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Die Synagoge von Wolpa war eine Holzsynagoge im heutigen Ort Woŭpa belarussisch Voypa russisch Volpa jiddisch ווא לפ Volp Rajon Waukawysk in Belarus Sie war beruhmt fur ihre Architektur und gilt als wichtigster Vertreter einer Gruppe von barocken Holzsynagogen in denen eine elegante Kuppel mit einer insgesamt landlichen Bauweise kombiniert wurde 1 Als Erbauungszeit wird das fruhe 17 Jahrhundert oder auch das fruhe 18 Jahrhundert vermutet Die Dachrenovierung war inschriftlich auf 1781 datiert Die Synagoge von Wolpa wurde im Juni 1941 mit ihrem Inventar durch deutsches Bombardement zerstort Synagoge von Wolpa 1933 Zeichnung Tel Aviv Museum of Art Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der judischen Gemeinde von Wolpa 1 1 In Polen Litauen 1 2 In Russland 1 3 In der Zweiten Polnischen Republik 1 4 In der Belarusischen Sozialistischen Sowjetrepublik 2 Architektur 2 1 Aussenbeschreibung 2 2 Innenbeschreibung 2 3 Ausstattung 2 3 1 Bima 2 3 2 Toraschrein 2 3 3 Leuchter 2 3 4 Hebraische Manuskripte 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenGeschichte der judischen Gemeinde von Wolpa BearbeitenDer Ort Wolpa liegt einige Kilometer vom Westufer der Memel entfernt Er gehorte vor der Dritten Polnischen Teilung zu Polen Litauen danach zum Russischen Kaiserreich Gouvernement Grodno Von 1921 bis 1939 gehorte der Ort in Folge der polnischen Gelandegewinne im Polnisch Sowjetischen Krieg zur Zweiten Polnischen Republik Powiat Wolkowysk Woiwodschaft Bialystok Nach dem Deutsch Sowjetischen Grenz und Freundschaftsvertrag 28 September 1939 erfolgte die Sowjetische Besetzung Ostpolens und der Powiat Wolkowysk wurde in die Belarusische Sozialistische Sowjetrepublik eingegliedert In Polen Litauen Bearbeiten Eine judische Gemeinde bestand in Wolpa seit der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts Die Synagoge wurde nach Mathias Bersohn Alois Breyer und anderen im fruhen 17 Jahrhundert erbaut Sie zeugte vom Wohlstand der Gemeinde zu jener Zeit Nachdem die Synagoge bei der Zerstorung des Orts durch die Schweden 1656 erhalten geblieben war erklarte der Sejm sie 1781 zu einem Baudenkmal 2 Eine hebraische Inschrift belegte dass die Dachdeckung 1781 renoviert wurde Maria und Kazimierz Piechotka schlagen ein Baudatum der Synagoge im fruhen 18 Jahrhundert vor in jedem Fall ist die Dachrenovierung 1781 der terminus ante quem fur den Synagogenbau In Russland Bearbeiten nbsp Dorf Wolpa links im Hintergrund die Synagoge 1918 Wolpa hatte bis zum Bau der Eisenbahnlinie die Wolpa umging regionale Bedeutung als Marktort Seit dem Eisenbahnbau setzte im spaten 19 Jahrhundert in Wolpa ein wirtschaftlicher Niedergang ein Die Bevolkerung Wolpas war zu jener Zeit mehrheitlich judisch 1897 1151 von 1976 Einwohnern 3 Neben der Synagoge bestanden Ende des 19 Jahrhunderts zwei judische Bethauser Es gab im Ort 25 Gemuseladen eine Brauerei zwei Gerbereien und eine Farberei Ausser dem Wochenmarkt fand auch funfmal jahrlich ein allerdings unbedeutender Jahrmarkt statt 4 Die erste ethnographische Beschreibung der Holzsynagogen darunter auch der Synagoge von Wolpa verfasste der Historiker Mathias Bersohn Kilka slow o dawnych boznicach drzewianych 1900 Der osterreichische Architekturstudent Alois Breyer unternahm 1910 13 eine Forschungsreise zu den Holzsynagogen im russischen Kaiserreich er besuchte auch Wolpa beschrieb die dortige Synagoge und fertigte Fotos und Zeichnungen an In der Zweiten Polnischen Republik Bearbeiten Nach dem polnischen Zensus von 1921 hatte Wolpa 941 judische Einwohner 54 3 der Gesamtbevolkerung des Dorfs Die wirtschaftliche Krise verscharfte sich nach dem Ersten Weltkrieg durch hohe Steuern und staatliche Monopole 1929 wurde der Tabakanbau die Haupteinnahmequelle der judischen Wolpaer von den Behorden verboten Einige von ihnen gingen daraufhin zum Gemuseanbau uber und spezialisierten sich auf die Gurkenzucht Eretz Jisrael ha Ovedet und andere zionistische Organisationen waren in Wolpa aktiv Es gab eine sakulare hebraische Schule Tarbut und je eine jiddische und hebraische Bucherei Viele Mitglieder zionistischer Jugendgruppen wanderten nach Palastina aus 2 5 In der Belarusischen Sozialistischen Sowjetrepublik Bearbeiten nbsp Das ausgebombte Dorf am 29 Juni 1941Zwei Jahre stand Wolpa unter sowjetischer Herrschaft Im Juni 1941 zerstorte deutsches Bombardement die Synagoge ebenso wie viele Wohnhauser des Orts Die judischen Einwohner rund 900 Menschen mussten unter deutscher Besatzung Zwangsarbeit leisten und lebten in Erdhutten Am 2 November 1942 wurden 66 altere und gebrechliche Personen auf dem judischen Friedhof ermordet und die ubrigen ins Durchgangslager Waukawysk und von dort aus in das Vernichtungslager Treblinka deportiert 2 Soweit bekannt uberlebte nur ein Einwohner von Wolpa den Holocaust der Zimmermann Itzhak Vodovoz 1913 1975 Ihm gelang die Flucht aus Treblinka Er schloss sich russischen Partisanen an uber mehrere Stationen kam er 1950 nach Israel und hielt 1968 fur Yad Vashem seine Erinnerungen an das Schicksal der Menschen in Wolpa schriftlich fest 6 Architektur BearbeitenDas Hauptgebaude der Synagoge von Wolpa wurde in Blockbauweise errichtet und hatte laut Mathias Bersohn eine Lange von 24 5 m bei 20 m Breite vom Fussboden bis zur Kuppel war sie mehr als 30 m hoch 7 Gekuppelte Fenster mit segmentformigem Sturz gaben dem zentralen Mannerbetraum Licht 8 Dessen Decke ahmte die Kuppel einer steinernen Synagoge nach indem vier Pfeiler eingebaut wurden um die Wolbung zu stutzen 8 Bei Holzbauten bestand keine strukturelle Notwendigkeit fur Stutzpfeiler unter der Kuppel aber Gebaude aus Stein hatten mehr Prestige und waren dauerhafter daher dienten sie Zimmerleuten und Tischlern als Vorbild 9 Breyer vergleicht hier als Steinbauten die Grosse Synagoge von Luzk und die Synagoge von Zolkiew 10 Aussenbeschreibung Bearbeiten Die achteckige Kuppel wurde durch funf ubereinanderliegende Galerien ins Viereck uberfuhrt Ein dreigeschossiges Mansarddach uberdeckte diesen Hauptraum der im obersten Stockwerk einen Barockgiebel besass 8 Oben im Giebelfeld Foto erkennt man die hebraischen Buchstaben תרפא mit dem Zahlwert 681 nach der kleinen Zahlung ohne Angabe der Jahrtausende entsprechend dem Jahr 5681 der judischen Ara das dem Jahr 1781 n Chr entspricht Die Betraume der Frauen waren ebenerdige Anbauten an der Nord und Sudseite des Mannerbetraums einstockige Raume auf schmalrechteckigem Grundriss mit Pultdachern von gleicher Lange wie der Mannerbetraum Sie hatten eigene Turen an den Langsseiten durch die sie von aussen betreten werden konnten wahrend der Mannerbetraum durch zwei Turen und eine Vorhalle betreten wurde Diese Vorhalle war dem Mannerbetraum an der Westseite vorgelagert und wurde von einem zweiteiligen Mansarddach mit Vorstoss und Giebel gedeckt 8 An der Nord und Sudseite war die Vorhalle von zwei Eckbauten flankiert die durch vorgelegte Galerien geschmuckt waren Reich profilierte Saulen mit Kopfbandern wechselten ab mit Hangesaulchen mit Kopfbandern einem traditionellen Dekorationsmotiv der polnischen und russischen Holzarchitektur 8 Die Eckbauten besassen je ein zweiteiliges geschweiftes Zeltdach mit einem Knauf an der Spitze Aussenansichten nbsp Sud und Ostansicht 1907 nbsp Nord und Westansicht 1928 nbsp Sudansicht vor 1939 nbsp Eckbauten vor 1939 nbsp Westansicht um 1910 13 nbsp Ostgiebel mit Datum vor 1939 Innenbeschreibung Bearbeiten Den Fussboden des Mannerbetraums bildete ein diagonal verlegtes Ziegelpflaster 8 Moglicherweise hatte die Synagoge ursprunglich jene lebendige Ausmalung mit Blumen und Tieren wie sie die Holzsynagogen von Chodoriw und Hwisdez besassen und wie man sie an den erhaltenen von Eliezer Sussmann bemalten Synagogenvertafelungen sieht 11 Diese Ausmalung ware dann spater durch die auf den historischen Fotografien zu sehende Trompe l œil Ausmalung ersetzt worden die Wande aus Steinen und Marmor sowie orientalische Seidenstoffe imitierte Verglichen mit anderen Synagogen gab es bei der Ausmalung in Wolpa wenige hebraische Textfelder Hervorzuheben ist ein auf mehrere Medaillons verteilter Text der ein Gebet fur Zar Alexander II enthielt 11 Ausstattung Bearbeiten Bima Bearbeiten Der Ort der Toralesung wurde architektonisch als Mittelpunkt der Synagoge betont Die Entsprechung zur oktogonalen Kuppel bildete die Bima die im Zentrum des Mannerbetraums stand Die vier Stutzpfeiler der Kuppel waren zugleich auch Eckpfeiler der Bima Durch Einfugung von je zwei Saulen zwischen die tragenden Pfeiler wurde das Viereck ins Achteck uberfuhrt Zur Bima fuhrten von der Nord und der Sudseite Treppen hinauf die Brustung zeigte Schnitzereien im Empirestil Oben waren die Saulen durch Rundbogen verbunden und mit einem reich profilierten Zahnschnitt Gesims abgeschlossen 12 Offenbar wurde der Innenraum im 19 oder fruhen 20 Jahrhundert restauriert insbesondere an der Bima erkennt man Spuren der Uberarbeitung 13 Toraschrein Bearbeiten Der mehrteilige Aufbau und die Gestaltung des Toraschreins lasst sich mit jenem in der Synagoge von Hrodna sowie in der Synagoge von Janow Sokolski und in der Synagoge Berlin Heidereutergasse vergleichen alle drei Toraschreine sind nicht erhalten 14 Der Toraschrein an der Ostwand war 10 m hoch und bis zu 4 50 m breit 15 Er bestand ganz aus Eichenholz und zeigte reiche barocke Schnitzereien unter anderem Tiere und Pflanzen Funf breite Stufen fuhrten zur Lade hinauf die durch eine Doppeltur verschlossen war auf welcher das Relief einer grossen Menora zu sehen war Beiderseits der Lade gab es zwei ornamentierte und mit Weinreben umrankte Saulenpaare 16 Die Menora ist ein relativ ungewohnliches Motiv fur die Turen eines Toraschreins Sie verband eine schutzende Symbolik mit dem Motiv des Lebensbaums denn ihre Gestalt und Beschriftung war eine Ubernahme der Menora aus dem kabbalistischen Werk Menorat zahav tahor Leuchter aus purem Gold und aus ihrem Stamm sprossen zahlreiche Zweige mit Bluten und Fruchten 17 Leuchter Bearbeiten Mathias Bersohn beschrieb 1901 drei grosse Leuchter aus Messing Jener der vor dem Toraschrein hing war besonders aufwandig gearbeitet Er zeigte Laubranken mit Lowen und Hirschen oben in der Mitte eine Krone daruber ein Adler mit ausgebreiteten Flugeln der eine Ose als Aufhangevorrichtung besass Auf der Krone las er die hebraischen Initialen E M und die Jahreszahl 1781 Den Leuchter schloss unten eine Kugel ab auf der eine Inschrift ihn als Geschenk der Eheleute Hirsch und Debora an die Synagoge im Jahr 1781 bezeichnete Zu beiden Seiten des Toraschreins sah Bersohn flache Armleuchter mit polierten runden Messingblechen Durchmesser ca 20 cm die ziselisierte florale Verzierungen rahmten 18 Auf einem Pult rechts neben dem Toraschrein sah Bersohn eine schlichte Chanukkia aus Messing deren Fuss drei kleine Lowenfiguren bildeten 19 Hebraische Manuskripte Bearbeiten Von den Torarollen der Synagoge zu Wolpa erwahnte Bersohn nur dass sie alt seien und als Schmuck Tora Kronen und schilde aufwiesen Ausfuhrlicher ging er auf handgeschriebene Codices im Besitz der Synagoge ein ein Siddur mit den Wochentagsgebeten spates 17 Jahrhundert und ein zweibandiger Machsor dessen Kolophon den Sofer Chaim Maierowicz nannte und das Werk auf 1781 datierte auch dieser Machsor war ein Geschenk des Ehepaars Hirsch und Debora Der Machsor zeichnete sich durch illuminierte teilweise mit Gold gehohte Kapitelanfange aus die zum Teil naiv aufgefasste Tierfiguren die Fahnchen trugen zeigten 20 Innenansichten nbsp Blick in die Kuppel um 1910 13 nbsp Toraschrein 1907 nbsp Toraschrein vor 1939 nbsp Toraschrein seitliche Saulen vor 1939 nbsp Bima um 1920 nbsp Bima mit Stutzpfeilern vor 1939 Literatur BearbeitenMathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen In Mitteilungen der Gesellschaft fur judische Volkskunde 14 1904 S 1 20 Deutsche Ubersetzung von Kilka slow o dawnych boznicach drzewianych Alois Breyer Max Eisler Max Grunwald Holzsynagogen in Polen Sohar Wien 1934 Digitalisat Maria Piechotka Kazimierz Piechotka Heaven s Gates Masonry Synagogues in the Territories of the Former Polish Lithuanian Commonwealth POLIN Warschau 2017 ISBN 978 83 942344 3 0 Carol Herselle Krinsky Synagogues of Europe Architecture History Meaning Dover Publications Mineola New York 1996 ISBN 0 486 29078 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Synagoge Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Bilgoraj XXI Synagogue from Wolpa Informationen uber die historische Synagoge und den originalgetreuen Nachbau in Bilgoraj 53 366667 24 366667 Koordinaten 53 22 0 N 24 22 0 OAnmerkungen Bearbeiten Don Hanlon Compositions in Architecture Wiley New Jersey 2009 S 154 a b c Shmuel Spector Hrsg The Encyclopedia of Jewish Life Before and During the Holocaust Band 3 Jerusalem New York 2001 S 1461 f Martin Dean Hrsg The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos 1933 1945 Band 3 Ghettos in German Occupied Eastern Europe Indiana University Press Bloomington und Indianapolis 2012 S 860 Leo Rosenberg Die Juden in Litauen Geschichte Bevolkerung und Wirtschaft Politische Forderungen Verlag der Neuen Judischen Monatshefte Berlin und Munchen 1918 S 26 Online Slownik geograficzny Krolestwa Polskiego i innych krajow slowianskich Band 13 S 913 Online Dov Rubin Art Volpa In Encyclopedia Judaica Online Kehilalinks Yizhak Vodovoz Testimony Mathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen 1904 S 3 a b c d e f Alois Breyer Max Eisler Max Grunwald Holzsynagogen in Polen Wien 1934 S 22 Carol Herselle Krinsky Synagogues of Europe Architecture History Meaning Dover Publications Mineola New York 1996 S 55 Alois Breyer Max Eisler Max Grunwald Holzsynagogen in Polen Wien 1934 S 48 und 62 a b Carol Herselle Krinsky Synagogues of Europe Architecture History Meaning Dover Publications Mineola New York 1996 S 229 f Alois Breyer Max Eisler Max Grunwald Holzsynagogen in Polen Wien 1934 S 62 Carol Herselle Krinsky Synagogues of Europe Architecture History Meaning Dover Publications Mineola New York 1996 S 55 Carol Herselle Krinsky Synagogues of Europe Architecture History Meaning Dover Publications Mineola New York 1996 S 230 Mathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen 1904 S 3 Alois Breyer Max Eisler Max Grunwald Holzsynagogen in Polen Wien 1934 S 64 f Ilia M Rodov The Torah Ark in Renaissance Poland A Jewish Revival of Classical Antiquity Brill Leiden Boston 2013 S 202 Mathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen 1904 S 5 und Foto des Leuchters S 7 Mathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen 1904 S 5 und Foto S 8 Mathias Bersohn Einiges uber die alten Holzsynagogen in Polen 1904 S 5 11 mit zwei Fotos des Machsor Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Synagoge Wolpa amp oldid 225725827