www.wikidata.de-de.nina.az
Die Osterreichische Legion war eine ab 1933 aufgestellte paramilitarische Einheit die sich aus ins Deutsche Reich gefluchteten osterreichischen Nationalsozialisten sowie aus nach den Februarkampfen 1934 gefluchteten Schutzbundlern der osterreichischen Sozialdemokraten die sich den Nationalsozialisten anschlossen um ihren Kampf gegen den Standestaat fortzusetzen rekrutierte Ihre Mitglieder uberwiegend SA Manner wurden zunachst in verschiedenen Lagern Bayerns militarisch ausgebildet und bewaffnet und waren fur einen eventuellen deutschen Einmarsch in Osterreich vorgesehen Das militarische Drohpotential das die Legion darstellte aber auch die Tatsache dass sie in vielfaltige gegen Osterreich gerichtete Aktivitaten involviert war liess die Legion besonders in den Jahren 1933 und 1934 zu einem permanenten innen wie aussenpolitischen Unruhefaktor werden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Entstehung 1 2 Bezeichnung und organisatorische Unterstellung 1 3 Juliputsch und Umwandlung der Legion 1 4 Struktur 1 5 Ende 2 Funktion 3 Legionslager 4 Literatur 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise und AnmerkungenGeschichte BearbeitenEntstehung Bearbeiten Die Machtergreifung Adolf Hitlers im Deutschen Reich am 30 Januar 1933 und der Erfolg bei den Reichstagswahlen am 5 Marz 1933 sorgten auch bei der osterreichischen NSDAP fur einen betrachtlichen Mitgliederzuwachs und eine bis dahin nicht dagewesene Siegeseuphorie Durch die am 4 Marz 1933 erfolgte Selbstausschaltung des Parlaments und das Einschlagen eines autoritaren Kurses durch Bundeskanzler Engelbert Dollfuss wurden die legalen Betatigungsmoglichkeiten fur die osterreichischen Nationalsozialisten in den Folgemonaten jedoch drastisch eingeschrankt Die innenpolitischen Fronten verharteten sich nun zusehends bis schliesslich seitens der osterreichischen Bundesregierung als Folge des immer gewalttatiger werdenden Agierens der Anhanger der NSDAP am 19 Juni 1933 ein Betatigungsverbot fur die Partei verhangt wurde Das nunmehr illegale Agieren der Anhanger der NSDAP liess die Zahl der wegen politischer Delikte aus Osterreich ins Deutsche Reich gefluchteten Nationalsozialisten in den folgenden Monaten rasch ansteigen 1 Die Frage der Unterbringung und Beschaftigung dieser Fluchtlinge wurde fur die deutschen Stellen nun ein immer dringenderes Problem und fuhrte zu ihrer organisatorischen Erfassung in der bereits am 7 Juni 1933 aufgestellten Osterreichischen Legion Untergebracht wurden die Legionare in einem bereits seit dem Deutsch Franzosischen Krieg bestehenden Barackenlager in Lechfeld auch Klosterlechfeld das sich die SA zu diesem Zweck kurzerhand angeeignet hatte Bereits in der ersten Julihalfte 1933 waren zehn der Lechfelder Lagerbaracken mit etwa 250 Legionaren besetzt und die ubrigen Baracken mussten aufgrund des raschen Anwachsens der Legion in grosser Eile renoviert werden Die Legionare wurden in dieser Anfangsphase von der bayerischen Landespolizei militarisch ausgebildet und erhielten auch schon Waffen 2 Ein vom osterreichischen Bundeskanzleramt im August September 1933 ausgehender Versuch die Legion geheimpolizeilich auszuspahen endete im September mit der Verhaftung zweier osterreichischer Geheimpolizisten durch die Bayerische Politische Polizei in Munchen Die beiden Polizisten wurden spater gegen verhaftete osterreichische Nationalsozialisten ausgetauscht Bezeichnung und organisatorische Unterstellung Bearbeiten Wahrend der ersten Wochen wurde die im Lager Lechfeld untergebrachte Truppe offiziell als SA Osterreich bezeichnet Anlasslich eines Appells im August 1933 wurde sie erstmals Osterreichische Legion genannt und dieser Begriff tauchte am 4 August 1933 auch schon in der osterreichischen Presse auf Im amtlichen Verkehr mit anderen NS Dienststellen wurde der Terminus Osterreichische Legion aber erst nach dem Anschluss Osterreichs ans Deutsche Reich im Marz 1938 verwendet 3 Aus Tarngrunden wurden die Begriffe Sportschule Fischer und spater Hilfswerk Nord West HWNW verwendet Festzuhalten bleibt auch dass es kein offizielles Grundungsdokument der Legion gibt und auch keine von deutschen staatlichen oder NS Parteistellen genau umrissene Fixierung ihrer Funktion bzw Legitimation 4 Einzig ein abgedrucktes Foto in dem im Jahr 1940 erschienenen Buch Der Osterreichische Legionar das 18 uniformierte Legionare zeigt die sich hinter einer Tafel mit der Aufschrift 100 Tage Osterreichische Legion 7 Juni 15 September gruppieren gibt Aufschluss uber ihren genauen Entstehungszeitpunkt 5 Ein weiteres Foto unbekannter Herkunft zeigt die ostr Legion Lechfeld 1933 mit Musikzug 6 Von Juni 1933 bis Marz 1934 waren die Legionare ein Teil der so genannten SA Obergruppe VIII Osterreich Diese wurde am 27 Marz 1934 in Obergruppe XI umbenannt und existierte unter diesem Namen bis Oktober dieses Jahres Bis zum Juliputsch 1934 umfasste die Obergruppe XI auch die illegalen osterreichischen SA Einheiten und stand unter dem Kommando Hermann Reschnys 3 Juliputsch und Umwandlung der Legion Bearbeiten Obwohl Hitler Reschny im Fruhjahr 1934 untersagt hatte jene Plane weiter zu verfolgen die auf einen gewaltsamen Sturz der osterreichischen Bundesregierung hinausliefen und damit auch einen eventuellen Einsatz der Osterreichischen Legion in Osterreich verboten hatte erteilte Reschny der vom Putsch der SS in Wien vollig uberrascht worden war in den Abendstunden des 25 Juli 1934 den SA Brigaden in Oberosterreich Salzburg Tirol und Karnten per Funk den Befehl zum Losschlagen Die Alarmbereitschaft der Legionare in den deutschen Lagern war zwar bald darauf wieder aufgehoben worden dennoch uberschritten in den Morgenstunden des 27 Juli etwa 40 bis 50 Mitglieder der Legion bei Kollerschlag auf eigene Faust die osterreichische Grenze und wurden zuruckgeschlagen Durch das Scheitern des Putsches war nicht nur die SA Fuhrung kompromittiert sie bedeutete auch eine immense aussenpolitische Belastung fur Hitler Dieser distanzierte sich nun vollig von den osterreichischen Nationalsozialisten Am 27 Juli 1934 verbot er allen mit osterreichischen Angelegenheiten befassten politischen Leitern im Reich jede weitere Betatigung oder Unterstutzung der osterreichischen Putschisten Am 3 August wurde die osterreichische Landesleitung der NSDAP der er die alleinige Verantwortung fur den gescheiterten Aufstand zuschob aufgelost Hitlers Zorn traf besonders auch die Osterreichische Legion die im August 1934 ihre gesamten Waffenbestande 10 300 Gewehre und Karabiner etwa 340 MG 1 300 000 Schuss Munition an die Reichswehr abliefern musste und von ihren Standorten nahe der osterreichischen Grenze abgezogen und in Lager im Norden des Reiches verlegt wurde 7 Nach ihrer offiziellen Auflosung sollte sie unter der Bezeichnung Hilfswerk Nordwest in eine reine Betreuungseinrichtung fur osterreichische NS Fluchtlinge umgewandelt werden Dazu kam es aber dann doch nicht vielmehr begnugte man sich auf deutscher Seite an der Fiktion einer Auflosung der Legion fest zuhalten 8 Es gab allerdings in den Folgejahren eine Reihe weiterer Verlegungen der Mannschaften und auch eine Umstrukturierung der Legion bei der anstelle der bisherigen Sturmbanne und Standarten drei Brigaden gebildet wurden 9 Struktur Bearbeiten Der osterreichischen Legion gehorten ungefahr 15 000 Mitglieder an 10 Die Mitglieder mit bekanntem Wohnort teilten sich auf die Bundeslander folgendermassen auf Steiermark 2599 Karnten 1772 Oberosterreich 1734 Niederosterreich 1608 Tirol 1341 Wien 1235 Salzburg 1140 Vorarlberg 404 Burgenland 177 Ende Bearbeiten Beim Anschluss Osterreichs am 13 Marz 1938 wurde die Legion jedoch nicht herangezogen vielmehr wurde zunachst festgelegt dass sie uberhaupt nicht nach Osterreich zuruckkehren durfe Durch eine Intervention bei Hitler erreichte jedoch der SA Fuhrer und Kommandant der Legion Hermann Reschny dass sie Anfang April 1938 geschlossen und bewaffnet in die Ostmark das vormalige Osterreich einmarschieren durfte Durch diesen zeitlichen Abstand zum Anschluss war kein Zusammenhang mit diesem mehr herstellbar und fur ihre Angehorigen ein Anspruch auf Positionen in der osterreichischen NSDAP erschwert Hintergrund dafur war dass nach dem Anschluss die Parteistrukturen der osterreichischen NSDAP liquidiert und die Fuhrungspositionen neu besetzt wurden um die zum Separatismus neigende Partei reichseinheitlich auszurichten Nach ihrer Ruckkehr wurde die Legion etwa 10 000 Mann abgerustet aufgelost und weitgehend ins Berufsleben integriert 11 Funktion BearbeitenDie Osterreichische Legion fungierte primar als politisch militarisches Drohinstrument Hitlers gegen Osterreich Im Deutschen Reich bereitete sich die Legion ihrem Selbstverstandnis folgend fur ein militarisches Eingreifen in Osterreich vor Uber die Legion wurde ferner der NS Terror in Osterreich unterstutzt Legionare schmuggelten nicht nur Propagandamaterial Waffen und Sprengstoffe nach Osterreich sondern waren haufig auch als Leiter der hier tatigen Terrorgruppen tatig 12 Aus diesem standigen Bedrohungspotential das die Legion darstellte erklart sich nicht nur das besondere Interesse das die osterreichischen Sicherheitsbehorden der Flucht ihrer Staatsburger nach Deutschland widmeten sondern auch die deutliche Verschlechterung des Verhaltnisses beider Staaten nach dem Verbot der NSDAP Legionslager BearbeitenDie Lager der Osterreichischen Legion im Deutschen Reich werden auf zumindest zwolf geschatzt wobei das Lager Lechfeld das erste und zentrale Lager war Da Lechfeld nicht wintertauglich war aber laufend NS Fluchtlinge aus Osterreich nachkamen wurde neben Bad Aibling ein neues Zentrallager errichtet wo den Ex Osterreichern eine militarische Grundausbildung als Infanteristen zukam Im Lager Senden Gerlenhofen bei Ulm wurde ein Nachrichtensturm aufgebaut wo die Legionare auf geheimdienstliche Aufgaben in Osterreich vorbereitet wurden Im Lager Egmating bei Munchen wurden motorisierte Sturme aufgebaut In Langenargen wurde ein sogenanntes Erholungslager fur Legionare errichtet 13 Das Lager Deggingen wurde fur das HWNW als Neuaufnahmelager eingerichtet Daneben baute man 1935 eigens fur das Hilfswerk Lager in Bocholt dem spateren Stammlager VI F und Dorsten welche von Bokisch Zirbs als die schonsten Lager der Legion bezeichnet werden 14 Literatur BearbeitenMichael Holzmann und steht die Legion auf dem ihr zugewies nen Posten Die Osterreichische Legion als Instrument fruher NS Aggressionspolitik Lit Munster 2018 ISBN 9783643140395 Michael Holzmann Die osterreichische SA und ihre Illusion von Grossdeutschland Volkischer Nationalismus in Osterreich bis 1933 Pro Business Berlin 2011 ISBN 978 3 863860868 f Gerhard Jagschitz Der Putsch Die Nationalsozialisten 1934 in Osterreich Styria Graz Wien Koln 1976 ISBN 3 222 10884 6 Marius Lange Die Osterreichische Legion in Bocholt 1935 1938 und der Aufbau des Stadtwaldlagers In Stadt Bocholt Hrsg Geschichte des Bocholter Stadtwaldlagers Stadt Bocholt Bocholt 2015 ISBN 978 3 87707 958 4 S 9 56 Marius Lange Stellt die Pfaffen an die Wand Die Osterreichische Legion im Munsterland 1935 1938 Aschendorff Munster 2022 ISBN 978 3 402 24929 1 Hans Schafranek Soldner fur den Anschluss Die Osterreichische Legion 1933 1938 Czernin Verlag Wien 2011 ISBN 978 3 7076 0331 6 Jurgen W Schmidt Ein deutsch osterreichischer Geheimdienstkonflikt aus der Fruhzeit des Dritten Reiches In Jurgen W Schmidt Hrsg Geheimdienste Militar und Politik in Deutschland Ludwigsfelde 2008 ISBN 978 3 933022 55 4 S 316 340 Kurt Sexlinger Die Osterreichische Legion Ein vergessener Verband In Pallasch Zeitschrift fur Militargeschichte Bd 11 2009 Heft 31 S 139 147 Siehe auch BearbeitenOsterreich in der Zeit des NationalsozialismusEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten In Osterreich erfullte die Flucht den Straftatbestand des Hochverrats und hatte die Ausburgerung zur Folge Aus im Archiv der Republik erhalten gebliebenen Ausburgerungsverzeichnissen geht hervor dass mit Stichtag 28 Oktober 1934 die Zahl der aus dem gesamten Bundesgebiet rechtskraftig Ausgeburgerten 3 879 Personen betrug Etwa ein Viertel aller NS Fluchtlinge kam aus der Steiermark doch waren Karnten und Salzburg im Verhaltnis zu ihrer Bevolkerungszahl noch weit starker uberreprasentiert Vgl dazu Kurt Bauer Struktur und Dynamik des illegalen Nationalsozialismus in der obersteirischen Industrieregion 1933 34 Phil Diplomarbeit Wien 1998 S 59 PDF Datei 1 05 MB Schafranek Soldner fur den Anschluss S 34f a b Schafranek Soldner fur den Anschluss S 37 Schafranek Soldner fur den Anschluss S 32 Vgl dazu das entsprechende Bild in Schafranek Soldner fur den Anschluss S 31 Hellwig Heinzel Der Anschluss 1938 Die Osterreichische Legion In Die Briefmarke 59 Jg 5 11 Mai 2011 ZDB ID 2189145 X S 19 Schafranek Soldner fur den Anschluss S 157 Schafranek Soldner fur den Anschluss S 161 Schafranek Soldner fur den Anschluss S 172f Schafranek Soldner fur den Anschluss S 46 Gerhard Jagschitz Von der Bewegung zum Apparat Zur Phanomenologie der NSDAP 1938 bis 1945 In Emmerich Talos Ernst Hanisch Wolfgang Neugebauer Hrsg NS Herrschaft in Osterreich Verlag fur Gesellschaftskritik Wien 1988 ISBN 3 900351 84 8 S 88 122 Osterreichische Texte zur Gesellschaftskritik 36 Vgl dazu Schafranek Soldner fur den Anschluss S 89 131 Wolfgang Weber Von Silbertal nach Sobibor Uber Josef Vallaster und den Nationalsozialismus im Montafon Rheticus Gesellschaft Feldkirch 2008 ISBN 978 3 902601 07 0 S 34 Schriftenreihe der Rheticus Gesellschaft 48 Osterreichische Legion im Westmunsterland Abgerufen am 28 Marz 2019 deutsch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Osterreichische Legion amp oldid 238516551