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Werner Oskar Ewald Osenberg 26 April 1900 in Zeitz 14 Dezember 1974 in Renningen war ein deutscher Materialwissenschaftler Organisator der deutschen Rustungsforschung und Rustungsentwickler wahrend des Zweiten Weltkrieges Er erforschte u a die Verwendung von Keramik als Schneidstoff und erhielt 1938 einen Lehrstuhl an der Technischen Hochschule Hannover Wahrend des Zweiten Weltkrieges war er Leiter des Planungsamtes im Reichsforschungsrat Durch seine Zentralkartei konnte er 5 000 Wissenschaftler und Techniker von der Kriegsfront zuruckholen In seinem Institut in Lindau am Harz betrieb er auch Rustungsforschung 1945 wurde er in die Vereinigten Staaten gebracht Seine Forschungskartei bildete die Grundlage fur die Auswahl deutscher Wissenschaftler im Rahmen der Operation Overcast durch die Vereinigten Staaten Inhaltsverzeichnis 1 Studium und fruher Werdegang 2 Torpedo Forschung in Hannover 3 Das Planungsamt des Reichsforschungsrats 4 Forschungskartei 5 Ruckholaktion 6 Wehrforschungs Gemeinschaft 7 Rustungsentwicklung 8 Nachkriegszeit 9 Forschungsarbeiten ab 1954 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseStudium und fruher Werdegang BearbeitenOsenberg erhielt im Fruhjahr 1918 das Abitur Im Anschluss daran wurde er zur Marine einberufen und nahm im Oktober und November 1918 an einem Lehrgang zum Seeoffiziersanwarter teil Ab 1920 studierte er zuerst an der TH Munchen und dann an der TH Dresden Maschinenbau und schloss das Studium 1924 mit der Diplomprufung ab 1927 promovierte er bei Ewald Sachsenberg mit einer Arbeit zum Thema Zerspanungsvorgang mittels Holzbohrern und blieb dort bis 1938 wissenschaftlicher Assistent Sachsenbergs Im Jahre 1938 fuhrte Osenberg die ersten Untersuchungen der Verwendung von Oxidkeramik als Schneidstoff durch 1 Im April 1933 wurde Osenberg Mitglied der NSDAP und im Juni 1933 trat er in die SS ein Ab 1936 war er aktiv im Sicherheitsdienst des Reichsfuhrers SS und ubernahm die Aufsicht fur das Amt der Presse an der TH Dresden 2 Torpedo Forschung in Hannover Bearbeiten1938 wurde Osenberg auf den Lehrstuhl fur Werkzeugmaschinen an der TH Hannover berufen Er etablierte dort eine Entwicklungsabteilung der Kriegsmarine und eine Dienststelle des Reichsamtes fur Wirtschaftsausbau 1942 wurde Osenberg zum Abteilungsleiter der Amtsgruppe Forschung Erfindung und Patentwesen des Oberkommandos der Kriegsmarine ernannt Es wurde eine Modell Torpedo Versuchsstation mit einem Becken von der Grosse 240 m geplant In diesem Becken wurden unter anderem die Messpistole 37 erprobt weiterhin eine Vorrichtung zur kunstlichen Erzeugung von Storungen bei Torpedo Prufungsgeschossen ein Torpedo mit einer die Krangung verhindernden Flosse ein Verfahren zum Zurichten von gewollten Storungen im Lauf eines Torpedos 3 Ausserdem war Osenberg vom Oberbefehlshaber der Kriegsmarine dazu bestellt worden freie oder nicht voll ausgelastete Forschungskapazitaten zur Nutzung fur die Kriegsmarine zu erfassen Dazu erstellten Osenbergs Mitarbeiter schon in Hannover eine umfangreiche Kartei Diese Vorarbeiten waren wahrscheinlich der Grund weshalb Osenberg zum Leiter des Planungsamtes des Reichsforschungsrates ernannt wurde denn eine solche Forschungskartei war eine wichtige Grundlage fur die geforderten Aufgaben Das Planungsamt des Reichsforschungsrats BearbeitenDer zweite Reichsforschungsrat RFR wurde 1942 in Berlin gegrundet Sein Ziel war es die staatliche und universitare Forschung starker auf die Erfordernisse der Kriegsfuhrung abzustimmen Prasident des RFR war der Reichsmarschall des Grossdeutschen Reiches Hermann Goring dessen politische Macht damals allerdings zu sinken begann Fur den RFR war eine umfangreiche Organisation geplant mit 17 Fachspartenleitern und 20 Bevollmachtigten denen die Technischen Hochschulen die Universitaten die Institute der Kaiser Wilhelm Gesellschaft und andere zuarbeiten sollten 4 Im Juni 1943 wurde zusatzlich das Planungsamt geschaffen Dieses wurde von Oktober 1943 bis April 1945 in Lindau am Harz versteckt Seine Postadresse war Northeim Postfach 148 Goring ernannte Werner Osenberg zum Leiter dieses Planungsamtes Seine Aufgaben wurden in funf Leitlinien zusammengefasst 5 Bei den Luftangriffen auf Hannover im August 1943 wurde Hannover schwer bombardiert auch Osenbergs Institut wurde teilweise beschadigt Man beschloss eine Evakuierung in eine landlichere Gegend und landete schliesslich im Oktober 1943 in Lindau Dort bot das Mushaus Lindau der Burg Lindau mit seinen bis zu 2 30 m starken Mauern einen guten Schutz vor Bombardierungen Osenberg kam mit rund 50 Mitarbeitern aus Hannover zum Schluss betrug ihre Anzahl 298 Es gab auch eine Aussenstelle in Berlin Dahlem Forschungskartei BearbeitenSeine in Kiel begonnene Sammlung von Adressen nicht ausgelasteter Forschungskapazitaten baute Osenberg in Lindau zu einer Zentralkartei fur alle Wehrmachtsteile aus Mit ihrer Hilfe konnte man Wissenschaftler und Techniker an Universitaten wissenschaftlichen Instituten und Wehrmachtsstellen erfassen Sie umfasste etwa 2 000 Karteikarten mit Namen von Instituten und anderen Forschungsinstitutionen zusatzlich enthielt sie eine Liste der Wehrmachtseinheiten von denen Soldaten abgezogen werden konnten Diese Forschungskartei lagert heute im Bundesarchiv in Berlin Ruckholaktion BearbeitenMit insgesamt vier Denkschriften die an 50 Personen der Staatsfuhrung der Wehrmacht und der Wissenschaft geschickt wurden verfolgte Osenberg sein Hauptziel Wissenschaft und Technik starker fur die Kriegsfuhrung nutzbar zu machen Wichtigstes Mittel dazu wurde die Ruckholaktion die im Herbst 1944 begann Dabei wurden mit Hilfe der Kartei 5 000 Fachkrafte aus ihren Truppenteilen zuruckgeholt und an kriegswichtige Betriebe vermittelt Weitere 10 000 dieser Fachkrafte wurden unabkommlich gestellt um ihren Einzug an die Front zu verhindern Wehrforschungs Gemeinschaft BearbeitenIm August 1944 wurde auf Drangen Osenbergs durch Goring eine weitere Institution mit ahnlichen Zielen wie die des Planungsamtes gegrundet die Wehrforschungs Gemeinschaft WFG Auch sie hatte als Aufgabe die Konzentrierung der technischen Forschung einschliesslich der privaten Industrie auf die Kriegsbedurfnisse Ihr Leiter sollte die Steuerung der Forschungsvorhaben vornehmen Dieser Leiter wurde Osenberg seine Kompetenzen wurden daraufhin gestarkt Die Wehrforschungs Gemeinschaft erhielt eine aufgeblahte Burokratie 4 Uber den Wert der WFG sind sich die Historiker uneins K H Ludwig nannte sie ein riesiges Schwindelunternehmen und beklagte die Sinnlosigkeit des ganzen Unternehmens 6 Ruth Federspiel dagegen sieht in der WFG einen bedeutsamen Schritt hin zu einer interdisziplinaren Forschungsplanung 7 Rustungsentwicklung Bearbeiten1944 begann Osenberg in Lindau auch mit Rustungsforschung und Rustungsentwicklung 8 Er berief sich dabei auf seinen Auftrag als Leiter des RFR die gelosten Aufgaben einer praktischen Nutzung zuzufuhren Wichtigstes Projekt wurde ein Raketenkopf mit dem Decknamen Bienenkorb der zur Abwehr feindlicher Jagdflugzeuge gedacht war Grundlegend dafur war die Nutzung des Schardin Effektes wissenschaftlich Munroe Effekt genannt Beim Projekt Bienenkorb waren hunderte von Sprengkorpern ahnlich wie bei einer Bienenwabe aneinandergefugt der Brandsatztrager wies eine konkave Wolbung auf Bei Versuchen in Redlin im Januar 1945 versagten die Sprengkopfe jedoch vollig sie kamen trotz Verbesserungen nie zum Einsatz Eine Eigenentwicklung Osenbergs war das Raketen Mehrfachgeschoss Planet das zur Bomberabwehr gedacht war Wie beim Projekt Bienenkorb war auch hier die Aerodynamische Versuchsanstalt Gottingen in den Forschungsprozess einbezogen Es sollte eine Mutterrakete entwickelt werden die in einiger Entfernung von dem abschiessenden Flugzeug zunden und dabei bis zu 30 Tochterraketen abwerfen sollte Diese sollten mit kreiselnden Bewegungen durch das Bombergeschwader fallen und durch ihre Spiralbahn moglichst viele Feindflugzeuge treffen Doch man kam in Lindau nicht uber die Entwicklung von Tochterraketen hinaus Der amerikanische Historiker Michael J Neufeld warnte davor die Rolle Osenbergs zu uberschatzen Der Reichsforschungsrat sei fundamentally weak and ineffektiv in most areas of research and development notabbl rocketry gewesen 9 Birgit Schlegel beurteilte die Rustungsentwicklungen der letzten Kriegsmonate als ungeplant und kopflos 10 Nachkriegszeit BearbeitenIm Buro Osenberg wie die Institution von den Bewohnern in Lindau genannt wurde wurde bis Ende Marz 1945 gearbeitet Am 10 April 1945 ruckten die Amerikaner ein Osenberg wurde verhaftet nach Paris und dann in die Vereinigten Staaten gebracht Von April 1945 bis November 1947 war Osenberg in Internierungshaft 11 Schon kurz nach seiner Gefangennahme ubergab er den Alliierten eine Liste mit den Namen von 15 000 deutschen Wissenschaftlern 12 Sie wurde fur die Aktion Paperclip auch Operation Overcast genannt verwendet Diese sollte deutsche Wissenschaftler auch uberzeugte Nationalsozialisten in amerikanische Dienste uberfuhren Im Jahre 1948 tauchte Osenberg wieder in Lindau auf bis in die 1960er Jahre wurde er fur seine Ruckholaktion geruhmt Forschungsarbeiten ab 1954 BearbeitenIm Jahre 1954 kehrte Osenberg an die Technische Hochschule Hannover zuruck und ubernahm den Lehrstuhl fur Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1970 untersuchte Osenberg dort vor allem die Zerspanung sprodharter Werkstoffe mit hochharten Schneidstoffen 13 Literatur BearbeitenTom Bower Verschworung Paperclip NS Wissenschaftler im Dienste der Siegermachte List Verlag Munchen 1988 Catalogus Professorum 1831 1981 Festschrift zum 150 jahrigen Bestehen der Universitat Hannover Band 2 W Kohlhammer Stuttgart 1981 ISBN 3 17 007321 4 Werner Degner Hans Lutze und Erhard Smejkal Spanende Formung Carl Hanser Verlag Munchen 2002 ISBN 3 446 22138 7 S 60 79 Festschrift zur 125 Jahrfeier der Technischen Hochschule Hannover 1831 1956 1956 Ruth Federspiel Mobilisierung der Rustungsforschung Werner Osenberg und das Planungsamt des Reichsforschungsrates 1943 1945 In Helmut Maier Hrsg Rustungsforschung im Nationalsozialismus Wallstein Verlag Gottingen 2003 S 72 108 Geschichte der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im Nationalsozialismus Band 3 Ruth Federspiel Forschen fur den Endsieg Werner Osenberg und die Mobilisierung der Forschung am Lehrstuhl Werkzeugmaschinen der TH Hannover in Michele Barricelli u a Hg Ideologie und Eigensinn Die Technischen Hochschulen in der Zeit des Nationalsozialismus Gottingen 2017 ISBN 978 3 8353 3098 6 S 232 238 Bernd Greiner Sie dienten jedem Herrn Wie deutsche Beutewissnschaftler in Ost und West nach 1945 fur den Kalten Krieg rusteten In Die ZEIT 1 November 1991 Michael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Studien zur Wissenschafts und Universitatsgeschichte Band 6 Synchron Heidelberg 2004 ISBN 3 935025 68 8 S 127 Historie des IFW Institut fur Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen Karl Heinz Ludwig Technik und Ingenieure im Dritten Reich Droste Verlag Dusseldorf 1974 Birgit Schlegel Waffenentwicklungen unter Professor Werner Osenberg in Hannover 1941 1943 und in Lindau a H 1943 1945 In Northeimer Jahrbuch 2007 ISSN 0936 8345 S 75 107 Birgit Schlegel Aktionen und Funktionen Professor Werner Osenbergs in Lindau a H 1943 1945 In Northeimer Jahrbuch 2008 ISSN 0936 8345 S 73 83 Kurt Zierold Forschungsforschung in drei Epochen Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1968 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Werner Osenberg im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Degner 2002 S 60 79 Federspiel 2003 S 82 Schlegel 2007 S 76 78 a b Federspiel 2003 S 103 Zierold 1968 S 248 Ludwig 1974 S 263 und 265 Federspiel 2003 S 104 Schlegel 2007 S 86 103 Schlegel 2008 S 81 Schlegel 2008 S 82 Gruttner 2004 S 127 Bower 1988 S 139 HistorieNormdaten Person GND 124276008 lobid OGND AKS VIAF 13237963 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Osenberg WernerALTERNATIVNAMEN Osenberg Werner Oskar Ewald vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher MaterialwissenschaftlerGEBURTSDATUM 26 April 1900GEBURTSORT ZeitzSTERBEDATUM 14 Dezember 1974STERBEORT Renningen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werner Osenberg amp oldid 236390286