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Eine Scherzone ist eine bedeutende tektonische Unstetigkeitsflache der Erdkruste und des Oberen Mantels Ihre Entstehung lasst sich auf einen nicht homogenen Verformungsprozess zuruckfuhren dessen Energie auf ebene oder leicht gebogene Storungsflachen konzentriert wird Dazwischenliegende Krustenbereiche bleiben von grosseren Verformungen relativ unberuhrt Aufgrund von Scherbewegungen des umgebenden rigideren Mediums kann in Scherzonen eine rotationelle nicht koaxiale Komponente induziert werden Da diese Unstetigkeitsflachen gewohnlich verschiedene Tiefenbereiche durchziehen erzeugen sie ein breites Spektrum unterschiedlicher Gesteine An der Erdoberflache treten Scherzonen als bruchtektonische Verwerfungen auf Inhaltsverzeichnis 1 Generelle Einfuhrung 2 Charakteristische Gesteine 3 Bewegungsrichtung und Bewegungssinn in Scherzonen 4 Breite von Scherzonen und resultierender Seitenversatz 5 Deformationserweichung und duktiles Verhalten 6 Vorkommen und Beispiele fur Scherzonen 7 Bedeutung 8 Siehe auch 9 Literatur 10 EinzelnachweiseGenerelle Einfuhrung Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung der Anderung der Verformung an einer Scherzone mit zunehmender Krustentiefe Oben nur bruchhafte Verformung entspricht einer Verwerfung Mitte plastische und bruchhafte Verformung Unten nur plastische Verformung entspricht einer duktilen Scherzone Verformungsfeld und Scherspannungsverteilung sind schematisiert wiedergegeben Eine Scherzone ist ein Bereich sehr starker Verformung mit hoher Verformungsrate der von Gesteinen mit wesentlich geringerer finiter Verformung umgeben wird Ihr Langen zu Breitenverhaltnis ist grosser als 5 1 1 Scherzonen bilden ein weites Kontinuum geologischer Strukturen Sie reichen von sproden Scherzonen Storungen uber sprod duktile Scherzonen und duktil sprode Scherzonen hin zu rein duktilen Scherzonen In sproden Scherzonen konzentriert sich die Verformung auf eine enge Bruchflache zwischen benachbarten Gesteinsblocken wohingegen sich die Verformung in duktilen Scherzonen auf einen breiteren Bereich ausdehnt und dabei in ihrer Starke zwischen den unverformten Blocken kontinuierlich variiert Zwischen diesen beiden Endgliedern des Kontinuums vermitteln die Zwischenstadien der sprod duktilen und der duktil sproden Scherzonen die Mischformen der beiden Endglieder darstellen Dieses strukturelle Kontinuum spiegelt die verschiedenen Verformungsmechanismen in der Erdkruste wider von sproder Bruchverformung an oder in der Nahe der Oberflache hin zu duktilem viskosem Fliessen mit zunehmender Tiefe Mit Erreichen der sprod duktilen Ubergangszone setzen erstmals duktile Verformungsmechanismen ein Der Ubergang erfolgt nicht abrupt sondern verteilt sich uber einen breiteren Tiefenbereich in dem sprodes Brechen und duktiles Fliessen zusammen auftreten Die Hauptursache hierfur liegt im Aufbau von Gesteinen des Krustenbereichs begrundet die meist aus mehreren verschiedenen Mineralarten mit unterschiedlichem Verformungsverhalten zusammengesetzt sind So setzt beispielsweise duktiles Verhalten bei Quarz wesentlich fruher ein d h bei niedrigerer Temperatur als bei Feldspaten Unterschiede in Lithologie Korngrosse und vorgegebenem Gefuge bestimmen folglich ein unterschiedliches rheologisches Verhalten Aber auch rein physikalische Faktoren beeinflussen den Ubergang sprod duktil Geothermische Tiefenstufe und somit die herrschende Temperatur Druck Einengungs und Porenwasserdruck Generelle Verformungsrate Ausrichtung des Spannungsfeldes Gemass dem Modell von Christopher H Scholz setzen bei einer aus Quarz und Feldspaten aufgebauten Kruste mit einem fur Sudkalifornien typischen geothermischen Gradienten duktile Verformungsmechanismen bei etwa 11 Kilometer Tiefe und 300 C ein Die Ubergangszone reicht anschliessend bis zu einer Tiefe von etwa 16 Kilometer hinab die herrschende Temperatur betragt dort in etwa 360 C 2 Unterhalb von 16 Kilometer kommen nur noch rein duktile Verformungen vor Die seismogene Zone d h der Tiefenbereich in dem gewohnliche Erdbeben entstehen bleibt auf den sproden Bereich die sogenannte Schizosphare beschrankt Nach Durchschreiten der Ubergangszone folgt hierauf die Plastosphare Die seismogene Schicht zeichnet sich durch echte Kataklasite aus Sie beginnt gewohnlich bei 4 bis 5 Kilometer Tiefe unterhalb eines oberen Stabilitatsubergangs Daruber sind so gut wie keine Bebenherde auszumachen Die seismogene Schicht reicht sodann bis 11 Kilometer Tiefe Grosse Erdbeben konnen aber sehr wohl bis an die Erdoberflache und in die Ubergangszone brechen manchmal sogar noch bis in die Plastosphare Charakteristische Gesteine BearbeitenDie in Scherzonen vonstattengehenden Verformungsprozesse sind verantwortlich fur die Ausbildung unterschiedlicher Gefuge und Mineralzusammensetzungen Diese spiegeln die herrschenden Druck und Temperaturverhaltnisse p T Pfad wahrend der Deformation und belegen ausserdem den jeweiligen Bewegungssinn das Fliessverhalten und den spezifischen zeitlichen Ablauf der Verformungen Scherzonen sind daher von sehr grosser Bedeutung fur das Verstandnis der geologischen Entwicklungsgeschichte von Terranen Gewohnlich werden in Scherzonen mit zunehmender Tiefe die folgenden Gesteinstypen angetroffen Zusammenhanglose von Storungen erzeugte Gesteine Storungsletten Storungsbrekzien Kakirite Zusammenhangende Storungsgesteine Brekzien und Kataklasite Glasige Pseudotachylite Sowohl Storungsletten als auch Kataklasite entstehen durch Abrasion an sproden Erdbeben erzeugenden Storungen Foliierte Mylonite Phyllonite StreifengneiseMit Einsetzen des duktilen Verformungsverhaltens in der Ubergangszone treten die ersten Mylonite auf Sie sind durch adhasive Abnutzungsvorgange engl adhesive wear entstanden Pseudotachylite konnen in der Ubergangszone ebenfalls noch entstehen verschwinden aber bei Erreichen grunschieferfazieller Bedingungen so dass schliesslich nur noch Mylonite angetroffen werden Streifengneise sind hochgradige Mylonite aus dem untersten Tiefenbereich von duktilen Scherzonen Bewegungsrichtung und Bewegungssinn in Scherzonen BearbeitenDer Bewegungssinn in Scherzonen rechts oder linksseitig lasst sich anhand von makroskopischen und unzahligen mikroskopischen Strukturen feststellen Hauptsachliche Indikatoren sind Harnische Striemen Rillen sowie Mineralbewuchs und ferner Streck und Minerallineare Sie lassen die Bewegungsrichtung erkennen Mittels des erfolgten Versatzes an Strukturen wie Schichtung oder Gangen kann dann der Bewegungssinn ermittelt werden Das Umbiegen planarer Strukturen Verschleppung wie Schichtung oder Foliation in Richtung Scherzone stellt ebenfalls einen zuverlassigen Bewegungsindikator dar Gestaffelte Fiederspaltensysteme charakteristisch fur duktil sprode Scherzonen und Taschenfalten engl sheath folds sind gleichermassen makroskopische Bewegungsanzeiger Unter den mikroskopischen Indikatoren lassen sich folgende Strukturen anfuhren Asymmetrische Druckschatten Asymmetrische Falten Foliation Dachziegellagerung engl imbrications Bevorzugte Gitterausrichtung engl lattice preferred orientation LPO Porphyroklasten ummantelt und mit Flugeln versehen Glimmerfische Foliationsfische Pull aparts Viertelstrukturen engl quarter structures Scherbandschieferung engl shear band cleavage Uberlappungen engl step over Breite von Scherzonen und resultierender Seitenversatz BearbeitenDie Breite individueller Scherzonen kann vom Korngrossen bis zum Kilometerbereich variieren Scherzonen welche den gesamten Krustenbereich durchziehen werden bis zu 10 Kilometer breit Der an ihnen erfolgte Seitenversatz reicht von mehreren Zehnerkilometern bis zu uber hundert Kilometer Sprode Scherzonen Storungen werden gewohnlich mit der Tiefe breiter Derselbe Effekt wird ebenfalls durch erhohten Seitenversatz erzielt Deformationserweichung und duktiles Verhalten BearbeitenDas Kennzeichen von Scherzonen ist eine erhohte Verformungsrate die jedoch auf einen begrenzten Bereich im Gestein beschrankt bleibt Damit das Gestein in diesem Bereich uberhaupt plastisch reagieren kann muss eine Art von Deformationserweichung engl strain softening stattgefunden haben Folgende Prozesse konnen zur Erweichung des Gesteins beitragen Korngrossenverringerung geometrisch bedingtes Erweichen reaktionsbedingtes Erweichen flussigkeitsbedingtes Erweichen Eine Erhohung der Duktilitat sollte ohne Bruchverhalten vor sich gehen um eine kontinuierliche Fliessverformung zu gewahrleisten Folgende Deformationsmechanismen auf Korngrossenebene gewahrleisten dies Diffusionskriechen verschiedene Arten Dislokationskriechen verschiedene Arten Syntektonisch ablaufende Rekristallisationen Drucklosungsprozesse Korngrenzenverschiebungen Superplastizitat und Korngrenzengebietsverringerungen Vorkommen und Beispiele fur Scherzonen Bearbeiten nbsp Die San Andreas Verwerfung in Kalifornien eine bedeutende rechtsseitig verschiebende ScherzoneDa Scherzonen sehr tief reichen konnen werden sie in samtlichen metamorphen Fazies angetroffen Sprode Scherzonen Storungen sind in der Oberkruste uberall gegenwartig Duktile Scherzonen beginnen im Grunschieferbereich und sind daher an metamorphe Terrane gebunden Scherzonen treten in folgenden geotektonischen Situationen auf Unter Scherung erzeugte Horizontalverschiebungen mehr oder weniger vertikal Seitenverschiebungen Transformstorungen Unter Kompression erzeugte Storungen mehr oder weniger horizontal uberkippte Gleitfalten Unterseite Subduktionszonen Deckenuberfahrungen Unterseite Unter Ausdehnung erzeugte Storungen mehr oder weniger horizontal Abscherungen beispielsweise an metamorphen Kernkomplexen Scherzonen sind weder an einen Gesteinstypus noch an einen bestimmten Zeitabschnitt gebunden Sie treten gewohnlich nicht vereinzelt auf sondern bilden fraktale miteinander verknupfte anastomisierende Netze die in ihrer Ausbildung Auskunft uber den herrschenden Bewegungssinn eines Terrans geben Gute Beispiele fur Scherzonen des Seitenverschiebungstyps sind die Sudarmorikanische Scherzone sowie die Nordarmorikanische Scherzone in der Bretagne und die Nordanatolische Storung in der Turkei Scherzonen des Transformtyps sind die Totes Meer Storung in Israel die San Andreas Verwerfung in Kalifornien und die Alpine Fault in Neuseeland Ein Beispiel fur den Deckentyp ist die Moine Thrust im nordwestlichen Schottland Die Median Zone in Japan ist eine fossile Subduktionszone Abscherungen des Kernkomplextyps sind sehr haufig im sudostlichen Kalifornien anzutreffen so z B die Whipple Mountain Detachment Fault Ein Beispiel fur riesige vernetzte Scherzonen ist die Borborema Scherzone im Nordosten Brasiliens Bedeutung BearbeitenDie Bedeutung von Scherzonen liegt in ihrer Grossenordnung Meist durchziehen diese Schwachezonen den gesamten Krustenbereich bis zur Moho und konnen selbst bis in den Oberen Mantel hinabreichen Scherzonen konnen uber sehr lange Zeitraume hinweg in Bewegung sein und zeigen daher oft auch mehrere sich zeitlich uberlagernde Stadien In Scherzonen kann Material auf oder abwarts transportiert werden Wichtigstes Reagens durfte hier zweifelsohne Wasser sein mit dem unterschiedlichste geloste Ionen durch die Schwachezonen zirkulieren Eine bedeutsame Folgeerscheinung ist die metasomatische Veranderung der Wirtsgesteine Selbst die metasomatisch bedingte Anreicherung von Gesteinen des Oberen Mantels durfte letztendlich auf Scherzonen zuruckzufuhren sein Scherzonen konnen okonomisch wertvolle Mineralisierungen beherbergen bestes Beispiel hierfur sind die bedeutenden Goldlagerstatten des Prakambriums die meist direkt an Scherzonen gebunden sind Beispiele Goldminen im Superior Kraton Kanada und im Yilgarn Kraton in Westaustralien Siehe auch BearbeitenBruch Geologie Erdbeben Erdkruste Kluft Geologie Plastosphare Reibung Rheologie Schizosphare Sprod duktiler Ubergang Storung Geologie Literatur BearbeitenCornelis W Passchier Rudolph A J Trouw Microtectonics Springer Berlin u a 1996 ISBN 3 540 58713 6 John G Ramsay Martin I Huber The Techniques of Modern Structural Geology Band 2 Folds and Fractures Academic Press London u a 1987 ISBN 0 12 576902 4 Christopher H Scholz The mechanics of earthquakes and faulting Cambridge University Press Cambridge u a 1990 ISBN 0 521 33443 8 Einzelnachweise Bearbeiten John G Ramsay Martin I Huber The Techniques of Modern Structural Geology Band 2 Folds and Fractures Academic Press London u a 1987 ISBN 0 12 576902 4 Christopher H Scholz The mechanics of earthquakes and faulting Cambridge University Press Cambridge u a 1990 ISBN 0 521 33443 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Scherzone amp oldid 234155810