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Wir waren Nachbarn Biografien judischer Zeitzeugen ist eine offentliche Ausstellung zur kollektiven Erinnerung an die ortlichen Opfer der Shoah der Judenverfolgung im Nationalsozialismus im Rathaus Schoneberg im Berliner Bezirk Tempelhof Schoneberg Eroffnet im Januar 2005 ist sie mit Unterstutzung der Berliner Kulturverwaltung seit 2010 als ganzjahrig geoffnete Dauerausstellung zuganglich Die Ausstellung ist eine Art begehbares Familienalbum oder in der judischen Tradition des Memorbuchs ein Raum des Totengedenkens Blick in die Ausstellungshalle im Rathaus Schoneberg mit der Ausstellungsinstallation Wir waren Nachbarn Biografien judischer ZeitzeugenDer neugestaltete Saal der Ausstellungshalle im Rathaus wirkt auf die Besuchenden wie ein historischer Bibliotheks Saal Auf Lesepulten liegen zum Lesen und Blattern biografische Alben uber ehemalige judische Einwohner der Berliner Bezirke Schoneberg und Tempelhof in der Zeit vor 1933 bzw vor 1942 aus Erganzende Elemente der Ausstellung eroffnen weitere Zugange zu ihrem Thema Inhaltsverzeichnis 1 Judische Einwohner in Schoneberg und Tempelhof 1933 2 Erinnerungsort 3 Elemente der Ausstellung 3 1 Biografische Alben 3 2 Horstationen 3 3 Karteikarten von Deportierten 3 4 Landertafeln der Exillander 3 5 Interviewfilm 3 6 Informationspult 3 7 Archiv der Erinnerungen 3 8 Aktuelle Medien Berichte 3 9 Padagogische Beratung fur Schulen 3 10 Besucherberatung 3 11 Rahmenprogramm 3 12 Besuchererfolg 4 Bezug zum Denkmal Orte des Erinnerns 5 Geschichtsort mit einer ahnlichen Ausrichtung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseJudische Einwohner in Schoneberg und Tempelhof 1933 BearbeitenIn Schoneberg lebten zu Beginn der NS Herrschaft 1933 uber 16 000 judische Einwohner das waren 7 35 aller Schoneberger Besonders beliebt als Wohnquartier im Bezirk war das Bayerische Viertel deshalb auch Judische Schweiz genannt Wahrend der NS Zeit wurden uber 6000 judische Bewohner vor den Augen ihrer Nachbarn aus Schoneberg deportiert Im Nachbarbezirk Berlin Tempelhof lebten 1933 rund 2300 judische Einwohner 2 03 230 von ihnen wurden deportiert 1 Erinnerungsort BearbeitenDie Ausstellung ist das Ergebnis einer in den 1980er Jahren einsetzenden Zeitzeugen und Erinnerungsarbeit des Kunstamtes Schoneberg Diese aussergewohnliche Idee eines Berliner Bezirks einen symbolischen Denkort einen Erinnerungsort fur die verfolgten und ermordeten judischen Nachbarn einzurichten wird seitdem kontinuierlich fortgefuhrt Damit ist ein weiterer Ort des Gedenkens und der Erinnerung an den Holocaust neben den Gedenkstatten fur die Opfer des Nationalsozialismus in Berlin entstanden Elemente der Ausstellung Bearbeiten nbsp Biografische Alben uber ehemalige judische Einwohner von Schoneberg und Tempelhof liegen auf Lesepulten ausBiografische Alben Bearbeiten Derzeit Stand 2020 dokumentieren 170 biografische Alben die Lebens und Leidensgeschichte von judischen Burgern aus den Berliner Bezirken Schoneberg und Tempelhof Die Mehrzahl der Familien und Einzelbiografien wurde in Zusammenarbeit mit Zeitzeugen entwickelt Geschichte wird hier aus deren Perspektive erzahlt wie der Ausstellungstitel Wir waren Nachbarn nahelegt Personliche zeitgenossische Fotografien Dokumente Briefe und Berichte machen ihre Geschichte in eindrucklicher Weise erfahrbar Etwa ein Drittel der biografischen Alben sind prominenten Schoneberger und Tempelhofer Personlichkeiten aus Literatur Musik Kunst Wissenschaft oder Sport gewidmet wie Albert Einstein Alfred Kerr Helmut Newton Billy Wilder Erich Fromm Wilhelm Reich Kurt Tucholsky Gertrud Kolmar Else Lasker Schuler Gisele Freund Coco Schumann Nelly Sachs Alice Salomon Lilli Henoch Alfred Flatow und Gustav Flatow sowie Georg Hermann dokumentiert ist auch die Geschichte der Widerstandskampferinnen Liane Berkowitz und Marianne Cohn Geschildert wird das Leben vor und nach 1933 gegebenenfalls die Flucht ins Exil die Deportation und Ermordung von Familienangehorigen Die Alben zeigen aber auch das Leben nach dem Holocaust bis in die heutige Zeit und werden erganzt um Antworten auf die Frage nach weiteren Formen der Erinnerung wie Gedenktafeln Stolpersteine und biografische Literatur Das Ausstellungskonzept ist ein work in progress sodass die Ausstellung jedes Jahr um neue biografische Alben erganzt wird jahrlich wechselnde Schwerpunkte hat siehe Rahmenprogramm und auch erweitert werden kann Nicht zuletzt deshalb sind Zeitzeugen und ihre Angehorigen im In und Ausland eingeladen sich mit der Ausstellung in Verbindung zu setzen Horstationen Bearbeiten Der Eindruck des Authentischen den die biographischen Alben bewirken verstarken bei bislang 15 besonders markierten Alben kurze Horstucke Hier konnen die Leserinnen und Leser beim Blattern oder Betrachten der Fotografien uber Kopfhorer zum Beispiel die authentischen Stimmen des Schriftstellers Kurt Hiller oder des Musikers Ilja Bergh anhoren Die Horstationen werden kontinuierlich erganzt wofur unter anderem auf Originalinterviews mit Zeitzeugen zuruckgegriffen werden kann Die dafur erforderlichen redaktionellen und technischen Arbeiten ermoglichen Patinnen und Paten der Horstationen Karteikarten von Deportierten Bearbeiten An den Wanden der Ausstellungshalle sind handschriftliche Karteikarten mit den Namen von mehr als 6000 Deportierten und Ermordeten aus Schoneberg und Tempelhof alphabetisch nach Strassennamen geordnet angebracht Sie wurden 1987 von Andreas Wilcke seinerzeit Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung von Schoneberg aus der Kartei der Oberfinanzdirektion ubertragen und spater mit Karten zu den Daten aus Tempelhof Deportierter erganzt 2 In der NS Zeit waren diese Personendaten von den Berliner Finanzbehorden erfasst worden um das Vermogen der Deportierten einzuziehen 3 Die ausgestellten Karten enthalten die Namen und letzte Anschrift der Deportierten Datum und Ziel der Deportation 6069 Namen auf den Karteikarten machen anschaulich begreifbar wie viele ehemalige judische Nachbarn aus ihren Wohnungen heraus abgeholt oder an ihrem Arbeitsplatz siehe auch Fabrikaktion verhaftet wurden um mit der Deutschen Reichsbahn in die Ghettos Konzentrationslager oder Vernichtungslager transportiert zu werden wo sie ermordet wurden oder seitdem verschollen sind Landertafeln der Exillander Bearbeiten Auf Schautafeln sogenannten Landertafeln werden Situationen in den wichtigsten Exillandern wie sie die Emigranten vorfanden mit zeitgenossischen Texten und Abbildungen dargestellt erganzt mit Verweisen auf einschlagige biographischen Alben der Ausstellung Die wichtigsten Exillander waren Grossbritannien Palastina die USA Lateinamerika die Schweiz und China Gezeigt werden aber auch Fotografien aus dem Exilland Turkei wo Ernst Reuter im politischen Exil lebte bevor er 1947 zum Oberburgermeister von Berlin gewahlt wurde ab 1949 mit Sitz im Rathaus Schoneberg Interviewfilm Bearbeiten Ein weiteres Element der Ausstellung ist der Interviewfilm Geteilte Erinnerungen von Monika Wenczel Dieser Film basiert auf Interviews mit judischen und nichtjudischen Zeitzeugen aus dem Bayerischen Viertel 4 Informationspult Bearbeiten Ein Informationspult enthalt einen interaktiven Info Monitor Hier konnen der oben erwahnte Interviewfilm kapitelweise oder vollstandig betrachtet und Hintergrundinformationen zum Bayerischen Viertel sowie zu den Interviewten abgerufen werden Ein Glossar gibt Auskunft zu zeitgenossischen Begriffen eine Zeitleiste informiert uber die wichtigsten Ereignisse im Deutschen Reich und in Berlin Daneben liegen Gedenkbucher 5 fur Schoneberg Tempelhof und Berlin sowie das judische Adressbuch von Berlin von 1931 aus Archiv der Erinnerungen Bearbeiten Im sogenannten Archiv der Erinnerungen finden die Besucher Erinnerungssplitter kurze Berichte Notizen Fotos von nichtjudischen Zeitzeugen und von Besuchern der Ausstellung uber Personen Ereignisse und Orte im Zusammenhang mit der Thematik der Ausstellung Es kann von Besuchern immer weiter erganzt werden Aktuelle Medien Berichte Bearbeiten Dieses Ausstellungselement befasst sich mit dem Alltag heute und enthalt aktuelle Medienberichte uber Antisemitismus und Rassismus sowie eine Presse Wand mit Zeitungsausschnitten Padagogische Beratung fur Schulen Bearbeiten Zu den regelmassigen Besuchern gehoren nach Voranmeldung auch Schulklassen insbesondere fur Unterrichtsprojekte in den Fachern Sozialkunde Geschichte Heimatkunde oder Sachunterricht 6 Dafur ist zur Beratung ggf auch Fuhrung fachkundiges Personal in der Ausstellung prasent Besucherberatung Bearbeiten Fur die Beratung von Besuchern wie zur Fuhrung von Besuchergruppen nach vorheriger Anmeldung ist in der Ausstellung fachkundiges Personal prasent So konnen auch individuelle Fragen beantworten oder Hinweise gegeben werden Rahmenprogramm Bearbeiten In Rahmenprogrammen zu jahrlich wechselnden thematischen Schwerpunkten werden einzelne Aspekte der Ausstellung vertiefend beleuchtet 2018 werden den Besuchern unter dem Titel Unerhorte Stimmen die akustischen Erinnerungen von Menschen die im Bezirk lebten nahegebracht So erinnern sich unter anderem der ehemalige Geiger der Berliner Philharmoniker Hellmut Stern der Jazzgitarrist Coco Schumann die Lyrikerin Mascha Kaleko der Regisseur Billy Wilder oder die Fotografin Gisele Freund an ihre Zeit in Schoneberg oder Tempelhof Zu anderen wie Gertrud Kolmar oder Kurt Tucholsky tragen Schauspieler Gedichte oder Briefe vor 2017 standen die Schicksale von Kindern und Jugendlichen wahrend der NS Zeit im Mittelpunkt 2014 lag der Fokus auf den Juden im Ersten Weltkrieg 2012 wurde der Lebensweg judischer Arzte thematisiert 2011 der judischer Juristen und 2010 judische Schulen und Schuler Luise Zickel Zickel Schule 7 8 Reimann Schule Als weitere Begleitveranstaltungen fanden regelmassig eine Lesung mit Gesprach der Zeitzeugin Rahel Mann 9 und im Kinosaal des Rathauses monatliche Vorfuhrungen thematisch einschlagiger Spiel und Dokumentarfilme statt Am 28 April 2022 um 18 00 Uhr hielt die Literaturwissenschaftlerin Jutta Rosenkranz einen Vortrag mit dem Thema Mascha Kaleko im Exil in den USA Am 24 Mai 2022 um 18 00 Uhr wird Volker Schlondorff einen Vortrag mit dem Thema Billy Wilder im Exil in den USA halten Am 3 September 2022 findet vor dem Rathaus Schoneberg ein Nachbarschaftsfest der Ausstellung Stand 7 mit neuen Informationen statt 10 Besuchererfolg Bearbeiten Uber 28 000 Ausstellungsbesucher wurden bis 2010 seit der Eroffnung im Jahr 2005 gezahlt seit 2011 mehr als 10 000 jahrlich Sie kommen aus dem In und Ausland und sind zum Teil Zeitzeugen deren Nachkommen Verwandte oder Bekannte 11 Bezug zum Denkmal Orte des Erinnerns BearbeitenDie Ausstellung hat inhaltlichen Bezug zu dem konzeptionellen Denkmal der Kunstler Renata Stih und Frieder Schnock Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel Dieses 1993 eingeweihte Denkmal besteht aus einer stadtraumlichen Installation aus 80 farbigen doppelseitigen Tafeln von Bild und Text Kombinationen welche die zunehmende Ausgrenzung und Entrechtung der judischen Bevolkerung in der NS Zeit verdeutlichen 11 Geschichtsort mit einer ahnlichen Ausrichtung BearbeitenDas Humberghaus im Westmunsterland heute Kreis Wesel stellt ebenfalls den nachbarschaftlichen Bezug der judischen Familien Humberg und Terhoch bis 1941 in den Vordergrund und halt daruber hinaus Kontakt zu den Nachfahren in Kanada uber mehrere Generationen Literatur BearbeitenKunstamt Schoneberg Schoneberg Museum Gedenkstatte Haus der Wannseekonferenz Hrsg Orte des Erinnerns Band 1 Das Denkmal im Bayerischen Viertel Edition Hentrich Berlin 1994 ISBN 3 89468 146 2 frag doch Verein fur Begegnung und Erinnerung Hrsg Klaus Wiese Jochen Thron Wir waren Nachbarn Biographien judischer Zeitzeugen Eine Ausstellung in der Berliner Erinnerungslandschaft Verlag Hentrich amp Hentrich Berlin 2008 ISBN 978 3 938485 73 6 mit einer Videodokumentation auf Mini DVD Weblinks BearbeitenWir waren Nachbarn Biografien judischer Zeitzeugen Website der Ausstellungsinstallation im Rathaus Berlin Schoneberg mit der Moglichkeit den kostenlosen Newsletter der Ausstellung mit ihren Hinweisen auf die Rahmenveranstaltungen zu abonnieren Wir waren Nachbarn gesichert In Berliner Woche 13 Juli 2016Einzelnachweise Bearbeiten Kunstamt Schoneberg Schoneberg Museum Gedenkstatte Haus der Wannseekonferenz Hrsg Orte des Erinnerns Band 2 Judisches Alltagsleben im Bayerischen Viertel Edition Hentrich Berlin 1995 ISBN 3 89468 147 0 S 12 Tabelle Ergebnisse der Volkszahlung vom 16 Mai 1933 Kunstamt Schoneberg Schoneberg Museum Gedenkstatte Haus der Wannseekonferenz Hrsg Orte des Erinnerns Band 2 Judisches Alltagsleben im Bayerischen Viertel Edition Hentrich Berlin 1995 ISBN 3 89468 147 0 S 215 270 Gedenkbuch mit einer Einleitung von Katharina Kaiser Die Enteignung aller vertriebenen und deportierten Juden Bei berlin de abgerufen am 28 Juni 2019 Verweis auf die Website des Vereins frag doch mit Angaben zum Interview Film Geteilte Erinnerungen Memento vom 30 Juli 2012 im Webarchivarchive today Konzeption Katharina Kaiser Monika Wenczel Texte und Recherche Dr Ruth Federspiel Jens Leder Produktion Bezirksamt Tempelhof Schoneberg von Berlin Kunstamt Haus am Kleistpark gefordert durch den Beauftragten der Bundesregierung fur die Angelegenheiten der Kultur und der Medien Berlin 2000 2005 Freie Universitat Berlin Zentralinstitut fur Sozialwissenschaftliche Forschung Hrsg Gedenkbuch Berlins der judischen Opfer des Nationalsozialismus Ihre Namen mogen nie vergessen werden Edition Hentrich Berlin 1995 ISBN 3 89468 178 0 Das zum 50 Jahrestag der Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft herausgegebene Buch listet uber 55 000 Namen von verfolgten und ermordeten Berliner Juden auf Pressemitteilungen Memento vom 23 Juli 2012 im Webarchiv archive today des Bezirksamtes Tempelhof Schoneberg zu den Ausstellungen der Jahre 2005 2010 Stolperstein fur Luise Zickel auf Wikimedia Commons Artikel uber Luise Zickel in der Stadtteilzeitung Schoneberg Marz 2010 Rahel Manns Schutzengel war eine Hauswartsfrau Zeitzeugin Rahel Mann las bis ins hohe Alter im Rathaus Schoneberg aus dem Buch Uns kriegt ihr nicht Als Kinder versteckt judische Uberlebende erzahlen Der Tagesspiegel vom 3 Februar 2020 Info zum Nachbarschaftsfest a b Die Auswertung der Statistik fur die Folgejahre ist in Vorbereitung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wir waren Nachbarn amp oldid 225276347