohmann und Jean Schorn Damit hatte er die Qualifikation fur die Teilnahme an den UCI Weltmeisterschaften erreicht erhielt jedoch vom DDR Verband keine Starterlaubnis Diese Entscheidung gegen die sportlichen Regularien illustrierte die ablehnende und destruktive Haltung der DDR Sportfuhrung gegenuber dem Berufsradsport beispielhaft 21 Eine DDR Meisterschaft im Strassenrennen fur die Berufsfahrer wurde in dieser Zeit nicht ausgefahren Einzelne Fahrer fuhren aber bei den Meisterschaftsrennen in der Bundesrepublik mit Fahrer wie Schild Richter Hoyer Voigt Weckerling oder Heinz Scholl aus Magdeburg starteten auch als Mitglieder von Werksmannschaften gelegentlich bei der Deutschland Rundfahrt in der Bundesrepublik 22 Berufsfahrer BearbeitenZu den bekanntesten Berufsfahrern der DDR gehorten einerseits Fahrer die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg aktiv und bekannt waren wie die Chemnitzer Werner Richter und Hermann Schild Emil Kirmse und Karl Wesoly aus Halle Auch Gerhard Bolte und Karl Wiemer aus Berlin Rudolf Voigt aus Riesa zahlten zu dieser Gruppe Zum anderen brachte der Radsport der Nachkriegszeit auch neue Talente hervor die z T spater als Amateure bekannt und erfolgreich wurden wie Heinz Drescher aus Berlin Rudi Keil und Bruno Zieger aus Erfurt Jurgen Muller aus Leipzig Einige Fahrer wie Keil Schild Gerber Hecker Richter starteten auch haufig bei Rennen in den westlichen Besatzungszonen bzw der Bundesrepublik Keil und Gerber konnten sich z B in der Jahreswertung der bundesdeutschen Steher 1954 auf den Platzen Sechs und Sieben platzieren Hermann Schild wurde 1954 sogar Meister in der Bundesrepublik er schlug Gunter Pankoke und alle anderen westdeutschen Berufsfahrer auf dem Meisterschaftsrundkurs in Radevormwald im Alter von 42 Jahren 23 Das letzte Radrennen fur Berufsfahrer in der DDR war am 7 Juli 1955 das Steherrennen Goldene Hundert in Chemnitz das von Karl Kittsteiner aus Nurnberg vor 12 000 Zuschauern gewonnen wurde 24 Dritter wurde Hermann Schild der spater in die Bundesrepublik ging der mit Harry Hoyer und Paul Hecker zu den letzten drei DDR Fahrern gehorte die zu dieser Zeit noch eine Berufsfahrerlizenz hatten Dieses Rennen war das praktische Ende des Berufsradsportes in der DDR Einzelnachweise Bearbeiten a b Jutta Braun Hans Joachim Teichler Hrsg Sportstadt Berlin im Kalten Krieg Prestigekampfe und Systemwettstreit Christoph Links Verlag Berlin 2006 ISBN 978 3 86153 399 3 S 285 286 a b Illustrierte Hallesche Sportgeschichte Die vergessenen Sportstatten PDF Abgerufen am 10 Februar 2020 a b Sport in der DDR In schlossbergmuseum de 10 Oktober 1945 abgerufen am 1 Marz 2020 Illustrierter Radsportexpress Nr 3 1948 Express Verlag Berlin 1948 S 1 Illustrierter Radsportexpress Nr 12 1950 Express Verlag Berlin 1950 S 8 Illustrierter Radsportexpress Nr 30 1948 Express Verlag Berlin 1948 S 23 Stiftung Sport Geschichte Stiftung Sport In stiftung sport de 3 Oktober 1990 abgerufen am 1 Marz 2020 Team Gera Chronik Gera Chronik Chronik In gera chronik de Abgerufen am 2 Marz 2020 Illustrierter Radsportexpress Nr 11 1950 Express Verlag Berlin 1950 S 9 Filmdetails Sein grosser Sieg 1952 In defa stiftung de 8 August 1952 abgerufen am 2 Marz 2020 Illustrierter Radsportexpress Nr 22 1952 Express Verlag Berlin 1952 S 8 Interessengemeinschaft Radsport Hrsg Der Radsport Nr 1 1950 Sportdienst Verlag Zademack und Noster Koln 1950 S 14 Prasidium der Sektion Radsport der DDR Hrsg Radsport Woche Nr 7 1955 Sportverlag Berlin 1955 S 8 Radrennbahn Kurt Wabbel Stadion PDF Abgerufen am 15 Februar 2020 Bund Deutscher Radfahrer Hrsg Radsport Nr 16 1953 Deutscher Sportverlag Kurt Stoof Koln 1953 S 19 Steher Stars und Sensationen 123 Jahre Radrennbahn Andreasried S amp B Satz und Buch GmbH Erfurt 2008 S 57 58 Illustrierter Radsportexpress Nr 8 1947 Express Verlag Berlin 1947 S 5 Illustrierter Radsportexpress Nr 22 1947 Express Verlag Berlin 1947 S 1 Illustrierter Radsportexpress Nr 26 1950 Express Verlag Berlin 1950 S 1 Prasidium der Sektion Radsport der DDR Hrsg Radsport Woche Nr 26 1954 Berlin 1954 S 6 Volker Brix Wohnzimmer Andreasried In thueringer allgemeine de 24 Januar 2018 abgerufen am 1 Marz 2020 Generalsekretariat der Sektion Radfahren der DDR Hrsg Illustrierter Radrennsport Nr 31 1950 Sportverlag Berlin 1950 S 12 Bund Deutscher Radfahrer Hrsg Radsport Nr 31 1954 Deutscher Sportverlag Kurt Stoof Koln 1954 S 3 Prasidium der Sektion Radsport der DDR Hrsg Radsport Woche Nr 32 1955 Sportverlag Berlin 1955 S 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Berufsradsport DDR amp oldid 237988912