www.wikidata.de-de.nina.az
Die Sinfonie Nr 8 in c Moll op 65 von Dmitri Schostakowitsch entstand im Sommer 1943 und wurde am 4 1 November desselben Jahres vom Staatlichen Sinfonieorchester der UdSSR 2 in Moskau unter der Leitung von Jewgeni Mrawinski dem sie auch gewidmet war uraufgefuhrt Sie gehort zusammen mit der 7 und 9 Sinfonie zu den sogenannten Kriegssinfonien Schostakowitschs Inhaltsverzeichnis 1 Uberblick 1 1 Adagio 1 2 Allegretto 1 3 Allegro non troppo 1 4 Largo 1 5 Allegretto 2 Besetzung 3 Rezeption 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseUberblick BearbeitenSchostakowitsch schrieb diese Symphonie 1943 innerhalb von 40 Tagen Nach dem Musikwissenschaftler Iwan Sollertinsky soll diese Symphonie das Grauen des Krieges widerspiegeln was er vor der Urauffuhrung in Moskau und Nowosibirsk in einer Rede so darstellte vermutlich um das Regime nicht ahnen zu lassen was Schostakowitsch wirklich ausdrucken wollte Wie der Dirigent Kurt Sanderling der Schostakowitsch personlich kannte sagte wollte Schostakowitsch den Schrecken des Lebens eines Intellektuellen in der damaligen Zeit vertonen Das Werk ist nur unwesentlich kurzer als seine 7 Sinfonie und hat funf Satze Adagio Allegro non troppo Allegretto Allegro non troppo Largo AllegrettoAdagio Bearbeiten nbsp source Die Audiowiedergabe wird in deinem Browser nicht unterstutzt Du kannst die Audiodatei herunterladen Der erste Satz ist der langste mit beinahe 30 Minuten Der Satz beginnt mit einem dramatisch gespielten Motiv im fortissimo Dies ist ein Unisono mit den tiefen Streichern jedoch setzen Bratsche und zweite Violine Ende des zweiten Taktes ebenfalls als Unisono ein Der anfangliche musikalische Gedanke zeichnet sich durch eine auffallige Rhythmisierung mit standig einschlagenden Sechzehntelnoten aus wobei die beiden Stimmen komplementar arbeiten Dadurch entsteht ein aggressiver Marscheindruck der sich jedoch von Takt 6 bis 10 mit sinkender Dynamik von ff nach pp in ein Gefuhl von Schmerz Leid und Verzweiflung wandelt Dies sind die beiden Themen des in der Sonatenform konzipierten Satzes Beide zeigen einen eher lyrischen Charakter In der Durchfuhrung wird das zweite Thema immer starker rhythmisch akzentuiert nach einem Aufschrei in dreifachem forte kehren die Anfangsthemen marschartig wieder Uberleitend erklingt ein ausgedehntes rezitativisches Solo des Englischhorns Takte 302 bis 351 dann schliessen die Themen in umgekehrter Reihenfolge den Satz Hierzu bedient sich Schostakowitsch haufig Spielanweisungen wie sul tasto T 10 tenuto T 41 poco piu mosso und morendo T 67 molto espressione T 105 und so weiter die den tragischen Ausdruck unterstreichen Allegretto Bearbeiten nbsp source Die Audiowiedergabe wird in deinem Browser nicht unterstutzt Du kannst die Audiodatei herunterladen Der zweite Satz bildet einen deutlich horbaren Kontrast zum tragisch lyrischen ersten Satz Im zweiten Satz benutzt Schostakowitsch eigene Tonarten die dem Dur Moll System nicht entsprechen Der Komponist beschreibt den kurzen zweiten Satz Allegretto als einen Marsch mit Elementen eines Scherzos Das Hauptthema entstammt dem Anfangsmotiv des ersten Satzes Allegro non troppo Bearbeiten nbsp source Die Audiowiedergabe wird in deinem Browser nicht unterstutzt Du kannst die Audiodatei herunterladen Vor allem der dritte Satz ebenfalls ein Scherzo spiegelt die treffende Ansicht Sanderlings wider Er ist von durchgehender maschinenhafter Motorik und in seiner brutalen Monotonie ein Abbild des Krieges und dessen Unmenschlichkeit Schostakowitsch verwendet hier die barocke Form einer Toccata Der Satz beginnt mit einer massiven Reihung von Viertelnoten beginnend in E Moll spater jedoch auch teilweise chromatisch beispielsweise in T 54 Kb 0 41 gespielt von der Viola Die rhythmische Einfachheit bleibt fur den ganzen Satz erhalten und dient als Basis fur Montageelemente die uber der Reihe gespielt werden In Takt 43 wird die Viola von der ersten Geige ersetzt Ab T 117 Kb 1 31 spielen beide Geigen dieses musikalische Element unisono und ab T 146 Kb 1 54 die Blaser ebenfalls unisono Die einfache Rhythmisierung des Viertel Metrums zeigt die klare Maschinerie des Regimes Die einzelnen Noten konnen mit Soldatenschritten oder Maschinenmotorik verglichen werden Dieser Ausdruck wird durch die Spielanweisungen Wechselstrich forte und marcantissimo und durch das Tempo von Viertel 152 verstarkt In T 17 21 23 etc Kb 0 13 spielen die restlichen Streicher am Taktanfang einen heftig klingenden quintlosen E Moll Akkord In T 65 und 68 sind es verminderte E Akkorde und in T 77 81 85 89 und 93 verminderte Cis Akkorde Diese setzen sich aggressiv in die maschinenhafte Reihung Sie zeigen in der Regel Abstande von zwei oder vier Takten In T 34 39 57 62 Kb 0 25 und weiteren ist von den Holzblasern ein E3 uber zwei volle Takte zu horen bis es um eine grosse None abfallt Bei der zwei Takte spater stattfindenden Wiederholung des Motivs hort man nach einem E3 als Auftakts Sechzehntel ein F3 das dann um eine kleine None abfallt Dieses Zweitonmotiv erinnert sehr an einen Schmerz oder Klagelaut den Schostakowitsch stellvertretend fur das Volk vertonen konnte Kurt Sanderling der diese Symphonie als Darstellung Schostakowitschs Leid sieht deutet den dritten Satz als Niedergetrampeltwerden des Individuums Diese Toccata ist ein Beispiel dafur wie mit einfachsten Mitteln eine enorme Wirkung erzielt werden kann Largo Bearbeiten Der vierte Satz Largo schliesst attacca an den dritten an Er ist der Form nach eine Passacaglia dessen elfmal erscheinendes Bassthema wiederum aus dem Anfangsmotiv abgeleitet ist Daruber setzt Schostakowitsch immer neue Ideen Schostakowitsch hat sich dieser barocken Form des Ofteren zur Darstellung tragischer Inhalte bedient Das Passacaglia Thema taucht hier in einer Ernsthaftigkeit auf die in den anderen Satzen nicht zu finden sind Ein klarer Hinweis darauf dass es Schostakowitsch hier um die tatsachliche Trauer der Menschen geht jenseits des militarischen Heroismus den er oft in Grotesken darstellt Allegretto Bearbeiten Der vierte Satz mundet wiederum in den funften Satz der mit einem lyrischen Fagottsolo auf einem Harmoniesockel beginnt Dieses Thema lasst eine Ahnlichkeit zu Brahmssymphonien sehen Es wird ab T 37 Kb 1 01 von der ersten Violine weitergefuhrt bis ein heiteres vogelgezwitscherahnliches Flotensolo in T 62 Kb 1 36 kommt wobei die Streicher erst die zweite dann die erste und dritte Zahlzeit der Takte durch pizzicato Akkorde mit aufsteigender Basslinie betont wird sodass der Drei Vierteltakt als Zwei Vierteltakt erklingt Ab T 87 Kb 2 08 erscheint wieder das erste Thema in der Violinstimme bis es in T 95 vom variiert Violoncello ubernommen wird In T 138 Kb 3 06 zeigt Schostakowitsch ein weiteres Motiv namlich ein Oboenunisono das von der zweiten Oboe eine grosse Sexte tiefer gespielt wird Ab T 186 Kb 4 10 findet sich noch ein weiteres Thema das sich durch haufige auf und absteigende teilweise chromatischen Reihen auszeichnet Der gesamte Satz besteht aus einer Vielzahl verschiedener Motive und Themata weswegen dieser Satz mosaikhaft wirkt Mit dieser Mosaikartigkeit konnte Schostakowitsch die erlebte Unordnung des damaligen Lebens vertont haben Das Finale in C Dur folgt wiederum ohne Pause es entwickelt sich zunachst nahezu kammermusikalisch steigert sich dann langsam und wiederholt den Aufschrei des ersten Satzes Danach kehrt der Satz jedoch zu seinem ruhigen Anfang zuruck und endet in einem C Dur Dreiklang der den Hintergrund fur das nun zum letzten Mal erscheinende Anfangsmotiv bildet Auffallend ist in dieser Symphonie dass sie pianissimo endet Wahrend des Schlussteils ab T 561 Kb 13 34 spielen beide Violinen einen C Dur Akkord der sich uber die letzten 35 Takte hinwegzieht Die ubrigen Streicher spielen hierzu in den Takten 563 565 571 573 579 und 581 pizzicato C Dur Akkorde die mit zwei Achteln der Bratsche ein Dreitonmotiv verbindet Auffallig ist dass immer nach zwei C Dur Akkorden drei dissonante Akkorde auftauchen Das Dreitonmotiv taucht auch unter den Schlussharmonien in T 587 589 und 591 auf wobei das letzte augmentiert erscheint Diese Coda wirkt wie Meyer sagt wie ein Fragezeichen weswegen diese Symphonie relativ kuhl aufgenommen wurde Dieser Eindruck entsteht da das Dreitonmotiv den Beginn des Themas wiedergibt jedoch nicht weiter ausfuhrt Vielen fehlte ein optimistisches Ende wie es die Leningrader Symphonie zeigt Besetzung BearbeitenDie Sinfonie ist fur grosses Sinfonieorchester geschrieben und besetzt mit 4 Floten davon 3 und 4 auch Piccolo 2 Oboen Englischhorn 2 Klarinetten Es Klarinette Bassklarinette 3 Fagotte davon 3 auch Kontrafagott 4 Horner 3 Trompeten 3 Posaunen Tuba Pauken Schlagzeug I und II Violinen Bratsche Violoncello KontrabassRezeption BearbeitenIn einem Brief an Isaak Glikman parodierte der Komponist die Reaktionen der Regierung welche er auf sein Werk erwartete Ich bin sicher dass ich dabei wertvolle kritische Beobachtungen machen werde die mich sowohl zu kunftiger kreativer Arbeit inspirieren als auch Einblicke geben werden die es mir ermoglichen das zu uberprufen was ich in der Vergangenheit geschaffen habe Anstatt einen Schritt zuruck zu machen wird es mir also gelingen einen vorwarts zu machen 3 Die Sinfonie wurde tatsachlich sehr zuruckhaltend und eher negativ aufgenommen die dustere Stimmung und im Besonderen das Fehlen eines optimistischen Finales wurden bemangelt Man warf Schostakowitsch fehlenden Patriotismus vor da doch die Rote Armee nach dem Sieg in Stalingrad endlich in die Offensive ging Schostakowitschs Freund Ivan Sollertinsky bemerkte die Musik ist bedeutend starker und harter als die der Funften und der Siebten und deshalb ist es unwahrscheinlich dass sie popular wird 4 Die Regierung antwortete indem sie dem Werk den Untertitel Stalingrad Sinfonie gab im Gedenken an die Opfer der Schlacht von Stalingrad Die Sinfonie wurde von Sergei Prokofjew und anderen bei der Komponisten Vollversammlung im Marz 1944 kritisiert 5 und durch das Schdanow Dekret von 1948 mit Auffuhrungsverbot belegt Erst im Oktober 1956 wurde sie durch eine Auffuhrung des Moskauer Philharmonischen Orchesters unter der Leitung von Samuil Samossud rehabilitiert 6 Siehe auch Bearbeiten6 Sinfonie Prokofjew Literatur BearbeitenLaurel Fay Shostakovich A Life Oxford University Press Oxford 1999 ISBN 0 19 513438 9 Bernd Feuchtner Dimitri Schostakowitsch Und Kunst geknebelt von der groben Macht Kunstlerische Identitat und staatliche Repression Barenreiter Kassel 2002 ISBN 3 7618 2027 5 David Haas Shostakovich s Eighth C minor Symphony against the Grain In Rosamund Bartlett Hrsg Shostakovich in Context Oxford Univ Press 2000 ISBN 0 19 816666 4 Krzysztof Meyer Schostakowitsch Lubbe Bergisch Gladbach 1995 ISBN 3 7857 0772 X Dmitri Shostakovich Isaak Glikman Story of a Friendship The Letters of Dmitry Shostakovich to Isaak Glikman Cornell University Press 2001 ISBN 0 8014 3979 5 Elizabeth Wilson Shostakovich A Life Remembered Princeton University Press 1994 ISBN 0 691 04465 1 Solomon Wolkow Stalin und Schostakowitsch Der Diktator und der Kunstler Propylaen Berlin 2004 ISBN 3 549 07211 2 Weblinks BearbeitenLondon Shostakovich Orchestra An interpretation of the work in wordsEinzelnachweise Bearbeiten Meyer S 283 284 und 556 Meyer S 283 und 556 Glikman S 22 I I Mikheyeva Sollertinsky zhizn i naslediye Fay S 138 Fay S 205 Sinfonien von Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch Nr 1 f Moll Nr 2 H Dur Nr 3 Es Dur Nr 4 c Moll Nr 5 d Moll Nr 6 h Moll Nr 7 C Dur Nr 8 c Moll Nr 9 Es Dur Nr 10 e Moll Nr 11 g Moll Nr 12 d Moll Nr 13 b Moll Nr 14 g Moll Nr 15 A Dur Abgerufen von https de wikipedia org w index php title 8 Sinfonie Schostakowitsch amp oldid 230046944