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Ludwig Poullain 23 Dezember 1919 in Luttringhausen 10 Februar 2015 in Munster 1 war ein deutscher Bankmanager Er war von 1969 bis 1977 Vorstandsvorsitzender der WestLB und von 1967 bis 1972 Prasident des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes DSGV Das Grab von Ludwig Poullain auf dem Zentralfriedhof Munster Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Verbandstatigkeit 2 1 Karlsruher Sparkassentag 1969 2 2 Umgestaltung des Sparkassenwesens 3 Poullain Affare 1977 4 Ungehaltene Rede 2004 5 Nachwirkung 6 Werke 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLudwig Poullain wurde in Luttringhausen jetzt Stadt Remscheid als dritter Sohn eines Backermeisters geboren Nach Abschluss des Realgymnasiums begann er 1937 eine Sparkassenlehre bei der Stadtsparkasse Remscheid Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurde er Soldat bei Kriegsende war er Oberleutnant Ab 1950 wurde er Verbandsprufer beim Rheinischen Sparkassen und Giroverband Weitere Stationen seiner Karriere waren ab 1955 Vorstandsmitglied bei der Stadt Sparkasse Solingen und ab 1958 Vorstandsvorsitzender bei der Kreissparkasse Recklinghausen 1964 wechselte er zur Landesbank fur Westfalen Girozentrale in Munster deren Generaldirektion er 1966 ubernahm Am 1 Januar 1969 vereinigte sich die Landesbank fur Westfalen Girozentrale mit der Rheinischen Girozentrale und Provinzialbank in Dusseldorf zur Westdeutschen Landesbank Girozentrale WestLB mit Sitz in Dusseldorf und Munster Damit entstand in Nordrhein Westfalen die damals grosste Bank in Deutschland Poullain war ihr erster Vorstandsvorsitzender Poullain widmete sich nach dem Ruckzug aus der DSGV Fuhrung dem Ausbau der Marktposition der WestLB Er starkte vor allem das Auslandsgeschaft der Bank Niederlassungen in Luxemburg 1972 London 1973 und New York 1975 wurden eingerichtet Ausserdem ging die WestLB in dieser Zeit zahlreiche Unternehmensbeteiligungen ein z B Preussag oder Gildemeister AG Im Zuge der Poullain Affare siehe unten trat er 1977 zuruck Ludwig Poullain betatigte sich danach als Berater unter anderem von Max Grundig Spater ubernahm er bei mittelstandischen Unternehmen Funktionen wie Generalbevollmachtigter oder zuletzt Aufsichtsratsvorsitzender der Marseille Kliniken AG in Hamburg Er starb am 10 Februar 2015 im Alter von 95 Jahren in seinem Haus im westfalischen Munster 2 Verbandstatigkeit Bearbeiten1967 wurde Poullain zusatzlich zum Prasidenten des Deutschen Sparkassen und Giroverbands DSGV gewahlt 1972 trat er von diesem Amt zuruck weil er seine Strategie zur geschaftlichen Weiterentwicklung der Sparkassenorganisation nicht durchsetzen konnte Sein Nachfolger beim DSGV wurde Helmut Geiger Karlsruher Sparkassentag 1969 Bearbeiten Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt als DSGV Prasident zielte seine auf dem Sparkassentag in Karlsruhe veroffentlichte und diskutierte Strategie auf eine starke und rasche Veranderung der Sparkassenorganisation Er forderte die Sparkassen aus den Klauen der Bevormundung der Politik zu befreien Er sah die Sparkassenorganisation klar in einem sich verscharfenden Wettbewerb mit den Banken Der Beamtenstatus der Geschaftsleiter und weiterer Mitarbeiter sollte abgeschafft werden Seine Ideen wurden allerdings sehr schleppend und erst Jahre spater umgesetzt Sein Rucktritt als DSGV Prasident 1972 war eine Konsequenz aus der langsamen Umsetzung seiner Strategie Umgestaltung des Sparkassenwesens Bearbeiten Die vorgetragene Strategie wurde und wird in der Offentlichkeit verkurzt auf den von ihm nach eigenen Angaben nie verwendeten Satz Opas Sparkasse ist tot 3 In den Sparkassen sollte ein Prozess professioneller und universaler Geschaftsfuhrung in Gang kommen Poullain stellte die Weichen in Richtung technische Modernisierung der Sparkassen und Geschaftsausweitung auf neue Produkte Poullain forderte spater im Zusammenhang mit der Affare um die Hessische Landesbank Helaba Frankfurt am Main eine Umgestaltung des Sparkassenwesens Private Hafteinlagen Zusammenschlusse zur Landessparkasse oder die Umwidmung zu einer Aktiengesellschaft durften kein Tabu in der Diskussion sein Poullain Affare 1977 Bearbeiten1977 wurde in der Offentlichkeit ein 1972 geschlossener Beratervertrag Poullains mit dem spateren WestLB Kunden und Unternehmer Franz Josef Schmidt Konstanz bekannt 1 Mio DM und spater noch einmal 100 000 DM hatte Poullain aus diesem Vertrag erhalten Nachdem Schmidts Ratio Gruppe in Schieflage geraten war ubernahm die WestLB Ende 1976 seine Schulden in Hohe von ca 33 Mio DM Seine Kreditwurdigkeit war von Ludwig Poullain selbst gepruft und bestatigt worden Als Schmidt wegen Verdachts auf Konkursstraftaten in Untersuchungshaft kam bezahlte die WestLB die Kaution in Hohe von 3 Mio DM 4 Der Beratervertrag war von Ludwig Poullain nicht verheimlicht und auch ordnungsgemass versteuert worden wie sich spater herausstellte Allerdings hatte er die Eigentumer der WestLB nicht informiert 5 diese hatten erst durch das Ermittlungsverfahren davon erfahren 6 7 Am 23 Dezember 1977 trat Ludwig Poullain vom Amt als Vorstandsvorsitzender der WestLB zuruck Die WestLB sprach am 17 Januar 1978 eine fristlose Kundigung gegen Poullain wegen grober Pflichtverletzung aus Der nordrhein westfalische Finanzminister Friedrich Halstenberg SPD trat am selben Tag zuruck Halstenberg war Vorsitzender des WestLB Verwaltungsrats Im Umfeld Poullains wurde die Auffassung vertreten dass es eine Rolle gespielt habe dass Ludwig Poullain zuvor dem Ministerprasidenten Heinz Kuhn SPD gegenuber standfest geblieben war Kuhn hatte Poullain gebeten in der Offentlichkeit kunftig kritische Satze zur Wirtschaftspolitik des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt SPD zu unterlassen Poullain verweigerte sich dem Ansinnen und pochte auf sein Recht auf freie Meinungsausserung Die Poullain Affare beschaftigte die Gerichte Am 13 Juli 1979 endete die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Dusseldorf wegen Erfullung seines Abfindungsvertrags zugunsten Poullains Im Strafverfahren wegen Betrugs und Untreue sprach ihn das Landgericht Munster am 16 November 1981 in allen Anklagepunkten frei 8 Poullain habe nicht als Amtstrager gehandelt und den umstrittenen Beratervertrag somit schliessen durfen Der Freispruch wurde spater vom Bundesgerichtshof bestatigt Allerdings sahen die Richter in dem Handeln des Angeklagten eine objektiv unerlaubte Vorteilsannahme Dennoch bestatigten sie den Freispruch da der Angeklagte subjektiv geglaubt hatte rechtmassig zu handeln und somit der Tatvorsatz nicht gegeben sei Fur ahnliche kunftige Falle komme allerdings ein Freispruch mit dieser Begrundung nicht mehr in Betracht Nach der jetzigen Entscheidung des BGH kann vielmehr fur die Vorstande von offentlich rechtlichen Unternehmungen wie der WestLB nicht mehr zweifelhaft sein dass sie sich strafrechtlich als Beamte bzw Amtstrager behandeln lassen mussen 9 Ungehaltene Rede 2004 BearbeitenIm Juli 2004 geriet Ludwig Poullain erneut in die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse Er hatte sich bereit erklart zur Verabschiedung des Vorstandschefs der Norddeutschen Landesbank Manfred Bodin einen Vortrag zu halten Die geplante Rede uber Bank und Ethos wurde kurzfristig abgesagt nachdem der Redetext mit zahlreichen Kritikpunkten am bestehenden deutschen Bankwesen bekannt geworden war und der Verfasser nicht bereit war umstrittene Passagen zu andern Poullain redete dem Wert der Redlichkeit unter Bankern das Wort und zeigte in seiner Philippika den Unterschied zwischen einem Banker und einem Bankier auf Die ursprunglich fur einen kleineren Kreis geschriebene Rede wurde daraufhin unter der Uberschrift Ungehaltene Rede eines ungehaltenen Mannes 10 am 16 Juli 2004 in voller Lange in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veroffentlicht Nachwirkung BearbeitenVon Ludwig Poullain stammt die auf dem Karlsruher Sparkassentag veroffentlichte Strategie zur Offnung der Sparkassenorganisation Er hat mit der Umgestaltung der WestLB von einer Girozentrale zu einer international tatigen Geschaftsbank wesentlich dazu beigetragen dass die Sparkassenorganisation den Wettbewerb mit den Gross und Privatbanken sowie den Genossenschaftsbanken intensiviert hat Die davor vorhandene Abgrenzung der Geschaftsfelder zwischen den Bankengruppen wurde aufgegeben Die Sparkassen und Landesbanken haben gezielt Geschaftsfelder der Grossbanken zu ihren eigenen gemacht Langfristig entwickelte sich durch diese Umgestaltung und durch die spatere Offnung der Grossbanken hin zum Geschaft mit Privatkunden der Gruppenwettbewerb in der deutschen Kreditwirtschaft Die von Poullain bereits 1969 geforderte Abschaffung der Staatshaftung fur Sparkassen und Landesbanken wurde 2005 im Rahmen der Brusseler Konkordanz umgesetzt Werke BearbeitenGefahrdete Wirtschaftsordnung Deutsche Weltwirtschaftsgesellschaft Berlin 1974 Die Sparkassenorganisation Knapp Frankfurt M 1972 Tatigkeitsbericht Seewald Stuttgart Degerloch 1979 ISBN 3 5120 0532 2 Biographie Ungehaltene Rede in Frankfurter Allgemeine Zeitung 163 2004 vom 16 Juli 2004 S 9Literatur BearbeitenHelmut Reuther Ludwig Poullain Transcontact Verlag Bonn 1973 Menschen unserer Zeit Bd 19 Weblinks BearbeitenFruherer Chef der Landesbank WestLB verstorben In Westfalische Nachrichten vom 10 Februar 2015Einzelnachweise Bearbeiten Harald Freiberger Banker Ludwig Poullain ist tot In Suddeutsche Zeitung 11 Februar 2015 abgerufen am 11 Februar 2015 Eigentlich wollte er Musiker werden Nachruf in der Nordwest Zeitung vom 10 Februar 2015 abgerufen am 10 Februar 2015 Zu Poullains Ausspruch siehe Barbara Hillen Opas Sparkasse ist tot oder wie ein Satz Karriere machte in Sparkasse Heft 3 2002 Kunden denen das Wasser am Hals steht In Der Spiegel Nr 26 1981 online 22 Juni 1981 Die Zeit 1 Juni 1979 Nr 2 Die Affare Poullain und der Sturz des Finanzministers vom 20 Juli 2006 Schweigen ist Geld Der Berater war ja nun auch nicht irgendwer In Der Spiegel Nr 48 1981 online 23 November 1981 Eine objektiv unerlaubte Vorteilsannahme In Der Spiegel Nr 11 1983 online 14 Marz 1983 Poullain Ludwig Ungehaltene Rede Sittenverfall im Bankwesen FAZ net 15 Juli 2004 abgerufen am 4 Marz 2015 Statt sich mit der herrschenden Lehre der offentlich rechtlichen Bankinstitute zu befassen wollte der 84 Jahre alte ehemalige Chef der Westdeutschen Landesbank bei einem Festakt am vergangenen Freitag lieber uber den Sittenverfall im deutschen Bankwesen sprechen wozu es nicht kam Wir dokumentieren die ungehaltene Rede eines ungehaltenen Mannes Prasidenten des Deutschen Sparkassen und Giroverbands Ernst Eberhard Kleiner Johannes Heintze Fritz Butschkau Ludwig Poullain Helmut Geiger Horst Kohler Dietrich H Hoppenstedt Heinrich Haasis Georg Fahrenschon Helmut SchleweisVorstandsvorsitzende der WestLB Ludwig Poullain Johannes Volling Friedel Neuber Jurgen Sengera Johannes Ringel Thomas Fischer Alexander Stuhlmann Heinz Hilgert Dietrich Voigtlander Normdaten Person GND 118596020 lobid OGND AKS LCCN no95013832 VIAF 13099867 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Poullain LudwigKURZBESCHREIBUNG deutscher BankierGEBURTSDATUM 23 Dezember 1919GEBURTSORT LuttringhausenSTERBEDATUM 10 Februar 2015STERBEORT Munster Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ludwig Poullain amp oldid 232392744