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Alois Boczek 11 September 1817 in Znaim 1 20 Marz 1876 in Wien war ein osterreichischer Finanzbeamter und Journalist Wahrend der Deutschen Revolution 1848 1849 sass er fur knapp ein Jahr als Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Ausbildung und Privatleben 1 2 Berufliche Anfange in der Finanzverwaltung 1 3 Politische Laufbahn 1 4 Journalistische Karriere 1 5 Kulturelles Engagement und Bewertung der Arbeit 2 Literatur 3 Einzelnachweise 4 AnmerkungenLeben BearbeitenHerkunft Ausbildung und Privatleben Bearbeiten Alois Boczek stammte aus der Markgrafschaft Mahren die als Kronland zum Kaisertum Osterreich zahlte und wuchs in einer kulturell sehr interessierten Familie auf Im elterlichen Haus wurden Kunst und Literatur insbesondere aber die Musik gepflegt und haufig waren Besucher aus den entsprechenden Kreisen zu Gast Der Historiker Antonin Bocek war sein Onkel vaterlicherseits 2 Er besuchte die Gymnasien in Olmutz und Brunn An letzterem gehorte 1832 33 Gregor Wolny zu seinen Lehrern 3 Anschliessend studierte er Rechtswissenschaften an der Universitat Wien sowie der Prager Karls Universitat und wurde zum Doktor der Rechte JUDr promoviert 1849 heiratete er in Frankfurt am Main eine Tochter des Bariton und Bass Sangers Eduard Wilhelm Marrder 1803 1849 der unter anderem am Frankfurter Nationaltheater wirkte Sie starb zusammen mit dem Kind im ersten Wochenbett Boczek unterstutzte in der folgenden Zeit die durch den nahezu zeitgleichen Verlust des Vaters hart getroffene Familie Marrder finanziell 1852 heiratete er die altere Schwester seiner ersten Ehefrau 2 Das Paar hatte drei Sohne und eine Tochter In seinen letzten zwei Lebensjahren in Wien litt er an schwerer Krankheit und war oft bettlagerig Er starb im Alter von 59 Jahren Berufliche Anfange in der Finanzverwaltung Bearbeiten Nach seiner Promotion arbeitete Boczek bei der Kammerprocuratur in Prag 2 Um 1846 und 1847 war er in Brunn als Conceptspraktikant im kaiserlich koniglichen mahrisch schlesischen Fiscalamt tatig 4 Zugleich gehorte er als Sekretar dem Wohltatigen Mannerverein zur Unterstutzung der Armen in Brunn an 5 Politische Laufbahn Bearbeiten Er besass mannigfaltige Kenntnisse einen stets schlagfertigen Witz eine grosse formelle Gewandtheit eine seltene Arbeitskraft und den redlichen Willen Aber er entbehrte der parlamentarischen Schulung und der Erfahrung im offentlichen Leben die solche Eigenschaften verwertbar machen und die Natur hatte ihm die Gabe des Redners versagt So leicht und gefallig so mannigfaltig und scharf pointiert ihm die Rede von den Lippen floss im grosseren oder kleineren Kreise von Freunden und Bekannten so verschuchtert war er vor einem grossen ihm fremden Publikum Sein jugendlicher Enthusiasmus hielt fest an den Idealen denen er gehuldigt und wenn er auch nicht berufen war fur die Sache die er erwahlt im Vordergrunde der parlamentarischen Arena zu wirken so nahm er es doch mutig auf sich fur dieselbe zu leiden Ferdinand Willfort 1835 1905 in seinem Nachruf uber Boczek 2 Boczek schloss sich schon in Prag der aufstrebenden deutsch liberalen Bewegung an 2 Im Zuge der Deutschen Revolution Marzrevolution kandidierte er um den Einzug in die Frankfurter Nationalversammlung Nachruckend fur Theodor Schindler 6 1818 1885 gehorte er ab dem 27 Juni 1848 als Abgeordneter fur den Wahlkreis Mahren Tischnowitz diesem Gremium an Dort sympathisierte er zunachst mit den demokratischen Linken und schloss sich der Fraktion Donnersberg an wandte sich allerdings rasch wieder von ihnen ab und offnete sich fur die Ideen der Grossdeutschen Partei Die kaiserliche Regierung berief nach den Septemberunruhen 1848 alle osterreichischen Abgeordneten aus dem Parlament ab Boczek entschied sich jedoch dafur sein Mandat weiterhin auszuuben Dadurch geriet er in der Heimat in Misskredit und verlor seinen Beamtenposten in der osterreichischen Verwaltung Nach der Auflosung der Nationalversammlung Ende Mai 1849 blieb er Mitglied des bis zum 18 Juni in Stuttgart tagenden Rumpfparlamentes Journalistische Karriere Bearbeiten Mit mehreren kritischen Aufsatzen in der Frankfurter Oberpostamts Zeitung fand Boczek anschliessend den Einstieg in seine journalistische Karriere 2 Im Jahr 1850 begann er in Wiesbaden der Hauptstadt des Herzogtums Nassau als verantwortlicher Redakteur der Nassauischen Allgemeinen Zeitung zu arbeiten Dabei agierte er zunachst als Vertreter des Chefredakteurs Wilhelm Heinrich Riehl vom Jahr 1851 an selbst als Chefredakteur Boczek steuerte das 1848 als Organ der nassauischen Regierung ins Leben gerufene Blatt auf einen katholisch konservativen Kurs um und leitete das Medium entschieden osterreichisch gesinnt 7 pladierte fur eine Zolleinigung und vertrat wahrend des Nassauischen Kirchenstreites dezidiert proklerikale Positionen In diesem Zusammenhang eskalierte im August 1854 ein Konflikt mit den Zensurbehorden die Boczek verboten hatten kirchliche Artikel zu veroffentlichen Er wurde angewiesen das Herzogtum binnen acht Tagen zu verlassen 8 Der Limburger Bischof Peter Joseph Blum verfasste daraufhin am 23 August 1854 einen Tag nach dem Erscheinen der letzten Ausgabe der Nassauischen Allgemeinen Zeitung einen Brief an den Wiener Erzbischof Joseph Othmar von Rauscher Er betonte die Verdienste die sich Boczek um die romisch katholische Kirche erworben hatte und bat darum dass der einflussreiche von Rauscher ihn bei der Suche nach einer neuen Arbeit in Osterreich unterstutzen moge 7 Boczek selbst brachte diesen Brief nach Wien er reiste dabei auch als Kurier osterreichischen Diplomaten Anton Prokesch von Osten dem er zuvor sein Problem geschildert hatte 2 In Wien stellte er zu seiner Erleichterung fest dass die anfanglich harschen Reaktionsmassnahmen auf die Marzrevolution inzwischen abgeflaut waren und die Behorden ihm keine Probleme mehr bereiteten 2 Er trat zunachst in die Redaktion der Schifffahrtsgesellschaft Osterreichischer Lloyd ein ubernahm aber schon wenig spater die Leitung der Krakauer Zeitung Dort fuhlte er sich allerdings nicht dauerhaft wohl zumal es im Zuge der von Innenminister Anton von Schmerling initiierten Germanisierungstendenzen zu Konflikten mit der nationalpolnischen Bevolkerung kam 2 Unter dem neuen Ministerprasidenten Richard Belcredi wurden die deutschsprachigen Amtszeitungen im Jahr 1866 eingestellt und Boczek im Rang eines Statthaltereirates pensioniert Um 1868 arbeitete er daraufhin als Statthalterei Sekretar in Linz 3 Bereits wahrend seiner Zeit in Krakau hatte Boczek vereinzelt Artikel fur die Wiener Sonn und Montags Zeitung geschrieben Nachdem er nun bald darauf nach Wien umgezogen war wurde sie zu seinem Hauptarbeitgeber Er verfasste unter mehreren Pseudonymen haufig alias Tim Trimm bis zu 20 Feuilleton Artikel pro Monat behandelte darin sowohl kulturelle als auch sozialkritische Themen und betatigte sich als Rezensent auf allen Gebieten der Kunst Die Zeitung gewahrte dem sehr produktiven Journalisten volle Freiheit der Ausserung 2 Daruber hinaus lieferte er auch Artikel fur zahlreiche weitere Wiener und sonstige osterreichische Zeitungen 1872 verliess Boczek die Wiener Sonn und Montags Zeitung und schloss sich dem Neuen Wiener Tagblatt an nur um einige Monate spater zur Neuen Freien Presse zu wechseln Im Zuge des Grunderkrachs 1873 der auch die Zeitungswirtschaft schwer traf erhielt er jedoch deutlich weniger Auftrage und geriet in finanziell schwierigere Verhaltnisse Daraufhin begann er unter dem Pseudonym Ekkehart wieder fur die Wiener Sonn und Montags Zeitung zu arbeiten 2 In seinen letzten Lebensjahren wandte er sich auch der Lyrik zu und verfasste zahlreiche Gedichte Bereits in fruheren Jahren hatte er sich vergleichsweise erfolglos an Romanen und Dramen versucht Kulturelles Engagement und Bewertung der Arbeit Bearbeiten Willfort attestierte Boczek in seinem Nachruf ein eminentes Talent fur gesellschaftliche Arrangements und geistige Unterhaltung 2 und bemerkte dass er eine umfassende literarische und gesellschaftliche Tatigkeit entwickelte Er zahlte zu den Leitern der Wiener Kunstlervereinigung Hesperus und amtierte zwischen 1869 und 1874 als Vorsitzender der ebenfalls in Wien beheimateten Kunstler und Schriftstellervereinigung Grune Insel Diese war 1855 in Anlehnung an die Ludlamshohle gegrundet worden 9 Mit der Schriftstellerin Ada Christen verband ihn eine enge Freundschaft die sich entwickelte nachdem er einst einen ihrer Gedichtbande mit einer ungewohnlich scharfen Kritik rezensiert hatte 2 Boczek wurde eine umfassende Kenntnis bezuglich auslandischer Literatur nachgesagt Unter anderem widmete er sich in Wien auch der Ubersetzung von fremdsprachigem Liedgut Hierbei wurden insbesondere seine Ubertragungen katalanischer Volkslieder gelobt die er auf diese Weise einer breiten deutschsprachigen Leserschaft erschloss 2 Hinsichtlich der literarischen und journalistischen Qualitat von Boczeks Zeitungsartikeln gingen die Meinungen auseinander In einer 1874 erschienenen Publikation uber die Biographien von Wiener Schriftstellern und Journalisten ausserte sich Martin Cohn kritisch und warf Boczek vor dass dessen Themen und Schreibstil aus der Zeit gefallen und noch immer in marz revolutionaren Denkmustern und Schwarmereien verhaftet seien Er hat stets dermassen gearbeitet dass ihm die Musse fehlte es zu beobachten wie sich um ihn herum alles anderte wie die Welt von heute eine ganz andere geworden ist als die in welche die schone Zeit seiner marzlichen Erinnerungen fallt Er sucht noch immer allem dem was er schreibt einem Parfum a la Saphir zu geben und bemerkt den Heugeruch nicht den diese Art von Humor bereits ausstromt Auch macht sich in seinen neueren Werken eine bedenkliche Abnahme an Ideenfonds erkennbar Herr Dr Alois Boczek ist ein lebender Markstein einer Zeit die vergangen ist 10 Willfort kam in seinem Nachruf zu einem ganzlich anderen Resumee Ihm zufolge hatten Boczeks Artikel in der Wiener Sonn und Montags Zeitung durch Witz und Esprit die allgemeine Aufmerksamkeit 2 erregt Sie seien Brillantfeuerwerke von gutmutigem Spott und scharfer Malice gewesen die unubertroffen in ihrer Art sind und es auch bleiben werden 2 Boczek selbst sei zum Herrscher auf dem Gebiete unter dem Strich 2 A 1 geworden er war uberall zuhause und sein Wort fiel allenthalben schwer ins Gewicht denn er besass in seltenem Masse die Gabe immer den wundesten Punkt mit der scharfsten Lauge seines Spottes zu begiessen 2 Literatur BearbeitenB Stein Die Geschichte des Wiesbadener Zeitungswesens von den Anfangen bis zur Gegenwart Maschinenschrift ohne Ort und Jahr wahrscheinlich Wiesbaden 1943 Aufgefunden Marz 2002 in Archiv Wiesbadener Tagblatt als Durchschlag PDF DownloadEinzelnachweise Bearbeiten Matriky ACTA PUBLICA Abgerufen am 22 Marz 2023 a b c d e f g h i j k l m n o p q r Ferdinand Willfort Dr Alois Boczek In Wiener Sonn und Montags Zeitung 14 Jahrgang 26 26 Marz 1876 S 1 3 a b Verzeichnis der Studien Genossen die sich aus Anlass des funfzigjahrigen Priesterjubilaums ihres gewesenen Lehrers und Erziehers Dr Thomas Gregor Wolny O S B in Raigern im Jahre 1868 an dem ihm dargebrachten Scolaren Album betheiligt haben k k Hof und Staatsdruckerei Wien 1868 Seite 46 Provinzial Handbuch fur Mahren und Schlesien fur das Jahr 1847 Verlag Franz Gastl Brunn 1847 S 239 Provinzial Handbuch fur Mahren und Schlesien fur das Jahr 1847 Verlag Franz Gastl Brunn 1847 S 41 Heinrich Kuhn Einigkeit und Recht und Freiheit Deutschland Hessen und die Sudetendeutschen Aufstieg Verlag 1981 Munchen ISBN 978 3 761 20164 0 Seite 22 a b Transkript des Briefes vom Limburger Bischof Peter Joseph Blum an den Wiener Erzbischof Joseph Othmar von Rauscher Memento des Originals vom 7 September 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot thun korrespondenz uibk ac at Abgerufen auf thun korrespondenz uibk ac at am 7 September 2018 Der Volksbote fur den Burger und Landmann 7 Jahrgang 206 26 August 1854 S 810 Artikel zur Wiener Kunstler und Schriftstellervereinigung Grune Insel Abgerufen auf geschichtewiki wien gv at am 7 September 2018 Martin Cohn Wiener Schriftsteller amp Journalisten Typen und Silhouetten Verlag Spitzer amp Holzwarth jun Wien 1874 S 97 98 Anmerkungen Bearbeiten Die Formulierung unter dem Strich bezieht sich auf die Rubrik des Feuilletons das in seinen Anfangsjahren ins untere Seitendrittel des Hauptblattes der Zeitungen aufgenommen wurde und durch einen dicken Strich vom restlichen Inhalt abgetrennt war Normdaten Person GND 116215046 lobid OGND AKS VIAF 311340021 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Boczek AloisKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Finanzbeamter Journalist und Abgeordneter in der Frankfurter NationalversammlungGEBURTSDATUM 11 September 1817GEBURTSORT ZnaimSTERBEDATUM 20 Marz 1876STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alois Boczek amp oldid 232089450