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Udo Klausa 9 Oktober 1910 in Allenstein 23 Juli 1998 in Konigswinter Ittenbach war wahrend des Nationalsozialismus Landrat des Kreises Bendsburg im besetzten Polen und ab 1954 erster Landesdirektor des Landschaftsverbands Rheinland Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend und Schulzeit 1 2 Die Jahre 1930 bis 1945 1 3 Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg 2 Veroffentlichungen 3 Auszeichnungen 4 Rezeption der Person Udo Klausa 5 Schriften 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 WeblinksLeben BearbeitenJugend und Schulzeit Bearbeiten Udo Klausa wurde als Sohn des spateren Landrats von Leobschutz bzw Strehlen Dr Walter Klausa in Ostpreussen geboren und verbrachte seine Kindheit in Oberschlesien Schon als Schuler war er Nationalist und trat 1925 dem illegalen Wehrsportverein Schwarze Reichswehr bei Nach seinem Abitur 1929 studierte er Rechts und Staatswissenschaft in Grenoble Paris und Breslau Die Jahre 1930 bis 1945 Bearbeiten Als junger Jurist war Klausa Anfang der dreissiger Jahre in dem von der nationalsozialistischen Propaganda als Kairoer Judenprozess etikettierten Verfahren im Gefolge von Friedrich Grimm Gutachter fur das Kaiser Wilhelm Institut fur auslandisches und internationales Privatrecht 1 Kern des Prozesses war die Frage ob ein in Agypten lebender Jude sich durch eine Broschure uber die Judenfrage in Deutschland beleidigt fuhlen konne die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen Die NS Presse unter Federfuhrung Wolfgang Diewerges raumte diesem Prozess viel Platz ein und feierte den auf der Begrundung der deutschen Gutachten beruhenden Ausgang als grossen Sieg uber das Judentum 2 Im Zuge der Erstarkung und Machtubergabe an die Nationalsozialisten hoffte Klausa der nach eigenen Angaben bislang Wahler der katholischen Zentrumspartei gewesen war auf einen Aufschwung nach dem Niedergang der Weimarer Republik Ende 1932 trat er der SA bei im Februar 1933 der NSDAP Mitgliedsnummer 1 941 466 3 1934 begann er seine Verwaltungslaufbahn als Regierungsreferendar Als praktizierender Katholik sah er lt eigener Angabe nach Kriegsende keine Zukunft fur sich in der Verwaltung und wechselte zur Wehrmacht musste aber nach einigen Monaten aus gesundheitlichen Grunden wieder ausscheiden Nach dem Anschluss des Sudetenlandes arbeitete er ab Ende 1938 im Landratsamt Aussig von wo aus u a die Novemberpogrome 1938 wahrend der auch die Aussiger Synagoge zerstort wurde uberwacht wurden 4 Nach dem Uberfall der deutschen Wehrmacht auf Polen 1939 wurde er als Mitarbeiter der Militarkommandantur in Posen zustandig fur den Aufbau einer deutschen Verwaltung im sogenannten Reichsgau Wartheland 5 1940 wurde er zum kommissarischen Landrat des Landkreises Bendsburg Bendzin im annektierten d h dem 1922 vom Volkerbund Polen zugeschlagenen Ost Oberschlesien ernannt ab 30 April 1942 hatte er das Amt regular inne In dieser Zeit errichteten die deutschen Besatzer in Bendsburg Bendzin ein Ghetto und fuhrten unter Anwendung von Gewalt Umsiedlungen durch 6 Mehrfach wahrend dieser Zeit wich er in den Wehrdienst an der Front aus da ihn die brutale Besatzungspolitik der SS in die auch die Verwaltung verstrickt war nach eigenen Angaben nervlich zunehmend belastete Mit Wirkung zum 1 Dezember 1942 erreichte er gegen den Widerstand der vorgesetzten Behorde seinen endgultigen Weggang zur Wehrmacht Ob dieser dauerhafte Weggang mit der Deportation von rund 15 000 Juden aus Bendzin im August 1942 im Zusammenhang stand deren Zeuge er geworden war ist aufgrund widerspruchlicher Aussagen und Dokumente nicht zweifelsfrei zu verifizieren 7 Zuvor versteckte er nach eigenen Angaben mehrere Tage einen judischen Mitarbeiter und dessen Familie in seinem privaten Wohnhaus der arisierten Villa Schein jedoch sind seine Angaben auch zu diesem Sachverhalt nur in mangelhaften Kontext mit Dokumenten zu bringen 8 Er gehorte dem Infanterie Regiment 9 9 spater der 26 Panzer Division an zeitweilig als Hauptmann einer Heeres Flakartillerie Ersatzabteilung in Ohrdruf 10 Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs siedelte Klausa mit seiner Familie nach Westdeutschland um wo er seine Verwaltungskarriere nach wenigen Jahren fortsetzte nachdem er die Entnazifizierung wie seine Ehefrau in einem privaten Brief anmerkte unerwartet uberstanden hatte 11 1951 wurde er zunachst stellvertretender und kurz darauf verantwortlicher Geschaftsfuhrer des nordrhein westfalischen Landkreistags Mittlerweile in die CDU eingetreten wurde er am 19 Mai 1954 durch die Landschaftsversammlung Rheinland zum ersten Landesdirektor des 1953 aus dem ehemaligen Provinzialverband Rheinland gebildeten Landschaftsverbands Rheinland LVR gewahlt Dieses Amt hatte er bis zu seinem Ruhestand am 31 Oktober 1975 inne Anfang der 1970er Jahre ermittelte die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklarung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg gegen Udo Klausa Die Ermittlungen fokussierten sich auf die Erschiessung 32 unschuldiger Zivilisten in Klausas Landkreis im Juni 1940 12 Als Prasidiumsmitglied des Verwaltungsrates der Westdeutschen Landesbank WestLB half er 1973 mit den Kopf des Vorstandsvorsitzenden Ludwig Poullain zu retten der bei Devisengeschaften 270 Millionen D Mark verspekuliert hatte fast den gesamten Jahresgewinn fur 1973 indem man seinen Auslandsvorstand Helmut Lipfert mit 49 Jahren gut versorgt in den Ruhestand versetzte 13 ein weiteres Mal in Zusammenhang mit dem Konkurs der Herstatt Bank Von 1973 bis 1983 war er Prasident des Deutschen Heimatbundes 14 Klausa war verheiratet mit Alexandra Klausa geborene von Schweinitz Mitbegrunderin des Landesverbandes Nordrhein Westfalen der Lebenshilfe und dito dort von 1962 bis 1965 im Bundesvorstand nach ihr wurde das 1996 eroffnete Berufskolleg fur Heilerziehungspfleger der Lebenshilfe NRW in Hurth benannt Der Ehe entstammen funf Kinder darunter der Buchautor und Privatdozent Ekkehard Klausa Veroffentlichungen BearbeitenIm Jahr 1936 veroffentlichte Klausa den Aufsatz Rasse und Wehrrecht 15 die Ausarbeitung eines Vortrags den er im Berliner Arbeitskreis junger Rechtswahrer gehalten hatte Darin beschreibt er ausgehend von der rassengesetzlichen Rechtslehre die Grundlagen des Wehrrechts nationalsozialistischer Pragung Nach 1945 beschaftigte sich Klausa in seinen weiteren Veroffentlichungen 1954 Unsere Landkreise Hrsg vom nordrhein westfalischen Landkreistag 1963 Das Verwaltungsplanspiel Hrsg von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle fur Verwaltungsvereinfachung 1965 Fortschrittlicher Verwalten Hrsg von der Bundesgeschaftsstelle der Christlich Demokratischen Union Deutschlands mit Fragen der Verwaltungsarbeit und vereinfachung Auszeichnungen BearbeitenAm 23 Januar 1964 wurde Klausa unter Bezugnahme auf seine Verdienste um die Psychiatrie die Ehrendoktorwurde der Medizinischen Akademie Dusseldorf 16 verliehen Anm Rektor der Medizinischen Akademie war zu dieser Zeit Anton Kiesselbach Direktor der Psychiatrischen Klinik Friedrich Panse Klausas Verstrickung in den nationalsozialistischen Staat wahrend des Zweiten Weltkrieges als er u a im annektierten Oberschlesien als leitender Verwaltungsbeamter tatig war war Grund fur die Medizinische Fakultat der Heinrich Heine Universitat Dusseldorf sich von dieser Ehrenpromotion ausdrucklich zu distanzieren Dies hat der Fakultatsrat der Medizinischen Fakultat am 31 Januar 2019 einstimmig beschlossen 17 Die Heinrich Heine Universitat Dusseldorf unterstutzte diese Entscheidung der Medizinischen Fakultat und schloss sich inhaltlich der Auffassung der Medizinischen Fakultat zu dieser Ehrenpromotion an Am 24 Februar 1965 erhielt er wegen seiner Verdienste um den deutsch englischen Jugendaustausch das Komturkreuz des Ordens des Britischen Reiches Honorary Commander of the Civil Division of the Most Excellent Order of the British Empire Seit dem 12 Juli 1968 war Dr h c Udo Klausa auch Ehrenburger der Universitat Bonn In einem Beschluss des Senats der Universitat Bonn vom 21 Juni 2018 distanzierte sich dieser von der universitaren Ehrung und verwies auf die Rolle Klausas als NSDAP Mitglied in leitender Verwaltungstatigkeit im besetzten Polen 18 Rezeption der Person Udo Klausa BearbeitenDas berufliche Wirken Udo Klausas wird zwiespaltig bewertet Den Leistungen Klausas beim Aufbau des Landschaftsverbandes steht sein Wirken in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft gegenuber Bereits in den sechziger Jahren wurde vereinzelt Kritik an der NS Vergangenheit Klausas geubt Die apologetische Selbstinterpretation Klausas setzte sich jedoch in der offiziellen Lesart des LVR durch und konnte sich bis heute halten 19 Obwohl er vieles zur Humanisierung und Modernisierung der Psychiatrie in den Einrichtungen des Landschaftsverbandes anstiess ereignete sich nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der sogenannte Brauweiler Psychiatrieskandal der den Reformbedarf verdeutlichte und seine Anfange bereits in den fruhen 1970er Jahren nahm Der Landschaftsverband Rheinland hat 2009 ein Projekt Aufarbeitung und Dokumentation der Geschichte der Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in den Einrichtungen des LVR seit 1945 mit einer Laufzeit von 2010 bis 2012 beschlossen Es soll auch die Rolle des Klausa dabei wissenschaftlich erforschen 20 Zudem wird der LVR durch einen unabhangigen Historiker oder eine unabhangige Historikerin die Rolle des ehemaligen Landesdirektors Dr h c Udo Klausa untersuchen lassen der von 1954 bis 1975 den Verband leitete Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Fragen inwieweit seine Funktion im NS Regime mit einem entsprechend gepragten Menschenbild Auswirkungen auf seine Tatigkeit als Verwaltungschef in der Verantwortung fur Menschen mit Behinderungen hatte oder im Widerspruch dazu stand LVR 2009 Die Person Klausa wurde auch in einem Projekt angesiedelt am Institut fur die Geschichte der Medizin der Universitatsklinik Dusseldorf unter Federfuhrung von Thorsten Noack thematisiert 21 2017 wurde schliesslich ein biographischer Beitrag zu Udo Klausa im LVR eigenen Geschichtsportal publiziert der auch die Belastungsgeschichte thematisiert 22 Schriften BearbeitenRasse und Wehrrecht Stuttgart Kohlhammer 1936 Vorfahrenliste der Familie Klausa Klausa Heidrich Schlegel Reuter Crottorf 1945 Unsere Landkreise Dusseldorf Nordrhein Westfalischer Landkreistag 1954 Das Verwaltungsplanspiel Koln Marienburg Kommunale Gemeinschaftsstelle fur Verwaltungsvereinfachung 1963 Fortschrittlicher verwalten Bonn Bundesgeschaftsstelle der Christlich Demokratischen Union Deutschlands 1965 Einzelnachweise Bearbeiten Mary Fulbrook Dissonant Lives Generations and Violence through the German Dictatorships Oxford 2011 S 134 Wolfgang Diewerge Als Sonderberichterstatter zum Kairoer Judenprozess Munchen Franz Eher Verlag 1936 Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz Ordinary Nazis and the Holocaust Oxford 2012 S 69 Vgl Mary Fulbrook Dissonant Lives S 158 Vgl Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz S 76 Vgl Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz S 121ff Vgl Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz S 236ff Vgl Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz S 259ff Erinnerung DIE ZEIT vom 3 Januar 1986 Pochefolaise Vgl Mary Fulbrook Dissonant Lives S 277f Vgl Mary Fulbrook A Small Town near Auschwitz S 105ff Absturz aus der Schieflage DIE ZEIT 1974 Ostpreusse wurde Prasident des Deutschen Heimatbundes in Ostpreussenblatt Jg 24 Nr 46 vom 17 November 1973 PDF 15 7 MB Udo Klausa Rasse und Wehrrecht auf armeirre blogsport de PDF 3 4 MB LVR Nachlass Klausa 1 2 Vorlage Toter Link www afz lvr de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis PDF 556 kB Distanzierung von damaliger Ehrung Abgerufen am 23 April 2021 Universitat Bonn Personlichkeiten Vgl hierzu zum Beispiel die von Dr Wolfgang Werner verfasste Biographie Klausas im Findbuch des LVR Archivs 1 2 Vorlage Toter Link www afz lvr de Seite nicht mehr 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Karrierist der uber Leichen ging NRZ Sparte Pfiffikus 19 Dezember 2015 Mary Fulbrook Dissonant lives Generations and Violence through the German Dictatorships Oxford University Press 2011 ISBN 978 0 19 928720 8 Mary Fulbrook Nazis mit reinem Gewissen Zivile Funktionstrager und der Holocaust In Wolfgang Bialas Lothar Fritze Hrsg Ideologie und Moral im Nationalsozialismus Schriften des Hannah Arendt Instituts 50 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2013 ISBN 978 3 525 36961 6 S 122 151 Hans Rudolf Hartung Der letzte Preusse am Rhein verlasst die Kommandobrucke In Zs Neues Rheinland Hg LVR Jg 18 1975 Heft 10 S 16ff Wilhelm Janssen Udo Klausa 1910 1998 In Rheinische Vierteljahresblatter 62 1998 S IX f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Udo Klausa im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Klaus Graf Udo Klausa 1910 1998 ehemaliger Nazi macht Karriere als Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland 3 Oktober 2010 abgerufen am 4 September 2011 Jorg Kronauer Menschen in Sacke gesteckt In StadtRevue Das Kolnmagazin 08 2011 Jorg Kronauer Das Ende des Schweigens In StadtRevue Das Kolnmagazin 10 2011 Landschaftsverband Rheinland Hrsg Ivana Zelek Bearb Nachlass Klausa Findbuch im Archiv des Landschaftsverbands PDF 556 kB Landschaftsverband Rheinland Dirigent eines grossen Orchesters Udo Klausa zum 100 Geburtstag Erster Landesdirektor des LVR 1954 1975 mit Ausstellung gewurdigt Findbuch online Pressemitteilung vom 7 Oktober 2010 abgerufen am 4 September 2011 Abruf 20 Dezember 2011 Beitrag geloscht Wolfgang Franz Werner Udo Klausa 1910 1998 Direktor des Landschaftsverbandes Rheinland Portal Rheinische Geschichte 17 Januar 2011 abgerufen am 4 September 2011 Abruf 20 Dezember 2011 Beitrag geloscht Der letzte Preusse In Das Ostpreussenblatt Jg 26 Nr 44 vom 1 November 1975 PDF 14 6 MB Kreisgemeinschaft Allenstein e V Normdaten Person GND 189448229 lobid OGND AKS LCCN no2012160933 VIAF 220648237 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Klausa UdoKURZBESCHREIBUNG deutscher Landrat und LandesdirektorGEBURTSDATUM 9 Oktober 1910GEBURTSORT AllensteinSTERBEDATUM 23 Juli 1998STERBEORT Ittenbach Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Udo Klausa amp oldid 232058442