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Das Zwangskartell oder Zwangssyndikat englisch compulsory cartel war ein Wirtschaftskartell das den Zusammenschluss von Unternehmen durch Gesetz erzwang Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Rechtsfragen 4 Heutige Bedeutung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenVom Zwangskartell kann nur gesprochen werden wenn der Zusammenschluss der beteiligten Wirtschaftssubjekte vom Staat erzwungen wurde 1 Ein Zwangskartell lag dann nicht vor wo der Staat das Zustandekommen eines freien Kartells nur angeregt und wenn auch noch so einflussreich gefordert hat 2 Der Rechtsbegriff des Zwangskartells entstand wahrend des Nationalsozialismus Die Nationalsozialisten erkannten die Bedeutung der Kartelle als Kontrollmoglichkeit fur wirtschaftspolitische Massnahmen Deutlich zeigte sich dies am Zwangskartellgesetz ZKG vom 15 Juli 1933 das der Regierung die Errichtung von Zwangskartellen in allen Bereichen der Wirtschaft ermoglichte 3 Nach 1 ZKG konnte der Reichswirtschaftsminister zum Zwecke der Marktregulierung Unternehmen zu Syndikaten Kartellen Konventionen oder ahnlichen Abmachungen zusammenschliessen Geschichte BearbeitenBereits vor dem Inkrafttreten des ZKG gab es Zwangskartelle Das Mitteldeutsche Braunkohlen Syndikat sollte als Vereinigung von Unternehmen der Montanindustrie im mitteldeutschen Braunkohlerevier die Forderung den Eigenverbrauch und den Absatz seiner Mitglieder fur Rohkohle Briketts Nasspresssteine und Koks regeln Es bestand vom Dezember 1909 bis 1913 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschrankter Haftung und von 1919 bis 1942 zusatzlich als Korperschaft des offentlichen Rechts Das Deutsche Kalisyndikat wurde im Oktober 1919 als Zwangssyndikat infolge des Kaliwirtschaftsgesetzes vom April 1919 gegrundet 4 Die Kartellverordnung vom November 1923 erlaubte ausdrucklich jede Art von Kartellen Bereits 1930 empfahl die Rheinkommission in einem von Andreas Predohl verfassten Gutachten 5 ein Zwangskartell fur die Binnenschifffahrt Im Marz 1931 wurde die Zuckerindustrie in einem Zwangskartell zusammengeschlossen 6 im Mai 1927 kam es zum Zundholzsyndikat das im Januar 1930 per Gesetz in ein echtes Zwangskartell umgewandelt und mit Monopolrechten beliehen wurde im April 1932 folgte ein Zwangszusammenschluss in der Starkeindustrie 7 Im August 1933 kam eine befristete Stilllegung aller Papier und Pappe Maschinen fur 48 Stunden pro Woche wobei die Benutzung solcher Maschinen verboten wurde die zwischen Juni und August 1933 nicht in Betrieb waren 8 Der Zweck des ZKG bestand hauptsachlich darin insbesondere Kleinbetriebe vor dem Preisdruck zu schutzen und Kontrolle uber die Wirtschaft zu erlangen In den ersten vier Jahren des ZKG wurden 120 Zwangskartelle gebildet die meist Kleinbetriebe betrafen und volkswirtschaftlich keine uberragende Bedeutung erlangten 9 Aufgrund des ZKG gab es am 9 Januar 1934 ein Zwangskartell fur die Seifenindustrie es folgte am 15 Februar 1934 eines in der Hohlglasindustrie und ein Verbot vollautomatischer Glaspress und Glasblasmaschinen Schutz fur Mundblaser am 17 Februar 1934 ein Zwangskartell in der Zementindustrie mit einheitlichen Preis und Lieferbedingungen am 19 April 1934 fur Zigaretten oder am 10 Juni 1934 fur die Rauchtabakproduktion 10 Ein Zwangskartell war der Reichsverband der deutschen Armaturen Industrie das 1935 entstand Das Zwangskartell in der Binnenschifffahrt beruhte auf dem Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom Marz 1933 und der 24 Durchfuhrungsverordnung vom 8 Juli 1937 11 Das Rheinisch Westfalische Kohlen Syndikat wurde im April 1941 Bestandteil der Reichsvereinigung Kohle eines Lenkungsverbands der nationalsozialistischen Wirtschaft 12 Die alliierten Dekartellierungsgesetze vom Februar 1947 waren vornehmlich dazu bestimmt die kriegsbedingten Zwangskartelle aufzulosen Sie galten bis zum Inkrafttreten des GWB im Januar 1958 Im Oktober 1980 kam es zur administrativen Festsetzung von Produktionsquoten Zwangskartell bei Stahl gemass Art 58 EGKS Vertrag uber die Verbandsspitze Eurofer Das Zwangskartell auf dem Stahlmarkt bestand bis Juni 1981 13 Rechtsfragen BearbeitenDie Mitgliedschaft im Zwangskartell entsteht aufgrund eines Hoheitsaktes nicht durch freiwilligen Willensentschluss der Mitglieder 14 Bei allen ubrigen Wirtschaftskartellen geht der Zusammenschluss von den Unternehmen selbst aus Aus 8 Abs 2 GWB a F war erkennbar dass das Zwangskartell eher fur Notmassnahmen vorgesehen war weil die Zeit fur andere gesetzliche oder wirtschaftspolitische Massnahmen nicht reichte Die fruher im GWB enthaltenen Vorschriften uber Normen Typen Konditionen Rationalisierungs und Strukturkrisenkartelle wurden im Zuge der 7 GWB Novelle im Juli 2005 gestrichen weil diese Kartellformen regelmassig uber den lokalen und regionalen Bereich hinausgehen und daher geeignet sind den zwischenstaatlichen Handel zu beeintrachtigen Angesichts des Vorrangs des europaischen Wettbewerbsrechts war eine eigenstandige Regelung im GWB nicht mehr erforderlich 15 Heutige Bedeutung BearbeitenDie vertikale Preisbindung fur Zeitungen und Zeitschriften gemass 30 GWB wird in Gesetzeskommentaren zuweilen als gesetzliches Zwangskartell eingestuft 16 Tatsachlich jedoch wurden die Verlage nicht gesetzlich zwangsweise zusammengeschlossen sondern ihnen wird eine Preisbindung kraft Gesetzes ermoglicht Die Monopolkommission hat im XX Hauptgutachten 17 unter anderem eine Abschaffung des Regionalprinzips bei den Sparkassen empfohlen Grund fur die Kritik an den kommunalen Sparkassen ist dass das Regionalprinzip in den Sparkassengesetzen als gesetzliches Zwangskartell normiert sei Nach Ansicht der Monopolkommission gibt es keine wettbewerbliche Rechtfertigung fur das Regionalprinzip Es verstosst nach Auffassung der Kommission sogar gegen Art 106 Abs 1 AEUV Danach ist es verboten in Bezug auf offentliche Unternehmen Massnahmen zu treffen oder beizubehalten die den europaischen Vertragen und insbesondere den Wettbewerbsregeln Art 101 ff AEUV widersprechen Sparkassen sind offentliche Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift so dass sie zumindest uber ein Gebietsmonopol im Hinblick auf gebietsfremde Sparkassen verfugen Literatur BearbeitenHolm A Leonhardt Kartelltheorie und Internationale Beziehungen Theoriegeschichtliche Studien Hildesheim 2013 S 144 165 Thea Wippermann Schicksal und Wandel der Kartellfunktionen in der gelenkten Wirtschaft Diss Jena 1944 Marga Kellermann Grundlinien der Zwangskartellierung in Europa Diss Berlin 1938 Herbert von Beckerath Zwangskartellierung oder freie Organisation der Industrie Stuttgart 1918 Einzelnachweise Bearbeiten Richard Passow Zwangskartelle in Zeitschrift fur Socialwissenschaft Heft 9 1918 S 507 Richard Passow Zwangskartelle in Zeitschrift fur Socialwissenschaft Heft 9 1918 S 510 Mathias Schmoeckel Rechtsgeschichte der Wirtschaft seit dem 19 Jahrhundert 2008 S 262 Gesetz uber die Regelung der Kaliwirtschaft 24 April 1919 RGBl 1919 S 413 415 Rheinkommission Hrsg Die Deutsche Rheinschifffahrt Gutachten der Rhein Kommission uber die Lage der Rheinschifffahrt und der in ihr beschaftigten Arbeitnehmer 1930 S 1 ff es gab bereits ab Oktober 1922 ein Zuckersyndikat Hermann Reischle Saure Wilhelm Der Reichsnahrstrand 1940 S 161 Max Metzner Ludwig Kastl Kartelle in der Wirklichkeit 1963 S 400 Arthur Schweitzer Organisierter Kapitalismus und Parteidiktatur 1933 1936 in Jahrbuch fur Gesetzgebung Verwaltung und Volkswirtschaft 1979 S 59 f Keesings Archiv der Gegenwart 1932 S 1508 Kartell Rundschau 1937 S 336 Holm A Leonhardt Kartelltheorie und Internationale Beziehungen Theoriegeschichtliche Studien 2013 S 224 Deutscher Bundestag Hrsg Verhandlungen des Deutschen Bundestages Drucksachen Band 278 1981 S 179 Otto Schmidt Verlag Hrsg Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen Band 1 1958 S 53 BT Drs 15 3640 vom 12 August 2004 Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Anderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrankungen S 26 Volker Emmerich in Ulrich Immenga Ernst Joachim Mestmacker Wettbewerbsrecht GWB 5 Auflage 2014 30 Rn 13 Monopolkommission Hrsg XX Hauptgutachten Eine Wettbewerbsordnung fur die Finanzmarkte 2014 BT Drs 18 2150 vom 17 Juli 2014 Zwanzigstes Hauptgutachten der Monopolkommission 2012 2013 S 681 ff Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwangskartell amp oldid 230462633