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Mit Altfrankisch oder Frankisch wird in der historischen Sprachwissenschaft die Sprache der germanischen Franken einem Grossverband mehrerer Stamme die sich im spaten 3 Jahrhundert jenseits des niedergermanischen Limes ansiedelten bezeichnet Altfrankisch FrankischZeitraum fruhes 3 bis 6 JahrhundertEhemals gesprochen in Jenseits der nordwestlichen Grenze des ehemaligen romischen ReichesLinguistischeKlassifikation Indogermanisch GermanischWestgermanischWeser Rhein Germanisch Altfrankisch dd dd Offizieller StatusAmtssprache in SprachcodesISO 639 1 ISO 639 2 gem germanische Sprachen ISO 639 3 frkNaherung des altfrankischen Sprachraums der Spatantike ohne kleinere Sprachinseln in Gallia Belgica 1 Legende Altfrankische Varietaten 1 Nordsee 2 und Elbgermanische 3 VarietatenRomanische VarietatenSomme Aisne Linie nordlich davon dominieren germanische Ortsnamen Grenze der spateren aus den elbgermanischen Gebieten verbreiteten althochdeutschen Lautverschiebung im 7 Jh 2 3 Inhaltsverzeichnis 1 Definition und Abgrenzung 2 Uberlieferung 2 1 Sprachrekonstruktion 2 2 Lautsystem 3 Sprachgebiet 3 1 Weiterentwicklung 4 EinzelnachweiseDefinition und Abgrenzung BearbeitenIm Grunde konnte die altfrankische Sprache definiert werden als die jenseits der nordwestlichen Grenze des romischen Reiches gesprochenen spatgermanischen Varietaten rhein weser germanischer Herkunft 4 5 Im Vergleich mit den nordseegermanischen und elbgermanischen Sprachen nahmen die altfrankischen Varietaten eine Mittelstellung ein da fur diese Dialekte nur sehr wenig Ingwaonismen und keine Merkmale der hochdeutschen Lautverschiebung angenommen werden 6 Das zeitliche Spektrum des Altfrankischen umfasst im weitesten Sinne die Periode zwischen der Abspaltung der rheinwesergermanischen Dialekte vom Westgermanischen im 4 Jahrhundert bis zum Auftreten der hochdeutschen Lautverschiebung im 6 bis 7 Jahrhundert 7 Die Datierung des Endes der altfrankischen Sprachepoche anhand der zweiten Lautverschiebung obwohl allgemein anerkannt ist fur die nicht verschobenen Nachfahren des Altfrankischen sprachlich betrachtet von geringerer Bedeutung weil das Kriterium der Lautverschiebung es nicht ermoglicht einen deutlichen Unterschied zwischen dem Altfrankischen und den fruhsten Phasen der altniederlandischen bzw altniederfrankischen Sprache zu machen Fur das Altfrankische und die spateren althochdeutschen Varietaten des Mittelrheins gibt es dieses Abgrenzungsproblem wegen der Teilnahme an der zweiten Lautverschiebung nicht In manchen Publikationen wird Ostfrankisch als Synonym der verschobenen Fortsetzungen des ehemaligen Altfrankischen benutzt Die Bedeutung von Westfrankisch ist vielseitiger denn dieser Begriff wird sowohl als Synonym des haufiger benutzten Altniederlandischen bzw Altniederfrankischen verwendet als auch besonders in deutschsprachigen Publikationen der germanischen Altertumskunde fur die ausgestorbenen Sprachvarietaten im spateren romanisierten Gebiet 8 Bestimmender Faktor dieser Definition ist aber Assimilation nicht die sprachgenetische Beziehung dieser Sprachformen denn die sprachlichen Unterschieden zwischen Westfrankisch in diesem Sinne und dem Altniederlandischen sind entweder sehr klein oder zu vernachlassigen 9 10 Uberlieferung Bearbeiten nbsp Die Runeninschrift von Bergakker Die altfrankische Sprache ist nicht direkt uberliefert und wurde anhand des Alt und Mittelniederlandischen und bestimmten germanischen Lehnworter im Altfranzosischen teilweise rekonstruiert Romische Autoren erwahnen in ihren Werken zwar einzelne germanische Worter aus dem Bereich der Franken wie vadam Watt 2 Jh und tui Zwei 3 Jh aber diese sind wegen der Latinisierung und fehlendem Kontext problematisch 11 12 Die zur Mitte des 5 Jahrhunderts datierte Runeninschrift von Bergakker und eine in der Nahe von Maastricht gefundene Gurtelschnalle aus dem 6 Jahrhundert bilden die einzigen erhaltenen spatgermanischen Textquellen aus dem ehemaligen Siedlungsgebiet der Franken Wahrend die Maastrichter Gurtelschnalle nur die Inschrift Bobo ein Personenname enthalt wurden bei der Runeninschrift von Bergakker mehrere Worter eingeschrieben 13 Die Interpretation der Runeninschrift ist aber nicht eindeutig und auch die altfrankische Klassifizierung ist nicht unumstritten wenn auch wahrscheinlich 14 Sprachrekonstruktion Bearbeiten Rekonstruierte altfrankische Worter Kognaten und Lehnworter Auswahl 15 Franzosisch Altfranzosisch Altfrankisch Altniederlandisch Mittelniederlandisch Niederlandischbois Wald bosc busk busk busch bosch bos Wald chouette Schleiereule cuete kawa kawa cauwe ca kauw Dohle framboise Himbeere frambeise brambasi brambesi bramebesie braambes Brombeere dechirer reissen escirer skiran skeran sceren scheren reissen treve Waffenstillstand triwe treuwa triuwa trouwe trouw Treue Lautsystem Bearbeiten Das Altfrankische konnte als ein konservativer Erblasser des Sudgermanischen betrachtet werden Neben den fehlenden Innovationen der Zweiten Lautverschiebung unterscheidet es sich vom anglo friesischen Lautsystem durch das Fehlen der geminierten Palatale cc jj und ɟɟ und der gespannten Vokale ae ɔ der Diphthonge iu ej und ai sowie den Erhalt der nasalen Konsonanten vor f th s 16 Sprachgebiet BearbeitenDas Hauptgebiet der fruhen Franken umfasste die sudlichen Niederlande Nordbelgien die Departements Pas de Calais und Nord den Niederrhein und Teile des Mittelrheins und des Moselgebiets Die Grenzen des frankischen Sprachgebiets konnen im Norden und Osten nur skizziert werden da die unterschiedlichen westgermanischen Varietaten damals fliessend ineinander ubergingen und auch die altfrankischen Varietaten untereinander formten keine Einheitssprache im modernen Sinne Der Bereich der altfrankischen Sprache kann nicht mit den politischen Grenzen des Frankischen Reichs gleichgesetzt werden Schon seit den Eroberungen Chlodwigs im fruhen 6 Jh formten die Frankischsprachigen eine Minderheit innerhalb des von den frankischen Oberschichten dominierten Frankenreichs Erst in Bezug auf die zahlreichere galloromanische Bevolkerung spater mit der Unterwerfung der alemannischen thuringischen bajuwarischen und sachsischen Stammesgebiete auch in Bezug auf die germanischsprachige Bevolkerung Diese prekare Lage wurde besonders klar im Verlauf des Fruhmittelalters als am Mittelrhein deutliche und wachsende Einflusse der Althochdeutschen Lautverschiebung aus dem alemannisch bairischen Raum die dort beheimateten frankischen Varietaten erreichten und in Nordfrankreich und Teilen Belgiens viele ursprunglich Germanischsprachige die altfranzosische Sprache ubernahmen Weiterentwicklung Bearbeiten nbsp Der rheinische Facher zeigt von Suden nach Norden den abnehmenden Einfluss der hochdeutschen Lautverschiebung die sich lokal bis ins 12 Jahrhundert im Umbruch befand In den Niederlanden und Flandern entwickelte sich das Altfrankische im 6 Jh zum Altniederlandischen 500 1200 17 Ein wichtiger Wendepunkt in der Entwicklung des Niederlandischen ist die Assimilation eines nordseegermanischen Kustendialektes im 8 bis 9 Jh wodurch das Spataltniederlandische zusatzlich seiner altfrankischen Basis auch einige Ingwaonismen kennt Ein Beispiel dieser Entwicklung gibt es bei der Zahl funf In der fruhaltniederlandischen Sprache wurde diese noch als vinf geschrieben aber im spateren Altniederlandischen aufgrund des Nasal Spiranten Gesetzes erscheint sie als vijf Uber das Altniederlandische und Mittelniederlandische entwickelte sich aus den altfrankischen Varietaten der heutigen Gebiete Belgiens der Niederlande und Nordwestfrankreichs die heutige niederlandische Sprache Obwohl die Kontinuitat zwischen dem Altfrankischen und dem Altniederlandischen allgemein akzeptiert wird ist diese fur die germanische Dialekte im ehemaligen Ostfrankenreich wegen der hochdeutschen Lautverschiebung und Assimilierung suddeutscher Merkmale weniger eindeutig 18 19 20 Am Mittelrhein hat die hochdeutsche Lautverschiebung sich im Laufe des 7 Jahrhunderts in unterschiedlicher Starke ausgedehnt und die Weiterentwicklung der ehemaligen altfrankischen Varietaten dieses Gebiets stark gepragt Die fruhesten Anzeichen der zweiten Lautverschiebung im bairisch alemannischen Raum werden auf das 4 bis 5 Jh datiert aber der komplette Prozess wurde erst im 8 bis 9 Jh abgeschlossen 21 Die Intensitat der Verschiebung ist wechselhaft und nimmt aus alemannisch bairischer Sicht nach Norden hin ab Aus der Interaktion zwischen rhein weser germanischen und elbgermanischen Varietaten entstanden die spateren westmitteldeutschen Mundarten Fur das Ostfrankische gibt es keine Hinweise dass die Dialekte sich direkt aus dem Altfrankischen entwickelten Nach dem heutigen Kenntnisstand handelt es sich hierbei um elbgermanische Varietaten wie auch Bairisch und Alemannisch mit einem geringeren frankischen Einfluss 22 23 24 Im Westfrankenreich galt die romanisierte frankische Elite nordlich der Loire und sudlich der Somme bis spatestens 900 als uberwiegend zweisprachig Nach diesem Zeitpunkt galten die aus dem Altfrankischen entstandenen Varietaten als von der dort mehrheitlich romanischsprachigen Bevolkerung an das Galloromanische bzw Altfranzosische assimiliert Dennoch hatte der germanische Hintergrund dieser Elite einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der heutigen franzosischen Sprache 25 Verschiebungsintensitat frei nach Sonderegger 26 Ursprunglich Verschoben Niederlandisch Mittelfrankisch Rheinfrankisch Sudrheinfrankisch Ostfrankisch Bairisch Alemannisch t ndl tijd t s dt Zeit nein ja ja ja ja ja ja t ndl zetten t s dt setzen nein ja ja ja ja ja ja t ndl hart t s dt Hertz nein ja ja ja ja ja ja t ndl heten s dt heissen nein ja ja ja ja ja ja t ndl voet s dt Fuss nein teils ja ja ja ja ja p ndl pad pf dt Pfad nein nein nein nein ja ja ja p ndl dapper pf dt tapfer nein nein nein ja ja ja ja mp ndl romp mf Rumpf nein nein nein ja ja ja ja lp ndl hulp lf dt Hilfe nein nein teils ja ja ja ja rp ndl harp rf dt Harfe nein nein teils ja ja ja ja p ndl slapen f dt schlafen nein ja ja ja ja ja ja k ndl kind kx x alemann Chind baier Kchind nein nein nein nein nein ja ja k ndl bakken kx x baier bacha nein nein nein nein nein ja ja k ndl zwak kx x dt schwach nein ja ja ja ja ja ja k ndl maken x dt machen nein ja ja ja ja ja jaEinzelnachweise Bearbeiten Karte in Anlehnung an P A Kerkhof Language law and loanwords in early medieval Gaul language contact and studies in Gallo Romance phonology Leiden 2018 S 24 und H Ryckeboer Het Nederlands in Noord Frankrijk Sociolinguistische dialectologische en contactlinguistische aspecten Gent 1997 S 183 184 H K J Cowan Tijdschrift voor Nederlandse Taal en Letterkunde Jahrgang 71 E J Brill Leiden 1953 S 166 186 Anmerkung Die Linie entspricht nicht der spateren Benrather Linie da diese erst im Hochmittelalter ihre aktuelle Position erreicht hat Hagen Keller Strukturveranderungen in der westgermanischen Welt am Vorabend der frankischen Grossreichsbildung Fragen Suchbilder Hypothesen Die Franken und die Alemannen bis zur Schlacht bei Zulpich 496 97 Berlin Boston De Gruyter 2011 S 581 607 G Mildenberger Die Germanen in der archaologischen Forschung nach Kossinna Germanische Altertumskunde Online Kulturgeschichte bis ins Fruhmittelalter Archaologie Geschichte Philologie Berlin New York De Gruyter 2010 S 310 320 Anthony Buccini Ab errore libera The Northern Expansion of Frankish in the Merovingian Period and the Genesis of the Dutch language Amsterdamer Beitrage zur alteren Germanistik 57 1 2003 183 220 A Quak J M van der Horst Inleiding Oudnederlands Lowen Universitaire Pers 2002 S 107ff Arend Quak Franken S 2 Sprache In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 9 Walter de Gruyter 1995 S 374 381 Nicoline van der Sijs Chronologisch woordenboek De ouderdom en herkomst van onze woorden en betekenissen Veen Amsterdam Antwerpen 2002 S 109 Wolfgang Jungandreas Westfrankisch In Leuvense bijdragen vol 61 Lowen 1972 S 213 240 Frits van Oostrom Stemmen op schrift Geschiedenis van de Nederlandse literatuur vanaf het begin tot 1300 Bert Bakker Verlag Amsterdam 2016 S 48 49 Nicoline van der Sijs Chronologisch woordenboek De ouderdom en herkomst van onze woorden en betekenissen Veen Amsterdam Antwerpen 2002 S 99 101 Tineke Looijenga Tineke A Very Important Person from Borgharen Maastricht Province of Limburg NoR 12 13 2003 Bernard Mees The Bergakker Inscription and the beginnings of Dutch Amsterdamer Beitrage zur alteren Germanistik 56 2002 ISBN 90 420 1579 9 S 23 26 Diese Beispiele wurden basierend auf dem Etymologisch Woordenboek van het Nederlands EWN Marlies Philippa Frans Debrabandere Arend Quak Tanneke Schoonheim und Nicoline van der Sijs 2003 2009 und der Datenbank des Centre national de ressources textuelles et lexicales CNRTL Link zusammengestellt Michiel de Vaan The dawn of Dutch Language contact in the Western Low Countries before 1200 Vol 30 John Benjamins Publishing Company 2017 A Quak amp J M van der Horst Inleiding Oudnederlands Lowen Universitaire Pers 2002 in Ancorae Nr 16 S 3 22 Luc de Grauwe Westfrankisch bestaat dat Over Westfrankisch en Oudnederlands in het oud theodiske varieteitencontinuum In Amsterdamer Beitrage zur alteren Germanistik 57 2003 S 94 95 Alfred Klepsch Der Name Franken In Frankisches Worterbuch WBF Hrsg von der Bayerische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 31 Juli 2020 Heike Hawicks Der Name und die Sprache der Franken In Dieter Geuenich Thomas Grunewald Hrsg Chlodwig und die Schlacht bei Zulpich Geschichte und Mythos 496 1996 Begleitbuch zur Ausstellung in Zulpich 30 08 26 10 1996 Euskirchen 1996 ISBN 978 3 9802996 7 1 S 40 47 Johannes Venema Zum Stand der zweiten Lautverschiebung im Rheinland diatopische diachrone und diastratische Untersuchungen am Beispiel der dentalen Tenuis Franz Steiner Verlag 1997 S 6 10 Rolf Bergmann Missionierung und Christianisierung im Regnitz und Obermaingebiet Historischen Vereins Bamberg 2008 S 198 Robert Reiss Der merowingerzeitliche Reihengraberfriedhof von Westheim Forschungen zur fruhmittelalterlichen Landesgeschichte im sudwestlichen Mittelfranken Verlag des Germanischen Nationalmuseums 1994 S 223 Erika Timm amp Gustav Adolf Beckmann Frau Holle Frau Percht und verwandte Gestalten 160 Jahre nach Jacob Grimm aus germanistischer Sicht betrachtet Hirzel Verlag Stuttgart 2003 S 111 H Ryckeboer Het Nederlands in Noord Frankrijk Sociolinguistische dialectologische en contactlinguistische aspecten Gent 1997 S 170 171 Stefan Sonderegger Grundzuge deutscher Sprachgeschichte Diachronie des Sprachsystems Band I Einfuhrung Genealogie Konstanten Berlin New York Walter de Gruyter 1979 S 129 131 ISBN 3 11 003570 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Altfrankische Sprache amp oldid 237140723