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Seescheiden Ascidiae oder Ascidiacea sind sessile Manteltiere die weltweit die Meere vom Schelf bis zur Tiefsee besiedeln Mit rund 3000 Spezies sind sie die artenreichste Gruppe der Manteltiere 1 Aufgrund ihrer Fahigkeit einen Mantel zu bilden und da sie als innere Mikrofiltrierer die Produktivitat des freien Wasserkorpers ausschopfen konnen sind die Seescheiden eine der erfolgreichsten Tiergruppen 2 Seescheiden wie die Schlauchseescheide gelten als die engsten lebenden wirbellosen Verwandten von Wirbeltieren Ihre kaulquappenartigen Larven weisen bei einigen Organen und Geweben erhebliche Ahnlichkeiten mit den Entsprechungen bei sich entwickelnden Wirbeltieren auf 3 SeescheidenRote Seescheide Halocynthia papillosa Systematikohne Rang Gewebetiere Eumetazoa ohne Rang BilateriaUberstamm Neumunder Deuterostomia Stamm Chordatiere Chordata Unterstamm Manteltiere Urochordata Klasse SeescheidenWissenschaftlicher NameAscidiaeNielsen 1995 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Lebensweise 2 1 Entwicklung 2 2 Fortpflanzung 2 3 Ernahrung 3 Okologie 4 Systematik 5 Artenvielfalt 6 Verbreitung in Deutschland 7 Nutzung durch den Menschen 8 Einzelnachweise 9 Literatur 10 WeblinksMerkmale BearbeitenNach der Wuchsform werden nicht taxonomisch folgende drei Typen unterschieden 2 Solitarascidien die immer ein Oozooid reprasentieren Soziale Ascidien meist mit Stolonen verbunden Synascidien koloniale Formen mit gemeinsamem Mantel Gefasssystem oft zu Gruppen zusammengefassten Ausstromsiphonen in einem Kloakalraum des Mantels und mit vielfaltigster Anordnung der meist sehr kleinen Einzeltiere nbsp Seescheiden sind von der ausseren Erscheinung her sehr vielgestaltig Abbildung in Haeckel Kunstformen der Natur 4 Ihre aussere Erscheinung ist aufgrund der besiedelten Lebensraume sehr vielgestaltig Arten des Sandluckensystems Mesopsammon erreichen nur Millimeter Grosse etwa Psammostyela delamarei Diplosoma migrans Die subantarktische Solitarascidie Molgula gigantea erreicht Grossen von bis zu 30 cm Bei der 80 cm langen gestielten Tiefsee Ascidie Culeolus murrayi misst der eigentliche Korper nur etwa 8 cm Die Synascidie Aplidium conicum bildet bis zu 50 cm hohe massige Kolonien Schliesslich existieren auch dunne bandformige Kolonien von 4 43 m Lange 2 Im Mantel der Seescheiden finden sich mesenchymatische Zellen die die verschiedensten Farbstoffe enthalten konnen Die kleinste Art ist Molgula hydemanni die einen Durchmesser von 2 mm aufweist Die grosste Art ist Molgula gigantea Sie wird 33 cm lang 5 Lebensweise BearbeitenAdulte Seescheiden sind sessil die Larven jedoch frei schwimmend Entwicklung Bearbeiten nbsp Aufbau einer Seescheidenlarve 1 Ingestionsoffnung 2 Haftpapillen 3 Kiemendarm 4 Magen 5 Darm 6 Chorda dorsalis 7 Neuralrohr 8 Peribranchialraum 9 EgestionsoffnungSeescheiden gehoren wie zum Beispiel auch der Mensch zu den Chordatieren das heisst sie haben in bestimmten Entwicklungsstadien gleiche Organe eine stabformige Stutze im Rucken Chorda genannt um die sich bei Wirbeltieren eine Wirbelsaule entwickelt Die Chordatenmerkmale sind bei den Seescheiden nur im Larvenstadium zu erkennen Im Larvenstadium stimmt die Seescheide fast komplett mit der Larve der Wirbeltiere uberein Die Gehirnanlage die im Larvenstadium vorhanden ist und fur Orientierung und Bewegung gebraucht wird ist beim erwachsenen sessilen Tier komplett verschwunden Durch eine Ruckbildung ist nur noch ein Ganglion Nervenknauel vorhanden Fortpflanzung Bearbeiten Seescheiden sind simultane Hermaphroditen Aber auch die ungeschlechtliche Vermehrung durch Knospenbildung ist weit verbreitet Bei der geschlechtlichen Fortpflanzung der Seescheiden entstehen geschwanzte Larven Nach kurzer Lebensdauer entwickeln sich diese mittels komplexer Umbauvorgange zur festsitzenden Ascidie Ferner sind viele Arten der Seescheiden auch im Zusammenhang mit der Fahigkeit zur Regeneration zu vegetativer Fortpflanzung fahig Einzeltiere schliessen sich danach eng zusammen und es entstehen Kolonien 1 Ernahrung Bearbeiten Fast alle Seescheiden sind Nahrungsstrudler Uber eine Einstrom Offnung wird das Wasser in den Kiemendarm geleitet eine spezielle Bildung in der die Nahrung herausgefiltert wird um dann dort durch Kiemenspalten in den Peribranchialraum zu gelangen Der Kiemendarm ist hoch entwickelt Oft enthalt er Tausende von Kiemenspalten Alle Partikel die eine Grosse von unter 1 mm haben bleiben darin hangen Danach wird das filtrierte Wasser durch die Ausstrom Offnung wieder abgegeben Uber den Kiemendarm werden auch losliche Stoffwechselendprodukte ausgeschieden Der Darm ist U formig gestaltet 5 Im Januar 2009 wurde in der australischen Tiefsee sudostlich der Insel Tasmanien in einer Meerestiefe von 4000 Metern eine Art entdeckt welche sich von kleineren Fischen ernahrt die ahnlich wie bei der Venusfliegenfalle im Inneren der Seescheide gefangen werden 6 7 Okologie BearbeitenDie Moglichkeit uber eine sensorisch gut ausgestattete Schwimmlarve selektiv zu siedeln sich bei gunstigen Verhaltnissen vegetativ sehr rasch auszubreiten und ausserdem sexuell zu reproduzieren macht die Seescheiden erfolgreich gegenuber anderen sessilen Lebewesen So sind Massenentwicklungen von Cionia intestinalis bekannt die Individuendichten von 1500 bis 5000 pro m erreichen Auf den Corallinaceenboden des Mittelmeers stellen Seescheiden mehr als die Halfte aller sessilen Arten Sehr haufig sind hier vor allem die Vertreter der Gattung Microcosmus 2 Systematik BearbeitenDie Seescheiden werden bei den Manteltieren Tunicata eingeordnet die zum Stamm der Chordata gehoren Es gibt drei Ordnungen mit insgesamt 25 Familien 8 nbsp Didemnum sp uberwachst Grunalgen nbsp Die koloniale Seescheide Botrylloides magnicoecum nbsp Clavenila moluccensisFruher wurde die Ordnung Enterogona bestehend aus zwei Unterordnungen den Aplousobranchia und den Phlebobranchia der Ordnung Pleurogona mit der einzigen Unterordnung Stolidobranchia gegenubergestellt Bei den Enterogona liegen die unpaaren Gonaden in oder hinter der Darmschleife die Kloakenhohle entwickelt sich aus einer paarigen dorsalen Einstulpung Bei den Pleurogona liegen die Gonaden links und rechts an der Korperwand die Kloakenhohle entwickelt sich aus einer unpaaren dorsalen Einstulpung Diese Einteilung wurde aufgegeben und die bestehenden drei Unterordnungen der Seescheiden wurden zu Ordnungen erhoben Ordnung Aplousobranchia Lahille 1887 Familie Clavelinidae Forbes amp Hanley 1848 Familie Diazonidae Seeliger 1906 Familie Didemnidae Giard 1872 Familie Euherdmaniidae Ritter 1904 Familie Holozoidae Berrill 1950 Familie Placentelidae Kott 1992 Familie Polycitoridae Michaelsen 1904 Familie Polyclinidae Milne Edwards 1841 Familie Protopolyclinidae Kott 1992 Familie Pseudodistomidae Harant 1931 Familie Ritterellidae Kott 1992 Familie Stomozoidae Kott 1990 Familie Vitrumidae Kott 2009 Ordnung Phlebobranchia Lahille 1887 Familie Agneziidae Monniot C amp Monniot F 1991 Familie Ascidiidae Herdman 1882 Familie Cionidae Lahille 1887 Familie Corellidae Lahille 1888 Familie Dimeatidae Sanamyan 2001 Familie Hypobythiidae Sluiter 1895 Familie Octacnemidae Familie Perophoridae Giard 1872 Familie Plurellidae Kott 1973 Ordnung Stolidobranchia Fruher wurde diese Ordnung als Pleurogona den Enterogona gegenubergestellt Familie Molgulidae Lacaze Duthiers 1877 Familie Pyuridae Hartmeyer 1908 Familie Styelidae Sluiter 1895Artenvielfalt BearbeitenDerzeit gibt es weltweit ungefahr 3000 beschriebene Arten 1 Verbreitung in Deutschland BearbeitenIn deutschen Meeresgewassern sind etwa 24 Arten nachgewiesen 19 dieser Arten finden sich im Raum Helgoland Darunter sind auch einige Neozoen 1 Eine Art sie ist kein Neozoon im Raum Helgoland ist weltweit verbreitet die Schlauchseescheide Ciona intestinalis Nutzung durch den Menschen BearbeitenIn Essig eingelegte Seescheiden der Familie Pyuridae Halocynthia roretzi japanisch 海鞘 hoya korean 멍게 meongge engl sea pineapple werden in Nordjapan und in Korea gegessen 9 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Wolfgang Groepler Die Seescheiden von Helgoland Biologie und Bestimmung der Ascidien Westarp Wissenschaften Verlagsgesellschaft 2012 S 6 ISBN 978 3894329174 a b c d Alfred Goldschmid Chordata Chordatiere in Westheide Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 1 Einzeller und Wirbellose Tiere Gustav Fischer Stuttgart Jena 1997 2004 ISBN 3 8274 1482 2 Noriyuki Satoh A deep dive into the development of sea squirts In Nature 2019 Jul 571 7765 333 334 DOI 10 1038 d41586 019 01967 0 Abb 85 Beschreibung nbsp Cynthia melocactus Haeckel Boltenia echinata Linnaeus 1767 Cynthia melocactus Haeckel Boltenia echinata Linnaeus 1767 Cynthia melocactus Haeckel Boltenia echinata Linnaeus 1767 Molgula tubulosa Forbes Eugyra arenosa Alder amp Hancock 1848 Fragarium elegans Giard Aplidium elegans Giard 1872 Polyclinum constellatum Savigny Polyclinum constellatum Savigny 1816 Polyclinum constellatum Savigny Polyclinum constellatum Savigny 1816 Synoecum turgens Phipps Synoicum turgens Phipps 1774 Botryllus polycyclus Savigny Botryllus schlosseri Pallas 1766 Botryllus rubigo Giard Botryllus schlosseri Pallas 1766 Botryllus Marionis Giard Botryllus schlosseri Pallas 1766 Botryllus helleborus Giard Botryllus schlosseri Pallas 1766 Polycyclus cyaneus Drasche Botryllus schlosseri Pallas 1766 Botrylloides purpureus Drasche Botrylloides leachii Savigny 1816 a b C G Lexikon der Biologie Seescheiden In Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1999 abgerufen am 1 September 2018 Forscher entdecken vollig neue Tierwelt In Spiegel Online 18 Januar 2009 abgerufen am 5 Dezember 2014 Scientists discover new marine life off Tasmania International Herald Tribune Englisch N Shenkar A Gittenberger G Lambert M Rius R Moreira da Rocha B J Swalla X Turon Ascidiacea World Database Ascidiacea Accessed through World Register of Marine Species vom 14 Dezember 2015 abgerufen am 1 Marz 2023 tabibito Matthias Reich Japan Almanach Alles uber das Leben und Reisen in Japan Seit 1998 In Japan Almanach 19 November 2008 abgerufen am 23 September 2018 Literatur BearbeitenSvein A Fossa und Alf Jacob Nilsen Korallenriff Aquarium Band 6 Birgit Schmettkamp Verlag Bornheim ISBN 3 928819 18 6 C G Lexikon der Biologie Seescheiden Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 1999 Wolfgang Groepler Die Seescheiden von Helgoland Biologie und Bestimmung der Ascidien Westarp Wissenschaften Verlagsgesellschaft 2012 ISBN 978 3894329174Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ascidiacea Sammlung von Bildern und Videos Integrated Taxonomic Information System Ascidiacea Ascidiacea com Engl The Dutch Ascidians Homepage Engl Normdaten Sachbegriff GND 4180671 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Seescheiden amp oldid 235015170