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Als vulkanische Gase werden Gase bezeichnet die im Zuge vulkanischer Aktivitat an der Erdoberflache austreten Der Austritt kann entweder in eng umgrenzten Bereichen z B am Vulkankrater Fumarolen Solfataren oder uber eine grosse Flache diffus aus den Flanken eines Vulkans erfolgen Emissionswolke uber dem Krater des Halemaʻumaʻu Hawaii Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Zusammensetzung 3 Bedeutung 4 Wirkungen und Dimensionen 5 Mengenbestimmung der austretenden Gase 6 Entwicklung der Forschung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenBeim Aufstieg von Gesteinsschmelze im Schlot eines Vulkans werden bedingt durch den abnehmenden Druck die bislang in der Gesteinsschmelze gelosten Gase frei und entladen sich mit mehr oder weniger auch bei friedlichen Eruptionen wird eine Menge Gas freigesetzt explosionsartigen Ausbruchen Auch in einer Magmenkammer unterhalb des Vulkans konnen durch den Prozess der fraktionierten Kristallisation die fluchtigen Bestandteile bis uber die jeweilige Sattigungsgrenze in der Restschmelze angereichert werden so dass sie dort eine eigene Phase in Form von Gasblasen bilden Bedingt durch den Dichteunterschied zwischen den Gasen und der umgebenden Schmelze steigen die Gasblasen auf und konnen so auch ohne gleichzeitige Lavaforderung am Vulkan austreten Zusammensetzung Bearbeiten nbsp Austritt vulkanischer Gase am Krater des Vulcano Italien An Vulkanen austretende Gase sind normalerweise ein Gemisch verschiedener Stoffe Hauptbestandteil fast aller vulkanischen Gase sind Wasserdampf H2O Kohlendioxid CO2 Schwefeldioxid SO2 Schwefelwasserstoff H2S Salzsaure HCl und Fluorwasserstoff HF In wechselnden Prozentanteilen konnen ferner Ammoniak einige Edelgase Kohlenmonoxid Methan und Wasserstoff vorkommen Die Gasmenge und zusammensetzung hangt stark von der Natur der Gesteinsschmelze ab aus der sie hervorgehen Gase welche aus basaltischen Schmelzen freigesetzt werden sind CO2 dominiert wahrend rhyolithische Magmen insgesamt grossere Mengen an hauptsachlich Wasserdampf dominierten Gasen hervorbringen Bedeutung BearbeitenVulkanische Gase sind teilweise Treibhausgase Das Wasser auf der Erde entstammt teilweise vulkanischen Gasen Die Veranderung der Zusammensetzung vulkanischer Gase kann auf einen bevorstehenden Vulkanausbruch hinweisen Fruher glaubte man dass es vulkanische Gasausbruche gibt die sich ohne Forderung von Lava ereignen Diese wurden u a fur die Bildung von Maaren verantwortlich gemacht wie sie etwa in der deutschen Vulkaneifel oder der franzosischen Auvergne vorkommen Inzwischen sind sich die Vulkanologen sicher dass Maare entstehen wenn Grundwasser in Kontakt mit Magma kommt und dann explosionsartig verdampft Phreatomagmatische Explosion Wirkungen und Dimensionen BearbeitenVulkane uben uber lange und im Einzelfall auch uber kurze Zeitraume mit ihren Gasemissionen einen grossen Einfluss auf das Leben auf der Erde aus Uber geologische Zeitraume hinweg betrachtet stellen vulkanische CO2 Emissionen einen potentiellen Klima Ruckkopplungsmechanismus dar der die Erde wahrscheinlich vor einer dauerhaften globalen Vereisung bewahrt hat Im Bereich von Jahren kann die Emission von Schwefelfdioxid und anderen Gasen sowie vulkanischer Asche hingegen zu einer stark verminderten Sonneneinstrahlung und damit Abkuhlung am Erdboden fuhren vulkanischer Winter So wurde 1991 in den Jahren nach der Eruption des philippinischen Vulkans Pinatubo eine Abnahme der atmospharischen Temperaturen um etwa 0 5 Grad gemessen Ein besonderes eindrucksvolles Beispiel fur die verheerende Wirkung von Vulkanausbruchen auf das Klima stellt das sogenannte Jahr ohne Sommer dar 1816 in dem es in Nordamerika und Europa zu teilweise katastrophalen Missernten und Hungersnoten kam Auch in Eisbohrkernen lassen sich Ascheschichten grosser Vulkanausbruche nachweisen die mit verminderten Temperaturen verbunden waren 1 Ein Beispiel fur die Dimension der Gasemissionen in Vulkanfahnen ist der Vulkan Popocatepetl der etwa 60 km von der 20 Mio Einwohneragglomeration Mexiko Stadt entfernt ist In Zeiten erhohter Aktivitat etwa im Zeitraum zwischen Marz 1996 und Januar 1998 hatte der Popocatepetl wiederholt Ausbruche bei denen zeitweise uber 10 000 Tonnen Schwefeldioxid pro Tag in die Atmosphare gelangten Das entsprach etwa einem Viertel der gesamten anthropogenen vom Menschen verursachten Schwefelemissionen Europas und etwa der Halfte der Emissionen Mittel und Sudamerikas zusammen 2 Vulkane stossen grosse Mengen Halogene wie etwa Brom oder Chlor aus die im Verdacht stehen einen erheblichen Einfluss auf den Ozonhaushalt zu haben 3 Mengenbestimmung der austretenden Gase BearbeitenDie Emissionsrate eines Gases aus einem Vulkan bestimmen die Wissenschaftler dadurch dass sie zunachst die Gesamtmenge der Substanz in einem Querschnitt der Fahne senkrecht zur Ausbreitungsrichtung mit der DOAS Methode messen und diese dann mit der Windgeschwindigkeit multiplizieren Die Emissionsrate gibt z B an wie viel SO2 pro Sekunde Tag oder Jahr ausgestossen wird 4 Die Windgeschwindigkeit wurde fruher ermittelt durch Windmessungen am Boden oder am Kraterrand Diese erwiesen sich aber als aufwendig ungenau und manchmal sogar gefahrlich Die erhaltenen Daten waren auch nur bedingt reprasentativ fur die tatsachlich in der Vulkanfahne herrschende Windrichtung und Geschwindigkeit Heute wird das DOAS Verfahren fur die sogenannte Korrelationsmethode verwendet wobei das DOAS Gerat in schnellem Wechsel auf zwei windabgewandte Blickrichtungen gerichtet wird Das Verfahren nutzt die Tatsache aus dass die Vulkanfahne nicht homogen durchmischt ist und die Gase eher ungleichmassig verteilt sind Somit ergibt sich fur jede der Blickrichtungen eine strukturierte Zeitreihe Jedes Mal wenn eine Wolke mit erhohter Schwefeldioxidkonzentration vorbeizieht meldet erst der eine kurze Zeit spater der andere Messpunkt ein Maximum Der Zeitversatz entspricht der Zeit die die Vulkanfahne benotigt um von der einen Blickrichtung zur anderen zu gelangen Aufgrund der Kenntnis des Winkels zwischen den Blickrichtungen und dem Abstand zur Vulkanfahne kennt man damit auch den Abstand der zwei Blickrichtungen voneinander in der Fahne Die Windgeschwindigkeit errechnet sich demnach aus dem Quotienten von Abstand und Zeitversatz 4 Entwicklung der Forschung BearbeitenIn neuerer Zeit wurden die Instrumente zu Beobachtung von Vulkanemissionen deutlich verbessert 2001 nahmen Forscher der Arbeitsgruppe Atmosphare und Fernerkundung des Instituts fur Umweltphysik der Universitat Heidelberg zusammen mit Wissenschaftlern der Chalmers University of Technology Goteborg Schweden ersten Mal DOAS Messungen in Vulkanfahnen vor Zwar waren spektroskopische Messungen von Schwefeldioxid in Vulkanfahnen mit anderen Verfahren schon seit den 1970er Jahren durchgefuhrt werden jedoch erlaubte die neue Methode die Konstruktion viel kleinerer und dadurch handlicherer Instrumente Auch konnten die Forscher zum ersten Mal neben Schwefeldioxid auch eine Vielzahl weiterer Spurengase wie zum Beispiel Halogen und Stickoxide detektieren 5 Das unterschiedliche Losungsverhalten der verschiedenen Gase im Magma hat zu der Uberlegung gefuhrt ob Veranderungen der Gasemissionen Hinweise uber das Verhalten des Magma geben konnten z B Aufsteigevorgange anzeigen und damit auch Ausbruche ankundigen konnten Hierzu fanden und finden Forschungen mittels systematischer Messungen statt z B am Popocatepetl Mexiko Masaya Nicaragua Atna Italien Gorely Mutnovsky beide Kamtschatka und Nyiragongo Kongo Am Popocatepetl Masaya und Atna wurden Dauermessstationen eingerichtet 6 Stark verbessert wurden auch die Moglichkeiten vulkanische Emissionen mit Hilfe von Satelliten zu messen Seit dem Start des Global Ozone Monitoring Experiments GOME im Jahr 1995 haben sich durch die verbesserte spektrale Abtastung die Nachweisgrenzen deutlich verringert Weitere Instrumente mit ahnlichen Eigenschaften SCIAMACHY OMI GOME 2 sind spater hinzugekommen Durch diese stark verbesserten Nachweisgrenzen und die umfassende raumliche Abdeckung eroffnen moderne Satelliteninstrumente einen erheblich erweiterten Zugang zur globalen Uberwachung der Vulkanaktivitat und Quantifizierung ihrer Emissionen So kann etwa der atmospharische Transport von Vulkanemissionen oft uber mehrere Tage hinweg anhand von Satellitenbeobachtungen verfolgt werden in Einzelfallen uber Zeitraume bis uber einen Monat Dadurch liessen sich Einflusse von Vulkanen von regionaler bis globaler Skala untersuchen Ausserdem konnten Vulkane in entlegenen Regionen durch Satellitenbeobachtung uberhaupt zum ersten Mal vermessen werden 1 Ergebnisse eines internationalen Wissenschaftsteams unter Leitung der Universitat Southampton UK und des GEOMAR Helmholtz Zentrums fur Ozeanforschung Kiel weisen darauf hin dass vor 56 Millionen Jahren die globalen Durchschnittstemperaturen um mindestens 5 Grad angestiegen sind Ursache sollen starke Freisetzungen von Kohlenstoffdioxid CO2 aus dem Mittelatlantischen Rucken sein Der Nachweis gelang 2017 durch die chemische Untersuchung von fossilen Foraminiferen deren Zusammensetzung vom pH Wert des Ozeans abhangt Der CO2 Gehalt der Atmosphare verdoppelte sich damals uber einen Zeitraum von 25 000 Jahren von 800 Parts per million ppm auf uber 2000ppm Der heutige Wert liegt bei ca 400ppm 7 Siehe auch BearbeitenVulkanfahneLiteratur BearbeitenH U Schmincke Vulkanismus Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2000 ISBN 3 534 14102 4 A J Krueger Sighting of El Chichon sulfur dioxide clouds with the Nimbus 7 Total Ozone Mapping Spectrometer Science 220 1277 1379 1983 C Seftor N Hsu J Herman P Bhartia O Torres W Rose D Schneider N Krotkov Detection of volcanic ash clouds from Nimbus 7 total ozone mapping spectrometer Journal of Geophysical Research 102 D14 16749 16759 1997 N Bobrowski G Honninger B Galle U Platt Detection of bromine monoxide in a volcanic plume Nature 423 273 276 doi 10 1038 nature01625 2003 S Guo G J S Bluth W I Rose I M Watson A J Prata Re evaluation of SO2 release of the 15 June 1991 Pinatubo eruption using ultraviolet and infrared satellite sensors Geochemistry Geophysics Geosystems 5 Q04001 doi 10 1029 2003GC000654 2004 M F Khokhar C Frankenberg M Van Roozendael S Beirle S Kuhl A Richter U Platt T Wagner Satellite observations of atmospheric SO2 from volcanic eruptions during the time period of 1996 2002 Advances in Space Research 36 5 Atmospheric Remote Sensing Earth s Surface Troposphere Stratosphere and Mesosphere I S 879 887 doi 10 1016 j asr 2005 04 114 2005 N Theys M Van Roozendael B Dils F Hendrick N Hao M De Maziere First satellite detection of volcanic bromine monoxide emission after the Kasatochi eruption Geophysical Research Letters 36 L03809 doi 10 1029 2008GL036552 2009 S Guo G J S Bluth W I Rose I M Watson A J Prata N Theys M Van Roozendael B Dils F Hendrick N Hao M De Maziere First satellite detection of volcanic bromine monoxide emission after the Kasatochi eruption Geophysical Research Letters 36 L03809 doi 10 1029 2008GL036552 2009 B W Levin A V Rybin N F Vasilenko A S Prytkov M V Chibisova M G Kogan G M Steblov D I Frolov Monitoring of the eruption of the Sarychev Peak Volcano in Matua Island in 2009 central Kurile islands Doklady Earth Sciences 435 1 1507 1510 2010 Christoph Kern Ulrich Platt Telegramm aus der Tiefe Ruperto Carola Ausgabe 1 2010 Leif Vogel Volcanic plumes Evaluation of spectroscopic measurements early detection and bromine chemistry Deutsche Ubersetzung des Titels Vulkanfahnen Auswertung spektroskopischer Messungen Fruherkennung und Bromchemie Dissertation 2011 Dauer URL auf dem Heidelberger Dokumentenserver 1 Thomas Wagner Christoph Hormann Marloes Penning de Vries Holger Sihler Globale Uberwachung von Vulkanemissionen mit Satelliteninstrumenten Forschungsbericht 2011 Max Planck Institut fur Chemie Nicole Bobrowski Gasemissionen gelesen wie Hieroglyphen In forschung Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft 2 2012 S 4 9 online PDF 3 34 MB Weblinks BearbeitenVulkanische Gase beim USGS englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Thomas Wagner Christoph Hormann Marloes Penning de Vries Holger Sihler Globale Uberwachung von Vulkanemissionen mit Satelliteninstrumenten In Forschungsbericht 2011 Max Planck Institut fur Chemie Christoph Kern Ulrich Platt Feuerberg uber der Millionenstadt Die Sache mit dem vulkanischen und menschengemachten Schwefeldioxid In Scinexx Stand 1 Oktober 2010 abgerufen am 30 Dezember 2012 Aussage von Prof Dr Christiane Voigt Institut fur Physik der Atmosphare Forschungsfluge DLR untersucht Einfluss von Kondensstreifen und Vulkanemissionen auf das Klima In Presseinformation des Deutschen Zentrums fur Luft und Raumfahrt DLR vom 7 Oktober 2011 a b Christoph Kern Ulrich Platt In sicherer Entfernung Vulkangasmessung weit weg vom gefahrlichen Krater In Scinexx Stand 1 Oktober 2010 Christoph Kern Ulrich Platt Warten auf den Ernstfall Was ware wenn der Popocatepetl ausbricht In Scinexx Stand 1 Oktober 2010 abgerufen am 30 Dezember 2012 Nicole Bobrowski Gasemissionen gelesen wie Hieroglyphen S 9 Gutjahr M A Ridgwell P F Sexton E Anagnostou P N Pearson H Palike R D Norris E Thomas and G L Foste Vulkanisches CO2 als Ursache globaler Erwarmung vor 56 Millionen Jahren GEOMAR Helmholtz Zentrum fur Ozeanforschung Kiel Wischhofstr 1 3 24148 Kiel 30 August 2017 abgerufen am 4 Januar 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vulkanisches Gas amp oldid 237246709