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Rudolf Richard Buchheim 1 Marz 1820 in Budissin heute Bautzen 25 Dezember 1879 in Giessen war ein deutscher Mediziner und experimenteller Pharmakologe Gemeinsam mit seinem Schuler Oswald Schmiedeberg begrundete er die Pharmakologie als selbstandiges medizinisch biologisches Fach Rudolf Buchheim vor 1911 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Die Entstehung der Pharmakologie 3 Die Pharmakologie in Dorpat nach Buchheim 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenBuchheims Vater war Arzt Rudolf studierte an der Medizinisch Chirurgischen Akademie in Dresden und in Leipzig unter anderem als Schuler von Ernst Heinrich Weber Medizin Der Leipziger Professor fur Physiologische Chemie Karl Gotthelf Lehmann 1812 1863 weckte Buchheims lebenslanges Interesse an den chemischen Aspekten der Medizin 1845 wurde er bei Weber zum Dr med promoviert Fruh verwaist und arm verdiente er seinen Lebensunterhalt mit medizinisch schriftstellerischer Tatigkeit So ubersetzte er ins Deutsche und bearbeitete gleichzeitig das Werk des britischen Arztes und Professors fur Materia Medica Jonathan Pereira 1804 1853 The Elements of Materia medica and Therapeutics Die Ubersetzung erschien in zwei Banden 1846 844 Seiten und 1848 929 Seiten 1 Oswald Schmiedeberg schrieb in seiner Wurdigung Buchheims Die Zeit die Buchheim auf diese Bearbeitung verwandte kann als seine Lehrzeit auf pharmakologischem und anderen einschlagigen Gebieten angesehen werden Einen anderen Lehrer als sich selbst hat er auf diesen Gebieten nicht gehabt 2 Sein schriftstellerisches Wirken machte Buchheim so bekannt dass er 1847 zwei Jahre nach der Promotion erst ausserordentlicher dann 1849 ordentlicher Professor fur Arzneimittellehre Diatetik und Geschichte und Enzyklopadie der Medizin an der Medizinischen Fakultat der Universitat Dorpat wurde wo er 1849 das erste Spezialinstitut fur experimentelle Pharmakologie 3 grundete Dorpat das heutige Tartu gehorte damals zu Russland doch war die Universitat deutschsprachig Sie bluhte Hier wirkten zu Buchheims Zeit der Biochemiker Carl Schmidt der im Magensaft die Salzsaure entdeckte der Anatom und Physiologe Friedrich Heinrich Bidder der Pharmazeut Georg Dragendorff und der Anatom Karl Wilhelm von Kupffer Namensgeber der Kupffer Sternzellen in der Leber Zu Buchheims Schulern und Doktoranden gehorte in Dorpat der spatere Chirurg Ernst von Bergmann 4 Kurz nach Buchheim wirkten in Dorpat der Physiologe Hermann Adolf Alexander Schmidt 1831 1894 der das Thrombin entdeckte und der Psychiater Emil Kraepelin Buchheim richtete in Dorpat im Keller seines Wohnhauses und mit seinem eigenen Geld ein pharmakologisches Labor ein 1860 ersetzte es die Fakultat durch ein geraumiges neues Pharmakologisches Institut im Theatrum Anatomicum nbsp Buchheims Wohnhaus in Dorpat im Zweiten Weltkrieg zerstort 5 nbsp Theatrum Anatomicum in Dorpat mit dem Pharmakologischen Institut heutiger Zustand 6 Schmiedeberg So ist Buchheim der Grunder des ersten pharmakologischen Instituts welches auch zwei Decennien hindurch fast das einzige seiner Art geblieben ist da es an anderen Universitaten im wesentlichen nur pharmakognostische Sammlungen nicht aber Institute fur experimentell pharmakologische Arbeiten gab Auf diesem gunstigen Boden entwickelte sich Buchheims Tatigkeit die zu einer Arzneimittellehre auf experimenteller Grundlage fuhrte Seine Experimente fuhrte Buchheim mit Doktoranden durch 90 in seiner Dorpater Zeit Die Dissertationen waren zum Teil noch lateinisch abgefasst und ihr Niveau war relativ hoch Schmiedeberg gibt eine Liste mit kurzen Zusammenfassungen darunter seine eigene Dissertation von 1866 Uber die quantitative Bestimmung des Chloroforms im Blute und sein Verhalten gegen dasselbe 2 In den Jahren 1853 bis 1856 erschien die erste Auflage von Buchheims Lehrbuch der Arzneimittellehre 7 Er wollte es zunachst Entwurf einer wissenschaftlichen Arzneimittellehre nennen im Bewusstsein dass wie es in einer Rezension hiess die neuere exakte Forschungsmethode und eine logisch disziplinierte Denkweise uns erst zu dem ersten Grade der Erkenntnis namlich des Nichtwissens gefuhrt hat 2 Zweimal war Buchheim je drei Jahre lang Dekan der Dorpater medizinischen Fakultat 1863 lehnte er einen Ruf an die Universitat Breslau ab 1866 erhielt er gleichzeitig Rufe nach Giessen und Bonn Er nahm den Ruf nach Giessen an Dort im Grossherzogtum Hessen versprach er sich eine bessere Forderung der Pharmakologie als im preussischen Breslau und Bonn Jedoch musste er auch in Giessen zunachst ein Laboratorium in seinem eigenen Haus einrichten Er hatte hier nur noch wenige Doktoranden Wahrend die Planung eines neuen Instituts sich dem Ende naherte ist er im Jahr 1879 gestorben Sein Grab auf dem Alten Friedhof in Giessen ist erhalten nbsp Grab von Rudolf Buchheim und seiner Frau Minna auf dem Alten Friedhof in GiessenDie Entstehung der Pharmakologie BearbeitenPereiras Buch behandelte laut Originaltitel die Materia medica und Buchheims Dorpater Lehrstuhl war unter anderem der Arzneimittellehre gewidmet Damit meinte man damals das gesammelte Wissen uber die Eigenschaften und die therapeutische Anwendung von jeglicher Art von Stoffen Die Kompendien beschrieben ausfuhrlich Arzneipflanzen Drogen und Mineralien Das vermeintliche Wissen uber den therapeutischen Gebrauch war aber oft nur Vermuten Es grundete sich bestenfalls auf Beobachtungen an Kranken ohne Kontrollversuche oft auch nur auf ein Dogma wie die Signaturenlehre Dass es eine physikalisch chemisch biologische Wechselwirkung zwischen einem Stoff und dem Lebewesen geben musse existierte kaum als Gedanke geschweige denn als explizite Theorie Zwar gab es auch vor Buchheim Experimente mit dem Ziel eine solche Wechselwirkung fur einzelne Stoffe zu erkennen Den Weg wiesen besonders zwei Franzosen Francois Magendie der zum Beispiel herausfand dass der Ort der krampfauslosenden Wirkung des Strychnins das Ruckenmark ist und Claude Bernard der zum Beispiel herausfand dass Curare durch eine Wirkung auf die motorische Endplatte lahmt 8 Magendie und Bernard verstanden sich aber als Physiologen bestrebt das normale Funktionieren des Korpers zu verstehen und benutzten Pharmaka ob Arzneistoffe oder Gifte nur als Hilfsmittel fur dieses Ziel Buchheims und spater Schmiedebergs Ziel wurde es die Wechselwirkung aller Arzneistoffe und Gifte mit Lebewesen physikalisch chemisch biologisch zu verstehen als Ursachen Wirkungs Ketten zu verstehen und dies Verstehen dem Menschen nutzbar zu machen Das war ein Ziel eigener und neuer Art und die Forschungen es zu erreichen bilden seither das Fach Pharmakologie 9 10 11 Buchheim formulierte bereits im Vorwort seiner Pereira Bearbeitung die beiden Richtungen der Wechselwirkung Es treten uns hier sogleich zwei Fragen in den Weg namlich 1 inwiefern werden die Arzneimittel von dem Organismus verandert und 2 inwiefern wirken dieselben auf den Organismus verandernd ein Die beiden Richtungen nennt man heute Pharmakokinetik und Pharmakodynamik 12 Buchheim schuf die Pharmakologie als Fach sui generis Uber Buchheims eigene Forschung urteilte schon Schmiedeberg Die Resultate enthalten keine grossen Entdeckungen obgleich sie unsere Kenntnisse auf zahlreichen Gebieten wesentlich erweitern und namentlich wichtige Grundlagen fur weitere Forschungen bildeten und noch jetzt bilden Die Hauptbedeutung dieser Arbeiten liegt aber darin dass durch sie die experimentelle Forschung in diesen wichtigen Zweig der Medicin eingefuhrt und in ihm allmahlich eingeburgert wurde Ein bleibendes Ergebnis stammt aus der Dissertation von Krich 1857 Experimenta quaedam pharmacologicae de oleis Ricini Crotonis et Euphorbiae Lathyridis Einige pharmakologische Experimente uber das Ricinusol das Crotonol und das Ol der Kreuzblattrigen Wolfsmilch Was bei den Olen abfuhrend wirkt sind die im Darm aus den Triglyceriden entstehenden freien Sauren im Fall des Ricinusols die Ricinolsaure Die Pharmakologie in Dorpat nach Buchheim BearbeitenAls Buchheim 1867 nach Giessen ging wurde sein ehemaliger Doktorand Schmiedeberg sein Nachfolger als Professor der Pharmakologie in Dorpat und blieb bis er 1872 nach Strassburg berufen wurde Liste der ersten Nachfolger Buchheims in Dorpat Name Lebenszeit Jahre in Dorpat Nach Dorpat kommend aus Aus Dorpat wechselnd nachOswald Schmiedeberg 1838 1921 1867 1872 war bereits in Dorpat StrassburgRudolf Boehm 1844 1926 1872 1882 Wurzburg MarburgHans Horst Meyer 1853 1939 1882 1884 Strassburg MarburgValerian Podwyssotzky 1884 1885 war bereits in Dorpat KasanRudolf Kobert 1854 1918 1886 1896 Strassburg RostockStanislaw Czirwinsky 1852 1922 1897 1902 Strassburg MoskauDavid Lavrov 1865 1929 1902 1918 St Petersburg Woronesch OdessaPaul Trendelenburg 1884 1931 1918 Freiburg im Breisgau RostockSiegfried Walter Loewe 1884 1963 1921 1928 Gottingen MannheimGeorg Barkan 1889 1945 1929 1937 Frankfurt M BostonZu Koberts Zeit erschienen nicht nur 13 Bande einer Reihe Arbeiten des Pharmakologischen Instituts zu Dorpat sondern auch 5 Bande einer Reihe Historische Studien aus dem Pharmakologischen Institut der Kaiserlichen Universitat Dorpat 1889 1896 In diesen Jahren wurde die Russifizierung des Baltikums vorangetrieben Die Arbeitssprache an der Universitat wurde Russisch Die Professoren mussten entweder die Vorlesungen auf Russisch halten oder gehen Kobert obwohl Kaiserlicher Staatsrat verliess Dorpat 1896 Die Universitat teilte die Geschicke ihres Landes Auch am Pharmakologischen Institut gab es ein russisches Zwischenspiel mit den Professoren Czirwinsky und Lavrov 13 Im Februar 1918 proklamierte Estland seine Selbstandigkeit Im April 1918 wurde von deutscher Seite die Landesuniversitat zu Dorpat gegrundet Ans Pharmakologische Institut wurde 1918 Paul Trendelenburg berufen der aber noch im selben Jahr als Nachfolger von Kobert nach Rostock ging Die Universitat wurde jetzt unter dem Namen Universitat Tartu estnische Nationaluniversitat mit Estnisch als Arbeitssprache In ihr besteht das Pharmakologische Institut fort noch dasselbe das Buchheim 1859 im Theatrum Anatomicum bezogen hatte 1970 fand dort eine internationale dem 150 Geburtstag Buchheims gewidmete Tagung statt 6 Literatur BearbeitenMarinne Bruppacher Cellier Rudolf Buchheim 1820 1879 und die Entwicklung einer experimentellen Pharmakologie Zurich 1971 Herman Haupt Georg Lehnert Chronik der Universitat Giessen 1607 1907 Alfred Tolpelmann Giessen 1907 S 56 Digitalisat Edith Heischkel Artelt Buchheim Rudolf Richard In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 701 Digitalisat Ingrid Kastner Buchheim Rudolf Richard In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 218 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Rudolf Buchheim im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Biografische Notiz auf der Website der Universitat Graz Informationen zu und akademischer Stammbaum von Rudolf Buchheim bei academictree org Buchheim Rudolf Hessische Biografie Stand 13 Februar 2023 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Rudolf Buchheim Jonathan Pereira s Handbuch der Heilmittellehre Erster und zweiter Band Voss Leipzig 1846 und 1848 a b c O Schmiedeberg Rudolf Buchheim sein Leben und seine Bedeutung fur die Begrundung der wissenschaftlichen Arzneimittellehre und Pharmakologie In Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie 67 1912 S 1 54 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Diepgen Goerke Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 38 Nicolai Guleke Kriegschirurgie und Kriegschirurgen im Wandel der Zeiten Vortrag gehalten am 19 Juni 1944 vor den Studierenden der Medizin an der Universitat Jena Gustav Fischer Jena 1945 S 36 S Loewe Von der Wiege der Pharmakologie In Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie 104 1924 S 1 5 a b L Nurmand Zur Geschichte der Pharmakologie an der Universitat zu Tartu Dorpat In DGPT Mitteilungen Nr 19 1996 S 58 63 Rudolf Buchheim Lehrbuch der Arzneimittellehre Voss Leipzig 1853 1856 B Holmstedt und G Liljestrand Readings in Pharmacology New York MacMillan 1963 John Parascansdola Reflections on the history of pharmacology In Trends in Pharmacological Sciences 3 1982 S 93 94 E Muscholl The evolution of experimental pharmacology as a biological science The pioneering work of Buchheim and Schmiedeberg In British Journal of Pharmacology 116 1995 S 2155 2159 Klaus Starke A history of Naunyn Schmiedeberg s Archives of Pharmacology In Naunyn Schmiedeberg s Archives of Pharmacology 358 1998 S 1 109 Klaus Aktories Ulrich Forstermann Franz Hofmann und Klaus Starke Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie 10 Auflage Elsevier Munchen 2009 hier S 1 Leo Nurmand Pharmakologisches Laboratorium und Pharmakologisches Institut Medizinische Fakultat der Universitat Dorpat Tartu In Athineos Philippu Hrsg Geschichte und Wirken der pharmakologischen klinisch pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum Berenkamp Innsbruck 2004 S 151 159Normdaten Person GND 119429063 lobid OGND AKS LCCN n2003127729 VIAF 72203904 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Buchheim RudolfALTERNATIVNAMEN Buchheim Rudolf Richard vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Mediziner und PharmakologeGEBURTSDATUM 1 Marz 1820GEBURTSORT Budissin Bautzen STERBEDATUM 25 Dezember 1879STERBEORT Giessen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf Buchheim amp oldid 236204534