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Die evangelische Stadtkirche St Laurentius in der Hansestadt Havelberg befindet sich im Sudosten der Altstadtinsel deren Silhouette sie mit ihrem 46 Meter hohen Turm dominiert Trotz zahlreicher Umbauten und Wiederherstellungen zeigt sich das Gotteshaus als typisches Beispiel einer Hallenkirche im Stil der markischen Backsteingotik Ansicht von Nordwesten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 2 1 Kirchenschiff 2 2 Turm 3 Ausstattung 3 1 Innenraum 3 2 Altar 3 3 Kanzel 3 4 Orgel 3 5 Grabdenkmaler 3 6 Weitere Kunstwerke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenNach der Wiedergrundung des Bischofssitzes in Havelberg ab dem Jahr 1149 entwickelte sich auch die Ortschaft auf der Altstadtinsel von neuem Im Schutz des Dombergs entstand die Stadtkirche in der ersten Halfte des 15 Jahrhunderts neu auf den Grundmauern eines Vorgangerbaus 1 Die erste schriftliche Erwahnung der bestehenden Stadtkirche stammt aus dem Jahr 1340 und bezieht sich auf zwei Altarstiftungen Daher wird vermutet dass zu dieser Zeit ein um 1300 begonnener Kirchenbau fertiggestellt war 1346 wurde ein Johannisaltar gestiftet der einen separaten Kapellenanbau nordlich der Kirche erhielt Die Reformation hielt 1541 in Havelberg Einzug so dass sich die Anzahl der Altare und Geistlichen stark verringerte Als erster evangelischer Pfarrer ist Matthias Klugk uberliefert Weitere Nachrichten zum Kirchenbau betreffen die Feststellung von Schaden an Dachern und Decken im Jahr 1613 die daraufhin beseitigt worden sind Den Dreissigjahrigen Krieg und einen Stadtbrand von 1627 uberstand das Gotteshaus erlitt jedoch schwere Schaden 1658 wurden die kupfergedeckte Haube des Kirchturms alle funf Glocken die Orgel und die holzernen Gewolbe bei einem Brand zerstort Bei der bis 1660 erfolgten Wiederherstellung erhielt der Turm seinen bis heute bestehenden Abschluss Weitere Schaden an der Kirche verursachte in den Folgejahren der weiche Baugrund so dass sich die Aussenwande zu neigen begannen 1704 wurde der Turmvorbau durch Blitzeinschlag zerstort Konig Friedrich Wilhelm I stellte eine Unterstutzung von 700 Talern fur den Abbruch des schadhaften Kirchenschiffs zur Verfugung die wesentlich grosseren Mittel fur einen Neubau konnten durch Spenden allerdings nicht aufgebracht werden Der Magistrat beschloss 1747 die kostensparende Reparatur des bestehenden Bauwerks Ab 1750 wurden die Langhauspfeiler neu errichtet die Mauerkronen erneuert die ausseren Strebepfeiler verstarkt und ein verputztes holzernes Tonnengewolbe als oberer Raumabschluss eingebaut Zugleich wurden im Langhaus und im Chorraum Emporen errichtet 1752 erlitt die Kirche noch vor Abschluss dieser Arbeiten erneute Schaden durch einen Blitzschlag Weitere Bauschaden die in der Mitte des 19 Jahrhunderts festgestellt wurden machten eine umfassende Reparatur notwendig Im Jahr 1854 wurden unter Leitung des Baumeisters Carl Schuler das bis heute bestehende verputzte Holzgewolbe geschaffen der Fussboden erneuert Emporen Gestuhl und Turen ersetzt und die Orgel repariert Die vorher am sudlichen Mittelpfeiler des Langhauses angebrachte Kanzel erhielt einen neuen Standort Nordlich des Langhauses wurde die mittelalterliche Johanniskapelle abgebrochen und an ihrer Stelle ein neugotisches Portal geschaffen Weitere Baumassnahmen betrafen in den darauffolgenden Jahrzehnten den Einbau einer Heizungsanlage und eine geplante Umgestaltung des Innenraums nach Planen des Architekten W Blaue durch den Maler Robert Sandfort Die 1917 zu Rustungszwecken ausgebauten Bronzeglocken wurden 1924 durch ein neues Gelaut ersetzt das im Zweiten Weltkrieg allerdings erneut abgegeben werden musste Seit 1956 befinden sich im Turm zwei neu gegossene Stahlglocken aus Apolda sowie eine reparierte Bronzeglocke Eine Innenraumrenovierung fand 1970 statt bei der das heutige Erscheinungsbild geschaffen wurde Von 1985 bis 1991 erfolgten die Erneuerungen von Dachstuhl und Dachhaut Zwischen April und Oktober 2015 war die Laurentius Kirche Ort fur wechselnde Blumenausstellungen im Rahmen der Bundesgartenschau in der Havelregion Architektur BearbeitenKirchenschiff Bearbeiten nbsp Ansicht von OstenDie Stadtkirche St Laurentius ist eine dreischiffige vierjochige Hallenkirche mit einschiffigem Chor in der Breite des Hauptschiffs dessen zwei Joche im Osten mit einem polygonalen 5 8 Schluss enden An den Ecken schraggestellte Strebepfeiler gliedern die Aussenwande von Langhaus und Chor jochweise Chor und Langhaus werden durch grosse zwei bzw dreigeteilte Spitzbogenfenster erhellt Beide Baukorper sind mit steilen Satteldachern gedeckt Der Westanbau verfugt uber ein Walmdach und besitzt im Obergeschoss hochrechteckige Fenster mit symmetrischer Teilung und mittig angeordneten Kampfern Im Erdgeschoss fuhrt ein profiliertes Spitzbogenportal in die Vorhalle sudlich davon sind ein 1459 geschaffenes Kreuzigungsrelief und oberhalb ein um 1380 geschaffenes Suhnekreuz aus Sandstein in die Wand eingelassen Weitere Portale befinden sich auf der Sud und Nordseite des Langhauses wobei das Sudportal zugesetzt ist und der nordseitige neugotische Eingang den Platz der im 19 Jahrhundert abgebrochenen Johanniskapelle einnimmt Sudlich des Chors befindet sich die spatgotische Sakristei die in spaterer Zeit als Lager und Heizraum diente Der ihr entsprechende nordliche Anbau wurde im 17 Jahrhundert als Bahrenkammer hinzugefugt wobei die Brautpforte als Aussenzugang zum Chorraum verschlossen wurde Dieses profilierte Backsteinportal im spatgotischen Stil ist am Ende des 20 Jahrhunderts wieder geoffnet worden Turm Bearbeiten An das Schiff schliesst sich der im Grundriss quadratische Westturm an der mit einer schiefergedeckten geschwungenen Haube mit Laterne im Barockstil abschliesst Dem Turm im Jahr 1660 vollendet ist im Westen ein zweigeschossiger Anbau mit Vorhalle im Erdgeschoss und einer Turmerwohnung im Obergeschoss angefugt worden Der Turm verfugt nur im Glockengeschoss uber grossere Offnungen Er enthalt das Kirchengelaut aus drei Glocken Ausstattung BearbeitenInnenraum Bearbeiten nbsp Innenansicht nach OstenDer Chorraum erhielt im Zusammenhang mit den Reparaturarbeiten von 1613 eine Kassettendecke mit auf Holz gemalten Portratdarstellungen von Heiligen Aposteln und Kirchenvatern Von diesen Tafeln sind einige erhalten und im nordlichen Choranbau ausgestellt Die Seitenschiffe ausfullende Emporen die sich dreiseitig um das Hauptschiff herumziehen und schlichte Brustungen aufweisen und die drei Pfeilerpaare des Langhauses bestimmen die Wirkung des Innenraums der Kirche Die Langhauspfeiler verbunden mittels Rundbogen besitzen im Westen quadratische Querschnitte wahrend das ostliche Pfeilerpaar rund ist Den oberen Raumabschluss von Langhaus und Chor bilden holzerne Gewolbe in gotischer Formensprache Auf der Westempore ist die Orgel installiert Ein bronzenes Taufbecken komplettiert die Ausstattung des Chorbereiches Es tragt die Jahreszahl 1723 und wurde in der Metallwerkstatt H Rollet in Berlin gegossen 1 Der einschiffige um eine Stufe erhohte Chorraum ist vom Langhaus durch einen auf gestuften Konsolen aufgelagerten Triumphbogen getrennt Weitere zwei Stufen heben den Altarblock und den neugotischen Altarbaldachin uber das Niveau des ubrigen Chorbodens hinaus Den Fussboden bildet ein Ziegelpflaster mit wechselnder Verlegung von roten und hellen Steinen Der Innenraum ist einheitlich hell verputzt wobei sich die Architekturgliederung davon durch einen grauen Anstrich mit aufgemalten hellen Fugen absetzt Altar Bearbeiten Der aus Backsteinen gemauerte Altarblock verfugt vermutlich noch uber seine originale Deckplatte Das den Altar uberfangende Ziborium aus Stuck in fruhen neugotischen Formen entwarf der Berliner Architekt Ludwig Catel 1817 In die Ruckwand des viersauligen Baldachins sind in eine Architekturrahmung aus zwei Pilastern mit Gesims und zwei daruberliegenden rund bzw spitzbogigen Feldern drei Gemalde integriert Das von Bernhard Rode Ende des 18 Jahrhunderts geschaffene Altarbild zeigt die Kreuzabnahme wahrend die daruber angeordneten Darstellungen eines Engels mit Kreuz und der Heilig Geist Taube von Karl Wilhelm Kolbe und Wilhelm Herbig stammen Kanzel Bearbeiten Die holzerne Kanzel wurde 1691 von J Springinsguth geschaffen und 1702 von P Lutcke und C L Schlichting mit einer Bemalung versehen Der achteckige Kanzelkorb ruht auf einer gedrehten Saule und ist an den Ecken mit kleinen gedrehten Saulchen geschmuckt Die Felder zwischen den Saulchen sind durch ein Muschelornament ausgefullt Der Schalldeckel nimmt die achteckige Form der Kanzel auf Die Bekronung bildet eine Christusfigur mit Siegesfahne die Unterseite des schmuckt eine Taube als Symbol des heiligen Geistes Orgel Bearbeiten nbsp Scholtze Orgel der Stadtkirche Havelberg nach der Restaurierung 2021 Die bestehende Orgel wurde 1754 von Gottlieb Scholtze aus Neuruppin geschaffen nachdem das Vorgangerinstrument 1752 durch Blitzeinschlag zerstort worden war Den Prospekt in Rokokoformen schmucken zwei die Pfeifenturme stutzende Hermen Putten mit Musikinstrumenten ein Stadtwappen und reiches Schleierwerk in ursprunglicher Farbfassung 1796 und im 19 Jahrhundert erfolgten Umbauten der Orgel durch Ernst Julius Marx bzw Friedrich Hermann Lutkemuller Die Prospektpfeifen aus Zinn wurden 1917 kriegsbedingt entfernt und Anfang der 1930er Jahre durch Zinkpfeifen ersetzt 1937 und 1961 fanden Restaurierungen durch die Firma Schuke aus Potsdam statt Im 21 Jahrhundert war dieses Instrument jedoch soweit verschlissen dass es zunachst stillgelegt wurde Uber 50 des Originalbestands von 1754 sind jedoch noch heute erhalten 2 Die Gemeinde und ein 2014 gegrundeter Forderverein haben eine erneute Restaurierung initiiert die durch die Dresdner Orgelwerkstatt Wegscheider erfolgte Die Wiedereinweihung der Orgel erfolgte am 5 Dezember 2021 3 Die Orgel ist eine von nur noch drei erhaltenen zweimanualigen Instrumenten aus der Scholtze Werkstatt eine weitere steht im Havelberger Dom die dritte in der Kirche St Katharinen in Lenzen Elbe 4 5 Grabdenkmaler Bearbeiten An der Chorwand hinter dem Altar in der Sudostecke des sudlichen Seitenschiffs sowie an den beiden westlichen Langhauspfeilern sind figurliche Grabplatten oder Epitaphien angebracht Die Epitaphien im Langhaus sind mit bemerkenswerten Figurenreliefs mit farbiger Fassung und reicher Rahmung versehen und erinnern an die Burgermeister Mathias Curdes 1566 Franz Curdes 1625 sowie den Burger Kersten Hovemann und dessen Frau Catharina um 1600 Weitere Kunstwerke Bearbeiten Auf der Westempore steht ein spatgotischer Sakristeischrank aus dem 15 Jahrhundert der mit Rankenleisten und Zierbeschlagen geschmuckt ist Der vierzehnarmige Kronleuchter im Chor stammt vermutlich aus dem 17 Jahrhundert Literatur BearbeitenAntje Reichel Gottfried Forster Stadtkirche St Laurentius in Havelberg DKV Kunstfuhrer 633 5 Munchen Berlin o J Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Laurentius Havelberg Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b Georg Piltz Kunstfuhrer durch die DDR Urania Verlag Leipzig Jena Berlin 4 Aufl 1973 S 194 www orgelverein havelberg de Angaben zur Orgel vom 1 Mai 2015 abgerufen am 22 August 2021 Frisch restaurierte Orgel begeistert Gaste in der Havelberger Stadtkirche vom 5 Dezember 2021 abgerufen am 6 Dezember 2021 Informationstafel zu den Scholtze Orgeln im Dom und in der Laurentius Kirche in diesen Gotteshausern in den 201er Jahren aufgestellt Gesehen und fotografiert im August 2016 durch Benutzerin 44Pinguine Webseite des Orgelvereins Havelberg mit Informationen zur geplanten Restaurierung52 824334 12 075164 Koordinaten 52 49 27 6 N 12 4 30 6 O Normdaten Geografikum GND 7543294 8 lobid OGND AKS VIAF 235255579 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Laurentius Havelberg amp oldid 228144379