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Zwischen 1002 und seinem Todesjahr 1024 liess Heinrich II fur die Kapelle der Aachener Konigspfalz den heutigen Aachener Dom einen Ambo in Form einer Kanzel errichten Ambo Heinrichs II oder volkstumlich auch Heinrichsambo bzw Heinrichskanzel genannt Der Ambo weist eine Hohe von 146 cm und eine Breite von 115 cm auf und gehort zu den bedeutendsten Kunstwerken der Ottonenzeit 1 Ambo Heinrichs II im Aachener DomUrsprunglich stand die Kanzel wohl in der Mittelachse des Oktogons vor dem Hauptaltar Nach Vollendung des Choranbaus im Jahre 1414 wurde der Ambo an der Sudseite des ersten Chorjoches angebracht Der holzerne Treppenaufgang entstand 1782 In den Jahren 1815 bis 1817 und 1926 bis 1937 sowie 2002 bis 2003 wurde der Ambo umfassend restauriert 2 An hohen Feiertagen ist die Kanzel Heinrichs II bis zum heutigen Tage in liturgischem Gebrauch Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Aufbau Ausstattung und Einordnung 1 2 Inschriften 2 Theologisch symbolische Aussage 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenBeschreibung BearbeitenAufbau Ausstattung und Einordnung Bearbeiten nbsp Linke SeiteUber einem kleeblattformigen Grundriss ist die Brustungswand des Ambos zu sehen die durch Filigran und Edelsteinborten lediglich eine dieser Borduren ist im Original erhalten auf Eichenholzgrund in neun mit Braunfirnis gezierte Quadrate eingeteilt ist von denen funf ein Gemmenkreuz in Form eines griechischen Kreuzes bilden Kostbare Gefasse zieren diese Felder drei sind ursprunglich zwei spater erganzt Die originalen Stucke sind eine Tasse und Untertasse aus Bergkristall sowie eine ovale antike Achatschale die vermutlich aus dem dritten oder vierten Jahrhundert n Chr stammt 3 Auf welche Weise Kaiser Heinrich II in den Besitz der Achatschale gelangte kann abschliessend nicht gesagt werden die Quellen berichten jedoch uber Geschenke ostromischer Delegationen 4 Nach teilweise in der Forschung vertretener Ansicht handelt es sich um Teile eines Prachtgeschirrs aus der Aussteuer von Kaiserin Theophanu der Gemahlin Ottos II Die beiden ersteren Objekte stellen orientalische Arbeiten wohl des spaten zehnten oder elften Jahrhunderts dar Solche Bergkristallarbeiten erfreuten sich auch nordlich der Alpen hochster Beliebtheit und wurden in kurzer Zeit in grosseren Mengen aus dem ostlichen Mittelmeerraum beschafft 5 Eine grune Rippenschale sowie eine weitere Achatschale unten von 1937 bilden die nachtraglichen Erganzungen Schachfiguren aus Achat und Chalcedon rahmen die Trinkgefasse ein In den verbleibenden vier Eckfeldern sind getriebene Kupferreliefs mit Darstellungen der schreibenden Evangelisten zu sehen Nur die Matthaustafel oben links ist im Original erhalten die drei anderen Reliefs hingegen wurden aus Gipsmodellen der 1870er Jahre nachgebildet Sowohl die Brustungswand als auch die sie zu beiden Seiten umgebenden saulenartigen Ausbuchtungen sind verziert durch zahlreiche mit Rankwerk ornamentierte Bronzepunzierungen Kupferreliefs der Evangelisten nbsp Johannes nbsp Lukas nbsp Markus nbsp MatthausDie wohl eigenartigsten Schmuckwerke breiten sich an den seitlichen Segmenten des Ambos aus Es sind sechs konvexe die Rundung des Elefantenzahns nutzende Elfenbeintafeln alexandrinische Arbeiten des sechsten Jahrhunderts n Chr 6 Die obersten Felder der beiden die Brustungswand flankierenden Ausbuchtungen zeigen kriegerische Siegertypen Je zwei Genien setzen ihnen eine Krone aufs Haupt Wahrend der rechte Krieger aufrecht zum Kampfe bereitsteht stosst der linke auf einem Pferd sitzend einem gepanzerten Drachen eine Lanze in den Leib Eine andere Tafel zeigt auf Meerestieren reitende Nereiden Tochter des griechischen Meeresgottes Nereus und seiner Gattin Doris zugleich auch Begleiterinnen des Poseidon Sie verkorperten in der Vorstellung der griechischen Mythologie das Meeresplatschern Auf einer vierten Tafel ist eine stattlich gekleidete bekronte Gottin zu sehen die in der Rechten ein Schiff in der Linken ein Fullhorn tragt welches in einem kleinen Tempel mundet aus dem ein Kind herausschaut Die Kuppel des Tempels wird von musizierenden Engeln geziert Bei der Gottin konnte es sich um eine Personifikation der Stadt Alexandria oder aber um Tyche die Tochter des Zeus und Gottin der guten wie schlechten Fugung handeln die das Schiff des Lebens steuert 7 Krone und Kind lassen auch an Isis die agyptische Liebes und Meeresgottin denken die als Gottermutter liebevoll ihren Sohn auf Handen tragt 8 Eine zu den Klangen des Aulos und dem Flotenspiel des Pan tanzende Manade zu Fussen der Gottin verweist bereits auf den darunter dargestellten Dionysos den fur seine zugellosen berauschenden Feste bekannten griechischen Weingott Betont lassig mit uberschlagenen Beinen an einer Saule lehnend greift er in das ihn umkranzende Weinlaub und schenkt schwungvoll aus einer uber seinem Kopf gehaltenen Kanne in hohem Bogen Wein aus der in den Rachen einer Lowin herabfliesst Durch die Szene schwirren kleine Engel und Fabelwesen Gleich auf zwei der sechs Relieftafeln findet sich der Rauschgott in ganz ahnlicher Szenerie Die in diesem Fall besonders plastische Verwendung antiker Motive und Elemente in der Kunst ist eine grundlegende Idee fur den nicht unumstrittenen Begriff der Ottonischen Renaissance dem der Ambo in seiner einzigartigen Ausfuhrung zugerechnet werden kann nbsp Gesamtansicht Untersicht nbsp Die antike Achatschale nbsp Bergkristallgefass links und Rippenschale nbsp Kristall mit Schachfiguren nbsp Elfenbeinrelief nbsp Barocker Treppenaufgang nbsp Schnitzerei an der Brustung des TreppenaufgangsInschriften Bearbeiten Am oberen und unteren Rand des Ambos jeweils fortlaufend vom linken Seitenteil uber den Mittelteil zum rechten Seitenteil befindet sich eine in Braunfirnis ausgefuhrte metrische Dedikationsinschrift die Heinrich II mit rex pius Heinricus tituliert als Stifter ausweist und aus vier leoninischen Hexametern besteht die an die Jungfrau Maria gerichtet sind Ihr ursprunglicher Text ist nur fragmentarisch im Original erhalten konnte aber bei Restaurierungen Ende der 1930er Jahre mithilfe schriftlicher Uberlieferungen wieder erganzt werden 9 sodass die Verse heute wieder vollstandig lesbar sind 10 HOC OPVS AMBONIS AVRO GEMMISQVE MICANTIS REX PI VS HEINRICVS CELAE STIS HONORIS ANHELVS DAPSILIS EX PROPRIO TIBI DAT SANCTISSIMA VIRGO QVO PRE CE SVMMA TVA SIBI MERCES FIAT VSIA Dies Werk des von Gold und Edelsteinen strahlenden Ambos gibt der fromme Konig Heinrich nach himmlischer Ehre strebend dir heiligste Jungfrau aus seinem Besitz damit ihm durch deine Bitte der Hochste Gnade gewahre 11 Ebenfalls in leoninischen Hexametern gehalten sind die Inschriften der vier Evangelisten Reliefs Die Verspaare lauten 12 zu Matthaus MATHEE PROGENIEM CHRISTI NVMERANDO PRIOREM AD IOSEPH EX ABRAHA M LEGERIS BENE TENDERE NORMAM Matthaus du wirst indem du die Abstammung Christi von Abraham bis Josef auffuhrst die Folge wohl erfassen 13 zu Markus MARCE LEO FORTIS FORTE M RESONARE VIDERIS CERTA RESVRGENDI PER QVE M SPES VENERAT ORBI Markus starker Lowe du wirst den Starken vernehmen durch den die sichere Hoffnung der Auferstehung dem Erdkreis kam 14 zu Lukas MVGIT ADESSE SACRVM LVCAS LIBAMINIS AESVM QVOD CONFIXA CRVCI FRIXIT RESOLVCIO MVNDI Es verkundet Lukas die Gegenwart der heiligen Opferspeise die die dem Kreuz angeheftete Erlosung der Welt bewahrt 15 zu Johannes MENS TYPICI SOLIS RADIO PERFVSA JOHANNIS LVCE PRIVS GENITVM DE VIRGINE NVNCIAT ORTVM Erfullt von dem Strahlen sinnbildlicher Sonne verkundet der Geist des Johannes dass der der fruher war als das Licht geboren ward von der Jungfrau 16 Theologisch symbolische Aussage BearbeitenDie Indienstnahme profaner Kunst und Kultur fur eigene Zwecke war dem Christentum von Anbeginn niemals fremd Somit kann die Botschaft vom Triumph der christlichen Botschaft uber das Heidentum auch als in der Verwendung der beschriebenen Zierstucke fur die Heinrichskanzel enthalten gesehen werden Die einst weltlichen Kunstschatze sind nun zu konstitutiven Bestandteilen des Ambos als sakraler Verkundigungsstatte der Frohbotschaft geworden 17 Nach anderer Auffassung ist der Ambo Heinrichs II dagegen in seiner Gesamtheit als gleichsam eklektisch gestalteter Versuch zu verstehen die Fremdheit seiner aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen stammenden Elemente in Beziehung zum christlichen Weltbild des Mittelalters zu setzen und in dieses zu integrieren 18 Literatur BearbeitenKritische Editionen der Inschriften Karl Strecker unter Mitarbeit von Norbert Fickermann Hrsg Die Ottonenzeit MGH Poetae Latini Band 5 2 Hiersemann Leipzig 1939 S 357 Digitalisat Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Die Deutschen Inschriften Band 31 Reichert Wiesbaden 1992 ISBN 3 88226 511 6 S 17 18 Nr 19 online Kunsthistorische Studien Joseph Buchkremer Der Ambo Heinrichs II im Dom zu Aachen Mittheilungen der k aiserlich k oniglichen Central Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale Mittheilungen der k k Central Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale Mitteilungen der k k Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen Denkmale Mitteilungen der k k Zentral Kommission fur Denkmalpflege Mitteilungen des Staatsdenkmalamtes Mitteilungen des Bundesdenkmalamtes Jahrgang 1937 S 98ff online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung edb Erika Doberer Studien zu dem Ambo Kaiser Heinrichs II im Dom zu Aachen In Karolingische und ottonische Kunst Werden Wesen Wirkung Steiner Wiesbaden 1957 S 308 359 Horst Appuhn Das Mittelstuck vom Ambo Konig Heinrichs II in Aachen In Aachener Kunstblatter 32 1966 S 70 73 Ernst Gunther Grimme Der Aachener Domschatz 2 Auflage Schwann Dusseldorf 1973 Nr 27 S 38 43 zu den bei der Renovierung 1926 37 nicht mehr verwandten Elementen Nr 28 S 43 45 Ernst Gunther Grimme Der Dom zu Aachen Architektur und Ausstattung Einhard Aachen 1994 S 107 114 133 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Einhard Aachen 1995 S 38 39 Wolfgang Cortjaens Die Evangelistenreliefs vom Ambo Heinrichs II Ein Modell Fall des 19 Jahrhunderts In Aachener Kunstblatter 61 1995 97 1998 S 429 447 Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Dissertation Technische Hochschule Aachen Aachen 1998 Ernst Gunther Grimme Der Dom zu Aachen Einhard Aachen 2000 ISBN 978 3 930701 75 9 S 56 58 Ernst Gunther Grimme Der goldene Dom der Ottonen Einhard Aachen 2001 ISBN 3 930701 90 1 S 69 72 80 Herta Lepie Ann Munchow Elfenbeinkunst aus dem Aachener Domschatz Imhof Petersberg 2006 ISBN 3 86568 000 3 S 26 58 Walter Maas Pit Siebigs Der Aachener Dom Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2445 9 S 109 116 Herta Lepie Der Domschatz zu Aachen In Clemens M M Bayer Dominik M Meiering Martin Seidler Martin Struck Hrsg Schatzkunst in Rheinischen Kirchen und Museen Schnell amp Steiner Regensburg 2013 ISBN 978 3 7954 2827 3 S 121 137 hier S 131 132 Theologische Studien Albert Damblon Ab kanzeln gilt nicht Zur Geschichte und Wirkung christlicher Predigtorte Asthetik Theologie Liturgik Bd 27 LIT Munster 2003 ISBN 3 8258 6663 7 S 24 27 Auszuge bei Google Books Hans Jurgen Roth Ein Abbild des Himmels Der Aachener Dom Liturgie Bibel Kunst Thouet Aachen 2011 S 75 82 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ambo Heinrichs II Sammlung von Bildern Evangelienkanzel Heinrichs II im Bildindex der Kunst und ArchitekturAnmerkungen Bearbeiten Herta Lepie Georg Minkenberg Der Domschatz zu Aachen 2 Auflage Regensburg 2015 S 42 Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 18 31 Herta Lepie Georg Minkenberg Der Domschatz zu Aachen 2 Auflage Regensburg 2015 S 42 Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 47 Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 48 m w N Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 69 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Aachen 1995 S 38 Herta Lepie Georg Minkenberg Die Schatzkammer des Aachener Domes Aachen 1995 S 38 Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 158 159 Kritisch zu dieser von der Forschung haufig vertretenen Ansicht Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom Aachen 1998 S 155 158 Vgl Rekonstruktion und kritische Edition von Karl Strecker in ders Die Ottonenzeit S 357 Nr 8 Digitalisat Der folgende Text nach der gultigen kritischen Edition von Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 17 18 Nr 19 A mit Kommentar online Die eingeklammerten Textteile sind nicht im Original erhalten Ubersetzung nach Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 18 Nr 19 A online Text nach Karl Strecker in ders Die Ottonenzeit S 357 Nr 8 Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 17 18 Nr 19 B E mit Kommentar online Ubersetzung nach Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 18 Nr 19 B mit Kommentar online Ubersetzung nach Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 18 Nr 19 C mit Kommentar online Ubersetzung nach Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 18 Nr 19 D mit Kommentar online Ubersetzung nach Helga Giersiepen Die Inschriften des Aachener Doms Wiesbaden 1992 S 18 Nr 19 E mit Kommentar online Vgl Hans Jurgen Roth Ein Abbild des Himmels Der Aachener Dom Liturgie Bibel Kunst S 81 82 Vgl Silke Schomburg Der Ambo Heinrichs II im Aachener Dom S 197 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ambo Heinrichs II amp oldid 237676994