www.wikidata.de-de.nina.az
Wilhelm Reischenbeck 23 Juni 1902 in Munchen 13 November 1962 in Furstenfeldbruck war ein deutscher SS Obersturmfuhrer der wegen NS Gewaltverbrechen im Zusammenhang mit Konzentrationslagern zu einer zehnjahrigen Haftstrafe verurteilt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Fruhe Jahre 2 Zweiter Weltkrieg 3 Nachkriegszeit und Prozess 4 Literatur 5 EinzelnachweiseFruhe Jahre BearbeitenReischenbeck schloss sich nach dem Ersten Weltkrieg einem Freikorps an 1 Er trat 1922 der SA bei und nahm im November 1923 in Munchen am Hitlerputsch teil wofur er zur Zeit des Nationalsozialismus den sogenannten Blutorden erhielt Seinen Lebensunterhalt bestritt er als Hilfsarbeiter Ende der 1920er Jahre wechselte er von der SA zur SS SS Nr 3 926 und wurde 1930 Mitglied der NSDAP Mitgliedsnummer 348 953 2 Kurz nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten raubte er im April 1933 gemeinsam mit weiteren SS Mannern unter Einsatz von Waffen in Munchen und dem Stadtumland Juden in ihren Wohnungen aus An den Raubzugen war auch sein Bruder Ewald beteiligt 1 Zweiter Weltkrieg BearbeitenAb 1939 verrichtete er Dienst bei den Wachmannschaften des KZ Dachau und des KZ Mauthausen 2 Ab Mai 1940 war er im Ansiedlungsstab Litzmannstadt mit der Umsiedlung von Polen aus dem Warthegau beschaftigt und gehorte ab Oktober 1941 der Kurierstelle im Fuhrerhauptquartier Wolfsschanze an 1 Er wurde im November 1943 zum SS Obersturmfuhrer der Waffen SS befordert seinem hochsten erreichten SS Rang Im August 1944 wurde er in das KZ Auschwitz versetzt wo er Fuhrer zweier Wachkompanien wurde Wahrend der Lagerevakuierung leitete er am 19 Januar 1945 den letzten grossen Todesmarsch mit mehr als 3 900 Haftlingen aus dem KZ Auschwitz 2 Die Haftlingskolonne wurde zunachst nach Loslau getrieben und wer wegen Entkraftung oder Krankheit das Marschtempo nicht halten konnte wurde von den begleitenden SS Mannern erschossen 1 Im spateren Urteil gegen Reischenbeck wurde auf die grausamen Umstande dieses Marsches Bezug genommen Das Schuhwerk der Haftlinge bestand teilweise aus Holz mit aufgenahtem Segeltuch nur wenige trugen Lederschuhe Als Marschverpflegung hatten sie Brotwecken Fleischkonserven und Margarine erhalten Die Temperatur betrug unter minus 15 Grad es lag eine geschlossene Schneedecke Der korperliche Zustand der Haftlinge war zum Teil schon beim Abmarsch sehr schlecht Die Strapazen des Marsches vereiste Wege schlechtes Schuhwerk grosse Kalte fuhrten dazu dass sich schon am ersten Tag mehrere Haftlinge nicht mehr weiterschleppen konnten 3 In Loslau wurden die uberlebenden Haftlinge in Bahnwaggons gepfercht und in das KZ Mauthausen verbracht Bei Kriegsende leitete Reischenbeck im April 1945 einen Haftlingstransport vom Aussenlager Melk zum Aussenlager Ebensee bei dem er ebenfalls die Erschiessung von Haftlingen befohlen hatte 1 Nachkriegszeit und Prozess BearbeitenNach Kriegsende befand sich Reischenbeck in alliierter Internierung Vor seinem geplanten Spruchkammerverfahren konnte er 1948 aus dem Internierungslager Darmstadt entweichen 1 Anschliessend lebte er unter den Falschnamen Wilhelm Lang sowie Wilhelm Bachmann und verdingte sich wieder als Hilfsarbeiter 2 Diese Tarnung hielt er bis 1950 aufrecht Vor dem Landgericht Munchen wurde 1954 wegen der Raububerfalle auf Juden im April 1933 gegen ihn und weitere Tatbeteiligte verhandelt Reischenbeck wurde aufgrund von Freiheitsberaubung Amtsanmassung und Sachhehlerei zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt die zur Bewahrung ausgesetzt wurde Sein Bruder erhielt eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren und acht Monaten Die anderen Beschuldigten wurden aus Beweismangel freigesprochen 1 Durch den ehemaligen Auschwitzhaftling Adolf Rogner der auch den Anstoss zum ersten Frankfurter Auschwitzprozess gab wurde Reischenbeck schliesslich wegen der Morde wahrend der Raumung des KZ Auschwitz im Januar 1955 in Munchen angezeigt 4 5 6 Wahrend des Ermittlungsverfahrens wurden Uberlebende des Evakuierungsmarsches befragt Reischenbeck selbst berief sich auf Befehlsnotstand da der letzte Lagerkommandant des KZ Auschwitz Richard Baer ihm den Befehl zur Erschiessung marschunfahiger Haftlinge erteilt habe 1 Wegen der Endphaseverbrechen im KZ Auschwitz und dem KZ Mauthausen musste er sich im Mai 1958 vor dem Schwurgericht am Landgericht Munchen I verantworten Konkret war er des Mordes beziehungsweise Mordversuchs in vier Fallen beschuldigt Aufgrund der Anordnung der Erschiessung von mindestens 40 Haftlingen in Pless und Konigsdorf von elf Haftlingen am Bahnhof Loslau von 25 marschunfahigen Haftlingen in Gmunden sowie wegen der Selektion von 50 Haftlingen in Ebensee die exekutiert werden sollten wobei unsicher war ob diese Exekution tatsachlich durchgefuhrt worden war 4 Infolge der Beweislage eroffnete das Gericht nur bezuglich der Tatkomplexe Pless Konigsdorf und Gmunden ein Hauptverfahren gegen Reischenbeck Weil das Gericht eigenhandige Erschiessungen von Reischenbeck trotz einer entsprechenden Zeugenaussage nicht als bewiesen ansah wurde er am 22 Oktober 1958 als Befehlsempfanger nur wegen der Befehlsweitergabe und Duldung der Erschiessungen marschunfahiger Haftlinge zu einer zehnjahrigen Zuchthausstrafe wegen mehrfacher Beihilfe zum Totschlag verurteilt 4 Im Urteil stellte das Gericht fest dass Reischenbeck nicht die Spur eines Erbarmens erkennen liess 7 Dennoch folgte das Gericht nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft Reischenbeck wegen Mordes zu lebenslanger Haft zu verurteilen Das milde Urteil rief bei Auschwitzuberlebenden und Opferverbanden Unverstandnis und Emporung hervor 4 Am 19 Oktober 1962 wurde seine Haft wegen einer Erkrankung unterbrochen 8 Literatur BearbeitenErnst Klee Auschwitz Tater Gehilfen Opfer und was aus ihnen wurde Ein Personenlexikon S Fischer Frankfurt am Main 2013 ISBN 978 3 10 039333 3 Jorg Zedler Spazierenfuhren bedeutete Tod Die Wahrnehmung von Holocausttatern in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel der Mauthausen Prozesse In Cord Arendes Edgar Wolfrum Jorg Zedler Hrsg Terror nach Innen Verbrechen am Ende des Zweiten Weltkrieges Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte Band 6 Wallstein Gottingen 2006 ISBN 3 8353 0046 6 Andreas Eichmuller Keine Generalamnestie Die Strafverfolgung von NS Verbrechen in der fruhen Bundesrepublik Oldenbourg Munchen 2012 ISBN 978 3 486 70412 9 LG Munchen I 22 Oktober 1958 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Bd XV bearbeitet von Irene Sagel Grande H H Fuchs C F Ruter Amsterdam University Press 1976 Nr 468 S 319 330 Erschiessung marschunfahiger Haftlinge wahrend des Evakuierungsmarsches von dem KL Auschwitz nach Loslau und wahrend des Evakuierungstransportes von dem KL Melk in das KL EbenseeEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h Andreas Eichmuller Keine Generalamnestie Die Strafverfolgung von NS Verbrechen in der fruhen Bundesrepublik Munchen 2012 S 304 a b c d Ernst Klee Auschwitz Tater Gehilfen Opfer und was aus ihnen wurde Personenlexikon Frankfurt am Main 2013 S 332 f Die Russen die Russen In Der Spiegel Ausgabe 4 1995 vom 23 Januar 1995 S 37 a b c d Andreas Eichmuller Keine Generalamnestie Die Strafverfolgung von NS Verbrechen in der fruhen Bundesrepublik Munchen 2012 S 305 Sven Keller Volksgemeinschaft am Ende Gesellschaft und Gewalt 1944 45 Munchen 2013 S 37 Henry Leide Der Auschwitz Haftling Adolf Rogner Die gescheiterte Suche nach Anerkennung in der Bundesrepublik und in der DDR BStU Jorg Zedler Spazierenfuhren bedeutete Tod Die Wahrnehmung von Holocausttatern in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel der Mauthausen Prozesse In Cord Arendes Edgar Wolfrum Jorg Zedler Hrsg Terror nach Innen Verbrechen am Ende des Zweiten Weltkrieges Wallstein Gottingen 2006 ISBN 978 3 8353 0046 0 S 190 Christian Rabl Mauthausen vor Gericht Nachkriegsprozesse im internationalen Vergleich new academic press Vien 2019 ISBN 978 3700321149 S 216 Normdaten Person GND 1082431192 lobid OGND AKS VIAF 177145542435396640623 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Reischenbeck WilhelmKURZBESCHREIBUNG deutscher SS Obersturmfuhrer im KZ AuschwitzGEBURTSDATUM 23 Juni 1902GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM 13 November 1962STERBEORT Furstenfeldbruck Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Reischenbeck amp oldid 218604182