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Kristallzwilling ist ein Begriff aus der Kristallographie und beschreibt mindestens zwei oder mehr miteinander gesetzmassig verwachsene Kristalle mit der gleichen chemischen Zusammensetzung und Kristallstruktur Beruhrungs und Durch wachsungs zwilling beim Staurolith Grosse 5 7 cm 5 3 cm 2 1 cm Komplexe Pyrit Ver zwillingung bestehend aus Durchdringungs zwillingen und lamellaren Beruhrungs zwillingen sichtbar anhand der gestreiften Flachen Durch Zwillings oder Mehrlingsbildung weisen Kristallzwillinge oder mehrlinge zusatzliche Symmetrie Elemente auf die in der Raumgruppe von unverzwillingten Einkristallen nicht auftreten und damit zu einer Erhohung der Symmetrie fuhren Bei den zusatzlichen Symmetrie Elementen kann es sich um eine Spiegelebene Zwillingsebene oder eine Drehachse Zwillingsachse oder Drillingsachse handeln Bei azentrischen Kristallen kann auch ein Inversionszentrum durch Punktspiegelung entstehen In seiner Lage zu den beiden Kristallindividuen gehorcht das zusatzliche Symmetrie Element dem Rationalitatsgesetz Sind mehr als zwei Individuen an der Zwillingsbildung beteiligt spricht man auch von Drillingen Vierlingen oder Viellingen und bei sich wiederholender Zwillingsbildung entstehen Wiederholungsviellinge bzw polysynthetische Zwillinge Wahrend unverzwillingte Kristalle stets konvexe Polyeder bilden konnen Kristallzwillinge mit Ausnahme der Inversionszwillinge oft leicht an den einspringenden Winkeln erkannt werden Inhaltsverzeichnis 1 Zwillingsbildung und Formen 1 1 Nach der Art der Verwachsung 1 2 Nach der Art der Entstehung 2 Analyse und Klassifizierung 3 Zwillingsgesetze 4 Literatur 5 Weblinks 6 Siehe auchZwillingsbildung und Formen BearbeitenNach der Art der Verwachsung Bearbeiten Nach der Art der Verwachsung lassen sich drei mogliche Zwillingsbildungen unterscheiden Bei Kontakt bzw Beruhrungszwillingen sind die beiden Individuen an der Verwachsungsebene spiegelbildlich aneinandergefugt Oft entstehen dabei typische Kristallformen wie der bekannte Schwalbenschwanz beim Gips der herzformige Quarzzwilling nach dem Japanergesetz oder die knieformigen Zwillinge des Rutils Bei Penetrations bzw Durchdringungszwillingen kreuzen sich die Achsen der Individuen wobei an den Korpern je nach Durchdringungswinkel mehr oder weniger unregelmassige Grenzflachen entstehen Bekannt sind Durchdringungszwillinge vor allem beim Fluorit Galenit Pyrit Sphalerit und Staurolith Durch zentrosymmetrische Durchdringung entstehen Sonderformen wie z B das Staurolithkreuz oder das Eiserne Kreuz beim Pyrit Bei azentrischen Durchdringungszwillingen sind die Mitten der beiden Individuen gegeneinander verschoben Bekannte Vertreter sind die Karlsbader Zwillinge des Orthoklas Rotationszwillinge bzw zyklische Zwillinge entstehen durch Verwachsung von drei oder mehr Individuen die um eine gemeinsame Drehachse herum angeordnet sind Bekannte Vertreter dieser Zwillingsart sind unter anderem Chrysoberyll und Aragonit Drillinge Adular Vierlinge sowie ringformige Rutilmehrlinge die aus acht Individuen zusammengesetzt sind Rutilachtlinge nbsp Schwalben schwanz Zwilling beim Gips nbsp Japaner Zwilling beim Quarz nbsp Knie formiger Rutil zwilling nbsp Durch dringungs mehrling beim Fluorit nbsp Eisernes Kreuz beim Pyrit nbsp Chryso beryll Rotations zwillingKristallzwillinge die eine hohere Symmetrie vortauschen als sie der Kristallstruktur des einzelnen Kristalls entspricht bezeichnet man auch als Erganzungszwillinge oder Mimetische Zwillinge Vertreter dieser Art sind uberwiegend unter den Beruhrungszwillingen und Rotationsmehrlingen zu finden Nach der Art der Entstehung Bearbeiten Je nach Art der Bildungsbedingungen lassen sich ebenfalls verschiedene Kristallzwillinge unterscheiden Bei Wachstumszwillingen wird die Art der Zwillingsbildung bereits durch den Kristallisationskeim festgelegt Gleitzwillinge bzw Druckzwillinge entstehen durch mechanische Verformung unter anderem dadurch dass der Druck in Richtung einer Gleitebene des atomaren Gitters ausgeubt wird Auf diese Weise lasst sich z B aus einem einzelnen lamellenfreien Calcit Rhomboeder ein Schwalbenschwanz Zwilling erzeugen indem man vorsichtig mit einer Schneide auf die stumpfe Kante des Rhomboeders druckt Umwandlungszwillinge bilden sich bei polymorphen Substanzen die wahrend der Kristallisation und beim nachfolgenden Abkuhlen verschiedene Kristallsysteme durchlaufen Wahrend der Umwandlung konnen einzelne Gleitebenen an einer Grenzflache umklappen und es entstehen lamellare Beruhrungszwillinge bei wiederholtem Umklappen des Gitters auch polysynthetische Zwillinge Analyse und Klassifizierung BearbeitenFur die Analyse von Kristallzwillingen ist das Konzept der Punktgruppen sehr hilfreich Bei der Beschreibung der jeweiligen Zwillingsgesetze werden die Symmetrie Elemente durch Millersche Indizes ausgedruckt Nach den Regeln von Francois Ernest Mallard tauscht die Zwillingssymmetrie eine hohere Symmetrie vor als es der tatsachlichen Kristallstruktur entspricht weshalb man auch vom Zwillingsgitter im Gegensatz zum tatsachlichen Kristallgitter spricht Das tatsachliche Kristallgitter findet man durch Weglassen von Symmetrieelementen des Zwillingsgitters Das Kristallgitter ist also eine Untergruppe der Punktgruppe des Zwillingsgitters Gehoren Zwillingsgitter und Kristallgitter zur selben Lauegruppe so spricht man von einem meroedrischen Kristallzwilling In allen anderen Fallen handelt es sich um nichtmeroedrische Kristallzwillinge Im triklinen monoklinen und orthorhombischen Kristallsystem sind meroedrische Kristallzwillinge immer Inversionszwillinge Klassifiziert werden Kristallzwillinge meist nach den von Georges Friedel 1926 eingefuhrten Regeln die die Zwillinge anhand der beiden Kriterien Meroedrie und Schiefe vier verschiedenen Gruppen zuordnet Uberlappungder Gitter der Zwillingskristalle exakt ungefahrkomplett Meroedrie Pseudomeroedrie Mallard Gesetz teilweise reticulare Meroedrie reticulare PseudomeroedrieZwillingsgesetze Bearbeiten nbsp Karlsbader Zwilling Orthoklas aus dem Granit von Karlsbad Typlokalitat nbsp Nach dem Spinellgesetz verzwillingter SpinellZwillingsgesetze das heisst die Gesetzmassigkeiten nach denen zwei Individuen zueinander orientiert sein konnen sind sehr vielfaltig und werden meist durch besondere Namen gekennzeichnet Benannt werden die Zwillingsgesetze uberwiegend nach der Mineralart fur die dieses Zwillingsgesetz charakteristisch ist oder nach dem Ort an dem erstmals ein entsprechender Kristallzwilling aufgefunden wurde Albit und Periklin Gesetz Zwillingsgesetze beim Orthoklas Bavenoer Gesetz Karlsbader Gesetz Manebacher Gesetz Pyritgesetz Zwillingsgesetze beim Quarz Belodwa Beacon Zwilling Brasilianer Zwilling Cornish Zwilling Dauphinee Zwilling auch Alpines oder Schweizer Gesetz Esterel Zwilling Japaner Zwilling Liebisch Zwilling Pierre Levee Zwilling Sardinien Zwilling Wheal Coats Zwilling Rutilgesetz Spinellgesetz Literatur BearbeitenHans Jurgen Rosler Lehrbuch der Mineralogie 4 durchgesehene und erweiterte Auflage Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie VEB Leipzig 1987 ISBN 3 342 00288 3 S 86 87 Friedrich Klockmann Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie Hrsg Paul Ramdohr Hugo Strunz 16 Auflage Enke Stuttgart 1978 ISBN 3 432 82986 8 S 72 75 Erstausgabe 1891 Rudolf Graubner Lexikon der Geologie Minerale und Gesteine Emil Vollmer Verlag GmbH Munchen 1980 ISBN 3 87876 327 1 S 422 426 Gunter Gottstein Physikalische Grundlagen Der Materialkunde Springer 2001 ISBN 978 3 540 41961 7 6 3 2 Mechanische Zwillingsbildung S 207 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche William F Hosford The Mechanics of Crystals and Textured Polycrystals Oxford University Press New York Oxford 1993 ISBN 0 19 507744 X Oxford engineering science series Jean Claude Boulliard Le cristal et ses doubles CNRS Editions Paris 2010 ISBN 978 2 271 07049 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Twinned crystals Sammlung von Bildern Mineralienatlas Zwillinge Uni Stuttgart Modulierte und verzwillingte Strukturen PDF 6 7 MB IUCr Online Dictionary englisch Siehe auch BearbeitenKristallmechanik TWIP Stahl Stapelfehler Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kristallzwilling amp oldid 237842772