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Beatrix Heintze 13 Januar 1939 in Korneuburg Osterreich ist eine deutsche Ethnologin und Historikerin mit dem Forschungsschwerpunkt vorkoloniale Geschichte des westlichen Zentralafrikas und besonders Angolas Sie war am Frobenius Institut Schriftleiterin und zeitweilig Herausgeberin der institutseigenen Publikationen Daneben veroffentlichte sie drei Bucher uber den Leipziger Unternehmer und Widerstandskampfer Walter Cramer Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Quellenstudien 3 Publikationen Auswahl 3 1 Selbstandige Werke 3 2 Als Herausgeberin 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenBeatrix Heintze ist mutterlicherseits eine Enkelin des Textilunternehmers und Widerstandskampfers gegen den Nationalsozialismus Walter Cramer 1886 1944 der in Leipzig lebte und vaterlicherseits des Generaldirektors der Dohrener Wollwascherei in Hannover Hans Heintze Ihr Vater Hans Georg Heintze ging 1938 nach Korneuburg einige Kilometer nordlich von Wien um eine Zweigfirma der Dohrener Wolle einzurichten Dort wurde Beatrix Heintze im Januar 1939 als altestes von zwei Kindern geboren Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde ihr Vater eingezogen Er gehorte zu den wenigen Uberlebenden der Schlacht von Stalingrad kam in sowjetische Kriegsgefangenschaft und kehrte erst 1955 zu seiner Familie zuruck Die Mutter Leonore Heintze zog 1944 mit den beiden Kindern fur eine kurze Zeit zu ihren Eltern nach Leipzig Walter Cramer gehorte der Widerstandsgruppe Goerdeler Kreis an und war in die Vorbereitung des gescheiterten Attentats vom 20 Juli 1944 eingeweiht Zwei Tage nach dem Attentatsversuch wurde Cramer von der Gestapo verhaftet und am Tag des Schuldprozesses am 14 November 1944 hingerichtet Die letzten Kriegsmonate und die Zeit danach verbrachten Leonore Heintze und ihre Kinder in Naumburg Sachsen Anhalt Im Jahr 1949 gelang ihnen die Ubersiedlung aus der damaligen Sowjetischen Besatzungszone nach Hannover Dort machte Beatrix Heintze 1959 an der Wilhelm Raabe Schule Abitur Zum Wintersemester 1959 60 begann Beatrix Heintze das Studium der Ethnologie bei Hermann Baumann sowie der Romanistik Neueren Geschichte und spater Alten Geschichte an der Ludwig Maximilians Universitat in Munchen Zu ihrem Studienschwerpunkt wurde schon bald Sudrhodesien heute Simbabwe und das ubrige sudliche Afrika Im Jahr 1968 wurde sie als erste Frau in Munchen im Fach Ethnologie mit der Arbeit Besessenheits Phanomene im mittleren Bantu Gebiet promoviert die 1970 im Druck erschien Fur ihre auf Literaturstudien basierende Dissertation hatte Heintze unter anderem in Lissabon portugiesische Quellen eingesehen Nach Abschluss des Studiums erhielt sie 1968 69 ein viermonatiges Stipendium der Gulbenkian Stiftung und anschliessend 1969 70 ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur Forschungen zum Thema Konigtum in Angola Im Mai 1970 trat sie eine Mitarbeiterstelle am Frobenius Institut an der Johann Wolfgang Goethe Universitat in Frankfurt an das damals von Eike Haberland geleitet wurde Haberland fokussierte das Forschungs und Sammelgebiet auf Afrika sudlich der Sahara Bis 2004 war Beatrix Heintze am Frobenius Institut zunachst als Schriftleiterin und nach dem Tod Haberlands 1992 als Herausgeberin der beiden institutseigenen Zeitschriftenreihen Paideuma und Studien zur Kulturkunde tatig Von der internationalen Zeitschrift Paideuma veroffentlichte sie 26 Bande der Jahrgange 1971 bis 1997 In der Reihe Studien zur Kulturkunde war sie in dieser Zeit an den Banden 28 bis 120 und 122 beteiligt ab 1992 als alleinige Herausgeberin und ab 1996 in gemeinsamer Herausgeberschaft mit dem Institutsleiter Karl Heinz Kohl 1995 grundete sie die kleine Reihe Afrika Archiv die Quelleneditionen vorbehalten ist und in der bislang ausser drei eigenen Beitragen eine fremde Edition erschienen sind 1 Heintzes Forschungen hauptsachlich zur Geschichte Angolas und des westlichen Zentralafrika sowie zur Forschungs und Wissenschaftsgeschichte Afrikas basieren auf Quellenstudien in deutschen und portugiesischen Archiven Die hauptberufliche redaktionelle Arbeit erlaubte nach 1992 keine langeren Auslandsaufenthalte Frankfurt blieb Heintze daruber hinaus verbunden weil sie von Klaus E Muller den auf Afrika bezogenen Teil des wissenschaftlichen Nachlasses von Hermann Baumann zur Auswertung erhalten hatte Hierzu gehorten auch die Aufzeichnungen des Afrikaforschers Alfred Schachtzabel 1887 1981 uber seine Forschungsreise nach Angola 1913 14 In einer 1995 erschienenen Quellenedition versammelte sie die unveroffentlichten und bereits veroffentlichten Schriften Schachtzabels Zu den weiteren Editionen schriftlicher Quellen uber Angola gehoren Max Buchners Reise nach Zentralafrika 1878 1882 erschienen 1999 und Eduard Pechuel Loesche Tagebucher von der Loangokuste von 1875 76 erschienen 2011 Wegen des nach der Unabhangigkeit 1975 beginnenden Burgerkriegs in Angola konnte Heintze das Schwerpunktland ihrer historischen Studien erstmals 1997 anlasslich einer Konferenz in Luanda besuchen Mit dem Ende des Burgerkriegs 2002 veroffentlichte sie einen Katalog der von Hermann Baumann 1954 in Dundo Nordangola deponierten ethnographischen Sammlung Hermann Baumann Die ethnographische Sammlung aus Sudwest Angola im Museum von Dundo Angola 1954 2002 Zusammen mit dem Historiker Achim von Oppen veranstaltete Heintze im September 2003 am Leibniz Zentrum Moderner Orient in Berlin ein internationales Symposium zum Thema Geschichte der Transport und Kommunikationsverbindungen in Angola Angola on the move transport routes communications and history 2 Im Januar 2004 ging Heintze in den Ruhestand Ihre Publikationstatigkeit fuhrt sie fort Mit derselben akribischen Methodik die Heintze beim Studium afrikanischer Quellen anwandte beschaftigte sie sich mit der Biografie ihres Grossvaters Walter Cramer die 1993 unter dem Titel Walter Cramer Ein Leipziger Unternehmer im Widerstand gegen den Nationalsozialismus erschien Erganzend hierzu veroffentlichte Heintze 2013 einen Band mit den in den letzten Wochen vor seinem Tod geschriebenen Briefen und Notizen die aus dem Gefangnis herausgeschmuggelt wurden 3 Die Originaldokumente und Aufzeichnungen Cramers ubergab Heintze 2012 dem Stadtarchiv Leipzig 4 Die Veroffentlichungen zu Cramer ruckten dessen Mitwirkung am nationalsozialistischen Widerstand ins offentliche Bewusstsein und waren der Anlass dass 1996 ein Denkmal zu seinen Ehren im Johannapark in Leipzig aufgestellt wurde 5 Seit 2008 ist Beatrix Heintze korrespondierendes Mitglied der portugiesischen Akademie der Wissenschaften zu Lissabon Academia das Ciencias de Lisboa Sie erhielt diese Auszeichnung fur ihre wissenschaftlichen Arbeiten zum lusophonen Afrika Quellenstudien Bearbeiten nbsp Henrique Augusto Dias de Carvalho Abbildung in der portugiesischen Zeitung Occidente Revista Illustrada de Portugal e do Extrangeiro vom 11 September 1890Beatrix Heintze unternahm keine Feldforschung in Afrika weil diese wahrend ihrer Studienzeit noch als Expedition bezeichnet normalerweise nicht zum Studium gehorte und auch nicht zum theoretischen Forschungsansatz ihres Lehrers Baumann passte Baumann war ein Anhanger der heute als uberholt geltenden Kulturkreislehre und beschaftigte sich uber seinen Schwerpunkt Afrika hinaus auch mit allen anderen Kontinenten Um den diffusionistischen Theorien Baumanns zu folgen fertigte Heintze in ihrer Dissertation eine gross angelegte Zusammenschau der Besessenheitskulte unter den Bantu im sudlichen Afrika an in der sie von Forscherberichten des 18 Jahrhunderts bis zur damals aktuellen Sekundarliteratur uber 2700 Belegstellen auswertete In dieser Schrift bringt sie einige Male ihr Unbehagen uber die gelegentlich ungenauen Beschreibungen der Forscher zum Ausdruck mit denen sie weitraumige Kulturvergleiche anstellen sollte Neben Baumann bildeten die Seminare von Laszlo Vajda der uber antike und mittelalterliche Ethnographie und Ethnogenese las fur Heintze eine fachliche Grundlage 6 In ihren eigenstandigen Forschungen verfolgte Heintze andere Zielsetzungen und strebte nach einem Perspektivenwechsel wonach sie afrikanische Geschichte nicht aus der ublichen europaischer Perspektive und rein nach europaischen Quellen erfassen sondern auch afrikanische Lebenslaufe einfacher Leute und orale Traditionen in den Blick nehmen wollte Exemplarisch fur diese Haltung beschrieb sie in Afrikanische Pioniere Tragerkarawanen im westlichen Zentralafrika 2002 mit der Hauptquelle dem bislang wenig bekannten portugiesischen Entdecker Henrique Augusto Dias de Carvalho 1843 1909 die Rolle die afrikanische Trager und lokale Hauptlinge am Warenverkehr und der Erschliessung der Region hatten 7 Die in portugiesischen Archiven ab dem 16 Jahrhundert vorhandenen Quellen enthalten vorwiegend Verwaltungsnotizen aus denen das Ausmass des Sklavenhandels von den portugiesischen Kolonien Angola und Mosambik nach Amerika hervorgeht ein historisches Faktum das zu Anfang von Heintzes Forschungen noch wahrend der Salazar Diktatur in Portugal ein Tabu war Daraus ergab sich fur Heintze die Verpflichtung afrikanische Geschichte aus einem ethnologischen Blickwinkel zu erfassen 8 Kritik an den Methoden und vorgefassten Einstellungen mancher Forscher ubte sie an die verhaltenen Randbemerkungen in ihrer Dissertation anknupfend explizit in Deutsche Forschungsreisende in Angola Ethnographische Aneignungen zwischen Sklavenhandel Kolonialismus und Wissenschaft 1999 2007 Publikationen Auswahl BearbeitenSelbstandige Werke Bearbeiten Besessenheits Phanomene im Mittleren Bantu Gebiet Studien zur Kulturkunde Band 25 Steiner Wiesbaden 1970 Ethnographische Zeichnungen der Lwimbi Ngangela Zentral Angola Sonderschriften des Frobenius Instituts Band 5 Steiner Stuttgart 1988 Walter Cramer Ein Leipziger Unternehmer im Widerstand Deutscher Institutsverlag Koln 1993 Walter Cramer Ein Leipziger Unternehmer im Widerstand gegen den Nationalsozialismus Texte des Leipziger Geschichtsvereins Heft 10 Leipzig 1994 Lwimbi desenhos etnograficos dos Lwimbi Ngangela do Centro de Angola Do espolio de Hermann Baumann Traducao de Lotte Pfluger revisao cientifica de M aria da Conceicao Neto edicao revista pela autora Ler amp Escrever Luanda 1994 Asilo ameacado Oportunidades e consequenicas da fuga de escravos em Angola no seculo XVII Heft 2 Cadernos do Museu da Escravatura Luanda 1995 Alfred Schachtzabels Reise nach Angola 1913 1914 und seine Sammlungen fur das Museum fur Volkerkunde in Berlin Rekonstruktion einer ethnographischen Quelle Afrika Archiv Band 1 Koppe Koln 1995 Ethnographische Aneignungen Deutsche Forschungsreisende in Angola Lembeck Frankfurt am Main 1999 Deutsche Forschungsreisende in Angola Ethnographische Aneignungen zwischen Sklavenhandel Kolonialismus und Wissenschaft Lembeck Frankfurt 1999 zweite bearbeitete Auflage Lembeck Frankfurt 2007 online Afrikanische Pioniere Tragerkarawanen im westlichen Zentralafrika ca 1850 1890 Lembeck Frankfurt am Main 2002 online Walter Cramer die Kammgarnspinnerei Stohr amp Co in Leipzig und die sogenannte Judenfrage Materialien zu einer Gratwanderung zwischen Hilfe und Kapitulation Erinnerungen 3 Hrsg Sachsisches Wirtschaftsarchiv Leipziger Universitatsverlag Leipzig 2003 Pioneiros Africanos Caravanas de carregadores na Africa Centro Ocidental entre 1850 e 1890 Traducao de Marina Santos Editorial Caminho Lissabon Nzila Luanda 2004 Deutsche Forschungsreisende im westlichen Zentralafrika des 19 Jahrhunderts Arbeitspapiere Nr 40 Institut fur Ethnologie und Afrikastudien Johannes Gutenberg Universitat Mainz 2004 Angola nos seculos XVI e XVII Estudos sobre fontes metodos e historia Kilombelombe Luanda 2007 A Africa centro ocidental no seculo XIX c 1850 1890 Intercambio com o mundo exterior Apropriacao exploracao e documentacao Traducao de Marina Santos Coleccao Ciencias Humanas e Sociais Serie Historia de Angola no 11 Kilombelombe Luanda 2013 Ein preussischer Major im Herzen Afrikas Alexander v Mechows Expeditionstagebuch 1880 1881 und sein Projekt einer ersten deutschen Kolonie Studien zur Kulturkunde Band 133 Reimer Berlin 2018Als Herausgeberin Bearbeiten Samuel Josia Ntara The History of the Chewa Translated into English by W S Kamphandira Jere with comments by Harry W Langworthy Studien zur Kulturkunde Band 31 Steiner Wiesbaden 1973 Fontes para a historia de Angola do seculo XVII Band 1 Memorias relacoes e outros manuscritos da Colectanea Documental de Fernao de Sousa 1622 1635 Studien zur Kulturkunde Band 75 Steiner Stuttgart 1985 Mit Adam Jones European Sources for Sub Saharan Africa before 1900 Use and Abuse Paideuma 33 Steiner Stuttgart 1987 Fontes para a historia de Angola do seculo XVII Band 2 Cartas e documentos oficiais da Colectanea Documental de Fernao de Sousa 1624 1635 Studien zur Kulturkunde Band 88 Steiner Stuttgart 1988 Studien zur Geschichte Angolas im 16 und 17 Jahrhundert Ein Lesebuch Koppe Koln 1996 Max Buchners Reise nach Zentralafrika 1878 1882 Briefe Berichte Studien Afrika Archiv Band 2 Koppe Koln 1999 Mit Sylvia M Schomburg Scherff Die offenen Grenzen der Ethnologie Schlaglichter auf ein sich wandelndes Fach Lembeck Frankfurt am Main 2000 Hermann Baumann Die ethnographische Sammlung aus Sudwest Angola im Museum von Dundo Angola 1954 Katalog A coleccao etnografica do Sudoeste de Angola no Museu do Dundo Angola 1954 Catalogo Afrika Archiv Band 3 Koppe Koln 2002 Mit Achim von Oppen Angola on the Move Transport routes communications and history Angola em Movimento Vias de transporte comunicacao e historia Lembeck Frankfurt am Main 2008 online Eduard Pechuel Loesche Tagebucher von der Loangokuste Zentralafrika 24 2 1875 5 5 1876 sowie Stichworte zu den Tagebuchaufzeichnungen vom 10 7 bis 19 8 1874 Mit 31 Aquarellen von Eduard Pechuel Loesche Transkription Donata v Lindeiner Wildau online Walter Cramer die letzten Wochen Gefangnisbriefe und notizen an seine Familie nach dem 20 Juli 1944 Leipziger Institutsverlag Leipzig 2013 Das Tagebuch Alexander v Mechows Uber seine Expedition an den Kwango Angola 1880 1881 Reimer Berlin 2018 online Literatur BearbeitenBeatrix Heintze Mein langer Weg nach Angola In Paideuma Mitteilungen zur Kulturkunde Band 53 2007 S 7 26 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Beatrix Heintze im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Dr Beatrix Heintze Frobenius Institut Kurzbiografie und Publikationsverzeichnis Einzelnachweise Bearbeiten Afrika Archiv Frobenius Institut Angola on the move transport routes communications and history Memento vom 13 Oktober 2017 im Internet Archive ZMO 24 26 September 2003 Sebastian Weitkamp Todliche Mitwisserschaft faz net 26 Januar 2014 Birgit Horn Koldiz Ehe ich aus diesem Leben scheide Dokumente zu Walter Cramer im Stadtarchiv Leipzig In Sachsisches Archivblatt Memento vom 20 Mai 2018 im Internet Archive Heft 1 2004 S 17 Stadtarchiv Leipzig Chronik 1996 Memento vom 5 Marz 2017 im Internet Archive S 25 Beatrix Heintze 2007 S 12 f Beatrix Heintze Vorwort In Afrikanische Pioniere Tragerkarawanen im westlichen Zentralafrika ca 1850 1890 Otto Lembeck Frankfurt 2002 S 9 f Beatrix Heintze 2007 S 15 Normdaten Person GND 171219473 lobid OGND AKS LCCN n86138234 VIAF 91708532 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Heintze BeatrixKURZBESCHREIBUNG deutsche EthnologinGEBURTSDATUM 13 Januar 1939GEBURTSORT Korneuburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Beatrix Heintze amp oldid 238143284